(Allgemein) Sondereinheiten der Bundeswehr
#91
Schaddedanz:

Zitat:Heißt aber doch nur das den "langweiligen" langatmigen Aufklärungsteil auch das KSK erledigen kann. Also entweder die Fernspäher machen ab und zu auch mal eine paar cooler Sachen mit Nervenkitzel on top oder die Prinzen des KSK lassen sich dazu herab auch mal ein paar tage am Stück stumpfe Aufklärung abzuleisten. Zwei Einheitentypen rechtfertigt es nicht.

Allein das du Begriffe wie langweilig, langatmig, cool, Nervenkitzel, on top, stumpfe Aufklärung usw. verwendest ist bezeichnend. Solche Begriffe haben in solchen Einheiten keinen Platz bzw. sie sollten eigentlich keinen Platz haben.

Deine Filmbeispiele sind nun etwas irreführend. Wenn Fernspäher schießen müssen - was selbst bei Feindkontakt oft nicht sinnvoll ist, dann läuft alle schief, entsprechend ist der von dir benannte Abschnitt im Film das was abläuft wenn der Auftrag gerade am scheitern ist. Umgekehrt ist die Spezialaufklärung welche in dem Abschnitt im zweiten Film angesprochen wird - und welche im KSK in den Scharfschützen-Aufklärungszügen abgebildet wird (wie auch im Film gezeigt) eben nicht mit den Fähigkeiten richtiger Fernspäher vergleichbar.

Broensen:

Zitat:Auch wenn es gelegentliche Ausflüge ins Tätigkeitsfeld der jeweils anderen Kategorie geben kann, so sind die Anforderungen und Operationsweisen doch derart unterschiedlich, dass spezialisierte Einheiten für Kommandos und Fernspäher absolut gerechtfertigt sind.

Es wäre beiderseitig eine Verschwendung, eine ineffiziente Verwendung hochspezialisierter Fähigkeiten. Es macht nämlich auch umgekehrt keinen Sinn Kommandos für Fernspähaufgaben zu verwenden. Das heißt natürlich nicht, dass diese nicht auch eigene Aufklärung benötigen, und entsprechend macht die Spezialaufklärungskompanie sehr viel Sinn, und sind auch die "Scout-Sniper" des Scharfschützen-Aufklärungszuges sehr wertvoll, aber man sollte diese Einheiten eben nicht als Fernspäher verwenden.

Das gleiche Problem bei den Luftlandaufklärungskompanien. Diese benötigen zweifelsohne eigene leichte Luftlandespäher, aber das sollte eben erneut ein anderer Bereich sein, anderen Zwecken dienen.

Und wenn dann an dieser Stelle das Argument kommt, so viele verschiedene Arten von Spähern würde man doch nicht benötigen, dass sei doch in Wahrheit ineffizient, wozu also so viele verschiedene Arten von leichten Aufklärern ?! Warum nicht eine Einheits-Spezialeinheit die einfach alles macht ?

Schaddedanz:

Zitat:warum dann zwei Typen aufstellen, statt einfach nur mehr von dem einen Type aufzustellen und mit der Aufgabe betrauen?

Weil Spezialeinheiten nicht umsonst Spezial-einheiten heißen. Die Aufgaben sind so spezialisiert, dass man hier schnell Soldaten überfrachtet und die Ausbildung dann zu aufwendig, zu langwierig und zu breit wird (ja das geht). Wenn ich Kommando-Soldaten als Fernspäher befähige oder umgekehrt Fernspäher als Kommandos, ist das daher nur auf den ersten Blick effizienter. Eine Art Einheits-Spezialeinheit die einfach alles kann. Tatsächlich aber ist es ineffizienter, man benötigt dann einen höheren Aufwand und es erzeugt noch höhere Anforderungen an die Soldaten, so dass die Menge der dafür geeigneten Soldaten nochmal abnimmt und die ist ohnehin schon viel zu gering.

Helios:

Zitat:Beim KSK macht doch nicht jeder alles, sondern es gibt weiterhin unterschiedliche, spezialisierte Einheiten/Teileinheiten, oder nicht? Wenn ja, welchen Unterschied macht dann die Organisation so, wie sie jetzt ist?

Gerade weil man im KSK versucht hat anfangs eine Art Einheits-Spezialeinheit aufzustellen, blieb das KSK sowohl vom Personal als auch von seinen Fähigkeiten innerhalb der Truppe hinter dem zurück was möglich gewesen wäre. Ursprünglich war ja gerade eben die Idee die Aufgaben von Fernspähern wie auch von Kommando-Soldaten wie auch Geiselbefreiung usw. alles mit ein und denselben Soldaten in ein und demselben Kommando durchzuführen.

