Der Zweite Burenkrieg
#13
Eine weitere Besonderheit im Burenkrieg (hierin braucht es auch keine Unterscheidung zwischen dem ersten und dem zweiten Burenkrieg) ist die burische Militärkultur.

Der Begriff Militärkultur sollte vielleicht vorher definiert werden. Ich zitiere hierzu Oberst dG MMag. DDr. Andreas W. Stupka vom österreichischen Bundesheer:

Ausgehend vom Kulturbegriff im Allgemeinen und dessen besonderer Ausformung zur Erhaltung ihres Bestandes im Rahmen des Staates wird festgestellt, dass es durch den Einfluss der räumlichen und zeitlichen Dimension auf das menschliche Schaffen zwangsläufig immer gleichzeitig mehrere Kulturen geben muss. In dieser Folge existieren auch die Staaten als individuelle Elemente nebeneinander. Zwar gibt es allgemeingültige Prinzipien, die allen Staatswesen gemein sind, jeder prägt diese aber für sich anders aus. Da Militär ausschließlich im Rahmen von Staaten existent ist, wird auch dieses durch die jeweilige Kultur entsprechend geprägt, woraus sich die unterschiedlichen Militärkulturen ableiten lassen. Die einzigartige Beziehung zwischen Staatsführung und Militär bedingt ein besonderes Vertrauensverhältnis, das durch die Begrifflichkeit der Disziplin, in ihren beiden Erscheinungsformen: der Treue und dem Gehorsam, manifest wird. Die Disziplin bezeichnet das Wesen der Militärkultur und wird dadurch zum allgemeinen Prinzip einerseits und zur besonderen Ausprägung militärischen Wirkens andererseits.

Die Bureneinheiten waren ja prinzipiell Freiwilligeneiheiten. Dabei schlossen sich Buren nach Gutdünken, oder besser gesagt nach Vertrauen in die militärischen Fähigkeiten, jeweils einem Anführer an, welcher auf diese Weise eine Großkompanie oder ein Minibataillon, je nach Ansicht, um sich scharte und anführte. Damit nicht genug, stand es dem Buren auch frei diese Einheit wieder zu verlassen und sich eventuell einer anderen, eventuell fähigeren, Einheit anzuschließen. Sie wählten ihre Offiziere. Und sie wählten ihre Anführer aus ihrer Mitte heraus. Das gibt es in Kriegerkulturen, nicht aber in militärischen Organisationen. Dennoch waren die Buren keine Krieger, sondern militärisch organisierte Bauern, Handwerker, Krämer, Lehrer ... also Zivilisten.

Unteroffizier und Offizier war eine militärische Rolle, nicht ein dünkelhafter Stand. Der burische Unteroffizier und der burische Offizier musste sich die Folgebereitschaft direkt bei den zu führenden Männern verdienen. Wenn Buren stürmten, dann aus voller Überzeugung heraus und nicht, weil sie da "hineingeschickt" werden.

Das führt zu interessanten Folgen. Beispielsweise die Gliederung. Während britische Gliederung, Aufbau und Rangstruktur definitiv NICHT militärischen Prinzipien geschuldet ist (das gilt bis heute und das gilt auch für die meisten Armeen), ergab sich burische Gliederung, Aufbau und Rangstruktur aus Vorgaben der Effizienz und Robustheit.

Jahrzehnte vorher schon wurden die britischen Streitkräfte nach parteipolitischen und betriebswirtschaftlichen, und damit unmilitärischen Maßstäben ausgerichtet. Hier eine wortwörtliche Mitschrift vom Unterhaus aus dem Jahr 1820 - haarsträubend und so modern:

https://hansard.parliament.uk

Die Buren hingegen hatten eine weniger detaillierte Rangstruktur und eine viel flexiblere Gliederung. Sie hatten keine Scheu viele Untereinheiten (bis zu zehn Züge) zu führen und noch den kleinsten Unterführer in taktische Abwägungen miteinzubinden. Das ist in heutigen Streitkräften mit deren ausgelaugter Monokultur freilich fast nicht zu greifen.

Laut Guinness-Buch der Rekorde verschafften die "wilden" Buren Großbritannien den teuersten Krieg außerhalb der beiden Weltkriege.
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Der Zweite Burenkrieg - von Quintus Fabius - 09.01.2021, 23:54
RE: Der Burenkrieg - von Nelson - 11.01.2021, 13:42
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