(Allgemein) Bundeswehr – quo vadis?
@Quintus
Zitat:Zu den Gebirgsjägern: schon die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg stellte fest, dass normale leichte Infanterie ganz genau so im Gebirge operieren kann, wenn sie für bestimmte Bereiche des Gebirges Unterstützung in Form von deutlich kleineren dezidierten Hochgebirgseinheiten erhält. Solche Spezialisten (Hochgebirgseinheiten) könnte man bei den Spezialeinheiten vorhalten, dafür braucht man nicht eine ganze Brigade. Und dann stellt sich auch die Frage, was diese genau wo bewirken soll?! Wo exakt sollen die wie kämpfen? In Norwegen in Richtung Murmansk? In der hohen Tatra? In den Karparten?
Hier, obgleich ein Landkriegsthema, kann ich ausnahmsweise einmal antworten. Die Frage ist, ob du mit der leichten Infanterie wiederum genau diese Spezialisten meinst? Falls nein, sehe ich hier Probleme, denn die meisten normalen Infanteristen, Grenadiere etc. sind z. B. nicht im Klettern oder Skifahren bewandert. Und selbst im bayerischen Voralpenraum kann das durchaus gewichtig sein. Ich kann aus eigener Erfahrung (als Gebirgsjäger von vor rund zwei Dekaden) sprechen: Das Problem selbst bei den reinen Gebirgseinheiten (Hochzug ausgenommen, das waren fast alles Zeitsoldaten) war, dass selbst diese Gebirgssoldaten - damals samt und sonders Wehrpflichtige - nicht alle des Skilaufens mächtig waren. Ich hatte dies zum Glück aus meinem privat-familiären Umfeld mitgebracht, aber es war ein Riesentheater, bis halbwegs der ganze Zug auf den Skiern stehen konnte. Auch Kletterübungen - übrigens auch an der Skischanze in Garmisch - waren anfangs z. T. ein einziges Durcheinander, erst nach sehr vielen Übungen und sehr viel Eselsgeduld - die die Ausbilder damals mit großer Seelenruhe aufbrachten (hier kann ich also wirklich ein Lob aussprechen) - waren die meisten Kameraden in der Lage, sich aus mehr als 15 Metern Höhe abzuseilen. Nur war es dann so, dass sie dann, als sie es konnten, nach 10 Monaten wieder ihren Abschied nahmen. Ausbildung verpufft, quasi...

Ich weiß nun nicht, wie viele Soldaten der Bundeswehr heutzutage im Schnitt körperlich richtig belastbar sind und kein Übergewicht mitbringen, aber ich glaube, dass im Gebirge die meisten doch arg hilflos wirken würden. Insofern: Wenn deine genannten Spezialisten dies könn(t)en (skilaufen, klettern, abseilen etc.), dann sehe ich keine Schwierigkeiten. Wenn sie es aber nicht könnten und die wenigen Gebirgssoldaten quasi nur ein Rahmenkorsett zur Unterstützung bilden sollten, so garantiere ich dir beim ersten halbwegs fordernden Gebirgsszenario - und der Kampf im Gebirge ist wegen der Umgebung (Terrain, Wetter) immer noch einer der komplexesten - ein totales Chaos.

@Rudi
Zitat:So wie ich das lese, ist ein Teil bereits verbindlich bestellt. Natürlich kann es immer Änderungen geben. Aber ich finde das ersteinmal sehr beeindruckend, was die Polen da anleiern.
Ich schaue mir diese Liste der polnischen Bestellungen durchaus auch genau an. Und ja, sie ist durchaus beeindruckend. Einerseits. Auf den ersten Blick. Andererseits: Dann schaue ich auf den Haushalt Warschaus, danach auf die Zahl der ausgebildeten Soldaten, dann auf deren Ansprüche bzgl. Besoldung und Pensionen. Und dann auf die kolportierte Verdopplungsabsicht bzgl. stehendes Heer. Und dann auf die wirtschaftlich eher maue Lage. Und dann werde ich langsam, ganz langsam misstrauisch. Warten wir es also mal ab...

@veut
Zitat:...und da sehe ich 80% unserer derzeitigen jungen Leute entweder körperlich oder/und emotional als unfit für den Militärdienst an!
Das ist sicherlich auch ein Thema. Ich denke sogar, dass unsere Gesellschaft - bei aller Egozentrik und Karriereorientiertheit - unter gewissen Umständen durchaus den Willen aufbringen würde, dieses Land und diese Demokratie zu verteidigen. Die Frage ist aber, wären die Leute dazu überhaupt körperlich in der Lage, selbst wenn sie es wöllten? Und da kommen bei mir die Sorgen auf, wenn ich lese, dass bspw. zwischen 2011 und 2021 die Zahl der von Adipositas betroffenen Menschen unter 18 Jahren in Deutschland um rund 35% gestiegen ist. Tendenz steigend! Bei den Männern ist quasi jeder zweite Erwachsene entweder übergewichtig oder adipös. Das sind katastrophale Entwicklungen...

Schneemann
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(22.12.2022, 18:43)Quintus Fabius schrieb: Allgemein:

Die polnischen Aufrüstungspläne sind extremst ehrgeizig um mich mal noch äußerst vorsichtig auszudrücken, und deshalb sind sie nicht nachhaltig. Es genügt nicht sich so viel Militärmaterial wie möglich auf den Hof zu stellen, dieses muss auch Instandgehalten werden, man benötigt Ersatzteile, man muss die Kosten für den Regieaufwand, die Ausbildung, den Sold usw usf bedenken und vieles mehr. Was Polen da vorhat sieht auf dem Papier immens beeindruckend aus, ist aber bei genauerem Hinsehen vogelwilde Planlosigkeit.



