(Allgemein) Vergleich des United States Marine Corps (USMC) mit der Bundeswehr
#1
Mal ein Vergleich in einigen wenigen ausgewählten Bereichen:

Bundeswehr vs USMC

Wehretat 2021:

BW: 46,93 Milliarden Euro

USMC: 38,91 Milliarden Euro

Mannzahl 2019:

BW: aktiv 183.667 (Reserve ca. 30.000)

USMC: aktiv 186.009 (Reserve 102.415)

Jeweils modernste Kampfflugzeuge:

BW: 141 Eurofighter (geplant 181 Eurofighter), 85 Tornado (geplant 30 F/A-18, 15 E/A-18)

USMC: 144 F/A-18, 101 Harrier II, ca. 110 F-35B (geplant 353 F-35B), 24 F-35C (geplant 67 F-35C)

Schwere Transporthubschrauber u.ä.:

BW: 70 CH-53G (geplant 44 - 60 neue schwere Transporthubschrauber)

USMC: 141 CH-53E (geplant 198 CH-53K), 287 V-22 Osprey (bestellt 16 weitere welche aktuell zulaufen)

Kampfpanzer 2019:

BW: 320 Leopard 2 (verschiedene Typen)

USMC: 452 M1 (verschiedene Typen) (2020 ff an die US Army abgegeben)

Raketenartillerie:

BW: 22 MARS II (geplant 40 MARS II)

USMC: 42 HIMARS (geplant 126 HIMARS)

usw usw usf

Und so könnte man immer weiter machen. Ganz allgemein ist das USMC kampfstärker als die Bundeswehr und verbraucht dafür wesentlich weniger Geld.

Es kann natürlich sein, dass meine Zahlen hier nicht immer exakt sind und es in Wahrheit hie und da ein paar weniger oder mehr sind. Hab mir nicht so große Mühe gegeben die zu recherchieren, ist halt einfach das was ich so auf Bundeswehrseiten und Seiten des USMC ablesen konnte. Das spielt aber gar keine Rolle, ich will auf etwas ganz anderes hinaus!

Wie kann es sein, dass das USMC mit einem deutlich kleineren Wehretat durchgehend immer deutlich leistungsstärker ist und mehr Kampfkraft liefert ? !!

Und der Wehretat war früher auch nie höher, er lief immer so in diesem Bereich, welcher von der Bundeswehr als unzureichend angesehen wird. Tatsächlich stieg das Budget des USMC erst in den letzten Jahren auf solche "Höhen" und lag davor noch deutlich darunter.

Wie kann es sein, dass die Bundeswehr derart ineffizent ist in der Frage wieviel Kampfkraft per Euro erzeugt werden kann? Wie kann eine derart bizarre Ineffizienz überhaupt toleriert werden? Den auch das USMC ist nicht zwingend der effizienteste Verein und ist keineswegs alles Gold was da glänzt. Wie können wir also derart viel schlechter sein?

Und das USMC geht ständig neue innovative und radikale Wege, so auch jetzt unter Berger mit dem Plan 2030. Keine Kampfpanzer mehr, dafür ein Aufwuchs der Artillerie-Batterien beispielsweise von 7 Batterien auf 21 Batterien und vieles mehr. Man ist dort eher als bei uns bereit einfach völlig neue Wege zu gehen. Beispielsweise plant man jetzt die Zahl der Marines zu verringern auf unter 180.000, obwohl das Budget erhöht wurde, um dadurch eine bessere Bewaffnung und eine deutliche Modernisierung der Bewaffnung gegen zu finanzieren.

Bewusste innovative Schwerpunktbildung, effiziente Rüstung und effektive Bewaffnung, Ausrüstung, Struktur und Doktrin führen dazu, dass das USMC deutlich mehr Kampfkraft pro Dollar erzeugt als wir hierzulande. Warum also geht man nicht mal dorthin und sieht sich die Prozedere dort direkt selbst an und untersucht exakt wie das bewerkstelligt wird ?! Es kann auch nur im Interesse der USA sein, wenn Deutschland militärisch deutlich effizienter wird !
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#2
Wie sieht denn der Vergleich aus hinsichtlich der internen Mittelverteilung? Wieviel geht jeweils in Ausrüstung, Gehälter, Pensionen etc. ? Liegt darin vielleicht schon ein großer Teil der Erklärung?
Wie hoch ist der Anteil der jeweiligen Dienstgradgruppen, Stichwort: Wasserkopf?
Dazu dann die Effekte aus gemeinsamen Beschaffungen und Strukturen mit den anderen Teilstreitkräften.

Ich bin eigentlich überrascht, dass die BW noch so gut abschneidet.
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#3
Das meine ich ja mit Effizienz. Das USMC verbraucht bei praktisch gleicher Mannstärke deutlich weniger Geld für Sold und Pensionen (obwohl Marines nicht schlecht bezahlt werden und es eine reine Berufsarmee ist) und investiert mehr in Bewaffnung und Forschung, obwohl es zugleich viel mehr in Auslandseinsätzen unterwegs ist als die Bundeswehr und diese deutlich ernsthafter führt.

Den letztgenannten Punkt sollte man hier vielleicht noch hervor heben: das USMC ist in den letzten 20 Jahren in derart vielen Kampfeinsätzen im Ausland gestanden und die Einsätze haben nicht unerhebliche Mittel verschlungen, da finde ich es umso erstaunlicher wie gut das USMC im Vergleich abschneidet.

Warum aber kriegt das USMC es hin so viel effizienter zu sein?! Was ist der Grund für die anders gewichtete interne Mittelverteilung?

Und wenn man die Zahlen genauer ansieht, dann schneidet die Bundeswehr deutlich schlechter ab. Wenn man die Auslandseinsätze des USMC dann noch dazu bedenkt, wird es noch schlechter.

