Kriegsführung im Schwarzen Meer
#1
Wir haben ja schon viel über den Ostseeraum spekuliert hinsichtlich der dort im Fall eines größeren Konfliktes EU/NATO vs. Russland+Belarus sich ergebenden Bedingungen und Optionen der Luft-und Seekriegsführung.
Anlässlich der aktuellen Verlegung russischer Landungsschiffe aus der Ostsee (potentiell) ins schwarze Meer, stellt sich mir die Frage, wie sich im Rahmen eines entsprechenden Konflikts die südliche Flanke zur See, sprich: im Schwarzen Meer darstellen würde.

Wer kann dort wie frei agieren? Würden Minen hier eine andere Rolle spielen als in der Ostsee?
Inwieweit ist der Luftraum von Basen auf dem EU-Festland aus zu kontrollieren/beherrschen?
Welche Möglichkeiten haben hier vor allem die Amerikaner mit der Hochseeflotte zu agieren? Würde man eine CSG/MEU im Schwarzen Meer riskieren und wäre die dort überhaupt möglich und sinnvoll?
Gibt es neben dem Bosporus und der Krim noch weitere Schlüsselpositionen?
Wäre es realistisch, dass sich die Türkei aus solch einem Konflikt raus halten und der NATO die Einhaltung des Montreux-Vertrags aufzwingen kann?
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#2
NATO Anrainer haben im im Asowschen Meer genau null Zugang, zumal Rumänien und Bulgarien im Schwarzen Meer bescheidene maritime Fähigkeiten besitzen. Wir sollten uns die türkische Positionierung zum Ukrainekonflikt einmal genauer anschauen, aber viel ist auch da nicht zu erwarten da die Ukraine bekanntermaßen kein Mitglied der NATO ist.

Im Schwarzen Meer selbst dürft es nördlich der Linie Tulcea/Sulina zu Sewastopol schwierig für die Bewegung von NATO Einheiten werden, insbesondere natürlich falls Russland auch die ukrainische Schwarzmeerküste als Operationsgebiet nutzen sollte. Wie war das nochmal während der Krimkrise? Klüger im Sinne von Nicht-Global-Hochschaukeln und wohl auch ausreichend für eine Teilinvasion wäre es, wenn sich Rußland auf das Asowsche Meer konzentrierte. Ich gehe davon aus, daß die Ukraine dort Minen verbracht hat, deren Detektion und Räumung jeder amphibische Verband im Portfolio hat, und was unter eigner Lufthoheit günstige Bedingungen vorfindet.

Fremde Flugzeugträger dürfen nicht in das Schwarze Meer einfahren.

Fun fact: Nach den derzeitigen Planung wird die F126 die 10.000t Grenze des Montreux Vertrages ganz knapp reißen und darf somit gar nicht in das Schwarze Meer einfahren, genau wie Träger und U-Boote.

Erdogan ist allerdings durchaus bereit, den Montreux Vertrag in die Tonne zu treten "wenn es der Türkei paßt", was ganz besonders Rußland naturgemäß nicht gefällt, aber auch die NATO für keine gute Idee hält.
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#3
(20.01.2022, 16:15)Ottone schrieb: NATO Anrainer haben im im Asowschen Meer genau null Zugang
Das Asowsche Meer ist zwar für den aktuellen Ukraine-Konflikt von großer Bedeutung, hinsichtlich einem NATO/EU-Russland-Szenarios jedoch weniger. Da muss man dann schon das gesamte Schwarze Meer betrachten, vor allem natürlich die russischen Möglichkeiten, gegen die Küsten von Rumänien und Bulgarien zu wirken, sei es durch Beschuss oder sogar durch Anlandung.

(20.01.2022, 16:15)Ottone schrieb: zumal Rumänien und Bulgarien im Schwarzen Meer bescheidene maritime Fähigkeiten besitzen.
Das ist richtig. Allerdings können hier natürlich - je nach gegebenen Umständen - Spanier, Franzosen, Italiener und Griechen aushelfen, während der Rest der europäischen Marinen im Norden agiert. Und die Amerikaner gibt es ja auch noch.

Die Beteiligung der Türkei als Hauptanrainer und defacto Türsteher des Betrachtungsraums muss hier natürlich ein entscheidender Aspekt sein.