Und das führt zu einem weiteren Punkt: die Forderung nach mehr - mehr Geld, mehr Mittel, mehr Ansehen, mehr Achtung für die Soldaten, würde beim aktuellen Effizienzniveau absolut gar nichts bringen, außer nur noch mehr Geldverschwendung. Was nützt militärische Begeisterung wenn die real verfügbaren Kampfverbände reihenweise nicht gefechtstauglich sind und nicht in der Lage wären im Krieg ernsthaft länger als wenige Tage zu kämpfen?! Was nützt es die Bevölkerung fürs Militär zu begeistern, wenn dieses so unfähig ist ?!

Zuerst muss man mit allen Mitteln die internen Probleme der Armee in den Griff kriegen, dann mit dem was ist sehr viel mehr Leistung generieren, und dann wird sich eine Begeisterung der Bevölkerung für so eine Arrmee wie von selbst einstellen. Der Weg dahin ist unkonventionelles Denken, neue Wege, andere Ansätze in der Kriegsführung, eine echte Militärreform, an deren Ende eine komplett andere Art von Streitkraft stünde, die komplett anders aufgestellt ist und vollständig anders kämpft.


Das ist ja ganz allgemein ein allzu typisches Geschehen im militärischen Bereich, dass man in einer bloßen Strukturextrapolierung festhängt, bevor die militärische Wirklichkeit diese als überholt belegt. Schon sehr oft hat das Militär wieder besseres Wissen davor seinen tradierten Weg nicht verlassen können.



Die einzige Lösung liegt vor uns: wir müssen den bisherigen militärischen Weg komplett verlassen.

Ich traue den Polen durchaus zu, daß sie die Folgekosten wie Munitionsbeschaffung, Ersatzteilversorgung usw. durchaus im Auge haben und mitplanen. Wir sollten da nicht von unserer Regierung auf die Polen schliessen.

"Und das führt zu einem weiteren Punkt: die Forderung nach mehr - mehr Geld, mehr Mittel, mehr Ansehen, mehr Achtung für die Soldaten, würde beim aktuellen Effizienzniveau absolut gar nichts bringen, außer nur noch mehr Geldverschwendung."

Absolut meine Meinung, deswegen meine ich ja auch, bevor man irgendetwas kleinteiliges plant und irgendetwas hin- und herschiebt, muß eine grundsätzliche Änderung der Regierungspolitik erfolgen. Vorher macht überhaupt nichts Sinn. Und erst wenn die bereit sind, die notwendigen Änderungen vorzunehmen und das heißt letztlich eine kleine Remilitarisierung der Gesellschaft und auch viel Geld in Hand zu nehmen und dazu gehört auch wieder ein neues (altes) Männerbild. Wehrwille und Verteidigungsbereitschaft müssen gefördert werden. Das geht aber nur, wenn es auch eine Notwendigkeit, also ein Gefühl der Bedrohung gibt. Und das kann ich mir mit dieser Regierung beim besten Willen nicht vorstellen.

Wir sind wieder mal bei einem 1806 angelangt, nur mit dem Unterschied, daß wir (noch) nicht angegriffen sind und einen Krieg verloren haben. Aber letztlich nur, weil uns der starke Arm der USA schützt. Aber ohne diese Niederlage hätte es wohl auch die rettenden Reformen nicht gegeben. Deswegen glaube ich auch nicht, daß sich bei uns absehbar unter dieser Regierung etwas ändern wird.

Sollte eine neue Regierung eine kampfkräftige Wehrmacht schaffen wollen, wäre in einem zweiten Schritt die Generalität auszusieben und dann eine neue Armee zu planen. Es müßte eben ein völliger Neuanfang werden. Aber dafür ist die Not noch nicht groß genug, also wird man so weiter wurschteln wie bisher. Denn dies alles wäre ja auch ein Eingeständnis, jahrzentelang eine falsche Politik betrieben zu haben. Und dies ist von der amtierenden Regierung nicht zu erwarten. Da müßte schon der Wähler ein Machtwort sprechen. Und alle, die in den letzten, man kann schon sagen, Jahrzehnten, die Parteien der Ampel und die CDU gewählt haben, haben die Parteien gewählt, die die Bw seit Jahrzehnten heruntergewirtschaftet haben. Und das geschah ja auch nicht im Verborgenen. Ich kann mich noch gut erinnen, daß man nun endlich die Friedensdividende einfahren wollte.
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(22.12.2022, 14:16)Rudi schrieb: Bevor es mit der Bw besser werden kann, muß ein radikales Umdenken unserer Regierung stattfinden oder eine andere Regierung gewählt werden. Die Regierungen der letzten Jahrzehnte waren nun einmal alle antimilitärisch eingestellt
Da hilft kein Regierungswechsel. Jede der etablierten Parteien im Bundestag war in dem Zeitraum an Regierungen beteiligt, drei von diesen vier bilden aktuell die Regierung, die vierte hat in der Vergangenheit am meisten verbockt. Es müsste also innerhalb dieser Parteien zum Umdenken kommen, was bei Teilen ja bereits begonnen hat, statt dass die Regierung ausgetauscht wird. Es gibt da keine Alternative. Tongue

(22.12.2022, 15:44)Rudi schrieb: So wie ich das lese, ist ein Teil bereits verbindlich bestellt.
Polen wird entweder ihre Bestellung(sabsicht)en korrigieren müssen, oder sie werden eine beachtliche Umlaufreserve ihr Eigen nennen können.