Und ich habe ja für die Bundeswehr eher positive Zahlen genommen (als ob wir tatsächlich 320 Leopard 2 einsatzfähig hätten) und für das USMC eher immer die schlechteren Werte (buchhalterische Vorsicht).
Allein die Zahl der Kampfflugzeuge und was für Typen es sind und die Transporthubschrauber sprechen Bände!
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#4
Das USMC ist keine Armee und bildet auch nicht die Fähigkeiten einer Armee gleicher Größe ab, dazu fehlen beispielsweise sämtliche (!) strategische Fähigkeiten. Ohne die Unterstützung der anderen Teilstreitkräfte und der Beteiligung an teilstreitkräfteübergreifenden Programmen wären weder die geleisteten Einsätze noch der Erhalt des aktuellen Fähigkeitsspektrums möglich. Dieser Punkt allein macht einen sinnvollen Vergleich zwischen USMC und Bundeswehr in Form einer relativ einfachen Gegenüberstellung unmöglich. Dies gilt in gleichem Maße aufgrund einer fehlenden einheitlichen Vergleichsbasis auch für die finanzielle Gegenüberstellung, was hier im Kleinen berücksichtigt werden muss (und von mir ja beispielsweise immer wieder bei Vergleichen von Systemkosten erwähnt wird), spielt natürlich auch im Großen eine Rolle. Zumal der erste Aspekt insbesondere auch in diesen Zweiten mit einfließt.
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#5
Dem muss ich mal wiedersprechen: dass USMC ist im Kontext der US Streitkräfte natürlich keine Armee, sondern da nur eine Teilstreitkraft, aber es wäre für sich allein und ohne jede Unterstützung der anderen US Teilstreitkräfte zweifelsohne eine Armee. Es hat alle Eigenheiten einer solchen.

Wenn du nun schreibst, dass das USMC nicht die Fähigkeiten einer Armee gleicher Größe abbildet, dann kann ich diese Aussage nicht nachvollziehen. Die strategischen Fähigkeiten des USMC liegen deutlich über denen der Bundeswehr und denen sehr vieler anderer Armeen in der gleichen Größenordnung denen das USMC für sich alleine weit überlegen wäre. Oder was genau meinst du mit strategischen Fähigkeiten?

Und wenn du nun anführst, dass bestimmte Waffensysteme etc nur deshalb für das USMC so günstig kommen, weil sie insgesamt in den US Streitkräften eben in viel größeren Stückzahlen eingekauft werden, so würde das für eine Armee ganz genau so gelten die entsprechend die Waffen eines entsprechend großen Verbündeten einkauft. Die F-35 wird ja nicht nur vom USMC eingekauft, sondern auch vielen Europäern und auch dort sind die Preise dergestalt nur weil die US Streitkräfte insgesamt so viele davon beschaffen. Das ist also kein Argument. Der Erhalt des immensen Fähigkeitsspektrums wäre auch möglich, wäre das USMC sozusagen die Armee eines Verbündeten welche entsprechend sich derart weitgehend auf US Rüstungsprodukte stützt und seine Fähigkeiten entsprechend immer synchron mit den US Streitkräften rüstet.

Gerade die in den letzten Jahren geleisteten Einsätze wären darüber hinaus durchaus auch ohne die Unterstützung der anderen Teilstreitkräfte möglich gewesen und in früheren Zeiten hat das USMC auch komplett für sich alleine gerade solche Einsätze gestemmt. Und was kann die Bundeswehr im Vergleich dazu stemmen?! Die vom USMC real geleisteten Einsätze hätte die Bundeswehr gar nicht leisten können, ist also die Bundeswehr gar keine Armee?
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#6
Das Grundkonzept des USMC basiert auf dem Gedanken, der Infanterie im Kern alle unmittelbaren Kampfunterstützungseinheiten organisatorisch zuzuordnen und so das Gefecht im Verbund und in der Kräfteprojektion zu perfektionieren, weil sich durch diese Integration und dem geringen Gewicht ein hoher Grad an Flexibilität, Spontanität und Mobilität ergibt. Das wird aber nur erreicht, weil explizit alle mittelbaren Unterstützungseinheiten nicht dieser Struktur zugeordnet sind und daher fehlen. Dies ist der elementaren Unterschied zwischen dem USMC und einer eigenständigen und daher in der Regel vollumfänglichen Armee.

Dieser Aspekt wird auch bei den strategischen Fähigkeiten deutlich, das USMC ist besser als vermutlich jede andere Streitkräft dafür geeignet, strategisch eingesetzt zu werden, soll und kann sich aber nicht selbst strategisch einsetzen. Es besitzt keinerlei über den unmittelbaren taktischen Ansatz hinausgehenden Fähigkeiten etwa im Bereich der Aufklärung, Verlegung und Versorgung, aber auch Verteidigung. Das heißt, es gibt keine Aufklärungs- oder Patrouillenflugzeuge, keine strategischen Transport- oder Unterstützungsflugzeuge (Tanker), keine maritimen Kampf- oder Unterstützungseinheiten, keine strategischen Luftverteidigungssysteme, usw.. Die expliziten Fähigkeiten und Vorteile des USMC kommen nur durch die Unterstützung der anderen Teilstreitkräfte, insbesondere der Navy, zum tragen.

Mein Hinweis auf teilstreitkräfteübergreifenden Programmen bezog sich gar nicht primär auf Beschaffungsprogramme, sondern vielmehr auf die enge Kooperation etwa auch im Bereich der Ausbildung. Das USMC besitzt etwa für die fliegerische Ausbildung keine eigenen Einheiten oder Systeme, vielmehr findet diese primär bei der Navy auf Flugzeugen der Navy statt. Zwar gibt es in den entsprechenden Einheiten auch Ausbilder des USMC, allerdings hauptsächlich im Bereich der Schulung taktischer Fähigkeiten um dem unterschiedlichen Auftrag gerecht zu werden. Denn selbst die Ausbildungsinhalte mit der Fokussierung auf die unmittelbare Kampfunterstützung machen das aus einer globaleren Sicht eingeschränkte Fähigkeitsspektrum im Vergleich zu einer vollumfänglichen Armee deutlich.

Was dein Hinweis hinsichtlich der Beschaffung angeht, auch wenn ich darauf wie gesagt gar nicht hinaus wollte, so gibt es natürlich auch hier einen vor allem wirtschaftlichen und damit politischen Unterschied. Natürlich könnten Kostenreduktionen bei Beschaffungen auch von anderen Armeen durch Einkauf bei größeren Verbündeten erreicht werden, damit würde sich aber auch eine entsprechende Abhängigkeit von diesen Verbündeten und damit ein Verlust von Souveränität ergeben. Kurzfristig mag das militärisch sinnvoll sein, perspektivisch kann das anders aussehen (das lässt sich natürlich nicht verallgemeinern oder allgemein beantworten). Darüber hinaus gibt es auch über sicherheitspolitische Aspekte hinausgehende Argumente, etwa die Frage (was sich auch nur im Einzelfall beantworten lässt), ob das nominell teurere Produkt insgesamt betrachtet tatsächlich teurer ist, oder ob es bei einer heimischen Produktion durch entsprechende Steuern und die generierte Kaufkraft nicht insgesamt betrachtet besser ist, mehr Geld im Land als weniger Geld im Ausland auszugeben. Dies findet ja bei Kostenvergleichen fast nie eine Berücksichtigung.
So oder so, vor einem solchen Dilemma steht das USMC gar nicht erst, weil der "größere Verbündete" die eigene Nation ist. Und das ist natürlich ein Argument, dass in der Realität eine durchaus gewichtige Rolle spielt.

Langer Rede kurzer Sinn: siehe meinen vorherigen Beitrag. Der Vergleich von Bundeswehr und USMC ist in Form einer einfachen Gegenüberstellung oder einer einfachen Kostenrechnung schlicht nicht sinnvoll. Das beinhaltet im übrigen keinerlei Wertung.
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#7
Helios:

Bevor ich darauf eingehe muss ich ein paar Definitionen abfragen, sonst befürchte ich dass wir aneinander vorbei schreiben. Was sind für dich mittelbare Unterstützungseinheiten welche hier fehlen würden? Das USMC hat alle für seinen Einsatz notwendigen Unterstützungseinheiten innerhalb der eigenen Struktur - da sind viele nationale Armeen schlechter aufgestellt und deine Auffassung einer vollumfänglichen Armee wie du sie hier skizzierst hätte dann zur Folge, dass es weltweit kaum noch vollumfängliche Armeen gäbe und auch die Bundeswehr wäre keine solche.

Desweiteren muss ich die Frage wiederholen was du unter strategischen Fähigkeiten verstehst? Wenn ich dich richtig verstehe meinst du damit globale Einsätze und/oder Einsätze auf der strategischen Ebene. Globale Einsätze kann das USMC für sich allein nicht leisten, es könnte aber auch dafür improvisieren (beispielsweise zivile Schiffe anheuern etc). Aber auf der strategischen Ebene im allgemeinen kann es durchaus auch für sich selbst agieren. Und erneut muss ich frage, wieviele echte Armeen es dann weltweit überhaupt geben soll, wenn man eine solche Definition anlegt wie ich sie hier bei dir vermute!? Denn dann gibt es kaum Länder die eine Armee haben.

Das USMC besitzt zudem durchaus Fähigkeiten im Bereich Aufklärung, Verlegung, Versorgung, Luftabwehr etc. Dass diese wiederum nicht mit globalem Anspruch innerhalb des Korps vorhanden sind ändert nichts daran, dass das Korps trotzdem eine vollumfängliche Armee innerhalb der Armee ist. Wenn du hier beispielsweise strategische Transportflugzeuge, strategische Luftverteidigungssysteme usw betonst, dann sind solche auch in vielen anderen Armeen entweder nicht oder nur unzureichend vorhanden und sie sind für den Einsatz einer MGATF so auch nicht notwendig. Dafür verfügt das USMC über viele andere Fähigkeiten welche beispielsweise die Bundeswehr nicht hat, unter anderem eine sehr leistungsstarke Nahbereichsluftabwehr und dass was die Bundeswehr früher mal als Heeresluftabwehr hatte und jetzt nicht mehr hat. Wir haben also beispielsweise A400M und Patriot, dass USMC dafür hingegen sehr viel mehr schwere Transporthubschrauber, Kipprotorflugzeuge und Stinger.
Wenn du nun eine Armee allein daran festmachst, ob sie vollumfänglich eingesetzt werden kann, müsste man deshalb auch umgekehrt betonen, dass trotz alles strategischen Lufttransports und strategischer Luftraumverteidigung bei der Bundeswehr wiederum in anderen Bereichen vieles fehlt oder im Vergleich zum USMC nur in geringen (unzureichenden) Stückzahlen vorhanden ist. Damit ist die Bundeswehr ganz genauso in ihrem Fähigkeitsspektrum eingeschränkt. Von einer globalen Sicht aus ist das USMC daher eher einsatzfähig als die Bundeswehr und entsprechenden strategischen Transport nach Übersee könnte man auch anders organisieren.

Wenn der Maßstab für eine Armee die globale Vollumfänglichkeit ihrer Fähigkeiten sein soll, dann muss diese Armee nicht nur in den von dir genannten Bereichen vollumfänglich ausgestattet sein sondern auch sonst und auch in den Bereichen in denen das USMC nun wiederum wesentlich stärker ist als die Bundeswehr. Dann gäbe es weltweit vielleicht eine Handvoll echter Armeen und die Bundeswehr würde auch nicht zu diesen zählen.

Zitat:es gibt keine Aufklärungs- oder Patrouillenflugzeuge

Die Fähigkeiten der Bundeswehr in diesem Bereich sind allenfalls marginal im Vergleich zu dem was das USMC hier mit der F-35 leisten kann.

Zitat:keine strategischen Transport- oder Unterstützungsflugzeuge (Tanker)

Die meisten Armeen weltweit haben keine strategischen Transport-Flugzeuge und je nach den Umständen werde diese auch gar nicht benötigt. Beispielsweise könnte die Bundeswehr ihren grundgesetzlichen Auftrag auch ganz ohne diese Flugzeuge erfüllen.

Und Tankflugzeuge hat das USMC, und zwar aktuell 57 (und 79 wurden bestellt). Wieviele hat die Bundeswehr hier nochmal ?!

Zitat:keine maritimen Kampf- oder Unterstützungseinheiten

Es wäre für die Bundeswehr sinnvoll die Marine einzustampfen und ebenfalls auf diese zu verzichten. Damit würden immense Mittel frei für das was wesentlich ist und was das USMC wesentlich besser kann.

Zitat:keine strategischen Luftverteidigungssysteme

Dafür eine wesentlich stärkere taktische Luftabwehr. Ich weiß was ich bei der Bundeswehr vorziehen würde. Aber noch darüber hinaus der wesentlichste Punkt:

Der Etat des USMC ist ca 10 Milliarden Euro pro Jahr geringer als der der Bundeswehr. Mit einer geringfügigen Erhöhung könnte man auch leicht strategische Luftabwehr selbst vorhalten (benötigt man natürlich nicht aufgrund des Kontext).

Zitat:Die expliziten Fähigkeiten und Vorteile des USMC kommen nur durch die Unterstützung der anderen Teilstreitkräfte, insbesondere der Navy, zum tragen.

Und gerade diese Aussage kann ich so nicht nachvollziehen. Natürlich ist das USMC in Kombination mit der Navy noch mal wesentlich schlagkräftiger und kann seine Vorteile noch sehr viel mehr ausspielen, kann dann also weit über seiner Gewichtsklasse kämpfen. Aber auch für sich allein ist die Kampfkraft mal einfach gesichert größer als die der Bundeswehr und ist das USMC in der Lage wesentlich mehr Kampfkraft tatsächlich real ins Feld zu führen. Und das auch ganz ohne die anderen Teilstreitkräfte. Dass die Kampfkraft des USMC dann nochmal deutlich ansteigt wenn diese mitarbeiten ist natürlich klar, aber mir geht es ja hier nur um eine Betrachtung des USMC für sich selbst allein.

Meine These ist ja gerade eben:

Die Kampfkraft die das USMC für sich allein (ohne die anderen Teilstreitkräfte) real einsetzen kann ist höher als die der Bundeswehr und das bei einem 10 Milliarden Euro pro Jahr geringeren Etat.
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#8
Wenn ich jetzt hier anführe, dass ich mit taktischen Fähigkeiten solche zum Führen des Gefechts, mit strategischen jene zum Führen eines Krieges meine, besteht auch wieder die Gefahr, dass du das zu meinem Ungunsten missverstehst (unbeabsichtigt natürlich). Genauso wie ich hier ja keineswegs definiert habe, was eine Armee ausmacht oder welche Fähigkeiten eine vollumfängliche Armee besitzen muss, sondern lediglich anführte, dass sich die Aufgaben des USMC aufgrund seiner Rolle als Teilstreitkräfte deutlich von den Aufgaben einer Armee unterscheiden, und dementsprechend auch die Fähigkeiten unterschiedlich ausgeprägt sind, was insbesondere deutlich wird, wenn man Streitkräfte gleicher Größe oder mit gleichem Etat miteinander vergleicht.

Die großräumige Luftraumüberwachung und -sicherung, die Überwachung und Sicherung der Territorialgewässer und der maritimen Versorgungswege, die Langzeitaufklärung großräumiger Entwicklungen, den Lasttransport über große Distanzen, usw. gehören nicht zu den Aufgaben des US Marine Corps, und dementsprechend werden auch keine oder maximal rudimentäre Fähigkeiten in den entsprechenden Bereichen vorgehalten oder finanziert.
Natürlich kann man argumentieren, dass diese Aufgaben und dementsprechend auch die Fähigkeiten in diesen Bereichen entbehrlich sind, vielleicht sogar unnötig oder überflüssig - aber das ändert nichts daran, dass sie aktuell erhoben und entsprechend bereitgestellt werden und folgerichtig auch in der Bewertung berücksichtigt werden müssen.

Du hast Eingangs gefragt (wenn auch vermutlich eher rhetorisch):
"Wie kann es sein, dass das USMC mit einem deutlich kleineren Wehretat durchgehend immer deutlich leistungsstärker ist und mehr Kampfkraft liefert ? !!"

Die Antwort darauf habe ich versucht zu geben, es ist nicht so, also erübrigt sich die Frage. Deshalb halte ich auch deine These, die du ja noch einmal extra wiederholt hast, für missweisend:
"Die Kampfkraft die das USMC für sich allein (ohne die anderen Teilstreitkräfte) real einsetzen kann ist höher als die der Bundeswehr und das bei einem 10 Milliarden Euro pro Jahr geringeren Etat."

Im letzten Jahr betrugt der Unterschied im Übrigen weniger als 5 Mrd. Euro (41 Mrd. USMC gegenüber 45,7 Mrd. Bundeswehr), nicht dass das aufgrund der sonstigen Ausführungen eine große Rolle spielen würde.

(04.11.2021, 15:00)Quintus Fabius schrieb: Dafür verfügt das USMC über viele andere Fähigkeiten welche beispielsweise die Bundeswehr nicht hat, unter anderem eine sehr leistungsstarke Nahbereichsluftabwehr und dass was die Bundeswehr früher mal als Heeresluftabwehr hatte und jetzt nicht mehr hat. Wir haben also beispielsweise A400M und Patriot, dass USMC dafür hingegen sehr viel mehr schwere Transporthubschrauber, Kipprotorflugzeuge und Stinger.

Selbstverständlich, das liegt auch in der Natur der Sache. Man stelle sich vor, was für eine reine Luftstreitkraft man mit dem Budget der Bundeswehr auf die Beine stellen könnte, welche Fähigkeiten in dieser ausgeprägt wären, usw. Natürlich könnte man auch deinen Gedanken folgen und überlegen, was mit der Bundeswehr möglich wäre wenn bestimmte Aufgaben und dementsprechend auch Fähigkeiten wegfallen würden. An der Grundproblematik der Gegenüberstellung aufgrund aktueller Zahlen ändert das nichts.

Zitat:Die Fähigkeiten der Bundeswehr in diesem Bereich sind allenfalls marginal im Vergleich zu dem was das USMC hier mit der F-35 leisten kann.

Nein, sind sie nicht, im Gegenteil besitzt die Bundeswehr (bzw. wird im Rahmen der laufenden Beschaffung) Fähigkeiten besitzen, die weit über das Hinausgehen, was das USMC jetzt und in Zukunft in dem Punkt leisten kann. Ich spreche hier über die Verfügbarkeit von AWACS im Rahmen der Beteiligung an der NAEW&C Force Command, von der Beschaffung von PERSEUS, von der Verfügbarkeit von MPA, usw.. Darüber hinaus gehend besitzt die Bundeswehr auch weltraumgestützte Aufklärungsmittel in Form der Satelliten SAR-Lupe bzw. zukünftig SARah. Zur Großlagebilderstellung und Langzeitaufklärung, also alles das, was unter strategische Aufklärung fällt, ist das USMC nicht befähigt. Im Bereich der taktischen Aufklärung ist es der Bundeswehr überlegen.

Zitat:Die meisten Armeen weltweit haben keine strategischen Transport-Flugzeuge und je nach den Umständen werde diese auch gar nicht benötigt. Beispielsweise könnte die Bundeswehr ihren grundgesetzlichen Auftrag auch ganz ohne diese Flugzeuge erfüllen.

Das USMC kann seinen Auftrag allerdings nicht ohne die Bereitstellung dieser Fähigkeiten durch andere Teilstreitkräfte erfüllen. Wie herum man das auch dreht spielt dabei ja keine Rolle, die Fähigkeiten sind bei der Bundeswehr vorhanden und werden dort finanziert, beim USMC hingegen nicht, und dieser Umstand muss bei einem wie auch immer gearteten Vergleich berücksichtigt werden.

Zitat:Und Tankflugzeuge hat das USMC, und zwar aktuell 57 (und 79 wurden bestellt). Wieviele hat die Bundeswehr hier nochmal ?!

Die KC-130J des USMC ist aber nicht für großräumige, quantitativ ausgeprägte Unterstützung ausgelegt (um das Wort "strategisch" zu vermeiden), sie bietet dafür weder Reichweite noch Volumen, weshalb das USMC im Einsatz immer wieder auf die entsprechenden Fähigkeiten der US Air Force zurück greift. Die Bundeswehr wird neben den KC-130J des deutsch-französischen Geschwaders Zugriff auf die A330 MRTT der Multinational MRTT Unit haben und besitzt zudem entsprechende Rüstsätze für den A400M (der ja bereits seit zwei Jahren in dieser Rolle auch im Einsatz verwendet wird).
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#9
(02.11.2021, 23:11)Broensen schrieb: Wie sieht denn der Vergleich aus hinsichtlich der internen Mittelverteilung? Wieviel geht jeweils in Ausrüstung, Gehälter, Pensionen etc. ? Liegt darin vielleicht schon ein großer Teil der Erklärung?
(02.11.2021, 23:26)Quintus Fabius schrieb: Das USMC verbraucht bei praktisch gleicher Mannstärke deutlich weniger Geld für Sold und Pensionen

Dann sollte man die Budgets vor einem Vergleich um diese soziokulturellen Einflüsse korrigieren. Denn auch wenn man sich jetzt wünschen könnte, dass alles was an quasi-sozialen Leistungen im Wehretat steckt, stattdessen in Kampfkraft gesteckt werden könnte, hinkt trotzdem der Vergleich. Denn wäre unser Gesellschafts- und Sozialsystem aufgestellt wie das der USA, dann wäre unser Wehretat halt um den entsprechenden Anteil kleiner.

Außerdem müsste man tatsächlich alle Aspekte und Fähigkeiten unserer Bundeswehr herausrechnen, die vom USMC nicht erbracht werden müssen/können. Ich bin da vielleicht nicht vollumfänglich informiert, kann mir aber gut vorstellen, dass im USMC die Bereiche Eloka, Weltraum, Territorialorganisation, San-Dienst (Ja Quintus, ich weiß...) U-Boot-Abwehr, und und und nicht im gleichen Umfang wie bei uns vertreten sind.

Wenn man das jetzt alles raus nimmt (umgekehrt natürlich genauso), hat man einen vergleichbaren Etat. Wahrscheinlich haben die Amis dann immer noch mehr Wumms fürs Geld, aber bei weitem nicht mehr so eklatant.

Nun kann man natürlich kritisieren, dass wir all das vorhalten und dafür den Kernauftrag vernachlässigen. Aber deine Frage war ja:
Zitat:Wie kann es sein, dass das USMC mit einem deutlich kleineren Wehretat durchgehend immer deutlich leistungsstärker ist und mehr Kampfkraft liefert ?
Und die wäre damit wohl weitestgehend beantwortet.

Deine Kritik ist ja durchaus berechtigt, der reine Zahlenvergleich aber zu plakativ und so nicht haltbar.
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#10
Zitat:der reine Zahlenvergleich aber zu plakativ und so nicht haltbar.

Nun gut, der Aussage kann ich mich anschließen. Zweifelsohne war und ist mein Eingangs-Vergleich plakativ und lässt für das Verständnis der Unterschiede wesentliche Faktoren außer Acht, womit die Betrachtung der genannten Zahlen wertlos ist, weil sie nicht ganzheitlich genug ist. Genau ein solche ganzheitlichere Betrachtung der Frage hat aber ja unsere Diskussion gerade eben erbracht..

Dessen ungeachtet möchte ich dennoch darauf hinweisen, dass meiner Ansicht nach eure Argumentation ebenso immer noch zwei Problemfelder aufweist:

1 die Bundeswehr hat ebenso viele Fähigkeiten nicht welche das USMC hat bzw. ist in vielen anderen Fähigkeitsfeldern dem USMC deutlch unterlegen. Wenn man nun festhält, dass die Bundeswehr andersherum bestimmte Fähigkeitsbereiche abdeckt welche das USMC nicht hat, dann muss man doch umgekehrt ebenso festhalten, dass die Bundeswehr dafür wiederum in anderen Bereichen deutlich schwächer ist oder diese gar nicht zur Verfügung hat. Deshalb finde ich es halt einfach falsch zu erklären, dass das USMC keine vollumfängliche Armee sei. Denn dann ist auch die Bundeswehr und der Gros aller Armeen weltweit keine Armee im Sinne eurer Definition. Man müsste also das ganze gegenseitig bereinigt betrachten, wie Broensen es hier ja so richtig feststellt:

Zitat:Wenn man das jetzt alles raus nimmt (umgekehrt natürlich genauso), hat man einen vergleichbaren Etat. Wahrscheinlich haben die Amis dann immer noch mehr Wumms fürs Geld, aber bei weitem nicht mehr so eklatant.