(20.01.2022, 16:15)Ottone schrieb: Fremde Flugzeugträger dürfen nicht in das Schwarze Meer einfahren. ... Erdogan ist allerdings durchaus bereit, den Montreux Vertrag in die Tonne zu treten "wenn es der Türkei paßt", was ganz besonders Rußland naturgemäß nicht gefällt, aber auch die NATO für keine gute Idee hält.
Das ist natürlich auch wieder eine Frage des Gesamtzusammenhangs. Der Vertrag erlaubt ja einer kriegführenden Türkei generell Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Kriegsschiff-Passagen inkl. Flugzeugträgern. Also könnten z.B. in einem Artikel-5-Szenario die relevanten Artikel des Vertrags keine Anwendung finden, je nach dann erklärtem Standpunkt der Türkei.
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#4
Ich halte das Schwarze Meer für viel zu klein, um da eine Trägergruppe operieren zu lassen. Die wäre m.E. viel zu exponiert und hätte zu wenig Bewegungsspielraum. Das wäre Zielschiessen für Luft- und Bodengestützte Raketen, ohne das die Trägerflugzeuge sinnvoll und ausdauernd zum Tragen kommen würden.
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#5
Moskau will den Abzug der NATO-Truppen aus Rumänien ... wo Paris plant, eine Gefechtsgruppe zu entsenden.

von Laurent Lagneau - 21. Januar 2022
OPEX 360 (französisch)
Auf dem Gipfeltreffen in Warschau im Jahr 2016 beschlossen die NATO-Mitglieder, eine "erhöhte Vorwärtspräsenz" [eFP] in den baltischen Staaten und Polen sowie eine "angepasste Vorwärtspräsenz" in Südosteuropa, insbesondere in Rumänien, einzurichten. Es handelte sich dabei um "Rückversicherungsmaßnahmen" für Länder, die sich von Russland bedroht fühlten, das zwei Jahre zuvor die Krim der Ukraine entrissen hatte, trotz des Budapester Memorandums [1994] und des 1997 zwischen Moskau und Kiew unterzeichneten "Freundschaftsabkommens".
http://www.opex360.com/wp-content/upload...190426.jpg[Bild: http://www.opex360.com/wp-content/upload...190426.jpg]
Seitdem beherbergt Rumänien ein multinationales Brigadehauptquartier [in Craiova], das zu der AEGIS Ashore-Anlage in Deveselu hinzugekommen ist, die mit ihren SM-3 Block IIA Abfangraketen ein Element der NATO-Raketenabwehr ist. Darüber hinaus entsenden die Alliierten regelmäßig Kampfflugzeuge in die Region, um die Luftpolizei der rumänischen und bulgarischen Streitkräfte zu stärken. Schließlich werden immer häufiger Schiffe im Schwarzen Meer eingesetzt. Ebenso wie die Übungen.

Im Dezember, als Russland seinen militärischen Druck auf die Ukraine weiter erhöhte und die "rechtlichen" Sicherheitsgarantien, die es von den USA und ihren europäischen Verbündeten erhalten wollte, präzisierte, wurde berichtet, dass General Todd Wolters, der Oberste Befehlshaber der Alliierten Streitkräfte in Europa [SACEUR], vorgeschlagen hatte, die NATO-Stellung in Rumänien und Bulgarien nach dem Vorbild der Stellung in den baltischen Staaten und Polen zu verstärken.

Offensichtlich ist dieser Plan inzwischen vorangetrieben worden, da die russischen Truppenbewegungen am Rande der Ukraine zunehmen und die Gespräche zwischen Russland, den USA und der NATO ergebnislos verlaufen sind. Tatsächlich ließ Präsident Macron bei seinen Neujahrswünschen an die Streitkräfte am 19. Januar verlauten, dass Frankreich bereit sei, "alle [seine] Verantwortlichkeiten in eFP-ähnlichen Missionen, insbesondere in Rumänien, zu übernehmen, wenn diese beschlossen werden". Auf den ersten Blick war der Konditional wahrscheinlich nicht notwendig.

Zitat:"Ich begrüße herzlich die Ankündigung von Präsident Emmanuel Macron über die Bereitschaft Frankreichs, sich an der vorgeschobenen Militärpräsenz der NATO in Rumänien zu beteiligen. Die strategische Partnerschaft zwischen Rumänien und Frankreich wird dadurch an der Ostflanke, in der Schwarzmeerregion, gestärkt", reagierte der rumänische Präsident Klaus Iohannis.