(22.12.2022, 18:43)Quintus Fabius schrieb: aber die Infanterie ist zu personalintensiv?
Ich präzisiere: Die Infanterie erfordert einen zu hohen Anteil von niedrigen Dienstgraden mit Schusswaffe in der Hand. Das sind die in Deutschland am schwierigsten zu gewinnenden Soldaten.
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(22.12.2022, 22:13)Broensen schrieb: Es gibt da keine Alternative. Tongue

Die Zeit der alternativlosen Politik ist doch vorbei. Es gibt immer eine Alternative Tongue
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(22.12.2022, 22:13)Broensen schrieb: Ich präzisiere: Die Infanterie erfordert einen zu hohen Anteil von niedrigen Dienstgraden mit Schusswaffe in der Hand. Das sind die in Deutschland am schwierigsten zu gewinnenden Soldaten.

Bist du dir da sicher? Ich dachte immer, es fehlt am meisten an technischen Berufen in der BW, da es diese auch in der Wirtschaft gesucht werden?
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(22.12.2022, 23:42)Rudi schrieb: Die Zeit der alternativlosen Politik ist doch vorbei. Es gibt immer eine Alternative Tongue

Hätten wir eine Koalition aus CDU und AfD wäre Deutschland wieder auf Kurs. Leider wird dies nicht geschehen, da unsere Gesellschaft im woken Gutmenschentun ihren eigenen Niedergang wählt. Ich habe beruflich gesehen von meinen internationalen Kontakten noch nie eine so vernichtende Einschätzung über das Tun in unserem Land gehört. Es ist jammerschade, aber vom Wähler so gewollt. Daher nicht beschweren, wenn Eigentum unerschwinglich ist, Fressen immer teurer wird, Energiekosten explodieren, Billionenschulden als staatliches Rettungspaket verkauft werden und die Gesellschaft irreparabel gebrochen ist. Und in diesen Zeiten wollen wir eine kampfstarke Armee aufbauen? Lächerlich. Es gab niemals weniger Identifikation mit diesem Land und weniger Zusammenhalt. Und mit jeder Wahl für dieses politische Kasperltheater, teilweise ohne jegliche Ausbildung oder Studium, wird sich nichts ändern. Die lachen über uns, zurecht. Stockholm-Syndrom lässt grüßen. Solange auf dem Posten kein knallharter Ex-Militär auftaucht, wird sich nichts ändern. Jeder nennenswerte Impuls militärischer Schlagfertigkeit erfolgt durch Zukäufe aus der USA, mehr ist nicht mehr drin.

Das nächste was kommt, wird die deutsche Abgabe unserer Patriotraketen an die Ukraine. Nichts was die USA tut, geschieht ohne Hintergedanken.
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GMP:

Die gleiche CDU welche die Bundeswehr so vollständig ruiniert und gegen die Wand gefahren hat? Die gleiche CDU welche viel zu weitgehend mit den Amigos aus Rüstungsindustrie, Lobbyisten und höheren Offizieren und deren Kumpels von ehemaligen höheren Offizieren in der Industrie verbandelt ist? Die gleiche CDU deren systemische Korruption uns überhaupt erst die aktuellen Zustände eingebrockt hat?

Und weil das System in seiner Gesamtheit so verrottet ist, würde auch ein knallharter Ex-Militär wie du es nennst rein gar nichts voran bringen. Den was sollte er überhaupt wie genau bewirken können? Alles was er versucht würde in endlosen Gerichtsverfahren erstickt werden, während er politisch von hinten erdolcht wird. Ich würde mir ja auch mehr als alles andere wünschen, dass eine Gruppe (Mehrzahl!) von fähigen Idealisten eine radikale Militärreform durchführt, aber die Erfolgsaussichten sind in diesem überbürokratisierten Rechtsstaat extrem gering, den er folgt als System, als Maschine, eben keinerlei menschlicher Logik mehr, seine Logik ist die abstrakte Ratio einer Maschine die sich ihrer selbst nicht einmal bewusst ist und egal ob sinnvoll oder nicht einfach maschinelle Prozedere als Selbstläufer abspult.

Broensen:

Schritt 1: Entkoppelung der Besoldung vom Beamtenrecht. Herausnahme aller Soldaten aus jedweder Bindung an das Beamtenrecht. Schaffung einer komplett neuen eigenen Gesetzgebung diesbezüglich.

Schritt 2: eine militärische Laufbahn / Verwendung die sich nach Alter staffelt. Damit löst man gleich mehrere weitere Probleme mit. Statt junge körperlich fitte Mannschaftsdienstgrade als Lkw Fahrer bei der SKB zu verwenden, als Postsortierer in einem LW Versorgungs-Regiment, als Schreibkräfte in einem GeZi des Zentralen Sanitätsdienstes, statt als Ordnonannzen welche Offiziere bedienen und ihnen niedliche Cocktails bringen usw usf

ist jeder einfach zunächst mal Infanterist. Und dann wenn er älter wird und entsprechend seine Zeit bei der Infanterie rum ist kann er immer noch in eine solche andere Verwendung welche keine körperliche Fitness und Jugend mehr benötigt.

Zugleich kann man so den Soldaten eine deutlich längere Verwendung und auch mehr Berufssoldatentum anbieten und diese langfristige Berufssicherheit verbunden mit Schritt 1 wäre ein extrem großer Motivator Soldat zu werden.

Schritt 3 (ergänzend): Abhängigmachung gewisser Verwendungen im Staatsdienst von einer abgeleisteten Wehrdienstzeit als Infanterist (insbesondere Polizeidienst)

Schritt 4: Schaffung einer Miliz und zusammenfassung dieser mit Reservisten (Ex-Zeitsoldaten) und Anteilen der Polizei in Infanterie-Brigaden welche die reguläre Infanterie vor allem im Objektschutz und der Sicherung rückwärtiger Räume ersetzen, und diese bei der direkten Verteidigung des Bundesgebietes unterstützen, sowie auf COIN und Guerillakrieg spezialisiert werden

Schritt 5: Vollumfängliche infanteristische Ausbildung von weiten Teilen der Logistik auch schon bevor Schritt 2 komplett umgesetzt wurde. Befähigung insbesondere von Transport- und Versorgungseinheiten zum infanteristischen Kampf bzw. zum Kampf gegen feindliche Infanterie und entsprechende Ausstattung mit Schützenwaffen etc

Schritt 6: Schaffung einer Einheits-Infanterie in welcher nicht mehr zwischen verschiedenen spezialisierten infanteristischen Verwendungen unterschieden wird. Diese wird optional mechanisiert (Schwer, auf Kette)

Schritt 7: wie schon mal weiter oben erwähnt: weitgehende Roboterisierung der Infanterie durch Verwendung von dezentral vor Ort gesteuerten kleinen Drohnen (Drohnen-Regiment et al)

Man könnte dazu noch einiges mehr schreiben, aber allein diese ersten einfachen Schritt würden bereits das vermeintliche Infanteriemangel-Problem komplett abstellen.

Schneemann:

Ich will mit den folgenden Ausführungen gar nicht konkret auf die Gebirgsjäger hinaus, sondern allgemeiner auf das bereits angesprochene Grundprinzip, dass man die Strukturextrapolierung überwinden muss.

Zitat:der Kampf im Gebirge ist wegen der Umgebung (Terrain, Wetter) immer noch einer der komplexesten - ein totales Chaos.

Komplexer als der Orts- und Häuserkampf in einer mit Zivilisten vollgestopften Millionenstadt ? Wink

In Wahrheit sind Kampfschauplätze im Gebirge im Vergleich erstaunlich kleinräumig und werden gerade eben durch das Gelände stark gegliedert und beschränkt.

die meisten normalen Infanteristen, Grenadiere etc. sind z. B. nicht im Klettern oder Skifahren bewandert. Und selbst im bayerischen Voralpenraum kann das durchaus gewichtig sein.

Womit wir beim Thema wären: tradierte Wege und warum und wie man sie verlassen sollte. Man ersetze einfach die Ski durch Schneeschuhe, was sogar gerade im militärischen Bereich etliche taktische Vorteile gegenüber Ski bringt und schon löst sich das vermeintliche Problem in nichts auf. Und in den Gebieten in welchen Ski Vorteile ausspielen können, kannst du ohnehin nur mit ganz kleinen Gruppen / Trupps / Spähern und Drohnen arbeiten. Dort verbietet sich der Kampf größerer Infanterieverbände aufgrund von Deckungslosigkeit wie von selbst. Das würde nur damit enden, dass du mit Artillerie in kürzester Zeit vollständig vernichtet wirst.

Mit einfachen BC Ski im Flachland kann man übrigens recht schnell umgehen, es ist vor allem dieser Wahn alpinen Skifahrens, insbesondere alles was so ala Tourenski da bei der Gebirgstruppe betrieben wird, der ein Können erfordert dass man über mehrere Jahre erlernen muss und dass man de facto mitbringen sollte weil man es ansonsten nicht mehr ausreichend schnell in dem Maße erlernen kann das erforderlich wäre. Meiner Meinung nach benötigt man mindestens ca 4 Jahre um das Niveau zu erreichen was ich als Mindestmaß hier erforderlich halten würde.

Diese Fähigkeiten wären aber ja immer noch in der von mir spezifisch angedachten Hochgebirgs-Einheit (verstärkte Kompanie) vorhanden, die dann auch vollumfänglich mit Ski operieren kann.

Für die Einheitsinfanterie aber reichen Schneeschuhe und verschaffen sogar in dem Gelände in welchem im Gebirge Infanterie tatsächlich kämpfen kann und soll (dichter Bergwald, ausgedehnte Latschenfelder usw) Vorteile und dies sogar umso mehr, je steiler es ist.

Zitat:Auch Kletterübungen - übrigens auch an der Skischanze in Garmisch - waren anfangs z. T. ein einziges Durcheinander, erst nach sehr vielen Übungen und sehr viel Eselsgeduld - die die Ausbilder damals mit großer Seelenruhe aufbrachten (hier kann ich also wirklich ein Lob aussprechen) - waren die meisten Kameraden in der Lage, sich aus mehr als 15 Metern Höhe abzuseilen.

Und wie praktisch relevant ist dies, dass Abseilen über nur 15 m (!) für die Kriegsführung im Gebirge tatsächlich? Und warum sollte umgekehrt diese Fähigkeit nicht binnem kurzen auch für eine Einheitsinfanterie erlernbar und nützlich sein? Vom Abseilen aus Helis bis hin zum Abseilen im Orts- und Häuserkampf gibt es eine Menge Szenarien in welchen der Umgang mit Leitern, Seilen usw äußerst nützlich ist. Und entsprechendes Gelände gibt es ja nicht nur im Hochgebirge, sondern auch an Küsten, im Flachland, entlang von Flüssen und andernorten.

Zitat:Ich weiß nun nicht, wie viele Soldaten der Bundeswehr heutzutage im Schnitt körperlich richtig belastbar sind und kein Übergewicht mitbringen, aber ich glaube, dass im Gebirge die meisten doch arg hilflos wirken würden.

Solange ich in meinem Alter noch problemlos jungen Gebirgsjägern bergauf davon enteile, muss ich konsternieren, dass vor allem anderen die Ausrüstung und die ganze Denk- und Vorgehensweise in dieser Truppe einfach nur falsch ist. Den ich enteile denen ja nicht weil ich körperlich fitter wäre (ganz im Gegenteil), sondern weil ich andere Konzepte verfolge, eine andere Ausrüstung verwende und dadurch sehr viel mehr mit sehr viel weniger (Kondition) erreiche (Ultraleicht Trekking).