Aber selbst das KSK musste davon wegkommen und hat daher gewisse Spezialisierungen in den Zügen der jeweiligen Kommando-Kompanien und dann wurden noch zusätzliche Spezialkompanien aufgestellt. Entsprechend sind daraus teilweise nicht optimale Strukturen organisch gewachsen. Auf diese Weise gibt es nun auch einige Fähigkeiten in der Bundeswehr mehrfach, beispielsweise hat das KSK eigene Kampfschimmmer und es gibt die Kampfschimmer der Marine etc. Das macht keinen Sinn und ist ineffizient und wie schon oben ausgeführt müssen solche Einheiten möglichst effizient aufgestellt, ausgebildet und zusammengestellt werden, weil man ansonsten das äußerst begrenzte Humankapital für diese Einheiten vergeudet.

Die grundsätzlichste und sinnvollste Trennung in Bezug auf solche Einheiten ist eine von Aufklärung und eine von Kommandoeinsätzen sowie getrennt davon von Aufgaben der Kampfschimmer und getrennt davon den Bereich Geiselbefreiung. Diese vier grundsätzlichen Bereiche kann man deutlich effizienter bearbeiten, wenn man jeweils darauf spezialisierte Einheiten hat.

Natürlich könnte man nun eine Art KSK andenken, dass in voneinander getrennten Untereinheiten entsprechend sowohl Fernspäher als auch Kommandos als auch Kampfschimmer führt. Und so was ist in anderen Ländern ja auch schon gemacht worden. Dafür aber ist das KSK in seiner jetzigen Form im Prinzip zu klein.

Es wäre daher meiner Meinung nach interessanter eine Art Division Spezielle Operationen aufzustellen, welche dezidiert solche Einheiten sammelt und führt, und zwar als streitkräfteübergreifende Einheit und entsprechend in diese auch die Kampfschimmer und für die Frage von Geiselbefreiungen die GSG9 einzubinden. Statt zu versuchen alles mit nur einer Typ von Kommandosoldat abzudecken, was selbst heute noch im Kern zumindest versucht wird, da man zwischen den Kommandozügen Leute austauscht oder diese bei jeweils anders spezialisierten Zügen weiter ausbildet. Das überfrachtet diese Soldaten und entsprechend benötigen sie sehr viel mehr Zeit und müssen schon vorher querschnittlich deutlich besser sein als es bei spezialisierteren Verwendungen der Fall wäre. Entsprechend krankt das KSK daran, dass es einfach nicht genug geeignete Leute gibt die so ein Niveau wie es hier notwendig ist überhaupt liefern können. Und entsprechend hat man das Konstrukt mit den EGB Kräften, weil der Mangel an Quantität so erheblich ist, diejenigen aber die für EGB Kräfte geeignet sind in etlichen Fällen eben nicht ausreichend gut sind für die überfrachtete barocke KSK Verwendung. Man kann auch zu gut sein, zu hohe Anforderungen haben, zu viel fordern - und dann muss man sich nicht wundern, wenn man die eigentlich notwendige Quantität nicht generieren kann.

Aufgrund der ursprünglichen Zielsetzung des KSK hat man hier halt jede Menge ineffiziente Redundanzen geschaffen und hält damit Fähigkeiten parallel vor. Es wäre besser gewesen, man hätte die Fallschirmjägerkompanien B1 weiter behalten (und evolutionär weiter entwickelt), die Fernspäher vollumfänglich beibehalten und schließlich die GSG9 in Bezug auf ein militärisches Umfeld weiter qualifiziert. Dann stünden wir heute insgesamt besser dar, mit deutlich mehr Quantität bei den Sondereinheiten und ich wage es hiermit zu sagen: auch mit einer in der jeweiligen Verwendung besseren Qualität, weil größeren Spezialisierung.

Aber Vergangenheit, weg ist weg.

Hier und heute könnte man die EGB Kräfte ins KSK kannibalisieren, dieses mehr auf Kommando-Einsätze hin ausrichten, den ganzen Geiselbefreiungspart einer erweiterten und weitergehend befähigten GSG 9 überlassen und schlussendlich mit neu aufgestellten Fernspähern (welche man durch Leute aus dem KSK verstärken könnte) und der Übernahme aller Aufgaben im Wasser nur durch die Kampfschimmer eine schärfer voneinander getrennte Spezialisierung erreichen, mit der die jeweiligen Bereiche dann sowohl quantitativ als auch in ihrer jeweiligen Spezialisierung auch qualitativ besser aufgestellt wären.

