Umfrage: Bewaffnete Drohnen oder COIN Flugzeuge für die Bundeswehr?
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bewaffnete Drohnen
50.00%
4 50.00%
COIN Flugzeuge
50.00%
4 50.00%
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Bewaffnete Drohnen vs. COIN Flugzeuge
#27
(12.07.2021, 19:40)Quintus Fabius schrieb: Meiner Meinung nach unterschätzt du das Ausmaß an Rohrbewaffnung welches hier eingesetzt wurde.

Nein, gewiss nicht, aber es bringt meiner Ansicht nach nichts, einfach nur irgendwelche Vergangenen Erfahrungen ohne Kontext auf heutige Situationen anzuwenden. Deine Argumentation beißt sich da beispielsweise selbst, wenn du sagst, dass auf der einen Seite trotz starker Flugabwehr COIN-Flugzeuge in Vietnam erfolgreich waren, auf der anderen Seite heutige Maschinen in einer solchen Flugabwehr nicht mehr zurück kommen würden?
Man muss da schon sehr genau hinschauen: welche Leistungsfähigkeit konnte mit welcher Flugabwehr gegen welche Ziele unter welchen Bedingungen erzielt werden? Und da ist Vietnam aus verschiedenen Gründen, einige davon habe ich genannt, schlecht auf die heutigen Situationen übertragbar. Die sowjetischen Erfahrungen in Afghanistan beispielsweise, oder auch die amerikanischen Erfahrungen bei Einsätzen über bebautem Gebiet etwa im Irak schon eher.
Übrigens war eine der Erkenntnisse, die die US-Streitkräfte aus Vietnam ableiteten, dass die eigentlich als überholt geglaubte Kategorie der Schlachtflugzeuge eine hohe Relevanz besitzt und nicht durch leichte Erdkampfflugzeuge, die über Vietnam in verschiedenen Versionen eingesetzt wurden, ersetzt werden könnten. Diese Erfahrungen flossen direkt in die Entwicklung der A-10 ein, die ja mehr oder weniger parallel zu Vietnam stattfand. Genauso waren es die Erfahrungen beispielsweise aus Desert Storm, aber auch aus anderen Einsätzen, die zu der Erkenntnis führten, dass bewaffnete Transporthubschrauber in solchen Szenarien nur bedingt einsetzbar sind. Soll heißen: verfügt der Gegner über eine nennenswerte Flugabwehr, sind die üblichen kostengünstigen Waffensysteme das falsche Mittel.

Zitat:Mir geht es hier nicht um eine Diskussion von COIN Flugzeugen vs Helis, sondern explizit will ich diese bewaffneten Drohnen gegenüber stellen.

Darüber haben wir ja schon besprochen, COIN muss ganz anders betrieben werden, es braucht eine stärkere, direkt mit der Bevölkerung und den Truppen der Einsatzländer interagierende Bodenpräsenz, und es braucht direkt wirkende, sichtbare Luftunterstützung. Drohnen sind, wie bereits von mir ausgeführt, primär für ISR sinnvoll. Wenn sie bewaffnet sind, können sie zudem als Notfallunterstützung fungieren (weil sie aufgrund der hohen Standzeit jederzeit verfügbar sein können), aber nicht für reguläre COIN-Einsätze. Soweit ich das Verstanden habe, will die Regierung genau so auch die Hermes TP einsetzen. Ich habe dazu, weder von dir noch von jemand anderem hier, einen großen Widerspruch gelesen, insofern ist das Ziel der Diskussion wohl erreicht: Konsens.
Aus dem Grund geht es nun eher um die nächste Frage, wenn es Drohnen nicht sind, was wären sinnvolle COIN-Flugzeuge? Darum geht es jetzt gerade.

Zitat:Warum sollte man bewaffnete T-6A Texan II nicht im Weiteren als Trainer für das entsprechende Geschwader in den USA abstellen oder warum diese nicht an ein Dritte Welt Land weiter verkaufen ?!

Die Grundausbildung in den USA erfolgt in einem multinationalen Rahmen und ist entsprechend ihrer Bedürfnisse ausgestattet, nicht mehr benötigte Maschinen dort zu "parken" ist eine Notlösung, kann aber nicht Sinn der Sache sein.
Und was die Abgabe angeht, mal abgesehen davon, dass wir das gar nicht allein entscheiden dürften und das jeweilige Land die Maschinen auch haben wollen muss (was wie ich erwähnt habe nicht grundsätzlich gegeben ist), würde das bedeuten, erst entsprechende Strukturen bei uns auf- und anschließend wieder abzubauen. Das mag im Zweifelsfall Sinn ergeben, aber das ist keine ressourcenschonende (ja, darauf sind wir angewiesen) Planungsgrundlage.
Mir scheint, du unterschätzt gerade die zum Betrieb von Luftfahrzeugen notwendige Strukturen, wenn du davon ausgehst, dass man die mal eben so auf- und wieder abbauen kann. Die Piloten müssen geschult werden, die Mechaniker müssen geschult werden, die entsprechenden Werkzeuge müssen bereitgestellt werden, die Ersatzteilbestände müssen aufgebaut werden - das sind durchaus größere finanzielle, personelle und strukturelle Belastungen, die sich vor allem dann lohnen, wenn sie auf Dauerhaftigkeit ausgelegt sind.