Die wahren Vorteile von Gebirgsjägern sind gar nicht Skifahren oder Klettern, sondern:

1. Sie haben hochspezialisierte Unterstützung, dass reicht von speziellen Fahrzeugen (Hägglunds) über Einheiten wie den Hochzug hin zu den Mulis. Diese Einheiten wären aber immer noch da, als Teil einer SOF-Brigade, oder ohnein die Art von Panzerfahrzeug welches die Infanterie benötigt.

2. Ihre Kondition ist querschnittlich besser, oder genauer gesagt belastet ja das Gehen im steilen Gelände eine andere Muskelgruppen bzw. belastet den Körper anders und man ist besser daran gewöhnt. Diese körperliche Fitness benötigt aber heute JEDE Infanterie. Das betrifft insbesondere die Marschleistungen und das gefechtsmässige Vorgehen über längere Zeit auch im schwierigsten Gelände.

3. Sie kommen unter winterlichen Verhältnissen querschnittlich besser klar als andere. Aber die Befähigung zum Winterkampf ist gerade eben mit einer Ausrichtung auf einen Kampf in Osteuropa ohnehin etwas was alle können müssen und was in Wahrheit auch gar nicht so ausbildungsintensiv ist wie dies immer dargestellt wird. Das erlernt man recht schnell wenn man einfach im Winter grundsätzlich draußen biwakieren muss für Wochen.

Zitat:Wenn sie es aber nicht könnten und die wenigen Gebirgssoldaten quasi nur ein Rahmenkorsett zur Unterstützung bilden sollten, so garantiere ich dir beim ersten halbwegs fordernden Gebirgsszenario ......ein totales Chaos.

Nenn mir da was für Szenarien auch immer du willst, die tradierten Wege sind eben nicht der Weg solche Szenarien in Zukunft zu bearbeiten. Das Gebirge oberhalb der Baumgrenze ist zu Deckungsarm um dort infanteristisch zu kämpfen, die Reichweite, Präzision und Wirkung indirekter Systeme ist zu groß und die von mir genannten dezidierten Hochgebirgseinheiten dann quantitativ völlig ausreichend. Den mehr als Fernspäherartiges Vorgehen bzw. SOF kann man dort dann ohnehin nicht einsetzen ohne die sofortige Vernichtung und sehr hohe Verluste zu riskieren.

Und für das Operieren in Flach- und Hügelland bei tiefem Schnee bzw. tiefen Temperaturen benötigt man die von dir genannten Fähigkeiten so nicht, bzw. kann das was dafür erforderlich ist recht schnell erlernen (Langlauf beispielsweise). Oder man verlässt einfach den tradierten Weg (Ski) und geht einen neuen (Schneeschuhe). Und diese Fähigkeiten benötigen für den Krieg in Osteuropa alle, also Panzergrenadiere ganz genau so wie Gebirgsjäger, es gibt hier keinen Unterschied.

Die Versportlichung der Gebirgstruppe, die Beschränkung ihrer Leistungen durch völlig falsche Konzepte was die Ausrüstung angeht und die Überbetonung von Ski und Klettern sind gerade eben das, was ich einen tradierten Weg nenne. Von daher ist das gar kein schlechtes Beispiel dafür wie man das was war überwinden könnte und überwinden sollte.
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@Quintus
Zitat:Komplexer als der Orts- und Häuserkampf in einer mit Zivilisten vollgestopften Millionenstadt?
Ja. Im Orts- oder Häuserkampf tötet dich im schlimmsten Fall der Gegner. Im Gebirge tötet dich entweder der Gegner oder die Natur.
Zitat:In Wahrheit sind Kampfschauplätze im Gebirge im Vergleich erstaunlich kleinräumig und werden gerade eben durch das Gelände stark gegliedert und beschränkt.
Das kommt aber eben darauf an, wo ich kämpfe und von welchem Szenario wir sprechen. (Anm.: Kleinräumig ist immer relativ, im Ersten Weltkrieg, auch wenn ein solches Szenario im heutigen Europa unwahrscheinlich ist, spannte sich die Alpenfront über mehr als 300 Kilometer.) Bei einer Kampagne in Mitteleuropa heutzutage werden wir nur wenig Gebirgskämpfe sehen, vllt. an Alpenpässen oder in den Tauern. Und auch z. B. in der Ukraine machen Wälder und Sümpfe sicher mehr Ärger als Gebirgszüge. Aber etwa in Nordnorwegen, bzw. genau genommen auch schon auf dem zentralnorwegischen Fjell, oder in Island oder in den Karpaten etc. sieht die Sachlage eben wieder anders aus.
Zitat:...tradierte Wege und warum und wie man sie verlassen sollte. Man ersetze einfach die Ski durch Schneeschuhe, was sogar gerade im militärischen Bereich etliche taktische Vorteile gegenüber Ski bringt und schon löst sich das vermeintliche Problem in nichts auf.
Ich schreie auch nicht immer unbedingt nach Traditionen, aber unter bestimmten Bedingungen komme ich mit Skiern durchaus schneller und besser voran als mit Schneeschuhen. Über längere Distanzen ist die Nutzung von Skiern sogar weniger kraftraubend als das Gehen mit Schneeschuhen. Aber wie gesagt: Es ist sehr stark szenarioabhängig und würde hier auch zu weit vom Thema wegführen.
Zitat:der ein Können erfordert dass man über mehrere Jahre erlernen muss und dass man de facto mitbringen sollte weil man es ansonsten nicht mehr ausreichend schnell in dem Maße erlernen kann das erforderlich wäre
Da stimme ich dir zu. Die Zeit reicht nicht.
Zitat:Und wie praktisch relevant ist dies, dass Abseilen über nur 15 m (!) für die Kriegsführung im Gebirge tatsächlich? Und warum sollte umgekehrt diese Fähigkeit nicht binnem kurzen auch für eine Einheitsinfanterie erlernbar und nützlich sein?
Das war missverständlich ausgedrückt. Diese 15 Meter sind nicht das erstrebenswerte Ziel, es war das Maximum was bei mir seinerzeit die Ausbilder den Rekruten in zwei, drei Monaten beibringen konnten, ohne dass es größere Katastrophen gab. Bei einer länger andauernden Ausbildung sollte dies natürlich gesteigert werden können. Und ja, wenn man die Zeit hat, kann sicher auch eine Art "Einheitsinfanterie" (wobei ich da irgendwie eine eierlegende Wollmilchsau wittere) dies erlernen.
Zitat:Den ich enteile denen ja nicht weil ich körperlich fitter wäre (ganz im Gegenteil), sondern weil ich andere Konzepte verfolge, eine andere Ausrüstung verwende und dadurch sehr viel mehr mit sehr viel weniger (Kondition) erreiche (Ultraleicht Trekking).
Absolut richtig. Auch mir fiel auf, dass die Ausrüstung, die man mit sich herumtrug, geradezu überbordend war. Sie war qualitativ gut, keine Frage, ein Paar Bergstiefel durfte ich auch mitnehmen (was ich gerne tat), aber es war zu viel. Viel zu viel. Quasi hemmte die Überausstattung wiederum die Bewegungsbefähigung.