Aber das KSK selbst wäre eben weder der Rahmen noch die dafür geeignete Einheit, um diese Fähigkeiten innerhalb dieser Einheit alle zusammen zu führen und einzusetzen. Man müsste zunächst einen größeren Verband dafür schaffen, welcher dann auch noch die Fallschirmjäger / Gebirgsjäger erhält, also eine Division spezielle Operationen.
Zitieren
#92
(28.08.2023, 22:10)Quintus Fabius schrieb: ... Solche Begriffe haben in solchen Einheiten keinen Platz bzw. sie sollten eigentlich keinen Platz haben. ...

Tja da werde ich dich enttäuschen müssen, es gehört auch beim KSK dazu. Nur das Level auf dem es stattfindet ist im direkten Vergleich ein ganz anderes (wer frei fall Fallschirm springt den holt man in Sachen Adrenalin einfach nicht mehr mit der Achterbahn im Phantasialand ab, auch wen es für sein Kind auf dem Sitz daneben das aufregendste Erlebnis seines Lebens ist).

(28.08.2023, 22:10)Quintus Fabius schrieb: ... beispielsweise hat das KSK eigene Kampfschimmmer ...

Und am besten noch die komplette Ausbildung bei der Marine durchlaufen, dann aber keinen Sägefisch bekommen weil TSK Heer Tongue
Made my day, in Sachen ineffiziente Breitenfächerung. Aber 10 Tag Sprenghelferausbildung für 1/4 der Leute ist zu viel Dodgy
Zitieren
#93
Zitat:am besten noch die komplette Ausbildung bei der Marine durchlaufen

Die kriegen "nur" einen Teil der Ausbildung, und die Spezialisierung liegt hier primär bei amphibischen Operationen bzw. dem Agieren entlang von Küsten. Beispielsweise trainiert man nichts in Bezug auf das Einnehmen von Schiffen etc.

Zitat:Aber 10 Tag Sprenghelferausbildung für 1/4 der Leute ist zu viel

Weil man das ganze eben überfrachtet / überlädt mit Fähigkeiten. Entsprechend bleibt bei der Unmenge von Fähigkeiten welche da alle beherschen sollen gar keine Zeit übrig dass auch noch richtig zu erlernen. Dabei wäre Sprengen gerade für Kommandos so absolut wesentlich.

Dazu noch ein Satz zu deinen Ideen, eine Art Einheits-Spezialeinheit einfach für alle Aufgaben zu verwenden: wenn ich unbedingt bei einer Art von Auftrag bestimmte Fähigkeiten benötige, dann kann ich sie bei der anderen Sondereinheit "ausleihen" und entsprechend Spezialisten aus dieser Einheit dazu ziehen. Statt zu versuchen möglichst viele hier möglichst breit gefächert aufzustellen. Das führt nur dazu, dass die Anforderungen zu hoch werden, dass man zu wenig Personal gewinnen kann und dass man dann insgesamt zu wenig Quantität in diesen Verwendungen hat.

Zitat:es gehört auch beim KSK dazu. Nur das Level auf dem es stattfindet ist im direkten Vergleich ein ganz anderes

Und wie schon geschrieben empfinde ich so manches was man aus dem KSK hört als unprofessionell und nichts anderes. Das wird dann zwar immer mit Stress abbauen, sind halt Spätzlfortses usw. schön geredet, aber es ist dessen ungeachtet ein Nichterfüllen der eigenen Ansprüche.

Natürlich ist ganz vieles hochgradig Stress erzeugend, hat Angstempfindungen zur Folge, führt zu einem erheblichen Ausstoß von spezifischen Substanzen im eigenen Körper, aber man muss eben darum wissen was exakt da körperlich geschieht und es entsprechend distanziert betrachten bzw. zu seinem Vorteil ummünzen. Menschliche Körper sind auch nur Systeme mit bestimmten Funktionen die innerhalb ihrer Grenzen benutzbar sind wie alle anderen Systeme auch.

