01.06.2022, 20:46
Werter Nightwatch:
naturgemäß kann man meine Aussage hier nur missverstehen, ist sie doch zu kurz und es fehlt der ganze gedankliche Hinterbau dazu.
Ich gehe völlig mir dir im Gleichschritt, dass es jetzt das Ziel sein muss, Russland so weit wie möglich zu schwächen, seine Streitkräfte abzunutzen und die dass es das absolut primäre Ziel dieses Krieges (für uns) sein muss, dass die russische Armee maximal geschwächt wird. Das schreibe ich schon seit mehr als 40 Seiten in diesem Strang keinen Tag anders.
Exakt wegen der geopolitischen Chancen aber, gerade eben um erhebliche Teile der russischen Streitkräfte zu vernichten, darf man jetzt nicht ein Übermaß an Hilfe schicken. Warum?! Weil ansonsten die Verluste für die Russen in zu kurzer Zeit zu hoch wären, und dem folgend ein Ende des Krieges dadurch wahrscheinlicher wird. Die Ukraine ist groß, und die Russen stehen gerade mal erst ganz im Osten. Je mehr Russland davon einnimmt, desto mehr werden seine Streitkräfte in diesem Konflikt gebunden, desto mehr Hoffnung hat die russische Führung doch noch einen kompletten Sieg zu erringen, desto länger wird in Wahrheit der Krieg andauern und desto größer werden langfristig die russischen Verluste ausfallen.
Die Ukraine sollte (hinter den Kulissen und dem notwendigen üblichen Friedensbekundungen) nur ein Mittel zum Zweck sein, oder wie ich es schon mehrfach geschrieben habe: die Kunst in diesem Krieg wäre es, diesen genau auf der richtigen Temperatur vor sich hin köcheln zu lassen. Wenn wir die Temperatur zu weit aufdrehen eskaliert der Konflikt entweder unkontrollierbar (und hinterher wird jeder wieder überrascht tun, ODER: der Konflikt endet zu frühzeitig und mit für unsere Zielsetzung unzureichenden Ergebnissen.
Gerade die Zielsetzung der Vernichtung erheblicher Teile der russischen Streitkräfte gebietet es die Waffenlieferungen zu strecken und das ganze über einen größeren Zeitraum hinweg zu betrachten. Hierzu ist es notwendig die Ukraine genau mit dem zu versorgen was gerade so notwendig ist, nicht mehr und nicht weniger. Nur so können auf einen längeren Zeitraum hin gerichtet größere russische Verluste erzeugt werden. Keinesfalls geht es mir also um eine Einstellung der Kampfhandlungen, sondern ganz im Gegenteil. Ich befürchte einen Verhandlungsfrieden, sollte man seitens des Westens noch mehr Waffenlieferungen senden und sollten diese Waffen dann in zunehmenden Maße eingesetzt werden. Gerade dies würde den Konflikt langfristig verfestigen.
Ich bin daher auch ganz klar für Waffenlieferungen für die Ukraine, aber nicht in dieser Form, diesem Ausmaß und mit dieser Geschwindigkeit. Keineswegs darf man (um dich zu zitieren) einfach alles in die Ukraine werfen, dafür besteht aktuell überhaupt gar keine Veranlassung.
Dann ist langfristig noch zu bedenken, dass eine vollständige Freikämpfung der Ukraine, also eine Niederlage Russlands uns extrem große Folgekosten aufbürdet, während es für uns wesentlich vorteilhafter wäre, wenn Russland diese Folgekosten (vor allem in der Ostukraine) selbst tragen muss. Dazu noch der Partisanenkrieg der dort leicht schürbar wäre.
Und gerade deshalb ist es ein Fehler zuviel zu schnell zu liefern. Die Ukraine sollte eben nicht vollständig gewinnen, weil dies immens nachteilig im Sinne deiner Zielsetzung wäre (die ich selbst vollauf teile). Russland kann und wird nur dann wirklich bluten, wenn es tiefer (!) in den ukrainischen Raum hinein gezogen wird, wenn es die völlig zerstörten Gebiete der Ostukraine selbst kümmern muss, wenn es mit einem vollumfänglichen Partisanenkrieg in einem größeren Gebiet hinter seinen Linien konfrontiert ist, wenn er Krieg im Idealfall noch viele Monate lang andauert und wenn schlußendlich der Krieg nicht eskaliert, nicht beendet und nicht herunter gefahren wird. Und insbesondere darf die Lage nicht dazu führen, dass das System Putin stürzt.
