Droht ein Polexit?
#59
Bleiben wir etwas konkreter bei Polen:

Zitat:Rechtsstaatlichkeitsprinzipien,

Wo sollen diese in Polen gefährdet sein? Um mich zu wiederholen: auch das deutsche Bundesverfassungsgericht hat direkt gegen den EuGH geurteilt und es läuft deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen die Bundesrepublik. Alles rechtsstaatlich. Sowohl das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, wie auch das Urteil des EuGH, wie auch die polnische Rechtsprechung. Alles genügt rechtsstaatlichen Prinzipien. Wo soll hier also Polen Defizite haben welche sich von unseren oder denen anderer unterscheiden?

Zitat:Pressefreiheit unter der Verzicht auf Diskriminierung

Wo herrscht in Polen heute keine ausreichende Pressefreiheit? Oder umgekehrt: haben wir hier in dieser Bundesrepublik tatsächlich vollständige Pressefreiheit? In einem System von durch Zwangsgebühren finanzierten Staatsmedien auf welches daher strukturell der Staat erheblichen Einfluss hat, weil er schlußendlich bestimmt wer dort welche Führungsposition einnimmt. Bevor man anderen Vorwürfe macht weil sie den Einfluss von US Medien in Polen zurück drängen wollen, sollte man sich lieber mal mit der aktuellen Gesetzgebung hierzulande beschäftigen welche die Befugnisse von Geheimdiensten und Strafverfolgungsbehörden gegenüber der ach so freien Presse dieser Bundesrepublik extrem ausgeweitet hat. Beschäftige dich doch mal mit der Zentralen Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich, dem sogenannten BND Gesetz, dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz und anderen solchen bundesdeutschen Stilblüten und dann unterhalten wir uns noch mal über Pressefreiheit. Natürlich wird jetzt eingewendet werden, dass hierzlande in dieser Bundesrepublik alles ach so toll und hervorragend ist und alles ja nur dem Schutz der Menschen dient. Tatsächlich ist es meiner Überzeugung nach ein zunehmendes Problem, dass das arrogante selbstgefällige aufgeblasene Selbstbild hierzulande immer weiter von der Realität abweicht und mit dem Bild was andere von uns haben noch weiter auseinander klafft.

Reporter ohne Grenzen hat die BRD sogar inzwischen herunter gestuft und das obwohl deren Ranking ja eine Frage des Verhältnis zu den Zuständen in anderen Ländern ist und in denen ist die Entwicklung ebenfalls überall negativ. Obwohl es also überall deutlich schlechter wird, sacken wir trotzdem ab - statt besser dazustehen was allein dadurch schon der Fall wäre, wenn sich nichts ändern würde.

Zitat:Und diese Werte werden von einigen konservativen Regierungsparteien in Ost- und Südost-Europa teilweise nicht vertreten.

Und diese zwei Punkte sind schon alles? Ein lediglich behaupteter Mangel an Rechtsstaatlichkeit - bei dem man einwenden muss dass diese dort genau so wie bei uns gegeben ist und ein Mangel an Diskriminierungsfreiheit in der Presse gegen ganz bestimmte Gruppen ? Wo man einwenden muss dass Diskriminierung in der Presse bei uns ganz genau so stattfindet, nur bei uns halt gegen andere ganz bestimmte Gruppen ? Wo ist da also in Wahrheit der Unterschied ?

Die simple Wahrheit ist hier meiner Ansicht nach, dass wir inzwischen in dieser Bundesrepublik von der Sozialkultur mehrheitlich linksliberal bis linksradikal sind, und damit die konservativ-christliche Kultur in Osteuropa allein aus diesem Grund heraus so scharf ablehen, weil sie der vorherrschenden Ideologie hierzulande entgegen läuft. Mit welchem Recht aber wollen wir anderen Völkern vorschreiben so zu denken, zu fühlen und zu leben wie wir?

Und das ist tatsächlich ein Problem für eine Europäische Union, die den Anspruch hat, international für ihre Werte einzustehen.

Tut die EU das den real, praktisch, in der Realität, wirlich ?! Die EU behauptet, dass sie für diese Werte einsteht, die Realpolitik der EU sieht aber ganz anders aus. Nehmen wir mal die Flüchtlingskrise an den EU Außengrenzen. Hier wird täglich von EU Staaten jedwedes EU Recht gebrochen und eiskalte Realpolitik betrieben. EU Staaten verkaufen skrupellos Waffen, Technologie und Güter an die verbrecherischsten Regime und helfen diesen. usw usf. In keinster Weise kann die EU in Wahrheit diesen lediglich behaupteten Anspruch auch wirklich für sich in Anspruch nehmen.

Und das ist es was ich mit rein theoretischen Abstrakta meinte. Man spricht von einem modernen Wertekanon, von einer Wertegemeinschaft, und dass man für diese Werte und Menschenrechte eintritt, aber in Wahrheit tut man dies nicht. In Wahrheit tritt die EU eben nicht für die von ihr lediglich theoretisch propagierten Werte ein. Was bleibt dann am Schluss noch? Die Gleichsetzung von Werten mit einer einseitigen Klientelpolitik für Homosexuelle. Was diesen nützt soll also angeblich gleich sein zu erstrebenswerten Werten und alles andere ist egal. Und während deutsche Frontexbeamte entgegen EU Recht Rückschiebungen von Flüchtlingen an der Grenze durchführen sind wir entsetzt darüber dass in Polen eine Mehrheit den CSD nicht mag. Oh nein, dass ist ja viel schlimmer als tausende Ertrunkene Flüchtlinge, viel schlimmer als Waffenverkäufe an Diktatoren und viel schlimmer als die anbiederische Politik dieser BRD gegenüber verbrecherischen Staaten. Wie kann es sein, dass Menschenrechte, dass alle Werte und Normen des christlichen Abendlandes allein von der Frage her betrachtet werden sollen, ob ein Volk aus sozialkulturellen Gründen sexuelle Abweichungen gut heißt oder nicht? Und alles andere zählt nichts ?!

