Krieg im 21. Jahrhundert
#11
Broensen:

Zitat: Das Leistungsspektrum der klassischen Brigade mit der taktischen Beweglichkeit und Führbarkeit einer Regimentskampfgruppe. Klingt für mich stimmig, sofern man es schafft, den Wasserkopf der Brigaden klein zu halten.

Den Wasserkopf klein zu halten ist so oder so immer eine nie endende Aufgabe, und auch wieder so eine Wiedersprüchlichkeit des Krieges: den die immer größere Spezialisierung selbst auf unteren Ebenen erhöht immer mehr die Komplexität und zwingt einen dazu größere Führungsstrukturen dafür vorzusehen, obwohl dass wieder nachteilig ist für die Gesamtgeschwindigkeit in allen Abläufen dessselben Verbandes. Reduziert man aber die Komplexität ist das unter Umständen auch wieder ein Nachteil gegenüber einem fähigeren und komplexer aufgestellten Feind usw usf

Wie ich es schon eingangs schrieb sind zudem all diese Begriffe (Brigade, Regimentskampfgruppe etc) heute alle schwammig und austauschbar. So ist eine USMC Regiments-Kampfgruppe (RCT) de facto eine Brigade und ca. 4500 Mann, während die BCT der US Army ebenfalls ca. diese Mannzahl haben (je nach Typ etwas abweichend). Worin soll überhaupt der Unterschied zwischen einer Regimentskampfgruppe und einer Brigade sein? In Wahrheit gibt es eigentlich keinen.

Im einen Fall haben wir ein Regiment an welche weitere Einheiten angehängt werden. Der Regimentsstab führt dann diese Einheiten, es entsteht de facto also eine Brigade. Im anderen Fall sind diese Einheiten bereits organisch dem Brigadestab unterstellt.

Zitat: nur dass sie aufgrund des technischen Fortschritts bereits in dieser Größenordnung, das Gefecht der verbunden Waffen führen können. Das wäre für mich so etwas wie die Verschmelzung dieser beiden Ebenen.

Da ich explizit auf deutlich kompaktere Brigaden hinaus will können diese zwar im Verbund der Division (oder im Verbund mit Korpstruppen) das Gefecht der verbundenen Waffen führen - sie können es aber nicht selbstständig führen (bspw. wegen fehlender Artillerie) und das Wort: selbstständig ist hier das entscheidende. Wenn man gar nicht erst versucht Brigaden so auszulegen, dass sie die kleinsten Großkampfverbände sind, welche das Gefecht verbundener Waffen selbstständig führen, dann kann man diese wesentlich kleiner und wesentlich besser organisiert aufstellen und sind diese dann viel schneller und beweglicher und können klassische Brigaden allein dadurch ausmanövrieren und durch eine höhere Geschwindigkeit in allen Abläufen und Handlungen aus dem Feld schlagen obwohl sie kleiner sind. Zumal die reine Kampftruppe trotz der geringeren Größe eben nicht geringer ausfällt.

Gerade die Größe des Kriegsraumes im Verhältnis zur Truppenmenge ermöglicht das hier im besonderen Maße und gerade deshalb sollten die Großkampfverbände meiner Meinung nach auf dieses Kriegsumfeld - in dem es weite Gebiete mit sehr geringer Truppendichte geben wird - in welchen die Großkampfverbände dann wie Inseln im Meer verteilt sein werden - spezialisiert sein. Größe und Struktur der Einheiten müssen dem Kriegsraum und der zwingenden Dislozierung der Verbände in diesem angepasst werden.

Zudem bleibt da noch die Frage der strategischen Verlegbarkeit. Große Divisionen sind nicht ansatzweise so gut strategisch verlegbar wie kleine kompakte Divisionen. Größeren Brigaden wiederum fehlt die Kampfkraft und die Ausdauer bei hohen Verlusten.

Stichwort Jäger:

Zitat:Aktuell ist das für mich berittenen Infanterie. Die hat durchaus ihre Berechtigung,

Meiner Ansicht nach hat sie keine Berechtigung weil man hier mit einem immensen Aufwand im Endeffekt eine vom Kosten-Nutzen Verhältnis her nicht tragbare Truppe unterhält. Die Kampfkraft im Vergleich zum Aufwand ist zu gering, das ganze Konzept unbrauchbar für den Krieg und ein Ausfluss einer Überspezialisierung auf Friedenseinsätze. Making yesterday perfect in Afghanistan wird in Osteuropa gegen russische mechanisierte Verbände nichts bringen.

Stichwort Mittlere Kräfte:

Zitat:Echte mittlere Kräfte müssten mMn ähnlich dem Ursprungsgedanken der SBCTs aufgestellt sein. Also einheitlich ausgestattet, autark handlungsfähig und schnell (luft-)verlegbar. Damit unsere Jäger das leisten können müssten sie konsequent mit Boxern ausgestattet werden (Drummond lässt grüßen) und zwar in vielen zusätzlichen Versionen. Der Waffenträger auf Basis CRV, auch als schwerer Aufklärer wäre ein Anfang. Dann mindestens noch Mörser und gewisse Pionierfähigkeiten.
Nur muss man sich im Rahmen der Schrumpf-NATO fragen, ob mittlere Kräfte nicht bewusst kleineren Nationen vorbehalten sein sollten, die sich mehr nicht leisten können. Den Briten z.B., Big Grin die sich ja derzeit in genau diese Richtung entwickeln.