Es ist ja ein völliger Irrglaube anzunehmen, wenn Russland jetzt innerhalb der nächsten 3 Monate oder so aufgibt / aufgeben muss, dass dann die Lage damit dauerhaft stabilisiert sei. Nehmen wir einmal an, die Ukraine würde bis zum Winter dieses Jahres vollständig siegen, den ganzen Donbass komplett zurück erobern einschließlich der Seperatistengebiete, man würde auf die Krim verzichten (alles reine Theorie!) und damit hätte man einen Sieg im sagen wir November 2022 erreicht und sogar den Donbass komplett zurück gewonnen. Dies führt dann eben nicht zur dauerhaften Stabilisierung Osteuropas, sondern ganz im Gegenteil. Russland wird nach Revanche schreien, man wird zwingend einen weiteren Krieg anfangen, noch bevor die Ukraine in die NATO und EU aufgenommen werden kann, und die ganze Sache wird insgesamt nur noch wesentlich schlimmer werden. Am schlimmsten wäre es, wenn Russland zeitnah aus dem Krieg ausscheiden kann, dann wären nämlich die bis dahin erlittenen Verluste unzureichend, wäre es möglich innerhalb weniger Jahre wieder ein erhebliches militärisches Problem zu werden (ich weiß du leugnest das) und wäre damit die Gefahr eines noch wesentlich größeren Krieges in Wahrheit höher.
Wir gewinnen rein gar nichts aus einem "Sieg" der Ukraine, und auch die Ukraine in Wahrheit nicht. Viel relevanter als ein Sieg der Ukraine ist ein möglichst weitgehendes Ausbluten Russlands und dass ist durch zu große Waffenlieferungen in zu kurzer Zeit gefährdet.
naturgemäß kann man meine Aussage hier nur missverstehen, ist sie doch zu kurz und es fehlt der ganze gedankliche Hinterbau dazu.
Ich gehe völlig mir dir im Gleichschritt, dass es jetzt das Ziel sein muss, Russland so weit wie möglich zu schwächen, seine Streitkräfte abzunutzen und die dass es das absolut primäre Ziel dieses Krieges (für uns) sein muss, dass die russische Armee maximal geschwächt wird. Das schreibe ich schon seit mehr als 40 Seiten in diesem Strang keinen Tag anders.
Exakt wegen der geopolitischen Chancen aber, gerade eben um erhebliche Teile der russischen Streitkräfte zu vernichten, darf man jetzt nicht ein Übermaß an Hilfe schicken. Warum?! Weil ansonsten die Verluste für die Russen in zu kurzer Zeit zu hoch wären, und dem folgend ein Ende des Krieges dadurch wahrscheinlicher wird. Die Ukraine ist groß, und die Russen stehen gerade mal erst ganz im Osten. Je mehr Russland davon einnimmt, desto mehr werden seine Streitkräfte in diesem Konflikt gebunden, desto mehr Hoffnung hat die russische Führung doch noch einen kompletten Sieg zu erringen, desto länger wird in Wahrheit der Krieg andauern und desto größer werden langfristig die russischen Verluste ausfallen.
Die Ukraine sollte (hinter den Kulissen und dem notwendigen üblichen Friedensbekundungen) nur ein Mittel zum Zweck sein, oder wie ich es schon mehrfach geschrieben habe: die Kunst in diesem Krieg wäre es, diesen genau auf der richtigen Temperatur vor sich hin köcheln zu lassen. Wenn wir die Temperatur zu weit aufdrehen eskaliert der Konflikt entweder unkontrollierbar (und hinterher wird jeder wieder überrascht tun, ODER: der Konflikt endet zu frühzeitig und mit für unsere Zielsetzung unzureichenden Ergebnissen.
Gerade die Zielsetzung der Vernichtung erheblicher Teile der russischen Streitkräfte gebietet es die Waffenlieferungen zu strecken und das ganze über einen größeren Zeitraum hinweg zu betrachten. Hierzu ist es notwendig die Ukraine genau mit dem zu versorgen was gerade so notwendig ist, nicht mehr und nicht weniger. Nur so können auf einen längeren Zeitraum hin gerichtet größere russische Verluste erzeugt werden. Keinesfalls geht es mir also um eine Einstellung der Kampfhandlungen, sondern ganz im Gegenteil. Ich befürchte einen Verhandlungsfrieden, sollte man seitens des Westens noch mehr Waffenlieferungen senden und sollten diese Waffen dann in zunehmenden Maße eingesetzt werden. Gerade dies würde den Konflikt langfristig verfestigen.
Ich bin daher auch ganz klar für Waffenlieferungen für die Ukraine, aber nicht in dieser Form, diesem Ausmaß und mit dieser Geschwindigkeit. Keineswegs darf man (um dich zu zitieren) einfach alles in die Ukraine werfen, dafür besteht aktuell überhaupt gar keine Veranlassung.
Dann ist langfristig noch zu bedenken, dass eine vollständige Freikämpfung der Ukraine, also eine Niederlage Russlands uns extrem große Folgekosten aufbürdet, während es für uns wesentlich vorteilhafter wäre, wenn Russland diese Folgekosten (vor allem in der Ostukraine) selbst tragen muss. Dazu noch der Partisanenkrieg der dort leicht schürbar wäre.
Und gerade deshalb ist es ein Fehler zuviel zu schnell zu liefern. Die Ukraine sollte eben nicht vollständig gewinnen, weil dies immens nachteilig im Sinne deiner Zielsetzung wäre (die ich selbst vollauf teile). Russland kann und wird nur dann wirklich bluten, wenn es tiefer (!) in den ukrainischen Raum hinein gezogen wird, wenn es die völlig zerstörten Gebiete der Ostukraine selbst kümmern muss, wenn es mit einem vollumfänglichen Partisanenkrieg in einem größeren Gebiet hinter seinen Linien konfrontiert ist, wenn er Krieg im Idealfall noch viele Monate lang andauert und wenn schlußendlich der Krieg nicht eskaliert, nicht beendet und nicht herunter gefahren wird. Und insbesondere darf die Lage nicht dazu führen, dass das System Putin stürzt.
Es ist ja ein völliger Irrglaube anzunehmen, wenn Russland jetzt innerhalb der nächsten 3 Monate oder so aufgibt / aufgeben muss, dass dann die Lage damit dauerhaft stabilisiert sei. Nehmen wir einmal an, die Ukraine würde bis zum Winter dieses Jahres vollständig siegen, den ganzen Donbass komplett zurück erobern einschließlich der Seperatistengebiete, man würde auf die Krim verzichten (alles reine Theorie!) und damit hätte man einen Sieg im sagen wir November 2022 erreicht und sogar den Donbass komplett zurück gewonnen. Dies führt dann eben nicht zur dauerhaften Stabilisierung Osteuropas, sondern ganz im Gegenteil. Russland wird nach Revanche schreien, man wird zwingend einen weiteren Krieg anfangen, noch bevor die Ukraine in die NATO und EU aufgenommen werden kann, und die ganze Sache wird insgesamt nur noch wesentlich schlimmer werden. Am schlimmsten wäre es, wenn Russland zeitnah aus dem Krieg ausscheiden kann, dann wären nämlich die bis dahin erlittenen Verluste unzureichend, wäre es möglich innerhalb weniger Jahre wieder ein erhebliches militärisches Problem zu werden (ich weiß du leugnest das) und wäre damit die Gefahr eines noch wesentlich größeren Krieges in Wahrheit höher.
Wir gewinnen rein gar nichts aus einem "Sieg" der Ukraine, und auch die Ukraine in Wahrheit nicht. Viel relevanter als ein Sieg der Ukraine ist ein möglichst weitgehendes Ausbluten Russlands und dass ist durch zu große Waffenlieferungen in zu kurzer Zeit gefährdet.