@GMP

Du musst bedenken, dass es gerade die CDU war, die die Einsparungsorgien bei der Bundeswehr einleitete. Und auch die letzten Verteidigungsminister der Union waren alles andere als Ruhmesblätter für das Ministerium. Es war sogar z. B. AKK, die diesen fürchterlichen Lobbyismus noch verstärkt hat und extrem teure (und nutzlose) externe Berater für jeden Mist angeworben hatte.

Und die AfD ist sich selbst nicht zu schade, sich recht offen als Sympathieträger für Herrn Putin darzustellen - zumindest gibt es diese Pro-Moskau-Haltung bei vielen in der AfD. Anzunehmen, dass nun ein AfD-Mann im Verteidigungsministerium die Truppe wieder auf Vordermann bringt und unsere Abwehrbefähigung gegenüber den Russen herstellen würde, ist abenteuerlich. Ich befürchte eher, dass da erst recht gar nichts passieren würde. Da könnte man gleich Frau Wagenknecht als Verteidigungsministerin einsetzen, das hätte vermutlich eine ähnliche Wirkung...

Schneemann
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(23.12.2022, 08:04)26er schrieb: Bist du dir da sicher?
Nein. Das war nicht empirisch belegt, sondern auf die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung bezogen.
Aber technische Berufe lassen sich durch Attraktivität des Dienstes und finanzielle Anreize gewinnen. Für den infanteristischen Mannschaftler gilt das ungleich weniger.


@Quintus

Bei Schritt 1 und 2 bin ich bei dir.

Schritt 3 führt mMn -wie bereits einmal ausdiskutiert- zu Problemen an anderer Stelle im System

Bei Schritt 4 und 5 würde ich den Sinn in Frage stellen. Ich bin zwar auch eine Freund des Miliz-Gedankens, aber den Ansatz, möglichst viele Leute -über die AGA hinaus- infanteristisch auszubilden, halte ich nicht für zielführend. Es würde eben leider viele abschrecken, die sich ansonsten für einen Dienst im Bereich Logistik/Pioniere gewinnen lassen würden. Auch wäre die gesellschaftliche Akzeptanz für eine Miliz höher, wenn diese nicht den Guerillakampf trainiert, sondern eher ein grünes THW darstellt.
Die Kombination von Reservisten mit Milizionären ergibt natürlich Sinn, die mit der Polizei für mein Verständnis nicht. Aber das hatten wir auch schon diskutiert.

Schritt 6 sehe ich bekanntermaßen anders, und bei Schritt 7 erkenne ich nicht, wie der großartig Personal einsparen soll. Du selbst hast angeführt, wie personalintensiv die rückwärtigen Dienste zum Erhalt der Kampfkraft technischer Systeme sind. Roboterisierung kann hier vieles leisten, aber eher im Sinne einer effektiven Bewaffnung, denn als Ersatz für Infanteristen. Allerdings kann sie dafür sorgen, dass weniger menschliche Verluste auftreten, wodurch auch weniger Ersatz benötigt wird, was gerade für Deutschland ein enormer Gewinn wäre.
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Machen wir eine kleine Abschweifung, vor allem weil dies meiner Meinung nach weiterhin klar aufzeigt, wo das eigentliche Problem ist, nämlich in der Strukturextrapolierung:

Zitat:Im Orts- oder Häuserkampf tötet dich im schlimmsten Fall der Gegner. Im Gebirge tötet dich entweder der Gegner oder die Natur.

Meine Frage war aber nicht die, wo man das höhere Risiko hat ums Leben zu kommen (übrigens im Orts- und Häuserkampf in Großstädten, da hält kein Gebirgskampf der Welt mit), oder was für Faktoren einen umbringen können, sondern die Frage war die nach der Komplexität des Gesamtgeschehens. Die Frage was einen alles töten kann ist dabei nur ein geringer Anteil des ganzen.
Beispielsweise wäre es meiner Meinung nach wesentlich besser gewesen, hättest du auf die logistischen Schwierigkeiten im Gebirge hingewiesen im Vergleich zur Versorgung der Truppen in einer Schlacht in einer Millionenstadt.