Ich bin kein Freund der Stryker Brigades Combat Teams (welche eigentlich ursprünglich von Shinseki nur als Testeinheiten und Interimsverbände zum Übergang in das FCS gedcht waren) - und auch nicht des aktuellen britischen Strike Brigade Konzeptes. Spezifisch Deutschland sollte bewusst auf solche mittleren Kräfte verzichten - den diese kosten auch nicht unerheblich Geld und die höhere strategische Verlegbarkeit (welche gerade in Richtung Osteuropa in Sachen Eigenverlegbarkeit als Hauptargument geführt wird) ist in Wahrheit unnütz, weil sich diese Verbände gegen ernsthafte mechanisierte Verbände nicht behaupten können und in entsprechendem Terrain gegen echte leichte Verbände ebenso eingehen.

Gerade Deutschland sollte und müsste meiner Meinung nach Schwerpunkte setzen und Mittel die man für mittlere Verbände aufwenden müsste konsequent in vollmechanisierte Einheiten stecken, nicht zuletzt auch weil Europa ohnehin zunehmend in Richtung mittlere Verbände abgleitet. Das soll nicht heißen dass ich gegen Radpanzer wäre, aber komplette Brigaden oder Divisionen als mittlere Verbände sollten nicht das Ziel sein, die Radpanzer kann man ganz anders und besser verwenden:

Stichwort Panzerkavallerie:

Zitat:Eure Entwürfe zu Spähkräften habe ich nicht mehr parat (auch wenn ich das bestimmt verfolgt haben werde), aber ich würde sie zumindest eher als separat agierende Späh-/Jagd-/Kavallerietruppe sehen, während die mechanisierten Verbände nur im Rahmen ihres eigenen Auftrags selbst aufklären

Im Prinzip kann man hier eine Art Aufteilung in Schlachtfeldaufklärung/Plänkler (Skirmisher) und weitstreifende Fernaufklärung/Streifschar (Raider) vornehmen. Eine solche Panzerspähtruppe könnte als Fernaufklärer/Streifschar aufgrund der schon oben beschriebenen Situation von weiten Räumen geringer feindlicher Truppendichte verheerende Wirkung erzielen ohne sich feindichen Großkampfverbänden stellen zu müssen. Sie wäre auch sonst von großem Wert und die Radpanzer würden in ihr gute Verwendung finden. Aufgrund der heutigen technologischen Möglichkeiten agieren solche Verbände zudem nicht allein, hier könnte man an Konzepte anknüpfen die bereits die Sowjets so angedacht haben: den Reconnaissance Strike Complex und den Reconnaissance Fire Complex.

https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&...Xe-MUI0lcL

Durch eine enge Verbindung solcher Panzerspäher / Streifscharen mit weitreichender Artillerie und mit bewaffneten wie unbewaffneten Drohnen und Loitering Munition entstehen ganz neue Möglichkeiten, vor allem weil weit vorgedrungene Streifscharen diese dezentral selbst vor Ort lenken können, als Relais dienen können und auch in einem Umfeld mit starker elektronischer Kriegsführung in welchem Drohnen weitgehend versagen werden noch aktiv sein können.

Zitat:Als organisches Steilfeuer braucht es Panzermörser, keine Haubitzen-Bataillone.

Eine hochinteressante Technologie ist hier beispielsweise ACERM oder die Verwendung von Loitering Munition durch Mörser - damit werden Reichweiten erzielt die weit über dem liegen was bisher für Mörser die Obergrenze war. Hier noch ein anderer recht interessanter Text in diese Richtung:

https://www.rand.org/content/dam/rand/pu...RR2124.pdf

Zitat:Seh' ich auch so, vor allem auch im Hinblick auf JointFire u.ä.

Joint ist hier ohnehin ein Ansatz den man weitergehend verfolgen sollte. Statt einer streitkräftegemeinsamen Feuerunterstützung sollte man hier weiterdenken an ein Streitkräftegemeinsames Feuer an sich. Damit meine ich, dass man jede Waffe - auch die Systeme welche im direkten Schuss wirken - für möglichst viele verschiedene Aufgaben verwenden kann - dass sie miteinander vernetzt sind und gemeinsam abgerufen werden können. Also mit Rohr-Artillerie auch auf Lufteinheiten schießen, mit FlaK-Panzern und Kampfpanzern im Steilfeuer auf Bodenziele, mit Raketen sowohl auf Luft- wie auf Bodeneinheiten, mit Artillerie auf Drohnen:

https://www.rbth.com/science-and-tech/33...g-new-anti

Vor allem die Koordinierung des Feuers von mehreren Einheiten auf ein Ziel ist hier deshalb erforderlich, da abstandsaktive Schutzmaßnahmen immer stärker und immer weitergehend Multi-Treffer-Resistent sein werden. Also muss man zugleich mehrere Treffer im exakt gleichen Zeitpunkt erzielen können um weiterhin die abstandsaktiven Schutzmaßnahmen überwinden zu können. Das reicht bis hinunter zu Schützenwaffen und Infanterie-Feuerleitsystemen.

Zitat: Nicht dass wir hinterher x eigenständige Kompanien über Deutschland verteilen

Nur weil sie selbstständig sind können sie durchaus am selben Ort sein. Bei Einheiten der gleichen Art macht das sogar durchaus Sinn.
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