Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg
FJ730:

Zitat:Dem wird auch Rechnung dahingehend getragen, dass man z.b. versucht Kommandosoldaten allerorten sehr intensiv auf solche "Befragungen" vorzubereiten.

Besser wäre es ihnen beizubringen im Kampf zu fallen. Ich würde mich beispielsweise niemals ergeben und niemals irgend jemandem lebend in die Hände fallen. Aber dennoch ein schönes Beispiel: dieses ganze überbordende Befragungs-Training, Flucht-Training, Ausbildung wie man sich gefangen nehmen lässt und wie man sich dann als Gefangener verhält ist ein Ausfluss der gleichen militärisch nachteiligen sozialkulturellen Grundströmung. Auch und gerade der Krieg in der Ukraine zeigt auf, dass es in der modernen Kriegsführung sehr oft keinesfalls sinnvoll ist sich zu ergeben. Entweder man kann noch entkommen, oder man fällt besser, bevor man den Tschetschenen in die Hände fällt. Nicht weil man Angst vor ihnen haben sollte, sondern weil das folgende Leiden einfach nur sinnlos unnötig ist.

Zitat:Auch ein Russischer Soldat, der in einem Kampfgebiet einen arglos auf der Toilette sitzenden Ukrainischen Kombatanten kampfunfähig macht, würde nach unserem Rechtsverständnis folglich ebenfalls nicht wegen einem Kriegsverbrechen angeklagt werden, da offenbar nach rechtlicher Prüfung die Arglosigkeit per se bei Kampfhandlungen immanent ist (Drohnen, Scharfschützen).

Ich schrieb doch schon explizit dass es völlig legal ist ! Aber unzweckmässig. Es wäre viel zweckmässiger den Russen gefangen zu nehmen.

Zitat:Sie ist durch die Verfassung vorgegeben und unsere Staatsgewalt in Form von Legislative, Judikative und Exekutive haben sich nach ihr zu richten und im Zweifelsfall hat jeder Bürger das Recht sich gegen Einzelfallentscheidungen, Übergriffe oder gar Willkür des Staates rechtlich zur Wehr zu setzen.

Hübsche Theorie. Die Realität sieht aber anders aus. Und das ist keine Kritik, sie könnte gar nicht anders aussehen. Die "Wehrfähigkeit" der Bürger gegenüber dem Staat unterliegt sehr weitgehend der Willkür. Es kann sein dass er Recht bekommt, es kann aber auch nicht sein, völlig unabhängig von der Frage wie sich der Fall real verhält. Und in ganz vielen Punkten hat der Bürger überhaupt gar keine Möglichkeit sich rechtlich zu Wehr zu setzen. Vor allem anderen sollen all diese schönen Worte daher die Bürger ruhig stellen und ihnen ein heimeliges Gefühl von Sicherheit und Teilhabe geben, um sie stärker dazu zu motivieren, sich für diesen Staat zu engagieren. Und das ist auch völlig richtig und gut so.

Zitat:Ich habe mit diesen Erwägungen (die weder etwas mit Philosophie oder gar Wissenschaft zu tun haben) ein Problem, weil sie unsere Verfassung und insbesondere Art 1 GG - den zu verteidigen oberste Priorität allen staatlichen Handelns ist - außer Kraft setzen würde.

Erklär mir dann mal bitte wie du überhaupt Krieg führen willst, und wie ein Krieg unter Beachtung des Artikel 1 stattfinden soll?! Wie führt man einen ernsthaften großen und konventionellen Krieg Menschenrechtskonform und unter Beachtung der Menschenwürde ? Im übrigen finden sehr viele Artikel des Grundgesetz schon durch ihre Formulierung Grenzen durch Gesetze, deshalb steht da auch bei recht vielen: solange diese Rechte nicht per Gesetz eingeschränkt werden etc.

Im weiteren ist dieses Grundgesetz, welches du hier so sakrosankt vor dir her trägst in etlichen Aspekten bereits hier und heute durch EU Recht ausgehebelt. Oder durch Gesetze welche diese Bundesrepublik erlassen hat.

Zitat:Die "Überbetonung", also das bestehen auf die Artikel der Verfassung ist selbstredend die Grundlage des Grundgesetzes. Sie sind eben nicht utilitistisch wie einfache Gesetze oder Verwaltungsvorschriften, sondern sollen für sich stehen.

Wie schon geschrieben finden sich in den Artikeln des GG reihenweise Schranken, Begrenzungen und Einschränkungen welche immer darauf hinaus laufen, dass der Staat in diese Grundrechte aufgrund von Gesetzen eingreifen kann, und das tut er auch.