Der wesentlichste Punkt aber ist der: man geht von einem Kampf in einem Gebirge aus - also meint man Gebirgsjäger dafür zu benötigen - also müssen diese Ski fahren können weil dies vermeintlich vorteilhaft ist etc Das ist eine Kausalkette die auf Annahmen basiert die aus gewissen Erfahrungswerten resultieren (du nanntest selbst bspw. die Länge der Front im Gebirge im 1WK)

Diese Annahmen, diese Kausalkette sind aber vor allem anderen eine Strukturextrapolierung. Was aber wenn schon der Anfang dieser ganzen logischen Reihenfolge falsch ist und dann ein Falsches auf dem anderen aufgebaut wird? Was wenn die Annahmen durch technologische Möglichkeiten überholt sind? Was wenn es andere Wege gibt die vorteilhafter sind, die man aber gerade eben nicht beschreitet, nur weil man es halt schon immer so gemacht hat? Gerade im Krieg ist das, wie ich es schon versucht habe auszuführen, seit jeher, seit Beginn der Kriegsgeschichte einer der wesentlichsten Faktoren: der Krieg wandelt sich, aber die Menschen halten an ihren tradierten Wegen fest und verlieren deshalb im Krieg gegen einen Feind der diese Wege verlassen hat.

Zitat:Kleinräumig ist immer relativ, im Ersten Weltkrieg, auch wenn ein solches Szenario im heutigen Europa unwahrscheinlich ist, spannte sich die Alpenfront über mehr als 300 Kilometer.

Dennoch ist diese Front trotz ihrer Länge, oder vielmehr gerade eben in Bezug, also im Verhältnis auf ihre Gesamtlänge gesehen sehr kleinräumig gewesen. Überall gibt das Gelände starke Beschränkungen vor.
Ich schreie auch nicht immer unbedingt nach Traditionen, aber unter bestimmten Bedingungen komme ich mit Skiern durchaus schneller und besser voran als mit Schneeschuhen.

Und unter anderen Bedingungen - und gerade eben dort wo heute, im heutigen realen Krieg - Infanterie im Gebirge überhaupt kämpfen würde und überhaupt kämpfen kann, komme ich mit Schneeschuhen besser und schneller voran als mit Ski. Denn im dichten Gebirgswald in sehr steilen Hängen sind die Ski den Schneeschuhen unterlegen und in dem Gelände in welchem Ski von der bloßen Geschwindigkeit (jedoch nicht von der Beweglichkeit her!) überlegen wären, kann und sollte Infanterie ohnehin nicht in größerer Mannzahl kämpfen. Der Kampf dort würde eine ganz andere Form haben. Die dafür notwendigen sehr kleinen mit Ski ausgerüsteten Einheiten gäbe es ja zudem immer noch, in der dezidierten Hochgebirgskompanie der SOF-Brigade.

Zitat:Über längere Distanzen ist die Nutzung von Skiern sogar weniger kraftraubend als das Gehen mit Schneeschuhen. Aber wie gesagt: Es ist sehr stark szenarioabhängig und würde hier auch zu weit vom Thema wegführen.

Das ist aber gar kein schlechter Aufhänger um das eigentliche Thema zu illustrieren: denn es kommt wie du es so richtig beschreibst eben sehr stark auf das Szenario an. Der heutige moderne Krieg hat eine ganz Reihe von Szenarien. In keinem dieser Szenarien sind in Bezug auf den Gebirgskampf Ski besser als Schneeschuhe, sondern umgekehrt, mit ganz wenigen Ausnahmen dezidierter Spezialeinsätze entsprechend kleiner hochspezialisierter Einheiten.

Aber man hält trotzdem weiter am tradierten Weg fest und mein man müsse das Skifahren hochhalten. Dazu kommt noch die erwähnte Versportlichung der Gebirgstruppe, wo Fähigkeiten die lediglich früher aufgrund damals anderer Umstände noch eine gewisse Bedeutung hatten einfach krampfhaft aufrecht erhalten werden, obwohl sie sich überlebt haben.

Man führt etwas zu einem früheren Zeitpunkt ein, weil es damals aufgrund der damaligen Umstände sinnvoll war, und dann hält man krampfhaft daran fest, auch wenn die Umstände ganz andere geworden sind, dann wird es zum Selbstläufer, dann wird es versportlicht und schließlich hält man auch dann noch daran fest, wenn es nur noch ein Nachteil ist und andere Möglichkeiten für die aktuellen Umstände besser wären.

Man besteht auf Ski weil man selbst das Skifahren liebt, so ausgebildet wurde, und die Ausbilder selbst ebenfalls so ausgebildet wurden und stellt es nicht in Frage. Man fragt sich nicht einmal wie in einem heutigen modernen Krieg Infanterie auf Ski im offenen deckungsarmen Hochgebirge oberhalb der Baumgrenze überhaupt überleben will, da die Aufklärungs- und Wirkmöglichkeiten so dermaßen gesteigert wurden.

Man stellt sich gar nicht die Frage, was für den Kampf im dichten Bergwald in steilen Hängen im Schnee besser wäre, sondern man geht wie von selbst davon aus, dass die Ski immer und überall querschnittlich besser sind. Weil sie sind ja schneller (sind sie nicht), kraftsparender (nur auf Distanzen die wir nicht haben und nicht haben werden) und überhaupt, Nordnorwegen wird umkämpft sein (werden wir in Nordnorwegen anstelle der Norweger kämpfen? Und falls ja warum, und falls ja, wo und wie konkret?)

Das gleiche Funktionsprinzip hat schon früher dazu geführt, dass Kavallerie dann frontal ins MG Feuer galoppiert ist um es überspitzt auszudrücken. Man baute scheinbar logische Kausalketten auf falschen Grundannahmen auf und führte diese selbst dann noch weiter, wenn sie längst komplett falsch waren und sich überholt hatten.