Ich bleibe dabei, es ist zielführender, bei uns solche dauerhaften Strukturen mit Luftfahrzeugen aufzubauen, die sowohl für echtes COIN als auch für andere Einsätze tauglich sind. Für mich sind das im Low-End Hubschrauber, im High-End LIFTs. Wenn wir dann in die lokale Kooperation gehen wollen, können wir das entweder über das Low-End machen (was aufgrund der niedrigeren Kosten nachhaltiger ist), oder man macht es durch Ausbildungs- und Unterstützungsprogramme.

Zitat:Bis wir ausreichend bewaffnete T-7 haben und einsetzen, hätte man schon ein ganzes Geschwader an COIN Flugzeugen beschafft, eingesetzt und weiter verschachert.

Warum sollte die Beschaffung eines LIFTs grundsätzlich deutlich zeitaufwändiger als die Beschaffung eines COIN-Flugzeugs sein? Klar, wenn es speziell um die T-7 geht, dann wäre dies der Fall - aber um die muss es ja nicht gehen (auch wenn du ein Fan von dem Muster bist) Wink

Zitat:Wie ich es schon schrieb sind die Afghanen mit dem Cayuse gar nicht so zufrieden.

Der Zulauf der MD-530F erfolgt parallel zur Weiterentwicklung der Maschinen. Mit den ersten sechs Maschinen, die vornehmlich für Verbindungsaufgaben eingesetzt wurden, war man ziemlich zufrieden. Danach sollten sie für Kampfeinsätze erhalten, und da mangelte es Anfangs schlicht an der Ausstattung. Vieles davon wurde im laufenden Betrieb angepasst und die Kritikpunkte so nach und nach behoben (bspw. Visiere, Zielbehälter, verbessertes Schutzniveau). Von der neuen Generation (mit digitalem Cockpit) hört man tatsächlich als einzigen großen Kritikpunkt einen erhöhten Abnutzungsgrad aufgrund der intensiven Einsätze.

Das aktuell größte Problem ist eh der weitere Fortbestand der Luftstreitkräfte in ihrer heutigen Form, weil wie erwähnt mit dem Abzug der Amerikaner auch die Versorgung der Luftfahrzeuge nicht weiter gesichert ist (bis auf die älteren russischen Modelle, die eh schon von den Afghanen eigenverantwortlich betrieben werden). Davon sind aber alle Muster betroffen (es gibt auch schon entsprechende Wartungs- und Schulungsverträge).

Zitat:Super Tucano - 1600 km (ohne Zusatztank)
T-6A - 1700 km (ohne Zusatztank)
AHLARC - 2130 km (ohne Zusatztank)
Textron Scorpion - 4100 km (allerdings mit Zusatztank)

T-7 (LIFT Flugzeug) - 1840 km

Wie man sieht sind die Reichweiten in Wahrheit weitgehend ähnlich. Die Reichweite allein ist es aber gar nicht - die Zeit die man über dem Ziel verbringen kann ist viel interessanter und hier haben einige Typen von COIN Flugzeugen wesentlich bessere Werte als jedes LIFT Flugzeug ! Die können gerade weil sie so viel langsamer sind und einen anderen Antrieb haben deutlich länger über einem Zielgebiet herumkreisen. Bei einer AHRLAC wird beispielsweise die Endurance vom Hersteller mit bis zu 10 Stunden angegeben und das Flugzeug hat zwei Mann Besatzung welche sich in dieser immens langen Zeit abwechseln können.