Meiner These nach erbringt das USMC auch dann wenn man gegenseitig entsprechende Felder heraus rechnet mehr Kampfkraft. Nun kann man natürlich argumentieren dass diese nicht alles ist und ich die Taktische Seite und die unmittelbare Kriegsführung im Gefecht überbewerte und zweifelsohne tue ich das.

2. Wenn man als strategische Fähigkeit definiert, dass dies bedeutet dass man für sich alleine ohne jede weitere Unterstützung einen Krieg führen kann, dann wären meiner Ansicht nach die strategischen Fähigkeiten des USMC größer als die der Bundeswehr. Man müsste dann darüber hinaus überhaupt erst mal fragen was für ein Krieg dies sein soll und was die Umstände sind. Es gibt hier viele Szenarien in denen die Bundeswehr vollständig unfähig wäre und das USMC einen solchen Krieg (dieses jeweiligen Szenarios) auch ganz alleine führen könnte. Das darf man nicht zu begrenzt betrachten. Nehmen wir mal beispielsweise einen modernen Krieg gegen Massen-Terrorismus und/oder bürgerkriegsartige massive Unruhen oberhalb des militärischen Horizontes. Hier wäre das USMC viel eher in der Lage ein solches Szenario vollständig eigenständig abzuarbeiten als die Bundeswehr es jemals könnte. Das ist natürlich nur ein Beispiel von vielen! Würde beispielsweise umgekehrt die Bekämpfung von Piraten vor der Küste Westafrikas der Auftrag sein, würde das USMC entsprechend keine Schiffe dafür haben usw usf

Ich finde daher die Aussage: strategische Fähigkeiten = Befähigung einen Krieg zu führen zu plakativ und zu ungenau, genau so ungenau wie meinen Zahlenvergleich den es kommt stark darauf an von was für einem Krieg wir hier sprechen, wieviel Handlungsfreiheit die jeweilige Streitmacht hat (das USMC ist wohlbekannt für seine Fähigkeit zu improvisieren und vieles selbst zu bewerkstelligen außerhalb der Strukturen der anderen US Streitkräfte) und von was für Umständen exakt wir hier sprechen. Die Bundeswehr ist ja ebenso in ganz vielen militärischen Szenarien unfähig Krieg zu führen und hat damit in diesen Szenarien auch keine strategischen Fähigkeiten.

Beschließend noch ein paar Einzelanmerkungen:

Zitat:Natürlich kann man argumentieren, dass diese Aufgaben und dementsprechend auch die Fähigkeiten in diesen Bereichen entbehrlich sind, vielleicht sogar unnötig oder überflüssig - aber das ändert nichts daran, dass sie aktuell erhoben und entsprechend bereitgestellt werden und folgerichtig auch in der Bewertung berücksichtigt werden müssen.

Aber seht euch doch mal an wie marginal hier in den genannten Bereichen die Fähigkeiten der Bundeswehr tatsächlich sind, wie wenig ausdauernd oder ebenso auf Verbündete und insbesondere die USA die Bundeswehr hier angewiesen ist. Da hier beispielsweise AWACS genannt wurde: als ob dies eine Befähigung der Bundeswehr wäre ?! Ernsthaft zu erklären die Bundeswehr habe AWACS und das USMC nicht ist doch wohl ehrlich gesagt etwas an der Realität vorbei. Die E-3A Flotte gehört genau so wenig zur Bundeswehr wie zum USMC.

Ich kann ja deine Argumentation hier im allgemeinen voll nachvollziehen, aber genau in diesen Details erscheint mir die Zuweisung von Fähigkeiten zugunsten der Bundeswehr dennoch falsch.

Zitat:Die Bundeswehr wird neben den KC-130J des deutsch-französischen Geschwaders Zugriff auf die A330 MRTT der Multinational MRTT Unit haben und besitzt zudem entsprechende Rüstsätze für den A400M (der ja bereits seit zwei Jahren in dieser Rolle auch im Einsatz verwendet wird).

Und wieder, als ob man die Fähigkeiten des nicht umsonst Multinational MRTT genannten Verbandes einfach direkt eins zu eins der Bundeswehr zurechnen könnte. Norwegen und Deutschland haben hier zudem gerade mal 5 Flugzeuge finanziert. Und vom Typ KC130J hat die Bundeswehr 3 bestellt (in Worten drei) und das USMC derer 79 wovon schon über 50 fliegen. 3 zu 79 ist hier der Vergleich. Und wieviele Rüstsätze für den A400M haben wir? Hab auf die Schnelle keine Zahl gefunden, es werden aber gewiss erheblich weniger sein.

Das ist der eigentliche Punkt auf den ich hinaus will: wir verfolgen (immer noch) ein Konzept der Breite vor der Tiefe, welches dazu führt, dass wir zwar durchaus sehr viele verschiedene Fähigkeiten haben, welche das USMC nicht hat, dass aber die Tiefe dieser Fähigkeiten für einen Krieg unzureichend ist. Wenn man nun strategische Fähigkeiten als die Befähigung einen Krieg zu führen definiert, dann muss man nicht nur das bloße Vorhandensein solcher Fähigkeiten werten, sondern auch deren Tiefe, deren Durchhaltefähigkeit und deren Sinn im Kontext der Befähigung Krieg zu führen. Und dann muss man sich fragen was für ein Krieg überhaupt, gegen wen und unter welchen Umständen?

Es nützt der Bundeswehr rein gar nichts strategische Fähigkeiten in homöopathischen Dosen vorzuhalten, sie wird dadurch nicht kriegsfähig - folglicherweise will ich solche Fähigkeiten eher als pseudostrategische Fähigkeiten bezeichnen.

