Grundsatzdiskussion zur Ausrichtung von Beschaffungsprogrammen
#2
Helios:

Zitat:
Zitat:Wer glaubt Krieg nach bürokratischen Vorgaben und Normen führen zu können der kann ihn nicht siegreich führen.
der erste ergibt aber in Anbetracht der Militärgeschichte keinen Sinn. Ohne "bürokratische Vorgaben und Normen" gäbe es kein modernes Militär, keine moderne Militärtechnik und dadurch eine deutlich geringere Kampfkraft, als wir sie heute haben. Es ist heute, da wir (wie du sagst) viel zu viel Wert und Augenmerk auf "bürokratische Vorgaben und Normen" legen und diese sinnvolle Entwicklungen eher blockieren einfach und populär, einfach diese stets als negativ auszulegen, dadurch kann sich aber sehr schnell eine ebenso schlimme Fehlentwicklung geben. Denn auch die moderne Militärgeschichte ist voll von technischen Gemischtwarenläden, in denen allein die Versorgung komplette Armeen lahmgelegt hat.

Zweifelsohne und gerade die Deutschen sind beispielsweise im Zweiten Weltkrieg ja ein Musterbeispiel dafür, wohin eine zu große Typenvielfalt und eine zu weitgehende Prototypisierung ohne dann einen Schwerpunkt zu setzen führen kann. Ganz allgemein ist dass aber immer ein Widerspruchspaar. So wie Qualität vs Quantität. Und man kann diesen Widerspruch nicht so einfach auflösen. In Bezug auf Normierung meine ich damit, dass eine weitgehende Prototypisierung es auch ermöglicht in Friedenszeiten sich militärisch schneller weiter zu entwickeln und dann eher tatsächlich die Systeme vor Kriegsbeginn identifizieren zu können welche es wert sind exploriert zu werden. Keine Frage: ohne jedwede Normen wäre der moderne Krieg nicht möglich, aber trotzdem kann es von Vorteil sein, in bestimmten Fällen intentional weitgehend auf Normierung zu verzichten und das schreibe ich als jemand der immer eher für den Generalisten und für eine möglichst weitgehende Standardisierung ist. Je weiter die Standardisierung (Normierung etc) reicht, desto mehr Quantität hat man und gerade diese Quantität benötigt man für die Eröffnungsschlacht, ohne ausreichende Quantität kann man die notwendige Simultanität welche meiner Meinung nach den Ausschlag gibt nicht erzielen. Aber: auch wenn ich der Ansicht bin, dass man jedes System auf möglichst vielfältige Weise einsetzen sollte und Systeme mit denen man mehr verschiedene Dinge tun kann besser sind - dessen ungeachtet haben wir es heute eben mit einem immens hohen Grad an Spezialisierung zu tun.

In diesem hochkomplexen System von Spezialisten besteht dann meiner Ansicht nach die Gefahr, dass man die Spezialisten welche in Bezug auf die Qualität dann den Ausschlag geben werden nicht vor Kriegsbeginn identifiziert und daher diese dann zwingend notwendigen Fähigkeiten nicht hat, weil man sie der Normierung geopfert hat. Nur durch eine bewusste Nicht-Normierung kann man ausreichend herumexperimentieren und sich so eher auf das noch unklare Kriegsbild des nächsten größeren konventionellen Krieges einstellen. Umgekehrt senkt dies leicht die Quantität und die Normierung hatte kriegsgeschichtlich ja primär die Aufgabe eben diese herzustellen.

Diese Quadratur des Kreises kann man nur dahin gehend auflösen, dass man zwar eine größere Typenzahl zulässt, von den meisten Typen aber nur wenige vorhält und unabhängig von dieser ganz bestimmte Systeme in großen Stückzahlen beschafft. Gerade die Systeme welche möglichst vielfältig eingesetzt werden können und welche eher als Generalisten verwendbar sind. Ein solches System führt natürlich zu höheren Kosten, bietet aber meiner Meinung nach militärische Vorteile.

Zudem sollte man die erhöhten Anforderungen an die Logistigk/Versorgung usw auch nicht überschätzen, denn diese sind so oder so immens, gerade weil wir heute eine so weitgehende Spezialisierung mit so vielen extrem unterschiedlichen Systemen haben. Wir müssen so oder so eine immense Vielzahl von völlig unterschiedlichen Ersatzteilen usw vorhalten. Der einzig verbliebene real-praktische Vorteil der Normierung ist nun die größere Stückzahl. Weshalb die Typenvielfalt gerade eben bei Systemen angesetzt werden sollte, die möglichst weitgehend modular sind und gerade da schließt sich der Kreis zum GTK - den wir nutzen die Modularität dieses Panzers bisher noch gar nicht aus. Gerade beim GTK ließe sich mit viel geringerem Aufwand als bei anderen Systemen eine größere Typenvielfalt herstellen.

Vor Kriegsbeginn könnte man dann so viele verschiedene Konzepte und Systeme ausführlich in Manövern und Auslandseinsätzen austesten und so identifizieren welche davon tatsächlich praktisch real von Nutzen sein werden und welche nicht und seine Rüstung dann auf diese konzentrieren. Ansonsten kann es einem eben eher passieren, dass man trotz weitgehender Normierung auf die falschen Pferde setzt und dann die größere Quantität auch nichts mehr nützt, weil andere Systeme vonnöten gewesen wären.

Desweiteren lässt sich eine größere Typenvielfalt zum Identifizieren und Austesten der für den nächsten Krieg notwendigen Systeme auch dadurch eher bewerkstelligen, dass man einfach Systeme welche fertig bereits stehen so übernimmt wie sie sind, ohne größere Änderungen daran. Gerade dies senkt dann die Kosten dieser Vorgehensweise deutlich.

Zitat:so ist es meines Erachtens sinnvoll, erstmal genau zu prüfen, um was es dabei konkret wirklich geht und ob diese nicht doch jeweils sinnvoll ist.

Dem kann ich natürlich nur zustimmen und die Betonung wollte ich immer auf größere verstanden wissen. Wenn es sich nur um Kleinigkeiten handelt stellt das kein Problem dar. Aber nehmen wir mal das Beispiel von Wodan, weil es gerade so gut passt:

Wodan:

Zitat:Und jetzt komme ich und führe noch auf, dass ich am liebsten einen Boxer mit Puma- statt mit Lance-Turm hätte.

Es ist ja eben nicht einfach nur ein Lance Turm. Es ist ein Lance Turm mit einer hochkomplexen Sensorik von Northrop Grumman und der dazugehörigen Elektronik usw. Ein PUMA Turm wäre hier Standardisierung und Normierung, aber man müsste in ihn erstmal die gleiche Sensorik usw einbauen und da der Turm ganz anders ist wäre es fraglich ob dies überhaupt so möglich ist.

Nehmen wir hingegen das Fahrzeug so wie es ist, haben wir zwei verschiedene Türme. Auf den ersten Blick also weniger Normierung. Andererseits können wir so beide Türme vergleichen und viel eher feststellen ob wir in Zukunft nicht auch noch andere Fahrzeuge mit dem Lance Turm bewaffnen sollten - oder eben nicht. Beide Systeme parallel zu betreiben ist vom Aufwand her in Wahrheit eben nicht so viel größer wie es die meisten vermuten, es ermöglicht aber wenn man es als Konzept insgesamt so betreibt eben viel eher dann bei Kriegsbeginn die richtigen, weil geeigneteren Systeme zu haben.
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RE: GTK Boxer - von Quintus Fabius - 01.05.2021, 22:18
RE: GTK Boxer - von ede144 - 02.05.2021, 13:36
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