In ihren Neujahrsgrüßen an die Angehörigen des Militärs und des zivilen Verteidigungspersonals ging die französische Verteidigungsministerin Florence Parly nicht auf die mögliche französische Beteiligung an dieser neuen NATO-Mission ein, die sich im Konjunktiv abzeichnet. Sie sprach vielmehr von einer "Haltung der Entschlossenheit, zu der wir beitragen, indem wir Mittel in Rumänien einsetzen, in Verbindung mit unseren Verbündeten, wie der Präsident der Republik gestern [am 19.01.] sagte, und wie wir es auch gegenüber den baltischen Staaten tun", wo das Heer eine taktische Untergruppe der Streitkräfte [S/GTIA] unter britischem Kommando in Estland stationiert hat.

Natürlich wird eine Stärkung der östlichen Flanke der NATO von Russland sehr kritisch gesehen, zumal eine der Sicherheitsgarantien, die Russland fordert, von den Alliierten verlangt, "keine zusätzlichen Soldaten und Waffen außerhalb der Länder zu stationieren, in denen sie sich im Mai 1997 befanden" [d.h. vor dem Beitritt der Warschauer-Pakt-Länder zur Allianz, Anm. d. Ü.], außer in "außergewöhnlichen Fällen" und mit "Zustimmung" Russlands.

Am 21. Januar antwortete die russische Diplomatie auf eine schriftliche Anfrage und führte insbesondere die Fälle Rumänien und Bulgarien an. "Es gibt keine Zweideutigkeit", sagte sie.

Frau Parly sieht jedoch eine Zweideutigkeit in der Haltung Moskaus.

"In Osteuropa sehen wir ein Niveau von Spannungen, das seit dem Ende des Kalten Krieges selten erreicht wurde. Russland bedient sich einer aggressiven Rhetorik und kultiviert durch seine Handlungen strategische Ambiguität, um seine Nachbarn - in erster Linie die Ukraine, aber auch den Rest Europas - besser unter Druck zu setzen. In diesem Zusammenhang stehen unsere Sicherheit und die Stabilität unseres Kontinents auf dem Spiel. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass wir Europäer unsere Stimme erheben", sagte Parly.

Wie Kardinal de Retz, der wusste, worum es ging, sagte: "Aus der Zweideutigkeit kommt man nur zu seinem Nachteil heraus". Die Frage ist, ob Russland das Risiko eingehen wird, aus seiner eigenen herauszukommen.

Die nächste Mission des Flugzeugträgers Charles de Gaulle wird sich auf das Mittelmeer und das Schwarze Meer konzentrieren.
OPEX 360 (französisch)
von Laurent Lagneau - 21. Januar 2022

Die Mission Clemenceau 2022, die die französische Marinefliegergruppe [GAN, auch Task Force 473 oder neudeutsch "French Carrier Strike Group" genannt] durchführen wird, wird im Vergleich zu den Missionen, die in den letzten Jahren durchgeführt wurden, ein besonderes Profil haben.

Der Flugzeugträger Charles de Gaulle wird nicht den Suezkanal durchqueren, um mit seinem Geleitschutz in den Indischen Ozean oder den Persischen Golf zu fahren, und er wird auch nicht wie im Jahr 2020 in den Nordatlantik gehen. Und das aus gutem Grund: Er wird das Mittelmeer nicht verlassen. Und das ist keine Überraschung, wenn man sich an die Worte von Präsident Macron vom 13. Juli 2020 erinnert.

"Die Mittelmeerregion wird die Herausforderung der nächsten Jahre sein, da dort zahlreiche Krisenfaktoren zusammentreffen: Streit um Meeresgebiete, Konfrontationen zwischen Anrainerstaaten, Destabilisierung Libyens, Migration, Menschenhandel, Zugang zu Ressourcen", fasste der Bewohner des Élysée-Palastes zusammen, bevor er eine "echte europäische Politik für das Mittelmeer" forderte.

Er betonte: "Der Mittelmeerraum kann ohne uns keinen dauerhaften Frieden schaffen, wir können nicht akzeptieren, dass unsere Zukunft von anderen Mächten gestaltet wird".

Bei der Pressekonferenz des französischen Armeeministeriums am 20. Januar erinnerte Admiral Gilles Boidevezi, Kommandant des Seegebiets Mittelmeer [CECMED], daran, dass dieses Meer, das nur 1% der Fläche der Weltmeere ausmacht, trotz aller Konflikte und Spannungen der Ort ist, an dem sich viele Menschen aufhalten, der Transitort für "zahlreiche Ströme ist, sowohl legale [25% des weltweiten Handels und 65% der Energieströme der EU-Länder] als auch illegale [Migration, Drogen, Waffen, Menschenhandel], was nicht ohne Folgen für die Sicherheit des Alten Kontinents bleibt(e).

"Die französische Präsenz in der Zone ist daher notwendig, um unsere wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen zu verteidigen" und um unsere Verbundenheit mit der Luft- und Seeverkehrsfreiheit sowie der Einhaltung des Völkerrechts zu bekräftigen", erklärte Admiral Boidevezi.

Der Flugzeugträger Charles de Gaulle wird Anfang Februar in Toulon auslaufen. An Bord befindet sich eine Gruppe von Bordflugzeugen [GAé], die aus etwa 20 Rafale M F3R der Flottillen 12F und 17F, zwei E-2C Hawkeye der Flottille 4F und mehreren Hubschraubern [Dauphin der 35F und Panther der 36F] besteht. Einer der vier belgischen NH-90 NFH soll im Laufe der Mission dazu stoßen.

Die Zusammensetzung seiner Eskorte steht übrigens noch nicht fest. Zunächst werden die kürzlich in Dienst gestellte FREMM DA "Alsace", die FDA "Forbin", die FREMM "Normandie", das Tankschiff "Marne" [mit einem Alouette III-Hubschrauber der 34F] und ein Atom-U-Boot [SNA] zusammenarbeiten.

Da letzteres nur zeitweise anwesend sein soll, wird es von einem auf Zypern oder Kreta stationierten Seepatrouillenflugzeug Atlantique 2 und einem griechischen U-Boot, dessen Typ nicht angegeben wurde, vertreten.

Im Laufe seiner Mission wird der Flugzeugträger Charles de Gaulle auch von dem amerikanischen "Zerstörer" USS Ross und der spanischen Fregatte SPS Juan de Borbon [F-100-Klasse] sowie einer griechischen Fregatte begleitet. Darüber hinaus werden deutsche, italienische und kanadische Offiziere in den Stab der GAN eingegliedert.

Das Programm der Mission Clemenceau 2022 wird recht üppig ausfallen. Es lässt sich in fünf Punkten zusammenfassen: Bekämpfung des Terrorismus, Stärkung der autonomen französischen Fähigkeit zur Lagebeurteilung, Sicherung der Freiheit der See- und Luftschifffahrt, Unterstützung der europäischen Verteidigungsanstrengungen, Zusammenarbeit mit den Verbündeten und Partnern Frankreichs.

So wird die Marinefliegergruppe an der Operation Chammal [Name der französischen Beteiligung an der US-geführten Operation Inherent Resolve gegen den Islamischen Staat in der Levante] teilnehmen. Anschließend wird sie an der EU-Mission Irini teilnehmen, die das Waffenembargo der Vereinten Nationen gegen Libyen durchsetzen soll. Er wird in die Adria reisen, wo Kooperationsmaßnahmen mit Ländern in der Region, insbesondere Kroatien, geplant sind.

Ebenfalls im Bereich der Zusammenarbeit wird die GAN nach Griechenland und anschließend nach Zypern reisen. Und die Charles de Gaulle wird mit dem italienischen Flugzeugträger Cavour [der nun F-35B-Flugzeuge aufnehmen kann] und einem amerikanischen Flugzeugträger manövrieren müssen.

Ein Teil des Einsatzes, der angesichts der Spannungen mit Russland wahrscheinlich am heikelsten sein wird, ist die "Zusammenarbeit im Schwarzen Meer", wo einige der "See- und Luftstreitkräfte" der GAN Anfang April zu Übungen mit den rumänischen Streitkräften ausrücken werden.