Deshalb ist deine Aussage, dass es hier eine sakrosankte Rangfolge gäbe nur ein rechtstheoretisches Konstrukt, aber eben nicht die praktische Realität.

Zitat:Die bestehende Rechtsordnung in unserem Land ist zum Glück wie bereits mehrfach dargelegt vollkommen unabhängig von meiner, Deiner oder der Auffassung irgend eines anderen Individuums oder Gemeinschaft.

Das ist meiner Ansicht nach wiederum nur eine rein theoretische, rein rechtsphilosophische Aussage, die an der Realität vorbei geht. Recht wird von Richtern gesprochen, also entscheiden hier Individuen darüber was Recht ist und was nicht. Und hier divergiert das Recht immens, je nach Gericht und beteiligten Individuen. Die ganze Idee, dass das Recht hierzulande frei von menschlichem Einfluss für sich selbst existieren würde ist eine Auffassung die den Boden der Realität verlassen hat. Von den ganzen sonstigen Rechtsbereichen, und der massiven Willkür welche hier seitens staatlicher Organe herrscht, und zwar aufgrund von bloßen Willkürentscheidungen bestimmter Machtträger fange ich erst gar nicht mal an.

Im weiteren nimmt die Kultur und auch die Gesellschaft sehr wohl Einfluss auf das Recht und wie es ausgelegt wird.

Ein Beispiel: es wäre absolut Grundgesetzkonform Schwule rechtlich zu verfolgen, zu hohen Haftstrafen zu verurteilen (entsprechende Gesetze voraus gesetzt) und sie für lange Zeit wegzusperren. Auch wenn das hier und heute der absoluten Mehrheit absurd vorkommen mag. Und früher gab es - bei exakt gleichem Grundgesetz - entsprechende Gesetze! Nicht umsonst kämpfen bestimmte Initiaven (3+) immer noch für eine entsprechende Grundgesetzänderung.

In der Frühzeit der Bundesrepublik war es grundgesetzkonform dass die Ehefrau ohne schriftliche Einwilligung des Ehemannes nicht arbeiten durfte, bei exakt gleichem Grundgesetz. Und Vergewaltigung in der Ehe gab es noch bis 1997 (!) nicht, bei exakt gleichem Grundgesetz.

Weder existiert also in der praktischen Realität diese Rangfolge welche du hier propagierst, noch ist es so, dass das Recht eine Entinität außerhalb von Individuen oder der Gesellschaft wäre. Ganz im Gegenteil wird es gerade eben hochgradig durch die jeweilige sozialkulturelle Grundströmung und insbesondere auch durch Mächtige Individuen bestimmt.

Das ist übrigens ebenfalls keine Kritik ! Es könnte gar nicht anders sein und es könnte anders auch gar nicht funktionieren.

Zitat:Nachteile für zweckdienliche militärische, polizeiliche oder sonstige staatliche Maßnahmen sind insbesondere für diesen Artikel in unserem Staat (also auch für die militärische Sichtweise) grundsätzlich vollkommen irrelevant.

Gerade das hatte ich geschrieben, genau diese Auffassung ist das rein militärische Problem. Und das gilt noch weit über den Artikel 1 hinaus, ganz ebenso für alle Gesetze welche strikt befolgt werden, weil man ja ein Rechtsstaat sein will. Du verstehst anscheinend meine Schlußfolgerung daraus nicht. Gerade weil diese Nachteile gegeben sind, und zwar in jedem Fall, gerade eben deshalb muss man sie berücksichtigen. Wozu ich aufrief war gerade eben:

1. Einzuräumen dass es solche Nachteile gibt, und zu erkennen dass die Existenz von Nachteilen aus dieser Haltung heraus ein Fakt ist.

2. auf den Fakt dass dies Nachteile zur Folge hat zu reagieren, indem man entsprechend diese Nachteile bei der Kriegsführung berücksichtigt.

Rechtsstaat und Krieg sind zwei völlig entgegen gesetzte Konstrukte. Sie sind daher nicht vereinbar. Wer dies leugnet, der leugnet das Wesen des Krieges selbst.

Zitat:Meine Schilderungen sind nüchterne Tatsachenbeschreibungen der geltenden Rechtsordnung in unserem Land, die völlig uneitel auf Grund meines Studiums aus einem tieferen Rechtsverständnis herrühren und völlig unabhängig von meiner persönlichen Auffassung sind.

Ich bin nur ein einfacher Krieger.
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RE: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg - von Quintus Fabius - 08.10.2022, 19:54
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