Die maximalen Reichweiten sind in der Praxis völlig bedeutungslos, man muss die jeweiligen Leistungen schon anhand von konkreten Missionserfordernissen vergleichen. Nimm als Beispiel die Bronco II, der Hersteller nennt hier eine maximale Reichweite mit internem Treibstoff von 2.400 km und eine maximale Ausdauer von 10 Stunden, was viel klingt. Diese Werte werden aber nur ohne weitere Zuladung erreicht, wobei sich diese sowieso von maximal fast 1,8 Tonnen auf nur noch 600 kg verringert (das beinhaltet Sensoren und Effektoren), wenn die maximale Treibstoffkapazität ausgeschöpft werden soll. Dementsprechend bleibt bei einer 4-Stunden-Patrouille 150 sm von der Heimatbasis entfernt eine reale Zuladung an Effektoren von 220 kg übrig (alles Angaben vom Hersteller). Das reicht nicht einmal für zwei 7-fach-Starter mit ungelenkten/gelenkten 70-mm-Raketen. Würde man ein solches Muster übrigens unbemannt bauen, hätte das locker die vierfache Zuladung bei gleichem Missionsprofil - ich erwähne es nur. Wink
Die Super Tucano hat eine vom Hersteller angegebene maximale Reichweite von etwa 1.800 km und eine Ausdauer von 3,5 Stunden mit internem Kraftstoff, auch dieser Wert wird nur ohne weitere Zuladung erreicht (allerdings mit den Zellenintegrierten Sensoren). Bei einer Mission 150 sm von der Basis entfernt könnte die Super Tucano mit voller Waffenlast, immerhin gut anderthalb Tonnen, etwa eine Stunde auf Station bleiben. Diese Zeit kann natürlich durch externe Tanks (zu Lasten der Bewaffnung) erhöht werden, im Maximum auf gut zweieinhalb bis drei Stunden bei allerdings dann "nur" noch gut 700 kg an Effektoren (bspw. zwei 19-fach-Starter für ungelenkte/gelenkte Raketen).

Die M-346FA (als Beispiel eines kurzfristig verfügbaren LIFTs) besitzt mit dem internen Treibstoff eine maximale Reichweite von gut 1.800 km und eine Ausdauer von fast drei Stunden. Die maximale Waffenlast beträgt bei ihr drei Tonnen, von der sinnvollerweise für derartige Einsätze eine Tonne für externen Treibstoff verwendet wird. Mit der restlichen Waffenlast von zwei Tonnen ist 150 sm von der Basis entfernt eine Ausdauer von etwa anderthalb Stunden möglich. Reduziert man die Zuladung, beispielsweise auf die beiden 19-fach-Starter für ungelenkte/gelenkte Raketen, die von unserer Super Tucano mitgeführt werden, und montiert einen dritten Zusatztank, wäre eine Ausdauer von zweieinhalb Stunden möglich.

In allen Fällen handelt es sich dabei um Maximalwerte auf Reiseflughöhe, bei der Bronco II also etwa FL250, bei der Super Tucano und M-346FA etwa FL350. Kommt es zum tatsächlichen Waffeneinsatz oder soll auf niedrigerer Höhe patrouilliert werden, reduzieren sich diese Ausdauerleistungen recht deutlich auf etwa die Hälfte (bei den Turboprop-Mustern etwas weniger, bei der M-346 etwas mehr).

Insgesamt haben die Turbopropmaschinen also tatsächlich einen Vorteil, dieser ist aber deutlich geringer, als du ihn hier suggerierst. Und er verringert sich weiter, je ferner der Einsatzraum gegenüber der Heimatbasis liegt. Zudem besteht bei den typischen Angriffsflugzeugen auf Basis von LIFTs in der Regel die Möglichkeit zur Luftbetankung, die, wie die USA gerade erst demonstriert haben, in Zukunft ein typisches Einsatzfeld von unbemannten Luftfahrzeugen sein kann.

Natürlich stellt sich die Frage, warum man solch einen Aufwand betreiben soll, wenn eine Super Tucano (als Beispiel) für eine derartige Mission genauso "ausreicht". Hier kommt wieder der von mir bereits ausgeführte Aspekt ins Spiel, dass ein solcher Turboproptrainer faktisch für andere Einsätze nur bedingt oder gar nicht tauglich ist, mit LIFT-Maschinen hingegen deutlich mehr Möglichkeiten bestehen - sowohl im Trainingsbereich als auch in der Einsatzrealität.

Insofern ist es einfach eine Frage der Herangehensweise. Für mich bietet die Mischung aus Hubschrauber und LIFT das beste Gesamtpaket, dass weit über COIN hinaus nützlich wäre, gleichzeitig aber auch die von dir gewünschte lokale Unterstützung und Zusammenarbeit ermöglicht. Für dich ist es eben das COIN-Flugzeug auf Basis von Turboproptrainern, deren Leistungen ich keinesfalls herabwürdigen möchte, die für mich aber eine zu starke Spezialisierung darstellen. Zumal ich dann auch andere Muster, etwa eine AC-208, in Betracht ziehen würde. Grundsätzlich einig sind wir uns, dass klassische Drohneneinsätze für COIN der falsche Weg sind.
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RE: bewaffnete Drohnen vs COIN Flugzeuge - von Helios - 13.07.2021, 12:09

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