Die Funktion muss über allem stehen, insbesondere über dem was sonst hier an Menscheleien vorherrschend wäre. Es wäre daher gerade eben wesentlich solche Begriffe vollständig zu überwinden, und zwar höchst einfach deshalb, weil das in Wahrheit in seinem Kern Disziplin ist. Jede Disziplin die keine reine Selbstdisziplin ist, führt zur Einschränkung der Funktionalität in solchen Verwendungen.
Zitieren
#94
Danke für die Erläuterungen zum KSK, dann lag ich da zumindest nicht ganz falsch. Ich muss aber sagen, erweiterte Horizonte und tiefere Einblicke sind nie verkehrt, die Grundlagen müssen vorhanden sein, das ergibt sich aber schon aus dem Umfeld, in dem man seine eigentliche Aufgabe zu erfüllen hat. Das als gegeben betrachten gibt es meiner Erfahrung nach nichts schlimmeres als jemanden, der irgendwann mal irgendetwas gemacht hat (oder für irgendwas ausgebildet wurde), es aber nicht praktiziert. Und derart viele konkrete Tätigkeiten, wie sie im Bereich der Spezialkräfte vorkommen, kann man nicht im gleichen Maße regelmäßig praktizieren. Von daher kann ich dem Zusammenlegen nach Schaddedanz weit weniger abgewinnen als der DSO-Variante von Quintus, um ehrlich zu sein.
Zitieren
#95
(29.08.2023, 13:12)Quintus Fabius schrieb: ... Beispielsweise trainiert man nichts in Bezug auf das Einnehmen von Schiffen etc.

Das wäre dann übrigens ein Aufgabe für 2 Züge vom Seebataillon (+-50Mann) und nicht von klassich 4 Kampfschwimmern so nur mal zum Punkt überfrachten. Und wir reden dabei von einem halbgaren Frachter der Wiederstandleistet nicht von einem Schlachtschiff mit eine ganz Bataillion ausgebildeter Soldaten als Rumpfbesatzung.

(29.08.2023, 13:12)Quintus Fabius schrieb: ..., eine Art Einheits-Spezialeinheit einfach für alle Aufgaben zu verwenden: wenn ich unbedingt bei einer Art von Auftrag bestimmte Fähigkeiten benötige, dann kann ich sie bei der anderen Sondereinheit "ausleihen" und entsprechend Spezialisten aus dieser Einheit dazu ziehen. ...

Es geht nicht um eine Einheits-Spezialeinheit sondern darum das diese Kategorie Soldaten in Trp Stärke an stellen operieren wo ihnen überspritzt gesagt sogar der Grashals auf dem Sie stehen feindlich gesonnen ist. Und für 5 Einsätze bei denen es alles tipy topy läuft haben die 1 Einsatz wo sie sprichwörtlich aus Scheiße Gold machen müssen um zu Überleben (beim US Militär griffig als "MacGyvern" bezeichnet) und um das ganze abzurunden hat jeder von ihnen für eine Idee auf die er selbst nicht kommt max. 3 andere die er fragen kann.
Und zu allem Überfluss kommt dann im fall der Fernspäher noch dabei das man die mögliche Ausrüstung über die STAN vorgegeben bekommt.

Deswegen alle zum KSK, man bekommt erstens größtmöglichen Einblick in die verschiedensten Felder und hat zweitens nur eine minimale STAN-Bindung in Sachen Ausrüstung. Das innerhalb des KSK dann eine Spezialisierung auf bestimmte Themen stattfindet ist vollkommen OK, aber wen not am Mann ist fällt keiner bei hoch riskanten Einsätzen noch zusätzlich in die Rolle des ahnungslosen Neulings.

(29.08.2023, 13:12)Quintus Fabius schrieb: Natürlich ist ganz vieles hochgradig Stress erzeugend, hat Angstempfindungen zur Folge, führt zu einem erheblichen Ausstoß von spezifischen Substanzen im eigenen Körper, aber man muss eben darum wissen was exakt da körperlich geschieht und es entsprechend distanziert betrachten bzw. zu seinem Vorteil ummünzen.

Es geht nicht um das was er empfindet, da sind KSK Soldaten genau gleich mit allen anderen Soldaten oder Zivilisten. Aber die Erfahrung prägen einen Menschen und je nach Erlebnisportfolio mit dem er sein aktuelle Situation einschätzen kann je hoher oder je niedriger liegt das Level bei dem das Empfinden z.B. Angst einsetzt.
So und wie bei jedem andere auch, finden KSK Soldaten eine Adrenalinkick aufregend/interessant.
Nun das Problem bei einem Grünlinken Pazifisten steht der Adrenalinpegel auf Anschlag wen er ein geladene P8 in die Hand gedrückt bekommt. Für einen Soldaten ist das in die Hand nehmen einer P8 wie wen er die Fernbedienung zwischen den Sofapolstern sucht, wo soll da Adrenalin herkommen?

