(Luft) Boeing P-8A Poseidon in der Bundeswehr (Zwischenlösung P-3C-Nachfolger)
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Deutschland wählt scheinbar P-8A Poseidon vor ATL2 als 'Interims'-Ersatz für P-3C MPA

Laut offiziellen Dokumenten hätte der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn die Boeing P-8A Poseidon als Interimslösung für den Ersatz der bald ausgemusterten P-3C Maritime Patrol Aircraft der Deutschen Marine ausgewählt.

Xavier Vavasseur 03. Mai 2021

Es bleibt die Frage, ob dieser P-8A-Beschaffungsplan, der noch von der Haushaltskommission genehmigt und vom Parlament unterstützt werden muss, wirklich eine "vorübergehende Zwischenlösung" sein wird... oder eine vollwertige Alternative zum MAWS-Programm.

Laut dem Dokument "Antworten an den Bundestag" äußerte sich Silberhorn (der den Bundesminister der Verteidigung in den entsprechenden Ausschüssen des Deutschen Bundestages vertritt) auf eine Frage des Bundestagsabgeordneten Christian Sauter (FDP) wie folgt zu dem französischen Angebot, das aus modernisierten ATL2-Seeüberwachungsflugzeugen besteht:

"Die Anzahl und die zu erwartende Einsatzbereitschaft der angebotenen Flugzeuge werden absehbar nicht in der Lage sein, die Anforderungen möglicher zukünftiger Einsatzverpflichtungen sowie den Bedarf für die Regeneration der Besatzung und die Durchführung von Trainings- und Aufklärungsflügen zu decken."


Die obige Aussage macht den US-Vorschlag zum eindeutigen Sieger. In der Antwort auf eine weitere Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion führt die Bundesregierung "Die geforderten Fähigkeiten des Waffensystems P-8A Poseidon von Boeing entsprechen grundsätzlich denen der P-3C Orion. Nur mit dem Waffensystem P-8A Poseidon könnte ein nahtloser und zeitnaher Fähigkeitsübergang gewährleistet werden, wenn ein Foreign Military Sales-Vertrag noch vor der Sommerpause 2021 abgeschlossen wird."

Für das Protokoll: Das US-Außenministerium genehmigte im März 2021 einen möglichen Foreign Military Sale (FMS) von Boeing P-8A Maritime Patrol Aircraft (MPA) und zugehöriger Unterstützung sowie zugehöriger Ausrüstung an Deutschland zu einem geschätzten Preis von 1,77 Milliarden US-Dollar.

Französisches ATL2 MPA-Angebot

Auf Anfrage von Naval News im April bestätigte ein Sprecher der französischen Streitkräfte, dass Frankreich Deutschland vier ATL2 MPAs als Zwischenlösung vorschlägt.

Um Deutschland die Möglichkeit zu geben, zwischen der Ausmusterung der derzeitigen P-3C Orion und der Ankunft des neuen Seefernaufklärungsflugzeugs, das im Rahmen des MAWS-Programms (Maritime Airborne Warfare System) entwickelt wird, weiterhin über Seefernaufklärungsflugzeuge zu verfügen, schlägt Frankreich vier überholte Atlantique 2 (ATL2) Flugzeuge vor. Je nach dem Bedarf Deutschlands können die vier Flugzeuge verkauft werden, sobald die Renovierung auf std6 von den Deutschen übernommen wurde. Die vier Flugzeuge werden auf dem neuesten Flugzeugstandard (Standard 6) sein, der den ersten Meilenstein der Einsatzfähigkeit der französischen Marine im Jahr 2020 erfolgreich bestanden hat. Sie werden über eine Reihe von Hightech-Ausrüstungen verfügen, die es ihnen ermöglichen, effiziente maritime Patrouilleneinsätze durchzuführen. Das Angebot umfasst auch Schulungen für den Einsatz der Geräte und deren Wartung. Da das französische Angebot auf einer operativen Zusammenarbeit basiert, finden derzeit Gespräche sowohl zwischen den jeweiligen Marinehauptquartieren als auch zwischen den Verteidigungsministerien statt.


Sprecher der französischen Streitkräfte

Auf die Frage nach dem Waffenpaket (und den Sonobuoys) sagte der Sprecher gegenüber Naval News, dass dieses Thema in einer zweiten Phase behandelt werden würde.

Q&A mit Johannes Peters

Um eine "lokale und informierte Meinung" zu diesem französischen Vorschlag zu bekommen, wandte sich Naval News an Johannes Peters, Forscher, Zentrum für Maritime Strategie und Sicherheit am Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel (ISPK).
Das Q&A wurde Ende April geführt.