Zur Erinnerung: Bei ihrem ersten Einsatz im vergangenen Jahr hatte die britische Marinefliegergruppe um den Flugzeugträger HMS Queen Elizabeth das Gleiche getan. Dabei kam es zu einem Zwischenfall zwischen dem "Zerstörer" HMS Defender und der russischen Marine.

Der Beginn der Mission Clemenceau 2022 fällt übrigens mit umfangreichen russischen Marineübungen zusammen, die in allen Moskauer Interessensgebieten stattfinden werden. Dazu gehören auch das Mittelmeer und das Schwarze Meer.
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#6
Ich sehe es im Grunde ähnlich wie Grolanner: Ein Träger im Schwarzen Meer wirkt zwar recht imposant, aber er hätte angesichts zahlreicher küstennaher Seezielkapazitäten vermutlich ungefähr die gleichen Chancen zu überleben, wie ein Eimer Kartoffeln gegen eine Herde hungriger Schweine...

Faktisch haben wir es im Schwarzen Meer mit einer Lage zu tun, die in gewisser Weise derjenigen in der Ostsee ähnelt, mit dem Unterschied, dass alles noch komprimierter ist und zugleich die Wassertiefen vielversprechender sind. Bedeutet: Während ich in der Ostsee bekanntermaßen kein Fan von U-Boot-Ansätzen bin, sind U-Boote im Schwarzen Meer durchaus mit einer gewissen Erfolgsaussicht einsetzbar.

Blicken wir wieder mal in die Vergangenheit: Zwar waren im Zweiten Weltkrieg die Verluste an U-Booten auch im Schwarzen Meer zu Beginn von "Barbarossa" recht hoch, aber auch hier waren meistens Minen im Küstenvorfeld oder U-Jäger in diesen Bereichen ursächlich bzw. ausschlaggebend. Darüber hinaus haben kleinere U-Boote aber relativ erfolgreich operieren können. (Dass sie letztlich relativ wenige direkte Erfolge erringen konnten, lag daran, dass einfach recht wenig Verkehr stattfand und dass der Ansatz wenig aggressiv stattfand.)

Zum "Fluch" im Schwarzen Meer wurden aber - für Deutsche wie Russen - die Luftstreitkräfte. Entgegen der Ostsee habe ich hier meistens auch gutes Wetter, blauen Himmel und keine nennenswerten Winter. Die Russen lernten dies vor Sewastopol 1941/42 und als sie nach den Häfen an der Ostküste flüchteten (Poti, Noworossijsk etc.) als eher negativ zu verstehen, und selbst noch im Spätjahr 1943 war die (bereits geschwächte) deutsche Luftwaffe ein solcher bedrohender Faktor, dass Stalin - nachdem Ju-87 im Oktober 1943 drei sowjetische Zerstörer versenkt hatten - den Einsatz von Schiffen von der Zerstörergröße an aufwärts verbot. Und als die Deutschen im Frühjahr 1944 die Krim verloren, verursachten die Russen durch Luftangriffe die schwersten Verluste der hier untergehenden 17. Armee (vermutlich gingen über 30.000 Mann bei Seetransporten verloren). Während übrigens große Einheiten nur eine geringfügige Rolle spielten - allenfalls bei Küstenbeschießungen spielten sie anfangs eine gewisse Rolle -, so erwiesen sich U-Boote, S-Boote, TKAs, Minensucher, Minenleger und Flak-Schiffe als durchaus brauchbar...

Kurzum: Damals wie heute werden Luftstreitkräfte (und heute noch zudem AS-Raketenkräfte) und kleinere Kampfschiffe dominieren - und wir haben es den großen Teil des Jahres über mit gutem Wetter zu tun (kann man nun mögen oder nicht).

Schneemann
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#7
Passt in gut drei verschiedene Stränge, aber ich poste es mal hier...
Zitat:UKRAINE-KRISE:

Erdogan warnt Russland

Die Türkei fürchtet, dass das Schwarze Meer ein „russisches Meer“ werden könnte und unterstützt daher die Ukraine. Dennoch bietet Erdoğan an, zu vermitteln. [...] Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat abermals an Russland appelliert, nicht in die Ukraine einzumarschieren. Ein Angriff oder eine Besetzung der Ukraine wäre „unklug“, auch für Russland selbst, sagte Erdoğan am Mittwochabend dem türkischen Nachrichtensender ntv. Er wiederholte sein Angebot, zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln. Die Türkei tue damit, was von ihr als NATO-Mitglied erwartet werde. Für die Türkei sei die territoriale Unversehrtheit der Ukraine ein zentrales Anliegen, sagte Erdoğan. [...]