(29.08.2023, 13:57)Helios schrieb: ... Das als gegeben betrachten gibt es meiner Erfahrung nach nichts schlimmeres als jemanden, der irgendwann mal irgendetwas gemacht hat (oder für irgendwas ausgebildet wurde), es aber nicht praktiziert. ...

So richtig der Punkt ist wen man ein effizientes Ergebnis haben will, aber beim KSK macht das "ich weis noch in etwa wie es gehen könnte" den unterschied zwischen hohe Adrenalinspiegel aber fähig die Mission irgendwie zu ende zu bringen und Panik aller "was machen wir den nur jetzt, wir sind verloren" aus.
Dieser Punkt zwischen hohen Adrenalin und Panik gibt es genauso in der regulären JgKp aber da können im Zweifel 100 Soldaten mit eine rettenden Idee kommen.
Zitieren
#96
(29.08.2023, 16:41)Schaddedanz schrieb: So richtig der Punkt ist wen man ein effizientes Ergebnis haben will, aber beim KSK macht das "ich weis noch in etwa wie es gehen könnte" den unterschied zwischen hohe Adrenalinspiegel aber fähig die Mission irgendwie zu ende zu bringen und Panik aller "was machen wir den nur jetzt, wir sind verloren" aus.

Für mich klingt das weit weniger nach professionellem Handeln und mehr nach einer Karikatur der Zustände in Spezialeinheiten.
Zitieren
#97
(29.08.2023, 16:41)Schaddedanz schrieb: Deswegen alle zum KSK, man ... hat zweitens nur eine minimale STAN-Bindung in Sachen Ausrüstung.
Diese Argumente liebe ich ja. Also ob man nicht auch einer eigenständigen Fernspähkompanie die entsprechenden Freiheiten genauso geben könnte.
Zitieren
#98
Im übrigen ist auch das KSK keineswegs so handlungsfrei wie das erscheinen mag, sondern ganz im Gegenteil. Das man bei der Ausrüstung mehr Optionen hat ist dafür gar nicht relevant. Wesentlich ist die Frage der Handlungsfreiheit und diese wird aus vielerlei Gründen extrem eingeschränkt.

Spezifisch in Bezug auf Fernspäher denkt man meiner Meinung nach zudem oft zu konventionell. Man hat bestimmte tradierte Bahnen und Vorgehensweisen und bricht gedanklich nicht aus diesen aus.

Schaddedanz:

Für mich klingen deine Ausführungen wiedersprüchlich - Zitat:

Zitat:Es geht nicht um eine Einheits-Spezialeinheit

Zitat:Deswegen alle zum KSK, man bekommt erstens größtmöglichen Einblick in die verschiedensten Felder

Also was denn nun ?

Was mich ebenfalls erstaunt ist die jetzt schon mehrfach von dir erfolgte Aussage, Kommandos würden in bloßen Trupps operieren bzw. 4 Mann Trupps operieren, dem ist meist nicht der Fall. Und selbst bei den Fernspähern ist die eingesetzte kleinste Einheit keineswegs immer 4 Mann, ohne da jetzt ins Detail gehen zu können.

Zitat:Erfahrung prägen einen Menschen und je nach Erlebnisportfolio mit dem er sein aktuelle Situation einschätzen kann je hoher oder je niedriger liegt das Level bei dem das Empfinden z.B. Angst einsetzt......bei einem Grünlinken Pazifisten steht der Adrenalinpegel auf Anschlag wen er ein geladene P8 in die Hand gedrückt bekommt. Für einen Soldaten ist das in die Hand nehmen einer P8 wie wen er die Fernbedienung zwischen den Sofapolstern sucht

Was du hier anreißt ist tatsächlich ein Problem, und zwar dahingehend, dass man die eigene Erfahrung überbewertet und dass Drills, Routine, Abstumpfung und Adrenalinsucht zu Fehlern im Einsatz führen. Exakt das muss daher vermieden werden. Nichts könnte beispielsweise falscher sein als mit Feuerwaffen wie mit einer Fernbedienung am Sofa umzugehen. Man sollte sich stattdessen viel mehr selbst hinterfragen, und die wahre Kunst ist es, sich trotz aller persönlichen Erfahrung die Einstellung und Offenheit eines Anfängers zu erhalten, während man zugleich professionell handelt. Das beste aus beidem also zu verwenden.

Denn das Problem ist, dass Erfahrung und Abstumpfung das eigene Leben gefährden.