Zitat:Im letzten Jahr betrugt der Unterschied im Übrigen weniger als 5 Mrd. Euro

Was an den extrem teuren aktuellen Beschaffungsvorhaben liegt, nicht weniger als 197 CH-53K, weitere V-22, 353 F-35B, 67 F-35C, 14 neue Artillerie-Batterien usw usf Wenn man etwas weiter zurück geht (vor die aktuelle Hochrüstung) ist der Etat immer wesentlich geringer gewesen:

https://www.statista.com/statistics/2392...ine-corps/

Von 12,67 Milliarden Dollar im Jahr 2001 bis zu 23,37 Milliarden Dollar im Jahr 2017 - dass sind gerade mal 11 bis 20 Milliarden Euro pro Jahr. Da lag der Wehretat der Bundeswehr durchgehend weit darüber.

https://de.statista.com/statistik/daten/...utschland/
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#11
(04.11.2021, 22:58)Quintus Fabius schrieb: Wenn man nun festhält, dass die Bundeswehr andersherum bestimmte Fähigkeitsbereiche abdeckt welche das USMC nicht hat, dann muss man doch umgekehrt ebenso festhalten, dass die Bundeswehr dafür wiederum in anderen Bereichen deutlich schwächer ist oder diese gar nicht zur Verfügung hat. Deshalb finde ich es halt einfach falsch zu erklären, dass das USMC keine vollumfängliche Armee sei. Denn dann ist auch die Bundeswehr und der Gros aller Armeen weltweit keine Armee im Sinne eurer Definition.

Auch auf die Gefahr hin mich zu wiederholen, es geht bei meinem Einwand nur darum aufzuzeigen, dass sich die Aufgaben einer Teilstreitkräft wie dem USMC signifikant von den Aufgaben unterscheiden, die an eine Armee gleicher Größe (Etat, Personalstärke, usw.) bereits in den Kernbereichen (beispiele habe ich genannt) üblicherweise gestellt werden. Das hat mit der Bundeswehr im Speziellen erstmal gar nichts zu tun, diese Vergleichsproblematik ist bei anderen Streitkräften genauso zu finden. Natürlich bedeutet eine Fokussierung auf bestimmte Aufgaben umgekehrt, dass dort bei gleichem Aufwand wesentlich bessere Fähigkeiten vorhanden sein können, das liegt in der Natur der Sache.

Zitat:Es gibt hier viele Szenarien in denen die Bundeswehr vollständig unfähig wäre und das USMC einen solchen Krieg (dieses jeweiligen Szenarios) auch ganz alleine führen könnte. (...) Hier wäre das USMC viel eher in der Lage ein solches Szenario vollständig eigenständig abzuarbeiten als die Bundeswehr es jemals könnte.

Das USMC würde nicht einmal in nenneswerter Zahl dahin kommen, wenn es nicht sowieso schon zufällig vor Ort wäre, könnte eigenständig nicht dauerhaft versorgt werden, selbst wenn es dort wäre, und wüsste im Vorfeld nicht, wie die Zustände sind. Es kann keinen Krieg alleine führen, es soll keinen Krieg alleine führen und es hat in der modernen Form (meines Wissens) auch noch nie einen Krieg alleine geführt, zumindest nicht auf einer Ebene, die über dem Wirken von kleinsten Strukturen (Spezialeinheiten) hinaus geht.
Die Bundeswehr besitzt zumindest die grundlegenden Fähigkeiten zur Aufklärung, zum Transport und zur Versorgung, ohne dass ich jetzt behaupten wolle, diese wären besonders ausgeprägt (quantitativ oder qualitativ). Und damit wir uns nicht falsch verstehen, ist das USMC erstmal im Einsatz (also auch entsprechend unterstützt durch die anderen Teilstreitkräfte), dann kann ich deine Einschätzung hinsichtlich der Fähigkeiten völlig nachvollziehen.

Mir ist auch klar worauf du insgesamt hinaus willst, über Fähigkeiten der Bundeswehr insbesondere auch im Verhältnis zum Personal und zum Etat haben wir hier ja schon ein paar Mal diskutiert (und ich etliche Beiträge mehr von dir nur gelesen), auch wenn ich in einigen Punkten grundsätzlich unterschiedlicher Meinung bin (bspw. Marine) kann ich dir sogar zustimmen. Ich finde nur den Vergleich mit dem USMC eben auf Basis einiger weniger Kennwerte unnötig.

Zitat:Ich finde daher die Aussage: strategische Fähigkeiten = Befähigung einen Krieg zu führen zu plakativ und zu ungenau

Ist sie auch, und ich habe ja auch prognostiziert, dass du genau das aufgreifen wirst. Wink

Zitat:Ernsthaft zu erklären die Bundeswehr habe AWACS und das USMC nicht ist doch wohl ehrlich gesagt etwas an der Realität vorbei. Die E-3A Flotte gehört genau so wenig zur Bundeswehr wie zum USMC.

Mit keinem Wort habe ich erwähnt, dass die Bundeswehr AWACS habe, aber die Bundeswehr finanziert einen Teil dieser Flotte und hat im Rahmen der Bündnisaufgaben Zugriff darauf, das USMC eigenständig nicht. Noch intensiver ist dies bei der MMU, wir finanzieren und betreiben die Maschinen gemeinsam mit Bündnispartnern, haben aber natürlich ein festes Kontingent (übrigens über die Hälfte der Gesamtflugstundenzahl der Flotte), auf das wir flexibel zugreifen können. Natürlich rechne ich nicht die Maschinen des Verbandes eins zu eins der Bundeswehr zu (wie kommst du darauf?), sondern nur die grundsätzliche Fähigkeit, die im USMC gar nicht vorhanden ist weil sie für die Aufträge nicht benötigt wird.
Die Zahl der KC-130 des USMC spiegelt letztlich diese unterschiedlichen Aufgaben wieder, und ja, die Fähigkeiten zur Luftbetankung in kleinräumigen Einsätzen sind (erwartungsgemäß) stärker ausgeprägt, das ist absolut unstrittig. Vorhanden ist diese Fähigkeit in der Bundeswehr allerdings eben, und tatsächlich ist die Basis dafür bei der Bundeswehr nicht die schlechteste - man bräuchte nur mehr als die zehn Rüstsätze, die aktuell eingeplant sind (nur zur Information).

Zitat:Das ist der eigentliche Punkt auf den ich hinaus will: wir verfolgen (immer noch) ein Konzept der Breite vor der Tiefe, welches dazu führt, dass wir zwar durchaus sehr viele verschiedene Fähigkeiten haben, welche das USMC nicht hat, dass aber die Tiefe dieser Fähigkeiten für einen Krieg unzureichend ist.