Es müsse Moskau aber auch erklärt werde, dass einige Forderungen nicht plausibel seien. Erdoğan kündigte an, dass er Anfang Februar nach Kiew zu einem Treffen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj reisen werde. Am Donnerstag berichteten türkische Medien, der russische Präsident Wladimir Putin habe die Einladung Erdoğans angenommen und werde zu einem noch nicht bekannten Zeitpunkt die Türkei besuchen. [...]

Im Dezember hatte sich Putin bei Erdoğan darüber beschwert, dass die Ukraine türkische Drohnen gegen die prorussischen Separatisten im Donbass einsetzt. Dennoch will Ankara weitere Drohnen an die Ukraine liefern und nun auch Schiffe für deren Marine bauen. Verärgert ist Russland auch, weil die Türkei die Durchfahrt von Kriegsschiffen der NATO durch die Meerengen zulässt, was Russland als Verstoß gegen die Meerengenkonvention von 1936 wertet. Zudem hat die Türkei immer die Osterweiterung der NATO befürwortet.
https://www.faz.net/aktuell/politik/erdo...59017.html

Man muss natürlich dazu sagen, dass dies ein altes Thema ist. Trotz Kauf von Flugabwehrraketen bei den Russen und dem Dauerzoff mit der EU um Flüchtlinge etc. ist die Animosität zwischen Russland und der Türkei ein über Jahrhunderte gewachsenes und immer noch unterschwellig bestehendes Feindbild, wobei sich Russland stets als christliche Vormacht gegenüber den muslimischen Osmanen verstand, auch wenn es immer mal wieder Annäherungen gab. Und das weiß man auch in Istanbul, wo man nicht vergessen hat, wie das Zarenreich, das immer schon nach den Dardanellen geschaut hat, in mehreren Kriegen über das angeschlagene Osmanische Reich herfiel. Das war ja auch mit ein Grund, weswegen die Türkei in die NATO eintrat...

Schneemann
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#8
Zitat:Turkish-Owned Ship Hit by Bomb Off Coast of Odessa

ISTANBUL—A Turkish-owned ship was hit by a bomb off the coast of Odessa and is now heading to Romania, according to the Turkish General Directorate of Maritime Affairs. No one was hurt in the bombing, the agency said.

Television footage showed broken windows on the ship, a bulk carrier named YASA JUPITER. The Maritime Affairs authority didn't say who was behind the shelling.
https://www.wsj.com/livecoverage/russia-...av8S5cDGaL

Schneemann
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#9
Ein weiteres Szenario im Schwarzen Meer wären noch Georgien und Moldau. Beide sind ehemalige Sowjetrepubliken und haben jetzt einen Antrag für einen beschleunigten EU-Beitritt gestellt. Damit sind sie nun ähnlich gefährdet von Russland angegriffen zu werden, wie die Ukraine. Ich kann mir vorstellen das die EU oder NATO nun überlegen wie sie die beiden Länder besser vor Russland schützen können.
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#10
Mal eine Gegenfrage als Advocatus Diaboli:

Warum sollte es Aufgabe der EU und der NATO sein diese Länder zu schützen? Dieser globale Anspruch die eigenen Werte "zu verteidigen" indem man irgendwelche Länder "schützt" führt nur zu immer noch mehr Krieg und Gewalt, nützt niemanden und schadet allen. Die Universalität der Menschenrechte global durchsetzen zu wollen und der Wahn den Status Quo für alle Ewigkeit zu erhalten führen eben nicht dazu dass es insgesamt besser wird, sondern im Gegenteil.