Zitat:man bekommt .... größtmöglichen Einblick in die verschiedensten Felder

Was aber völlig sinnfrei ist, und was wie von mir bereits beschrieben zwingend ein Quantitätsproblem zur Folge hat. Es gibt einfach nicht genug geeignete Menschen die man derart breit qualifizieren kann und selbst bei denen es geht kostet es zu viel Zeit und erzeugt zu viel Aufwand und dies beschränkt die Quantität des verfügbaren Personals. Mit einer größeren Spezialisierung kann man hier also immer eine größere Quantität erzeugen und das wäre wesentlich, denn das Problem des KSK wie auch aller anderen solchen Einheiten ist der Mangel an Quantität und nicht der Mangel an Können. Es fehlen Leute, nicht Fähigkeiten.
Zitieren
#99
(29.08.2023, 17:34)Helios schrieb: Für mich klingt das weit weniger nach professionellem Handeln und mehr nach einer Karikatur der Zustände in Spezialeinheiten.

Man könnte das zwar auch mit psychologischen Fachbegriffen um sich werfend so beschreiben, würde es aber weder ändern noch sonst wie besser machen.
Übrigens die "Karikatur der Zustände" betrifft nicht nur die Spezialeinheiten, sondern trifft in der beschrieben Form auf die gesamt Armee zu.
Hab ihr euch allen erstes noch nie überlegt warum Soldaten das schießen auf Klappfallscheiben mit stylisierten Gesichtern üben, eine viereckige Siebdruckplatte würde da auch ausreichen um die Zählwerke zu betätigen?
Oder warum man in der AGA viele lange Tage mit wenig Schlaf hat?
Es könnte verunsichern an was man so Pawlowsch herangeführt wird Wink
Zitieren
(30.08.2023, 08:17)Quintus Fabius schrieb: Also was denn nun ?

Es wird vielleicht deutlicher wen man es auf einen anderen Bereich mit ähnlichen Schwierigkeiten spiegelt. Nicht jeder Pionier der Bundeswehr ist an Faltschwimmbrückengerät ausgebildet (simpler Kostenfaktor bei der Masse) dennoch sollte jeder Pionier eine grobe Vorstellung davon haben wie dieses Gerät aufgebaut ist und welchen z.B. groben Platzbedarf (LKW´s mit 3m breite, 1 Element pro LKW,...) das Material benötigen. Nur so können dann beispielsweise die PzPi der Kampftruppe vorschlagen: "Also der Leguan ist Schrott, aber bevor wir hier nur rumsitzen und auf den Tot warten, mit M3 Amphibien könnten wir was auf die Bein stellen, schau ob du die bei der Division besorgen kannst"
In der Realität der Massenarmee Bundeswehr gibt es das offiziell nur für Offz und heißt "Offiziersweiterbildung", auf Uffz- und Mannschaftslevel ist das dann max. das mal mitmachen beim Üben einer anderen Kompanie.

(30.08.2023, 08:17)Quintus Fabius schrieb: ... Kommandos würden in bloßen Trupps operieren bzw. 4 Mann Trupps operieren, dem ist meist nicht der Fall....

4 Mann (Führung, Funk, Sanität, Sprengstoff) sind die kleinste Basiskonstellation eines KSK Trp, diese 4 sind praktisch von Grund auf zusammen um auch menschlich das nötige Vertrauen zueinander zu entwickeln. Es gibt beim KSK nicht den "OFw Wanderhurre" der immer und überall mit geht wen mal eine Tür aufgesprengt werden muss.
Und Ja das schafft auch immense Probleme beim Ausgleich von Verlusten (zusätzlich zum Problem überhaupt taugliche Leute zu finden).
Man kann dann auch gerne 2-10 Trp zusammen einsetzen, aber bei allem über 4 Trp muss man sich die Frage stellen warum nicht gleich ein Zg Fallschirmjäger schicken.

(30.08.2023, 08:17)Quintus Fabius schrieb: ... Offenheit eines Anfängers zu erhalten, während man zugleich professionell handelt. Das beste aus beidem also zu verwenden.

Einen professionellen Anfänger nennt der Volksmund "Trottel", weil der mit allem jeden Tag aufs neue bei Null anfängt.
Für alle anderen gilt mal lernt, übt und entwickelt so eine Professionalität. Mit der Professionalität wird die Tätigkeit dann Alltag. Man erledigt sie dann ohne großes drüber nachzudenken = Routiniert/gedrillt/abgestumpft. Es macht dabei überhaupt keinen unterschied ob es um ein simples Messer geht oder einen Kernreaktor, so ist das Leben.