Natürlich können neue Wege der Kriegsführung Lücken reißen und gibt es dann in Übergangsphasen dadurch auch Probleme, aber Probleme hat man immer und hält man an den tradierten Wegen fest, werden die daraus resultierenden Probleme und Lücken nur immer größer, während sie in Bezug auf die neuen Wege immer weiter abnehmen.
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(23.12.2022, 12:10)Broensen schrieb: Nein. Das war nicht empirisch belegt, sondern auf die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung bezogen.
Aber technische Berufe lassen sich durch Attraktivität des Dienstes und finanzielle Anreize gewinnen. Für den infanteristischen Mannschaftler gilt das weniger.

In Krisenzeiten, die ja bereits angefangen haben, ist auch der Soldatenberuf begehrt. Das hat zumindest die Vergangenheit gelehrt. Und würde ich bspw. die staatliche Unterstützung für Schulabgänger, die gleich eine Harzerkarriere anstreben, einstellen oder auch die Wehrpflicht wieder einführen, hätte ich genügend junge Männer. Und manch einer von denen würde Struktur in sein Leben bekommen, die ihn vllt. vor einer Staatsknetekarriere bewahrt.
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(23.12.2022, 08:43)GermanMilitaryPower schrieb: Hätten wir eine Koalition aus CDU und AfD wäre Deutschland wieder auf Kurs.

NIcht zu vergessen die CDU + Frau Merkel die so jemand wie Erich Emmerich Hugo Vad zum militärischen Berater gemacht haben. Also der Vad der im Ukrainekrieg glaube ich genau 0 mal Recht gehabt hat mit seinen Analysen...

Nein CDU + AFD sind völlig unfähig die Probleme der Bundeswehr zu lösen. Da brauchen wir schon Anton Hofreiter. Dem wäre das zuzutrauen Cool.
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Die meisten Annahmen über einen zukünftigen Krieg sind falsch.

Und ich glaube, daß der aktuelle Krieg Not gegen Elend auch nicht allzuviele Rückschlüsse für einen Krieg bspw. China vs. USA erlaubt. In Details schon, aber im ganzen eher nicht.

(23.12.2022, 12:22)Quintus Fabius schrieb: Man führt etwas zu einem früheren Zeitpunkt ein, weil es damals aufgrund der damaligen Umstände sinnvoll war, und dann hält man krampfhaft daran fest, auch wenn die Umstände ganz andere geworden sind, dann wird es zum Selbstläufer, dann wird es versportlicht und schließlich hält man auch dann noch daran fest, wenn es nur noch ein Nachteil ist und andere Möglichkeiten für die aktuellen Umstände besser wären.

Aber Du redest nicht von der Lanze, oder ? Die Wiedereinführung hatte schon Sinn Tongue

Aber da wäre bspw. der Säbel. Schon in den Befreiungskriegen gab es Stimmen, darauf zu verzichten, weil unnütz und nur Ballast. Aber das war den Soldaten nicht zu vermitteln, sie fühlten sich ohne Säbel nackt. Und dann gab es tatsächlich in Großbeeren den letzten Angriff der Geschichte mit gezogenem Säbel, weil durch den Starkregen Gewehre und Kanonen nicht funktionierten.
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(23.12.2022, 12:35)Rudi schrieb: Und würde ich bspw. die staatliche Unterstützung für Schulabgänger, die gleich eine Harzerkarriere anstreben, einstellen oder auch die Wehrpflicht wieder einführen, hätte ich genügend junge Männer. Und manch einer von denen würde Struktur in sein Leben bekommen, die ihn vllt. vor einer Staatsknetekarriere bewahrt.

Ich würde es zwar weniger polemisch formulieren und weniger reaktionär anlegen, aber im Grunde wäre ich da sogar dabei. Ich bin zwar gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht, aber durch aus für eine Miliz-ähnliche Organisation, die jeden Bürger einbezieht.
Und staatliche Leistungen mit einem Dienst für die Gemeinschaft zu verknüpfen ist auch etwas, das ich durchaus für diskussionswürdig erachte. Sicher nicht auf dem Niveau "Harzer an die Front", sondern im Rahmen einer Sozialstaatsreform, in der die Deckung des materiellen Existenzminimums von der des soziokulturellen getrennt wird, so dass für letzteres eine Gegenleistung eingefordert werden kann. Aber das auszuführen, würde hier in diesem Strang zu weit vom Thema weg führen.
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(23.12.2022, 11:09)Schneemann schrieb: Und auch die letzten Verteidigungsminister der Union waren alles andere als Ruhmesblätter für das Ministerium. Es war sogar z. B. AKK, die diesen fürchterlichen Lobbyismus noch verstärkt hat und extrem teure (und nutzlose) externe Berater für jeden Mist angeworben hatte.

@Schneemann:
War das bei AKK auch? Bei Von der Leyen hatte ich das schon auf dem Schirm, bei AKK aber nicht. Ich dachte letztere konnte sogar sehr gut mit GI Zorn...

(23.12.2022, 12:10)Broensen schrieb: Nein. Das war nicht empirisch belegt, sondern auf die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung bezogen.
Aber technische Berufe lassen sich durch Attraktivität des Dienstes und finanzielle Anreize gewinnen. Für den infanteristischen Mannschaftler gilt das ungleich weniger.

@Broensen:
Ich hatte vor kurzem einen Artikel gelesen, in dem stand dass die Personalsorgen bei der Kampftruppe deutlich geringer sind, als bei technischen Berufen. Leider finde ich den nicht.

Aktuell aber nicht. Ich denke man geht nur zur BW, wenn man nichts Besseres findet, oder wenn man voll dahinter steht. Das sagt aber beides nichts über die Eignung aus.
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