(Luft) Future Combat Air System (FCAS) und New Generation Fighter (NGF)
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(31.01.2021, 20:03)Fox1 schrieb: Ich fände es nur falsch, wenn wir den Eurofighter mit einem Trägerkampfflugzeug ersetzen würden.

Ja, das fände ich auch falsch, und die Armée de l'Air will ihre Rafale auch nicht durch ein Trägerkampfflugzeug ersetzen. Ich sehe aktuell keinen Grund anzunehmen, dass es nicht auch beim NGF entsprechende strukturelle Unterschiede zwischen den Versionen geben wird wie bei der Rafale. Die Frage ist nur, welche gemeinsamen Kompromisse es geben muss - und zwingend ist da nichts gravierendes, insofern ist es eine Diskussion um ungelegte Eier, solange es keine konkreten Informationen zu den Versionen gibt.


(31.01.2021, 21:54)Mondgesicht schrieb: Wir würden selbstverständlich auf einer eigenen Fertigungslinie bestehen und spätesten an dieser Stelle den kompletten Zugriff auf alles haben. Deutschland wird aller Voraussicht nach mindestens ebenso viel Geld für FCAS ausgeben wie die Franzosen, insofern darf man auch den vollen (99% - der Rest ergibt sich) Technologietransfer erwarten.

Genau darum geht es aktuell bei den Diskussionen rund um das Projekt, denn selbstverständlich ist das nicht und muss es auch nicht sein, auch nicht mit eigener Endmontagelinie (denn eine doppelte Produktion ergibt in der Gesamtheit wenig Sinn). Klar wird es bei der reinen Hardware selbst keine Geheimnisse geben, aber die spielt auch eine untergeordnete Rolle. Die Technologie ist sowohl in den Fertigungsverfahren wie auch in der Software zu finden, und da könnte es natürlich Blackboxes geben. Das gilt es nun von Anfang an zu verhindern. Wie bereits erwähnt ist es von französischer Seite aus verständlich, dass man hinsichtlich der Nuklearwaffen keine Geheimnisse teilen will, was sich über entsprechend nationale Module kontrollieren lässt. Es liegt jetzt an der Politik zu vereinbaren, dass sich diese nationalen Module nur auf Erweiterung beispielsweise hinsichtlich der integrierten Bewaffnung beziehen, und es keine Parallelentwicklungen bei den grundsätzlichen Fähigkeiten gibt.

(31.01.2021, 23:52)GermanMilitaryPower schrieb: Mit der Finalisierung des Programms Ende des letzten Jahrzents wird deutlich, dass wir zeitlich knapp eine Dekade aufzuschließen haben.

Und ich betone es noch einmal, das ist ein Trugschluss. Das europäische Problem ist nicht das Technologieniveau als solches, sondern die Überführung in die Serienproduktion, die entweder nicht stattfindet oder zu lange dauert. Bestes Beispiel dafür ist die Entwicklung von Captor-E, dass mit einer von Anfang an entsprechenden Finanzierung und Beschaffung bereits vor zehn Jahren hätte verfügbar sein können und selbst nach der eigentlichen Planung bereits ein halbes Jahrzehnt im Dienst stehen sollte. Auch wenn es technologiebedingte Verzögerungen gab, lag das eigentliche Problem an der fehlenden politischen und damit auch finanziellen Unterstützung und Perspektive. Kann man nun aufgrund der Tatsache, dass der Eurofighter jetzt erst ein Radar bekommt, dass in der Liga des AN/APG-81 spielt, von einer Dekade Vorsprung der Amerikaner sprechen?
Für den Stealthbereich gilt das gleiche, der Eurofighter hinkt der F-35 deshalb um eine Dekade hinterher, weil das Design deutlich über eine Dekade früher entwickelt worden ist (und das Muster selbst ja auch eine Dekade früher in Dienst gestellt wurde). Um das zu kontern wird gern die F-22 ins Feld geführt, aber auch die Beweist nur die grundsätzliche Fähigkeit der US-Amerikaner, solche Projekte umzusetzen.

Ich habe gerade zu dem Aspekt durchaus auch eine andere Perspektive. Wenn man die F-22 und die B-2 aufgrund ihrer tatsächlichen Relevanz bewertet, so waren beide Muster kapitale Fehlschläge und eine unglaubliche Verschwendung von Ressourcen. Das Problem beider Muster war die fehlende industrielle Umsetzbarkeit der Prototypentechnologie, die zu den enormen Kosten und den jeweils geringen Stückzahlen geführt hat. Oder anders ausgedrückt, die Technologie war vorhanden aber die Zeit noch nicht reif für den Serieneinsatz - die US-Amerikaner haben beide Maschinen aber trotzdem gebaut. Der reale Wert liegt primär in den gewonnenen Einsatzerfahrungen, eine in Anbetracht des Aufwands relativ kleiner Ertrag. Bei der F-117, deren Programm konzeptionell die gleiche Schwäche besaß, konnten immerhin intensivere Erfahrungen gesammelt werden. Aber auch dieses Flugzeug ist ein Beispiel dafür, wie die vorhandene Technologie quasi in Prototypenform in Serie gebaut wurde. Erst mit Muster wie der F-35 oder demnächst der B-21 kann die Stealthtechnologie industriell sinnvoll verwendet werden.
Der tatsächliche europäische Rückstand im Bereich der Stealthtechnologie beträgt allenfalls ein paar Jahre, soweit man das aufgrund der vorhandenen Informationen einschätzen kann. Was die industrielle Fertigung angeht sieht das mangels realer Umsetzungen der Projekte anders aus.

Im übrigen halte ich inzwischen von dieser immer weiter verfeinerten Generationendenkweise recht wenig, mittlerweile ist der Eurofighter ein Flugzeug der Generation 4,5++, so ein Schmarrn. Weder sagt das etwas über den konkreten Technologiestand, noch über die tatsächlichen Leistungen aus. Die Kernfunktionalität der Generation 5 sind die Stealth-Fähigkeiten und die Sensorfusion, die der Generation 6 die Netzwerktechnologie (also Kooperation untereinander und mit unbemannten Systemen) und der Einsatz künstlicher Intelligenz (wobei das gar nicht im Wortsinn gemeint ist, sondern eher als Oberbegriff dient). Während letzteres richtig umgesetzt eine komplett neue Infrastruktur erfordert, wird ersteres zwingend auch beim Eurofighter ein Thema werden. Dann sind wir wahrscheinlich bei Generation 4,5+++** oder so.

Alle bisher veröffentlichten Informationen zeigen und beschreiben eindeutig ein fortgeschrittenes Stealthmuster mit Fähigkeiten zur Netzwerk-Sensorfusion (NGF), eingebettet in ein System der Systeme (FCAS). Generation 6 oder 5,5*?!§, nennt es wie ihr wollt. Wink

Und zum Schluss noch ein kleines Wort zur Su-57 - an der ist weit weniger besonders als die russische Führung es gern hätte und als sie hier gemacht wird. Das Design ist letztlich dann doch recht konventionell, die Fertigungsqualität allen Berichten nach äußerst bescheiden, die Stealth-Fähigkeiten entsprechend beschränkt. Gemessen an deren Qualität und der Zahl der beschafften Maschine sollte die Su-57 uns weder heute noch morgen schlaflose Nächte bereiten. Wink
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