(30.08.2023, 08:17)Quintus Fabius schrieb: ... kostet es zu viel Zeit und erzeugt zu viel Aufwand und dies beschränkt die Quantität des verfügbaren Personals. ...

Deswegen sind Kommandosoldaten auch keine Linieninfanterie die man im Artillerie Sperrfeuer verheizt.
Gleichzeitig bringt es sie aber noch mehr in die Position eben nicht speziell nur eine Tätigkeit zu machen, sondern auch dies und jenes irgendwie mit hinbekommen zu müssen weil sie halt gerade da sind.
"Wer viel kann muss alles machen, wer nichts kann wird nicht gefragt"
Zitieren
Schaddedanz:

Zitat:einen professionellen Anfänger nennt der Volksmund "Trottel", weil der mit allem jeden Tag aufs neue bei Null anfängt.

Du hast es nicht verstanden.

Zitat:wird die Tätigkeit dann Alltag. Man erledigt sie dann ohne großes drüber nachzudenken = Routiniert/gedrillt/abgestumpft

Und exakt das bedeutet in solchen Einheiten / Verwendungen ein erhöhtes Risiko fürs Scheitern, ein erhöhtes Risiko dabei getötet zu werden und schlussendlich senkt es die Leistungsfähigkeit.

Das wird von vielen nicht verstanden, die da glauben, Drills, Routinen und Abstumpfung würden die Leistung erhöhen. In dieser Verwendung ist das Gegenteil der Fall.

Zitat:bei allem über 4 Trp muss man sich die Frage stellen warum nicht gleich ein Zg Fallschirmjäger schicken.

Und das ist tatsächlich wieder so ein Punkt, den man wirklich diskutieren müsste. Mal abgesehen von der geradezu lächerlichen Ineffizient mit welcher die Bundeswehr ihre Sondereinheiten verschwendet, stellt sich ganz allgemein die Frage, was für Aufträge exakt nicht auch von normaler leichter Infanterie erledigt werden könnten.

Der Grund für viele Einsätze dieser Einheiten ist nicht rein-militärischer / funktionaler Struktur, sondern entspringt rein zivil-politischen Überlegungen, insbesondere weil man die Geheimhaltung ausnützt. Und er entspringt oft dem lachhaften Absicherungs- / Vollkaskodenken der Offiziere, welche nur ja bloß kein Risiko für sich selbst und ihre ach so wertvolle Karriere eingehen wollen.

Gerade das KSK wurde und wird für vieles eingesetzt - und dabei verschwendet - was ganz normale Fallschirjäger, ganz normale Gebirgsjäger und was selbst Panzergrenadiere auch hinbekommen würden.

Dessen ungeachtet gibt es natürlich auch sinnvolle Aufträge, bei denen man durchaus sehr viel mehr als nur einen Trupp einsetzen muss. Und gerade im Bereich Geiselbefreiung wird der notwendige Personalansatz meist heillos unterschätzt und auch sonst benötigt man immer sehr viel mehr als einen Trupp und dies selbst dann, wenn man schlussendlich direkt vor Ort nur einen Trupp einsetzt. Jeder solche Auftrag benötigt erheblich mehr insgesamt als 4 Mann, selbst dann wenn direkt vor Ort dann nur 4 Mann sein sollten (was seltenst der Fall ist, und eigentlich fast nur bei reinen Aufklärungsaufträgen Sinn macht).

Zitat:Gleichzeitig bringt es sie aber noch mehr in die Position eben nicht speziell nur eine Tätigkeit zu machen, sondern auch dies und jenes irgendwie mit hinbekommen zu müssen weil sie halt gerade da sind.

Solche Einheiten für alles mögliche zu verwenden, einfach weil sie halt gerade da sind, ist in den meisten Fällen einfach nur ein Fehler. Es ist einfach falsch und genau das Problem unter dem solche Einheiten am stärksten leiden.

Im übrigen ist bereits selbst die Bandbreite der notwendigen Fähigkeiten in einer spezielleren Ausrichtung derart groß, ist es derart schwierig selbst diese "spezialisierte" Verwendung ausreichend zu meistern, dass es immense Schwierigkeiten und Probleme nach sich zieht, wenn man diese ohnehin schon übergroße Menge an Fähigkeiten noch aufweiten will. Entsprechende Verwerfungen wie den Mangel an mit Sprengstoff geschulten Soldaten kann man allenorten sehen.