Und selbst wenn man annimmt dass der verlogene bigotte Helfen-Diskurs in Wahrheit nur der Verdeckung skrupelloser wirtschaftlicher und politischer Interessen dient, also nur Propaganda ist, was sollten unsere politischen und wirtschaftlichen Interessen hier (Moldau, Georgien) den sein? Stattdessen wäre eine Aufnahme dieser völlig bedeutungslosen Staaten für die EU nur ein einziger Schaden.
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#11
Die Antwort darauf ist "1938", als Deutschland mit seinen Aggressionen gegen die europäische/internationale Ordnung begann. Österreich, Tschechoslowakei, Litauen. Man kann nicht dauerhaft in Frieden leben, wenn um einen herum die Welt brennt, sich eine feindselige Ordnung durchsetzt. Hätte man in dem Jahr noch eingegriffen, wäre es wahrscheinlich nicht zum Weltkrieg gekommen.
Diese Einsicht leitete den Westen ja auch während des Kalten Krieges. Da hat man auch außerhalb des eigenen Bündnisgebietes militärisch eingegriffen, um die Sowjetunion einzudämmen. Insgesamt recht erfolgreich. Da wir uns heute nun wieder in einem neuen Kalten Krieg mit Russland befinden, liegt es nahe sich ähnlich zu verhalten. Bei der Ukraine haben wir den richtigen Zeitpunkt verpasst und es endete in einem Fiasko. Ich vermute das man sich in Brüssel und den anderen europäischen Hauptstädten nun Gedanken darüber macht wie man es nun im Falle von Georgien und Moldau besser machen kann.

Denkbar wären da EU Schutztruppen in den Ländern, während NATO Truppen in Rumänien stehen. Oder eine Eingreiftruppe, die dann nach Georgien verbracht werden könnte. Jedenfalls muss man sich Gedanken über eine Kriegsführung im Schwarzen Meer machen, egal ob nun eine Truppe in Georgien ist oder ob man sich zumindest die Möglichkeit bewahren will eine Truppe hinschicken zu können.

Eigentlich wollte ich auf Georgien und Moldau nur hinweisen, um zu verdeutlichen, dass es im Schwarzen Meer nicht nur um die Verteidigung Bulgariens, Rumäniens und der Türkei geht, sondern das wir da auf Sicht mehr militärische Fähigkeiten vorhalten sollten, um auch in anderen Ländern eingreifen zu können. Je nach Szenario dann auch nur im EU Format, also ohne die Türkei.
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#12
Jetzt mal abgesehen vom eher bescheidenen Zugang Moldawiens zum schwarzen Meer....

In gewisser Weise gebe ich Quintus hier sogar recht. Weder die EU, noch die NATO habe eine Verpflichtung, diesen beiden Ländern gegenüber, noch stellt ihr Aufnahme einen Gewinn für diese Bündnisse dar. Jedes entsprechende Engagement basiert auf Humanität und einem diffusen Verantwortungsgefühl.

In Georgien hat der gesamte Westen sein Desinteresse schon bewiesen. Wie ich denke zurecht, denn die sich aus einer NATO- oder EU-Mitgliedschaft ableitenden Konsequenzen wären letztendlich für niemanden von Vorteil.

Und Moldau...? Sollte man dort ernsthaft und mehrheitlich eine Vereinigung mit Rumänien anstreben, dann muss man Transnistrien aufgeben. Natürlich spricht da sicher auch vieles dagegen, aber tut man das nicht, gibt es mMn keinen Weg in die EU.
Eine Vereinigung mit Rumänien macht übrigens innerhalb der EU eigentlich gar keinen Sinn, sie könnte lediglich umgekehrt ein Weg sein, den Beitritt auf unkonventionelle Weise zu ermöglichen, indem einzelne Verwaltungseinheiten von Rumänien integriert werden.


Und geostrategisch sind beide Länder keinesfalls mit der Ukraine zu vergleichen. Eine russische Einnahme Moldaus nach Annexion der Ukraine böte keine eklatanten Vorteile hinsichtlich der Grenzsituation zur EU. Es sei denn, man möchte unbedingt durch die Karpaten vorrücken. Umgekehrt wäre ein EU-Mitglied Moldau jedoch ein schwer zu verteidigender Vorhof.
Sinn würde das also nur ergeben, wenn man davon ausgeht, dass ein EU-Beitritt Moldaus einen russischen Einmarsch dort verhindern würde. Und selbst dann, ist das nur ein Vorteil für Moldau, nicht aber für die EU. Da aber ein EU-Beitrittsverfahren für ein derart instabiles Land vermutlich länger dauern dürfte als Putins restliche Lebenserwartung, ist mMn jeder Schritt in Richtung EU-Beitritt eher ein Schritt in Richtung russische Annexion, als in die Freiheit des Westens.
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