Genau diese Darstellung von Breite und Tiefe ist doch letztlich das, was ich mit dem Unterschied zwischen einer Teilstreitkräft und einer Armee gleicher Größe aufzeigen wollte, allerdings ohne dass ich eine Wertung dazu abgegeben habe.
Was die Wertung betrifft müsste man aber zuerst die Frage beantworten, die du gestellt hast:
"Und dann muss man sich fragen was für ein Krieg überhaupt, gegen wen und unter welchen Umständen?"

Zitat:Was an den extrem teuren aktuellen Beschaffungsvorhaben liegt

Zum Teil ja, was ja nur meine Aussage unterstützt, dass für einen sinnvollen Vergleich auch die finanziellen Daten erstmal bereinigt werden müssten, weil das einfache Gegenüberstellen "irgendwelcher" Zahlen ohne Berücksichtigung des Inhalts eben keine Aussagekraft besitzt. Der Anstieg unseres aktuellen Verteidigungshaushalts etwa geht primär auf Beschaffungen und Investitionen zurück, nicht auf die hier von dir erwähnten Punkte wie Personalkosten oder Versorgungsrücklagen.
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#12
Du hast recht und ich kann jeden Punkt den du hier ausführst gut nachvollziehen. Ein Problem von mir ist hier vielleicht dass ich die Sache zu sehr von einer taktischen Ebene aus betrachte. Vermutlich fühle ich mich zudem dem USMC aufgrund seiner Infanterielastigkeit darob meines eigenen Hintergrunds eher verbunden.

Zitat:. Natürlich bedeutet eine Fokussierung auf bestimmte Aufgaben umgekehrt, dass dort bei gleichem Aufwand wesentlich bessere Fähigkeiten vorhanden sein können, das liegt in der Natur der Sache.

Ganz allgemein wollte ich schon genau darauf hinaus: dass das USMC eine hohe Fokussierung auf bestimmte Fähigkeiten hat und deshalb eine sehr hohe Kampfkraft entwickelt - und die Bundeswehr ein zu hohe Breite hat, zu wenig fokussiert ist und schlußendlich zwar alles nur denkbare irgendwie mit abdeckt, aber dennoch genau deswegen kriegsunfähig ist. Es fehlt der Bundeswehr meiner Überzeugung nach der Schwerpunkt.
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#13
(04.11.2021, 22:58)Quintus Fabius schrieb: Dessen ungeachtet möchte ich dennoch darauf hinweisen, dass meiner Ansicht nach eure Argumentation ebenso immer noch zwei Problemfelder aufweist:
1. ... Deshalb finde ich es halt einfach falsch zu erklären, dass das USMC keine vollumfängliche Armee sei. Denn dann ist auch die Bundeswehr und der Gros aller Armeen weltweit keine Armee im Sinne eurer Definition.
Nicht mein Argument. Ich würde auch die Streitkräfte Luxemburgs als vollumfängliche Armee bezeichnen. Für mich ist eine vollumfängliche Armee die Summe aller Streitkräfte des sie aufstellenden Staatsgebildes. Das trifft auf die Bundeswehr zu, nicht aber auf das USMC. Reine Definitionsfrage.

(04.11.2021, 22:58)Quintus Fabius schrieb: 2. ... Ich finde daher die Aussage: strategische Fähigkeiten = Befähigung einen Krieg zu führen zu plakativ und zu ungenau
Weshalb ich den Begriff vermieden habe. Ich halte es auch kaum für möglich, bei militärischen Fähigkeiten eine klare Grenze zwischen der taktischen und der strategischen Ebene zu ziehen. Und schon mal gar nicht traue ich mir selbst zu, eine solche Zuordnung korrekt zu treffen.

(04.11.2021, 22:58)Quintus Fabius schrieb: Das ist der eigentliche Punkt auf den ich hinaus will: wir verfolgen (immer noch) ein Konzept der Breite vor der Tiefe, welches dazu führt, dass wir zwar durchaus sehr viele verschiedene Fähigkeiten haben, welche das USMC nicht hat, dass aber die Tiefe dieser Fähigkeiten für einen Krieg unzureichend ist.
Womit du deine rhetorische Ausgangsfragestellung beantwortet hättest. Dem kann ich auch nicht widersprechen.
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#14
(05.11.2021, 15:12)Quintus Fabius schrieb: Ganz allgemein wollte ich schon genau darauf hinaus: dass das USMC eine hohe Fokussierung auf bestimmte Fähigkeiten hat und deshalb eine sehr hohe Kampfkraft entwickelt - und die Bundeswehr ein zu hohe Breite hat, zu wenig fokussiert ist und schlußendlich zwar alles nur denkbare irgendwie mit abdeckt, aber dennoch genau deswegen kriegsunfähig ist. Es fehlt der Bundeswehr meiner Überzeugung nach der Schwerpunkt.

Wenn ich insbesondere an die Diskussionen rund um amphibische Einheiten (oder einen deutschen Flugzeugträger) denke kann ich das durchaus nachvollziehen, bloß ist das mit der Schwerpunktsetzung schon rein aufgrund der Ausgangssituation nicht so einfach. Klar kann man beispielsweise einfach die Marine für entbehrlich erklären, nur wird jede darauf folgende Argumentation mit Blick auf die Realität zwangsläufig dauerhaft zur Frustration führen, einem Zustand, den ich für mich selbst lieber vermeide. Wink

Es ist meines Erachtens gar nicht so leicht den Rotstift bei den Fähigkeiten anzusetzen, wenn ich gleichzeitig auch eine stärkere Übernahme von internationaler Verantwortung und eine Stärkung der Souveränität der Außen- und Sicherheitspolitik Europa propagiere. Gerade in dieser Kombination ist eher die Auslagerung von Fähigkeiten in die europäische Kooperation statt einer generellen Streichung und Refokussierung vorzuziehen.

Letztlich ist es aber der ewige Kreislauf, Kritik an der Ausrüstung oder Aufstellung der Bundeswehr ist Kritik an der Verteidigungspolitik ist Kritik an der Außenpolitik, usw.
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