Zitat:Somit stehen in meinen Augen diese Differenzen einer tiefergehenden europäischen Einigung im Weg, und die ist dringend nötig, wenn wir nicht unter die globalen Räder geraten wollen.

Was der Einheit im Weg steht ist die Ausschließlichkeit mit der seitens der Bundesrepublik eine einseitig linksradikale und postliberale politische Ausrichtung auch von allen anderen verlangt wird. Obwohl man selbst die ach so hohen moralischen Ansprüche die man da aufstellt in Wahrheit gar nicht einhält.

Das ist ja gerade eben zur Zeit das Problem der Gegenwart: dass man verschiedene voneinander abweichende Meinungen nicht mehr parallel nebeneinander vor sich hin existieren lassen will. Man weiß, dass man selbst die einzige Wahrheit vertritt und daher alle anderen genau das gleiche denken müssen. Genau das aber ist es, was in Wahrheit der eurpäischen Einigung im Weg steht. Nicht Polen ist hier das Problem, wir sind das Problem wegen unserer Ausschließlichkeit, unserer janusköpfigen Heuchelei und Scheinheiligkeit und wegen der arroganten Hybris mit der wir anderen aufzwingen wollen was diese nicht möchten und was darüber hinaus einem geeinten Europa überhaupt nicht im Weg steht.

Und verdeckt gibt es auch handfeste wirtschaftliche Interessen warum man jetzt ausgerechnet Polen so an die Kandare fährt. Beispielsweise ist die Presse in Polen hier und heute sehr viel weitgehender in ausländischer Hand als dies in der Bundesrepublik der Fall ist. Die Auflagenstärkste Zeitung Fakt wird beispielsweise vom Springer-Verlag heraus gegeben. Der größte private Fernsehsender TVN gehört den USA. Deutschen Investoren gehörten bis vor kurzem nicht weniger als 20 von 24 Regionalzeitungen. Mit entsprechender Einflussnahme auf deren Berichterstattung. 120 lokale Wochenzeitungen und nicht weniger als 450 polnische Nachrichtenportale wurden von Deutschland aus gesteuert. Also von deutschen Medienkonzernen und Medieninvestoren.

Und wenn wundert es jetzt dann noch, wenn ausgerechnet deutsche Medien gegen die Re-Polnisierung der Medienlandschaft in Polen wettern ?! Was in Wahrheit hier gerade in Polen geschieht ist nichts anderes als das war in dieser Bundesrepublik seit Jahrzehnten schon Realität ist, die Erschaffung eines öffentlich-rechtlichen Fernsehens auf welches der Staat durch die Finanzierung und Einsetzung von Führungspersonal Einfluss hat. Bloß ohne Zwangsgebühren wie bei uns.

Das was also in der Bundesrepublik seit jeher der Fall ist, soll also nun in Polen ein Verstoß gegen die Europäischen Werte und Normen sein, gegen den modernen Wertekanon? Dann verstoßen wir schon seit jeher gegen die moderne Wertegemeinschaft. Die simple Wahrheit ist, dass die Zielsetzung des gerade entstehenden öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Polen eine andere ist als die hierzulande gewünschte, und dass ist schon alles. Da man dies aber genau so wenig offen erklären kann wie den Umstand, dass es um Investitionen deutscher Medienkonzerne geht und um Geld (Polen will ausländische Medieninvestoren stärker zur Kasse bitten), nöhlt man halt herum dass hier ein Verlust der Pressefreiheit vorläge und dass in Polen die Presse nicht mehr frei sei.

In Wahrheit geht es um Geld, Investitionen und teilweise um eine andere ideologische Zielsetzung. Die tatsächliche reale Pressefreiheit ist in Polen nicht einmal viel anders als hierzulande. Und wenn man das Ranking von Reporter ohne Grenzen heran zieht, dann stehen noch deutlich unter Polen beispielsweise Griechenland, Ungarn, Zypern, Malta, sowie auch Israel oder Japan und viele andere die man hierzulande entweder nicht auf diese Weise oder gar nicht kritisiert. Und wir haben auch kein Problem damit mit Ländern wie China (177 von 180) oder Saudi-Arabien (170 vo 180) das allerbeste Einvernehmen zu pflegen, wollen aber ernsthaft Polen angehen?

Die behauptete EU Wertegemeinschaft ist realpolitisch mehr Propaganda als Wirklichkeit. Und sie dann auch noch als Einigungshinderniss zu sehen und daraus folgend andere EU Länder anzugehen nur weil diese unsere sozialkulturellen Sonderwege nicht mitmachen wollen, ist realpolitisch einfach nur noch falsch.
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Droht ein Polexit? - von lime - 06.12.2020, 23:41
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