Naval News - Ist Ihrer Meinung nach der französische Vorschlag als kurzfristige Überbrückung für die Deutsche Marine interessant?

Johannes Peters - Der ATL2-Vorschlag wurde von der Deutschen Marine einstimmig als nicht geeignet für ihre Bedürfnisse abgelehnt. Der Grund dafür ist, dass der ATL2 zwar systemtechnisch aufgerüstet worden wäre, nicht aber die Zelle und die Triebwerke. Das würde zu einer ähnlichen Situation führen, mit der die Deutsche Marine derzeit konfrontiert ist: der Betrieb einer alten, wartungsintensiven Zelle mit unsicherer Einsatzbereitschaft. Um genau dieses Dilemma zu überwinden, hat das Verteidigungsministerium die laufende Modernisierung der P3 gestoppt (ein bodenloses Loch, btw.) und beschlossen, nach einer Ad-hoc-Stop-and-Gap-Lösung zu suchen. Die Franzosen sind sich über die zukünftige Einsatzbereitschaft des ATL2 selbst unsicher. Deshalb haben sie die ISR Albatros gekauft, um die Zeit bis zur MAWS zu überbrücken...

Naval News - Die Albatros soll die Falcon 50 und Falcon 200 im Dienst der französischen Marine ersetzen. Sie sind dedizierte "SUMAR"-Flugzeuge (Seeüberwachungsflugzeuge) und haben nichts mit ATL2 zu tun, und sie sollen sie auch nicht für ISR ersetzen, so weit wir wissen.

Johannes Peters - Ja und nein. Die Albatros soll durch die Übernahme von SUMAR-Aufgaben Flugstunden für die ATL2 einsparen. Auf diese Weise bleiben mehr hochwertige ISR-Stunden für die ATL2 übrig. GER betreibt nur ein einziges MPA (P-3C), das das gesamte Aufgabenspektrum abdeckt. Das Gleiche würde für den (wieder: alten) ATL2 gelten. Die GER-Marine befürchtet, bei den verfügbaren Flugstunden in eine Triage gezwungen zu werden, d.h. SUMAR-Aufgaben zugunsten von ISR zu opfern. Etwas, das unbedingt vermieden werden soll.

Naval News - ATL2 setzt den MU90 Torpedo und die AM39 Block 2 Anti-Schiffs-Rakete ein, zwei Systeme, die derzeit nicht im Inventar der Deutschen Marine sind. Sehen Sie das als ein großes Problem an?

Johannes Peters - Es hätte eine zusätzliche Ausbildung für die Besatzungen erfordert, aber ich sehe das nicht als Hindernis an. Es handelt sich ja nicht um die Einführung eines neuen Waffensystems in der gesamten Marine, sondern nur um vier Plattformen mit einer speziellen Bewaffnung für eine begrenzte Zeit.

Naval News - Wie sieht es auf lange Sicht aus? Glauben Sie, dass dies der einzige Weg ist, das MAWS-Programm zu "retten" ? Sollte sich Deutschland für die P-8A MPA entscheiden, was würde das für MAWS bedeuten?

Johannes Peters - Das glaube ich nicht, denn es gibt einen politischen Willen auf beiden Seiten, MAWS zum Leben zu erwecken. GER sollte auf jeden Fall mit der P-8-Lösung weitermachen, weil ich das als den einzigen realistischen Weg sehe, um nicht in eine Fähigkeitslücke zu laufen. (Eine Fähigkeit, die als nationale Kapazität, aber auch innerhalb der Allianz dringend benötigt wird!). Die P-8 würde bedeuten, die Lücke nicht nur mit einem Stand-in zu füllen, sondern mit einem Sprung nach vorne in Bezug auf die Fähigkeiten. Sowohl operativ als auch taktisch. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit (z.B. A400-M) zeigen, dass die länderübergreifende Entwicklung eines völlig neuen Waffensystems eine zeitraubende Angelegenheit ist. Ohne zu sehr in die Kristallkugel zu schauen, kann man also mit Sicherheit sagen, dass 2035 als angestrebtes (und von den Franzosen stets kommuniziertes, um die Zeitlücke zu schließen und den politischen Druck auf GER zu erhöhen) Jahr der MAWS-Einsatzbereitschaft wahrscheinlich zu optimistisch ist. Als Realist sollte man mit 2038-2040 planen. Fünf neue P-8 werden GER eine Plattform bieten, mit der man diese Lücke von 15 Jahren leicht überbrücken kann. Wie oben geschrieben, birgt die ATL2-Lösung schon heute das Risiko, ab 2035 in eine zweite Lücke zu laufen, sollte die zu erwartende MAWS-Verzögerung eintreten.

Naval News - Glauben Sie, dass ein gemeinsames deutsch-französisches ATL2-Geschwader die bessere Lösung für die Deutsche Marine gewesen wäre (wie es für die C-130J beider Nationen eingerichtet wurde)? Auf diese Weise würde die Wartung der vier deutschen Flugzeuge von der französischen Marine übernommen, die über das "Know-how" verfügt, wie man dieses bewährte Flugzeug lufttüchtig hält. (In der Tat ist die französische Marine für die Wartung der ATL2 zuständig, nicht die Industrie).

Johannes Peters - Ich glaube nicht, dass ein gemeinsames Geschwader der richtige Weg ist, um eine Überbrückungslösung zu bieten. Die Einrichtung eines solchen Geschwaders wäre ein hochpolitischer und daher langwieriger Prozess (Zuständigkeiten, RoE, nationale Arbeitsteilung, Kosten, und so weiter und so fort). Die praktischen Auswirkungen sind dann eine andere Geschichte - meine Vorhersage ist, dass man eine akzeptable Einsatzbereitschaft erreichen würde, wenn MAWS einsatzbereit ist. Für die vorliegende spezielle Situation halte ich eine COTS-Lösung für die einzige realistische Option.

Deutsche Marine P-3C Orion im Vorruhestand

Das Bundesministerium der Verteidigung (MoD) gab im Juni 2020 bekannt, dass es den Modernisierungsplan für das Seefernaufklärungsflugzeug (MPA) P-3C ORION vorzeitig beenden wird. Das Verteidigungsministerium nannte "Kosten und technische Schwierigkeiten" als Gründe für die Entscheidung, die zu einer "Fähigkeitslücke" führen wird, die "nicht akzeptiert werden kann". Die Bundeswehr erklärte damals, sie führe eine Marktuntersuchung durch, die alle am Markt verfügbaren Plattformen berücksichtige. Die damalige Erklärung des Verteidigungsministeriums fügte hinzu, dass "diese Analyse auch alle Wechselwirkungen mit dem deutsch-französischen Kooperationsprojekt Maritime Airborne Warfare System (MAWS) bewerten wird".

Es bleibt die Frage, ob dieser P-8A-Beschaffungsplan, der noch von der Haushaltskommission genehmigt und vom Parlament unterstützt werden muss, wirklich eine "temporäre Zwischenlösung" sein wird... oder eine vollwertige Alternative zum MAWS-Programm.

MAWS

Während der ILA Airshow, die vom 25. bis 29. April 2018 in Berlin stattfand, unterzeichneten die französische Verteidigungsministerin Florence Parly und ihre deutsche Amtskollegin Ursula von der Leyen eine Absichtserklärung zur gemeinsamen Entwicklung der nächsten Generation von Seefernaufklärungsflugzeugen mit möglicher Öffnung für andere Partner aus Europa oder der NATO.

Das Projekt, bekannt als MAWS (Maritime Airborne Warfare System), soll ab 2030 die Nachfolge der Atlantique 2 der französischen Marine und der P-3C Orion der deutschen Marine sichern. Der auf der Euronaval 2018 vorgestellte A320M3A von Airbus in seiner MPA-Variante schien ein natürlicher Kandidat für das MAWS-Programm zu sein.

Wie Naval News damals feststellte, ist Deutschland mit seiner Entscheidung, die P-3C vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen, nicht mehr in der Lage, mit Frankreich einen gemeinsamen Nachfolger über ein gemeinsames Projekt zu verfolgen. Modernisierte ATL2 werden derzeit an die französische Marine ausgeliefert und ihr Ersatz wird nicht vor Mitte der 2030er Jahre benötigt.

Die P-8A Poseidon von Boeing war nicht die einzige Plattform, die in Betracht gezogen wurde. Die Bundeswehr hat letztes Jahr damit begonnen, neue Anschaffungen zu prüfen, um alle aktuellen P-3C MPAs zu ersetzen, die bis 2025 (statt ursprünglich 2035) ausgemustert werden sollen. Die in Erwägung gezogenen Überbrückungsplattformen waren:

der C295 Persuader von Airbus
der RAS-72 Sea Eagle von RAS
die P-8A Poseidon von Boeing.

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RE: P-3C Nachfolger für die Deutsche Marine - von Mike112 - 13.05.2021, 17:20

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