Natürlich können und sollen gerade Kommandos durchaus auch Kampfaufträge ausführen, aber im Rahmen ihrer Spezialisierung. Während umgekehrt für Fernspäher dies grundfalsch wäre. Und Geiselbefreiung ist wiederum ein anderes, immens breites Feld welches eine immense Bandbreite an intensivst zu übenden Fähigkeiten benötigt. Und das gleiche gilt für alles was Kampfschimmer ausmacht.

Die Bandbreite der Fähigkeiten allein schon innerhalb einer solchen Spezialisierung ist so hoch, dass sie ein Problem darstellt. Und entsprechend sollte man diese vier Grundbereiche auf vier verschiedene Einheiten aufteilen und getrennt halten. Und genau das würde dann dazu führen, dass man in jedem dieser Bereiche mehr Leute hat, und mehr leisten kann, sowohl was die Qualität angeht als auch was die Quantität angeht.

Zu deinem Beispiel mit den Pionieren noch:

Zitat:In der Realität der Massenarmee Bundeswehr gibt es das offiziell nur für Offz und heißt "Offiziersweiterbildung", auf Uffz- und Mannschaftslevel ist das dann max. das mal mitmachen beim Üben einer anderen Kompanie.

Die Überforderung und die aus dem Übermaß an Fähigkeiten erfolgenden Anforderungen führen genau dazu, dass sich solche Fähigkeiten nur bei besonders qualifizierten Soldaten überhaupt heran bilden lassen, in deinem Beispiel dann begrenzt auf einige Offiziere. Das ist um den Vergleich wieder zurück zu führen bei Sondereinheiten nicht anders.

Früher gab es in den B1 Kompanien auch freiwillig längerdiendende Wehrpflichtige und Mannschaftsdienstgrade. Heute ist das aufgrund des Übermaß an geforderten Fähigkeiten so gar nicht mehr möglich, weil die geforderten Fähigkeiten derart ausgeweitet wurden.
Zitieren
(30.08.2023, 10:50)Quintus Fabius schrieb: ... Die Überforderung und die aus dem Übermaß an Fähigkeiten erfolgenden Anforderungen führen genau dazu, dass sich solche Fähigkeiten nur bei besonders qualifizierten Soldaten überhaupt heran bilden lassen, in deinem Beispiel dann begrenzt auf einige Offiziere. Das ist um den Vergleich wieder zurück zu führen bei Sondereinheiten nicht anders. ...

Um mal das Beispiel weiter zu führen: Leguan Komandant ist max. Feldwebel. Gibt´s neuerdings Offiziere zum falten für zwischendurch oder bleiben wir dann ratlos, mit dem PzBtl im Rücken, einfach neben dem Wrack stehen?

Es hilft halt nichts, wen die eingesetzte Trp-Stärke so klein ist, müssen die einzeln Soldaten einfach mit Hirn arbeiten um zum Erfolg zu kommen.
Man kann einfach mehr auf Umwegen mit Hirn bewältigen als auf direktem Weg mit 100Kg Bank drücken.
Zitieren
Kommandos agieren seltenst nur in Truppstärke.

Fernspäher agieren in Truppstärke, aber sie haben einen komplett anderen Auftrag.

Und die notwendigen Fähigkeiten liegen in ihrer Komplexität und ihrer Breite selbst bei Fernspähern weit über dem, was ein Feldwebel der Pioniere vorweisen kann. Das ist einfach eine viel größere Bandbreite. Das ist übrigens keine Wertung der Pioniere, ganz im Gegenteil. Man benötigt zwingend eine Spezialisierung um gut in dem zu sein was man tut.

Und genau deshalb wäre es eigentlich notwendig, die Sondereinheiten mehr nach ihren Funktionen zu spezialisieren, als dies zur Zeit im KSK der Fall ist. Nun ist die Bundeswehr dafür gar nicht so schlecht aufgestellt, man hat ja die Kampfschimmer / Minentaucher, und man stellt die Fernspäher neu auf. So müsste man nur noch das KSK etwas entzerren, die Frage der Geiselbefreiung vor allem anders aufstellen - und hätte dann mehr von dem was man da hat.

Vielleicht noch etwas einfacher: Geiselbefreiung ist im großen konventionellen Krieg nicht die Primärfähigkeit. Und die für einen solchen Krieg notwendigen Fähigkeiten bei Kommando-Soldaten müssen wieder deutlich mehr in den Vordergrund treten. Und das wird zur Zeit auch tatsächlich geplant / versucht.
Zitieren


Gehe zu: