Bald ein "Smartphone" im Gepäck der französischen Soldaten?
#1
Bald ein "Smartphone" im Gepäck der französischen Soldaten?
Zitat:Als ich den Titel lese, erste Reaktion "lächeln", dann aber dachte ich an eine der grossen Niederlagen der Russen, der informelle (Propaganda) Krieg.
Die russischen Trollfarmen sind ja berühmt berüchtigt gewesen, wurden aber von den Ukrainern zu mindestens im "westlichen"
Informationsbereich überrannt. Meiner Meinung nach auf Grund der ukrainischen Bild und Videoflut, die erheblich zur Meinungsbildung unserer Gesellschaft beigetragen haben.
Im FELIN System sind Zugführer mit einem Tablet , Gruppenführer mit einem Smartphone ausgerüstet. Die Truppführer sollten das auch erhalten.
Und in der Scorpion Blase wird dann die entsprechende Infrastruktur zugeschaltet.

OPEX 360(französisch)
von Laurent Lagneau - 13. Mai 2022
[Bild: http://www.opex360.com/wp-content/upload...220513.jpg]

Wurden die russischen Fähigkeiten im Bereich der elektronischen Kriegsführung überschätzt? Die belgische Verteidigung beschloss 2019, die Nutzung von Mobiltelefonen für ihre in Estland eingesetzten Soldaten aus Gründen der operativen Sicherheit einzuschränken [SECOPS]. Was war der Grund dafür? Geolokalisierungsanwendungen, die eine Militäroperation gefährden könnten. Aber nicht nur das.

Bei der Übung Polaris 21, die Ende November von der französischen Marine organisiert wurde, reichte ein einziges Mobiltelefon, das sich in der Nähe eines Funkmastes befand, aus, um ein Schiff zu versenken, das sich auf einer Küstenfahrt befand. Man könnte auch den Fall einer syrischen Pantsir-1-Luftabwehrbatterie nennen, die durch einen israelischen Schlag zerstört wurde, weil ein "Smartphone" eingeschaltet blieb, oder auch einen - aufschlussreichen - Versuch der belgischen Armee ...]

In der Ukraine wird uns jedoch im Gegenteil erklärt, dass das "Smartphone" eine Waffe ist ... insbesondere für Zivilisten. "Molotowcocktail-Tutorials auf Twitter, Panzerfahrkurse auf TikTok, Barrikaden-Tipps auf Facebook: Die sozialen Netzwerke sind zu unerwarteten Verbündeten der Zivilisten geworden, die sich gegen die russische Invasion zur Wehr setzen", fasste Le Figaro kürzlich zusammen.

Das Internet in der Ukraine funktioniert zum Teil noch dank der Starlink-Satelliten, die von dem amerikanischen Unternehmen SpaceX unter der Leitung von Elon Musk in die Umlaufbahn gebracht wurden. Diese Konstellation ermöglicht es tatsächlich, in Gebieten, die von Festnetzen und Mobilfunknetzen schlecht versorgt werden, einen Zugang zum Netz zu erhalten...

Wird die Nutzung des Mobiltelefons die französische Armee inspirieren? "In der Ukraine führen Soldaten und Bürger mit ihren Smartphones Krieg", berichtete die Zeitung La Croix. Ein Offizier sagte der Zeitung: "Das ist eine der Lektionen. In den sozialen Netzwerken kommt die Effizienz von der Initiative des Einzelnen. Wir müssen diese dualen, zivilen Technologien mit militärischen Anwendungen integrieren".

Die Verwendung eines "Smartphones" auf dem Schlachtfeld würde zahlreiche Anwendungen ermöglichen, wie ein "hochrangiger" französischer Offizier gegenüber Europe1 erklärte. "Die Technologie ist überall und das Smartphone ist zu einem Kampfmittel geworden. Natürlich muss es in einem autonomen Netzwerk gesichert werden", aber "es könnte auf dem Feld eingesetzt werden, um Informationskämpfe zu führen, Ziele zu fotografieren, Notfall-Telemedizin für Verwundete zu betreiben oder auch das Cyber-Feld zu erobern".

Wie dem auch sei, solche Einsatzmöglichkeiten wurden bereits in der Vergangenheit diskutiert. So hatte die US-Armee 2009 ihre Truppen dazu ermutigt, iPod Touch und iPhone in Afghanistan zu verwenden, um von bestimmten Anwendungen, wie z. B. Übersetzungsprogrammen, zu profitieren. Und Raytheon hatte damals sogar das RATS [Raytheon Android Tactical System] auf den Markt gebracht, ein Gerät, das auf dem Betriebssystem Android basierte und es einem Soldaten ermöglichen sollte, taktische Daten oder sogar Bilder, die von einer Drohne oder einem Satelliten über eine verschlüsselte Verbindung übertragen wurden, auf seinem Telefon zu empfangen. Der Preis wurde damals mit 500 US-Dollar angegeben.

In ähnlicher Weise und dank partizipatorischer Innovation hat das Armeeministerium das System Auxylium für die Soldaten, die an der Inlandmission [MISSINT] Sentinelle beteiligt sind, angeschafft. Diese Lösung, die auf einem verbesserten Android-"Smartphone", einem dedizierten Modem [der "Helium-Box"] und "privaten Kommunikationsblasen" beruht, soll der möglichen Überlastung der herkömmlichen Telefonnetze im Falle eines Anschlags entgegenwirken.
Zitieren
#2
Das ist mal ein diffiziles Thema. Rein persönlich bin ich gegen Smartphones für die Soldaten, stattdessen muss man ihnen in einem ernsthaften Krieg als erstes alle diese Gerätschaften abnehmen, auch alle Tablets usw.

Aber dienstlich geliefert, mit einem spezifischen dienstlichen Zweck (insbesondere für die Informationskriegsführung und die Nutzung von Apps / Kartenmaterial usw) ?! Eine sehr schwierige Fragestellung.

Zitat:"es könnte auf dem Feld eingesetzt werden, um Informationskämpfe zu führen, Ziele zu fotografieren, Notfall-Telemedizin für Verwundete zu betreiben oder auch das Cyber-Feld zu erobern".

Rein persönlich halte ich die Nachteile für überwiegend. Der Informationskampf muss professionellen Spezialisten überlassen werden und darf nicht einfach von jederman nach belieben geführt werden, die Datenflut welche damit erzeugt wird ist ein Problem und die Wirkung des Smartphones kann auch leicht "nach hinten losgehen" dahingehend, dass sie entsprechend negativen Einfluss auf die eigenen Soldaten nimmt, von den Problemen der OPSEC, den notwendigen Akkus / Stromversorgung und dem Umstand dass das Smartphone damit zwischen die Soldaten und die Realität tritt, mit all den negativen Begleiterscheinungen die das dann hat sehe ich in dienstlichen Smartphones eher ein Problem als eine Lösung.

Vor allem aber ist das nur ein weiterer Quell von Friktionen, nicht Effizient, verschwendet Ressourcen für marginale und irrelevante Pseudo-Vorteile und ist eine Antwort auf nicht vorhandene Fragen die man sich dann erst künstlich für diese Antwort herbei konstruiert.

Es ist nur eine weitere Erhöhung der Komplexität, und dass in einem ohnehin schon viel zu komplexen Gesamtsystem. Ganz im Gegenteil muss und sollte es das Ziel sein, die Komplexität zu vermindern.

Oft wird als Pro-Argument eine vermeintlich höhere Geschwindigkeit gebracht. Aktuell wird beispielsweise auf ukrainische Artillerie-Apps verwiesen, welche die ukrainische Artillerie scheinbar schneller machen etc. Aber tatsächlich könnte man auf andere Weise nochmal deutlich schneller sein und erzeugen Smartphones oft in vielen Bereichen eher eine Verlangsamung und eine Einschränkung der Wahrnehmung die man auf andere Weise nicht hätte.

Beschließend könnte man noch die Kosten anführen und den Aufwand im allgemeinen, welche man beides für anderes investieren könnte und sollte.
Zitieren
#3
Zitat:Aber dienstlich geliefert, mit einem spezifischen dienstlichen Zweck (insbesondere für die Informationskriegsführung und die Nutzung von Apps / Kartenmaterial usw) ?! Eine sehr schwierige Fragestellung.
Das ist ja auch der Punkt, es gibt keine grundsätzliche allgemeingültige Lösung. Aber das Bild ist eine (nicht neue) Realität des Krieges, und wer den Einsatz von Bildern in Internet, TV und Presse steuern kann, hat einen großen Einfluss, auf die "öffentliche" Meinung.
Eine Armee muss also Regeln und Prozeduren für den informellen Krieg haben, und die entsprechende Ausrüstung zur Verfügung stellen.

Alles andere sollte getrennt diskutiert werden.

Eine Apps im Rahmen der Heimatverteidigung für Informationsübergabe durch Zivilisten kann Sinn machen.

An die Artillerie apps glaube ich weniger, da kommt die diskrimination des Luftraumes zu kurz, aber das ist ein anderes Thema.
Zitieren
#4
Zitat:Eine Armee muss also Regeln und Prozeduren für den informellen Krieg haben, und die entsprechende Ausrüstung zur Verfügung stellen.

Da kann ich dir nur vollauf zustimmen und schlussendlich ist ein Smartphone damit auch nur ein weiteres "Waffensystem". Wie aber bei jeder Waffe (im weitesten) Sinne bedarf es einer guten Ausbildung, handwerklichem Können und einem gezielten und systematischen Einsatz, um diese optimal nutzen zu können.

Meiner Meinung nach müssen die Soldaten welchen diesen Teil des Krieges bearbeiten hochgradige Spezialisten sein, dass sollte also nicht einfach aus den Reihen von Trupp- und Gruppenführern kommen, und auch der Zugführer hat meiner Meinung nach anderes zu tun, sondern man benötigt im Prinzip eigene spezialisierte Trupps welche intentional und gezielt entsprechende Bilder und Filme erstellen und diese im Sinne des Auftrags einsetzen. Man könnte meiner Meinung nach vielleicht über einen spezialisierten Trupp pro Zug nachdenken, der gezielt den Medienkrieg betreibt und scheinbar authentische Bilder erzeugt, um die gewünschte Manipulation und Einflussnahme so effektive wie möglich zu betreiben.

Und entsprechend sind solche Trupps dann wiederum mit darauf spezialisierten höheren Ebenen vernetzt, welche diesen ganzen "Input" gezielt koordnieren und nutzen etc

Meiner Meinung nach bedarf die Informationskriegsführung eigener darauf spezialisierter Soldaten und sollte eben nicht in die Hände von Zug- Gruppen und Truppführern gelegt werden (für diese führt so was auch schnell zu einem Übermaß an Funktionen / Überfunktionalität), und auf gar keinen Fall in die Hände einfacher Soldaten.

Ganz allgemein ist mein Eindruck (von Bundeswehr oder einigen wenigen anderen Armeen), dass die Informationskriegsführung dort entweder stark vernachlässigt oder grundfalsch betrieben wird. Bezüglich der französischen Armee erscheint sie mir wesentlich besser im Vergleich (von dem was ich so sehe und weiß), aber ob mehr Smartphones "unten und vorne" hier eine Verbesserung der Informationskriegsführung bewirken kann ich nicht beurteilen. Meiner rein privaten Einschätzung nach nein.
Zitieren


Gehe zu: