Polizeiausrüstung und -Einsatztaktik
#46
Bei den Details von Kaliber und Munitionsarten bin ich dann wiederum raus, da habe ich keine echte Ahnung von. Klingt aber für mich durchaus nachvollziehbar. Und wenn ich von einem DMR bei Polizei-Spezialeinheiten spreche, die sonst eher mit MPs arbeiten, dann sehe ich da eh keinen Anlass, 5,56 statt 7,62 zu verwenden.
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#47
Zitat:Bundesverfassungsgericht

Polizei muss Data-Mining einschränken

Die Regelungen zum Einsatz einer neuartigen Datenanalyse-Software bei der Polizei in Hessen und Hamburg sind in ihrer derzeitigen Form verfassungswidrig.

Länder, die die Software einsetzen, müssen nachbessern. In Hessen arbeitet die Polizei mit einer speziellen Software, um Straftaten zu verhindern. Das Computerprogramm wird mit vielen Informationen gefüttert, die aus verschiedenen polizeilichen Datenbanken stammen. Die Software wertet diese aus und liefert der Polizei ein Lagebild. Die Software kann Zusammenhänge finden, die einzelne Ermittler nicht sehen würden. Auch in Hamburg ist der Einsatz der Software erlaubt. Dagegen hatten unter anderem Journalistinnen und eine Strafverteidigerin geklagt. [...]

Nach dem Urteil ist der Einsatz einer solchen Software grundsätzlich erlaubt. Dieser muss aber per Gesetz stark einschränkt werden. [...] Das Urteil hat Pilot-Charakter. Auch Nordrhein-Westfalen hat ein entsprechendes Polizeigesetz verabschiedet. Weitere Bundesländer planen, ihrer Polizei die automatisierte Datenauswertung ebenfalls zu ermöglichen.
https://www.tagesschau.de/inland/innenpo...g-103.html

Schneemann
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#48
Ein taktisch interessanter Fall:

https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebi...d-100.html

Zitat:Der Polizist, der den 16-jährigen Mouhamed Dramé bei einem Einsatz in der Dortmunder Nordstadt erschossen hatte, wird wegen Totschlags angeklagt.

Zudem müssen sich zwei Polizistinnen und ein Polizist wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten, und der Dienstgruppenleiter wegen Anstiftung dazu.

Dramé war in einer Jugendeinrichtung in der Dortmunder Nordstadt untergebracht. Vor dem tragischen Einsatz soll er im Hof gesessen und sich ein Messer vor den Bauch gehalten haben. Weil er auf die Ansprache der Polizistinnen und Polizisten nicht reagierte, setzten die zuerst Pfefferspray gegen ihn ein. Daraufhin soll der 16-Jährige aufgestanden und auf die Beamten zugegangen sein.

Zwei Polizistinnen und Polizisten schossen mit Tasern auf ihn. Die sollen aber keine Wirkung gehabt haben. Fast zeitgleich feuerte ein Polizist mehrfach mit einer Maschinenpistole auf den Jungen und verletzte ihn tödlich. Schon der Einsatz des Pfeffersprays sei zu dem Zeitpunkt nicht notwendig gewesen, so Oberstaatsanwalt Dombert. Man hätte auch Kommunikation und eine Verhandlungsgruppe setzen können.

Zunächst war gegen den Schützen nur wegen Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt worden. Jetzt lautet der Vorwurf Totschlag. Der Polizist habe aus Sicht der Staatsanwaltschaft "ohne rechtfertigenden Anlass" auf Mouhamed Dramé geschossen, sagt Oberstaatsanwalt Dombert.

Was mich als erstes erstaunt ist, dass die Taser hatten. Meiner Kenntnis nach ist dies bei der normalen Schutzpolizei nicht der Fall.

Dann soll es so sein, dass Taser nur in einer statischen Lage eingesetzt werden dürfen. Da die Person sich auf die Polizeibeamten zubewegte, sei es eine dynamische Lage gewesen, und daher der Taser-Einsatz nicht rechtmässig, deshalb die Anklagen wegen Körperverletzung.

Der besagte Oberstaatsanwalt Dombert sieht die Rechtslage im weiteren so, dass es nachgewiesen sei, dass die Person während ihrer Bewegung auf die Beamten zu dass Messer in Richtung des Bodens gehalten habe. Deshalb sei es nicht rechtmässig gewesen auf die Person zu schießen, weil diese das Messer ja nicht auf die Beamten gerichtet habe.

https://www.focus.de/panorama/dortmund-d...28801.html

Zitat:Der damals 29-jährige Polizeibeamte hatte mit einer Maschinenpistole auf den Jugendlichen geschossen, weil der sich mit einem 20 Zentimeter langen Messer den Beamten bis auf etwa zweieinhalb Metern genähert hatte.

Zitat:Die Polizei hatte stets von Notwehr gesprochen, da Mouhamed D. mit einem Messer auf die Beamten zugelaufen sei.

Die Staatsanwaltschaft Dortmund sieht das anders. Demnach ist der Einsatz unverhältnismäßig abgelaufen, der Tod des Jugendlichen sei durch falsche Polizeitaktik verursacht worden.

ca. 2,5 m mit einem Messer in der Hand, und hier wird den Polizeibeamten die Notwehr abgesprochen, weil das Messer nicht mit der Spitze unmittelbar direkt auf sie gerichtet war. Das ist abstrus und so weit von jedweder praktischen Realität entfernt, dass mir die Worte dafür fehlen.

Zitat:Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass bereits der Pfefferspray-Einsatz völlig überzogen war. Vielmehr hätte die Polizei ein Kriseninterventionsteam nebst einem französischen Dolmetscher herbeirufen müssen, um die Situation zu entkrampfen, so der Tenor. Folgt man dieser Argumentation war auch der Taser-Einsatz unrechtmäßig. Ganz gleich, ob der Jugendliche ein Messer in der Hand hielt. Folglich hätte auch der MP-Schütze erst schießen dürfen, wenn der junge Mann tatsächlich zu einer Messerattacke angesetzt hätte.


Laut der Darstellung des Oberstaatsanwalt saß die Person zunächst und richtete das Messer auf ihren Bauch. Dem folgend wurde Pfefferspray eingesetzt.

Dem folgend stand die Person auf, und lief (schnell) mit dem Messer in der Hand auf die Polizeibeamten zu, dabei hielt sie das Messer so, dass die Spitze auf den Boden zeigte.

Dem folgend wurden zwei (2) Taser eingesetzt, ohne Effekt.

Die Person lief weiter auf die Beamten zu, dass Messer weiter auf den Boden gerichtet.

Dem folgend schoss der MP Schütze in Brust und Kopf der Person, bis diese in ungefähr 2 Meter Abstand zu den Beamten zusammenbrach und liegen blieb.


Meine rein persönliche Bewertung:

Ich hätte kein Pfeffer eingesetzt, da die Person saß, hätte man einfach warten können. Meiner Meinung nach war der Einsatz von Pfefferspray deshalb unklug (das ist keine rechtliche Bewertung, sondern nur eine rein taktische). Man hätte einfach die Situation einfrieren, andere Personen evakuieren, Abstand schaffen und einen weitreichenden Leerraum um die Person herum schaffen können. Dann hätte man Zeit gewonnen.

Deshalb halte ich den Einsatz des Pfefferspray hier für falsch.

Nachdem die Person jedoch aufgestanden war und auf die Beamten losging, war der Einsatz der Taser meiner Überzeugung nach das mildeste Mittel und absolut sinnvoll. Und da er scheiterte war der Schusswaffengebrauch absolut geboten. Ob es möglich gewesen wäre mit der Maschinenpistole die eine deutlich höhere Treffsicherheit hat auf diese kurze Distanz in die Knie etc zu schießen, entzieht sich aufgrund mangelnder Informationen meiner Kenntnis. Rein persönlich hätte ich es zumindest versucht.

Was auffällt ist die Streuung der Geschosse. Von der Brust bis in den Kiefer. Auf diese Kurze Distanz und mit einer hochpräzisen Maschinenpistole deutet dies auf eine deutlich dynamischere Lage hin, und/oder auf mangelnde Schießkenntnisse. Meiner rein persönlichen Meinung nach ist die Schießausbildung und vor allem dann das Schießtraining nach Ende der Ausbildung bei der Polizei in Deutschland heillos schlecht. Ich habe ja immer wieder mal Polizeibeamte schießen sehen, dass war jedesmal einfach nur traurig. Das ist keine Schuldzuweisung! Die schießen einfach viel zu selten und zu wenig und das ganze Schießausbildungskonzept ist unzureichend.

Wie man aber aus einem solchen Geschehen einen Totschlag ableiten kann, wie es hier die Oberstaatsanwaltschaft getan hat, entzieht sich völlig meinem Verständnis. Meiner Ansicht nach hat der Schütze hier einfach das Leben seiner Kollegen gerettet und wäre dafür zu belobigen, statt ihn anzuklagen.
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#49
(18.02.2023, 00:19)Quintus Fabius schrieb: Wie man aber aus einem solchen Geschehen einen Totschlag ableiten kann, wie es hier die Oberstaatsanwaltschaft getan hat, entzieht sich völlig meinem Verständnis. Meiner Ansicht nach hat der Schütze hier einfach das Leben seiner Kollegen gerettet und wäre dafür zu belobigen, statt ihn anzuklagen.

Ich tippe auf politische Motivation. Unabhängig davon gehe ich davon aus dass es noch als Notwehr eingestuft werden wird, auch wenn das Vorgehen eher dilletantisch war.
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#50
Wir haben hier halt andere Standards als in Amerika. Die reguläre Polizei hier im Ruhrpott ist eigentlich sehr zurückhaltend und trotzdem erfolgreich mit dem was sie tun, außer bei der OK. Dortmund Nordstadt gehört zu den härtesten Pflastern hier in der Gegend, was ich für den Grund dafür halte, dass hier Taser und MP im Einsatz waren. Meistens ist in solchen Fällen nämlich eine reguläre Streife zusammen mit einem Wagen der Bereitschaftspolizei am Ort und die tragen auch in solchen Einsätzen dann entsprechend erweiterte Bewaffnung.

Dass hier Pfeffer gegen einen sitzenden Jugendlichen eingesetzt wurde, kann ich nur darauf zurückführen, dass dieser sich ja offenbar selbst gefährdet hat. Das dürfen die Beamten nicht einfach geschehen lassen und Pfeffer führt im Normalfall zur geringsten Eigengefährdung, ist also durchaus angemessen, zumindest gemäß den üblichen Vorgehensweisen. Man verursacht dadurch eine kurze Desorientierung, um das Gegenüber dann entwaffnen zu können.

Dass es hierbei zum Schusswaffeneinsatz gekommen ist, ist für hiesige Verhältnisse eher ungewöhnlich und spricht tatsächlich gegen die fachliche Eignung der Polizisten. Daher halte ich auch eine politische Motivation seitens der Justiz für eher unwahrscheinlich. Höchstens kann man von einem gewissen medialen Druck auf die Staatsanwaltschaft ausgehen. Aber ein derartiger Einsatz darf einfach nicht zum Tod des Jugendlichen führen, das kann unsere Polizei hier sonst wirklich besser.


Ich persönlich hätte zwar auch auf den Pfeffereinsatz verzichtet, nur entspricht das einfach nicht den Vorgaben bei der Polizei. Auch wenn sich derjenige nur selbst gefährdet, müssen sie eingreifen, gerade bei Jugendlichen. Da hier der Dienstgruppenleiter wegen Anstiftung belangt werden soll, muss es zusätzlich noch eine überzogene Ansage dazu gegeben haben. (Reine Spekulation: Der Jugendliche machte öfter Probleme, hatte zuvor andere mit dem Messer bedroht und dann die Suiziddrohung benutzt, um sich der Festnahme zu widersetzen. Der Dienstgruppenleiter wollte die Sache schnellstmöglich beenden und hat zu voreiligem Handeln gedrängt, z.B. um zu vermeiden, dass der Vorgang Zuschauer anzieht und die Lage dadurch eskaliert.) Es waren laut Bericht mindestens drei Polizisten beteiligt, ich gehe jedoch wegen MP und Taser sowie dem Ort des Geschehens von mindestens 4 Polizisten vor Ort aus. Da wurde dann offensichtlich die Absicherung vernachlässigt, sonst hätte es gar nicht zu dem Angriff kommen dürfen, bzw. hätte man ihn auch ohne Schusswaffe beenden können.

Der Wechsel in der Anklage von KV mit Todesfolge zu Totschlag dürfte übrigens nicht aufgrund der Gesamtsituation entstanden sein, sondern durch die Beurteilung des eigentlichen Schusswaffengebrauchs (Brust und Kopf). Der Verdacht besagt ja, dass die Eskalation mindestens billigend in Kauf genommen wurde, durch die Wahl eines überzogenen Einsatzmittels. Dann ist Totschlag auch die richtige Anklage. Allerdings dürfte die Hürde für eine Verurteilung trotzdem recht hoch sein, denn ein Angriff mit Messer rechtfertigt auch eine tödliche Gegenreaktion. Also muss hier schon zuvor ein eklatantes Fehlverhalten vorgelegen haben, bei dem wirklich bewusst eskaliert wurde, um das als Totschlag zu verurteilen.

Wir alle kennen nicht das ganze Geschehen, aber ich kenne die Ecke und die Polizei hier, habe häufig mit ihnen gearbeitet. Daher halte ich es für durchaus denkbar, dass hier ein tatsächliches Fehlverhalten vorlag oder zumindest individuelle Fehler gemacht wurden.
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#51
lime:

Ich teile deine Einschätzung hier ausdrücklich. Etwas anderes als eine politische Motivation eines solchen Vorgehens wäre mir noch unerklärlicher.

Broensen:

Danke für die Erklärung mit der unterstützenden Bereitschaftspolizeistreife wegen des Tasers.

Da man Taser vor Ort hatte, wundert es mich rein taktisch gesehen, warum man zuerst Pfefferspray einsetzte und dann Taser. Die Reihenfolge ist taktisch gesehen doch für jederman erkennbar grundfalsch. Der durch den Pfeffereinsatz entstehende Nebel behindert meiner Einschätzung nach sogar die Beamten bei der Entwaffnung, selbst wenn das Pfeffer so wie angedacht gewirkt hätte. Zudem wäre der Tasereinsatz gegen das zu Beginn noch statische Ziel wahrscheinlich erfolgreich gewesen.

Das du den Schusswaffengebrauch hier als Hinweis für eine fachliche Nichteignung der Polizisten nennst erstaunt mich. Ich habe nun keine polizeiliche Nahkampfausbildung, und auch keine zivilen Zugriffstechniken und Erfahrungen in diesem Bereich wie du, aber von meiner militärischen Ausbildung und meinem langjährigen Interesse an bewaffneten Kampf maße ich mir hier mal an zu sagen, dass es absolut notwendig ist zu schießen, wenn eine Person mit einem Messer in der Hand auf einen zuläuft und man eine Feuerwaffe hat. Jedes andere Vorgehen ist meiner Kenntnis nach viel zu risikoreich und führt nur zu einer nicht tragbahren Gefährdung des eigenen Überlebens. Und auf eine Distanz von nur 2,5 m ist es völlig illusorisch auch nur ausweichen zu wollen.

Und dem MP Schützen die Eskalation vorzuwerfen kann ich noch weniger nachvollziehen. Diese erfolgte ja nachweislich nicht durch ihn. Warum sollte er also schuldig sein, weil andere hier eine Situation angeblich eskaliert haben?

Am wenigsten aber verstehe ich die folgende Aussage:

Zitat:Es waren laut Bericht mindestens drei Polizisten beteiligt, ich gehe jedoch wegen MP und Taser sowie dem Ort des Geschehens von mindestens 4 Polizisten vor Ort aus. Da wurde dann offensichtlich die Absicherung vernachlässigt, sonst hätte es gar nicht zu dem Angriff kommen dürfen, bzw. hätte man ihn auch ohne Schusswaffe beenden können.

Es kann immer zu einem Angriff kommen und wie soll man einen solchen Angriff eines mit einem Messer bewaffneten Agressors ohne Schußwaffe sinnvoll beenden ? Wo die Taser ja offenkundig bereits nicht funktioniert haben ? Auf diese kurze Distanz ?

Und warum überhaupt diese Idee, dass eine Person die mit einem Messer in der Hand auf Polizisten zuläuft irgendwie am Leben bleiben soll ? Es war ihre Entscheidung dies so zu tun, also muss sie damit rechnen getötet zu werden. Ich kann dies absolut nicht nachvollziehen.
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#52
(18.02.2023, 22:04)Quintus Fabius schrieb: Da man Taser vor Ort hatte, wundert es mich rein taktisch gesehen, warum man zuerst Pfefferspray einsetzte und dann Taser. Die Reihenfolge ist taktisch gesehen doch für jederman erkennbar grundfalsch.
Mit Blick auf die Angemessenheit der Mittel ist die Reihenfolge durchaus nachvollziehbar. Taser werden zumindest im deutschen Polizeieinsatz kritischer betrachtet aufgrund der größeren Gefahr für bleibende Schäden. Dementsprechend ist Pfeffer vorzuziehen, wenn es um die Entwaffnung des Gegenübers geht.

Zitat:Der durch den Pfeffereinsatz entstehende Nebel behindert meiner Einschätzung nach sogar die Beamten bei der Entwaffnung, selbst wenn das Pfeffer so wie angedacht gewirkt hätte.
Ganz falsche Vorstellung: Pfefferspray im Polizeieinsatz gegen einzelne Personen wirkt mit "ballistischem Strahl", bildet also keinen Nebel.
Anekdote: Ich habe selbst einmal auf diese Art einen Angreifer abgewehrt. Er stand vier Meter vor mir, hob seinen Baseballschläger, lief auf mich zu und ging 1,5 Meter vor mir heulend zu Boden. Ohne irgendwelche Sekundärwirkungen bei den umstehenden Personen.

Zitat:Das du den Schusswaffengebrauch hier als Hinweis für eine fachliche Nichteignung der Polizisten nennst erstaunt mich. Ich habe nun keine polizeiliche Nahkampfausbildung, und auch keine zivilen Zugriffstechniken und Erfahrungen in diesem Bereich wie du, aber von meiner militärischen Ausbildung und meinem langjährigen Interesse an bewaffneten Kampf maße ich mir hier mal an zu sagen, dass es absolut notwendig ist zu schießen, wenn eine Person mit einem Messer in der Hand auf einen zuläuft und man eine Feuerwaffe hat. Jedes andere Vorgehen ist meiner Kenntnis nach viel zu risikoreich und führt nur zu einer nicht tragbahren Gefährdung des eigenen Überlebens. Und auf eine Distanz von nur 2,5 m ist es völlig illusorisch auch nur ausweichen zu wollen.

Es hätte gar nicht zu der Situation kommen dürfen, dass der Angreifer mit Messer auf einen einzelnen Polizisten zuläuft, ohne dass er von anderen Polizisten (die offensichtlich da waren) daran gehindert wird. Wir reden hier von einem Minderjährigen mit einem Messer gegen mehrere Polizeibeamte. Entweder haben zuvor seine Kollegen versagt oder er hatte eine falsche Position für seine Rolle als absichernder MP-Schütze.

Zitat:Und dem MP Schützen die Eskalation vorzuwerfen kann ich noch weniger nachvollziehen.
Das habe ich auch nicht gesagt. Die Informationen reichen nicht aus, um hier die Fehler individuell zuzuweisen. Sie genügen aber, um solche individuellen Fehler möglich erscheinen zu lassen. Wir reden hier ja nicht wie sonst häufig über ein Video. (Womit wir wieder beim Thema Bodycams wären)

Zitat:Und warum überhaupt diese Idee, dass eine Person die mit einem Messer in der Hand auf Polizisten zuläuft irgendwie am Leben bleiben soll ? Es war ihre Entscheidung dies so zu tun, also muss sie damit rechnen getötet zu werden. Ich kann dies absolut nicht nachvollziehen.
Der Vorwurf ist ja offenbar, dass nicht alles erforderliche getan wurde, diese Person vorab daran zu hindern oder auch der noch stärkere Vorwurf, man habe diese Situation bewusst herbeigeführt.

Natürlich kann es auch sein, dass alles korrekt gelaufen ist, wird sich dann vor Gericht zeigen, dafür gibt es diese Verfahren. Aber die Informationslage liefert schon Anzeichen dafür, dass hier keine besonders gute Polizeiarbeit geleistet wurde, dementsprechend ist es richtig, dass ermittelt wird.
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#53
Da ich mich sehr für alle Arten von Taktiken interessiere noch eine Frage zu diesem Punkt:

Zitat:Es hätte gar nicht zu der Situation kommen dürfen, dass der Angreifer mit Messer auf einen einzelnen Polizisten zuläuft, ohne dass er von anderen Polizisten (die offensichtlich da waren) daran gehindert wird. Wir reden hier von einem Minderjährigen mit einem Messer gegen mehrere Polizeibeamte. Entweder haben zuvor seine Kollegen versagt oder er hatte eine falsche Position für seine Rolle als absichernder MP-Schütze.

Wie soll man so eine Situation denn grundsätzlich verhindern wollen? Wenn der beschließt mit dem Messer loszulaufen, dann läuft er. Und ob dann da mehrere Polizisten sind oder nicht, spielt dafür doch keinerlei Rolle.

Eventuell verstehe ich dich da auch einfach nicht richtig, aber wie sollen mehrere Polizisten verhindern dass er auf einen anderen Polizisten zuläuft ? Ohne sich selbst damit automatisch in Lebensgefahr zu bringen ?

Und Minderjähriger hin oder her, auch Kindersoldaten sind Soldaten und töten. Und der mutmaßlich Minderjährige im vorliegenden Fall war ein nach eigenen Angaben 16 jähriger Senegalese, hier mal ein Bild von ihm:

https://herzberger-fofana.eu/wp-content/...1024-1.jpg

Erwachsene Männer hin oder her, willst du wirklich hier propagieren man solle zu mehreren auf einen mit einem Messer bewaffneten Angreifer zugreifen ?! Wie soll das praktisch funktionieren ohne dass ein sehr hohes Risiko dafür besteht dass einer oder mehrere der Polizisten mit dem Messer verletzt werden ?

Beschließend noch rein persönlich: wenn der da sitzt und sich dass Messer gegen den eigenen Körper richtet, würde ich einfach gar nichts tun, erstmal Abstand nehmen und abwarten. Und wenn er sich selbst aufschlitzt, verliert er über kurz oder lang das Bewusstsein und man schafft ihn per bereits bereit stehendem Notarzt in den Schockraum und operiert ihn. Und Stiche in die Herzgegend etc. kann man so oder so nicht verhindern und ihn dann auch so oder so nicht mehr retten.

Wozu also überhaupt ein Zugriff? Soll er sich doch aufschneiden, was ich nicht einmal glaube, dass er dies ernsthaft tun würde bzw. getan hätte. Meiner rein persönlichen Meinung nach und aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen mit diesem Personenkreis hat er das ganze Getue hier nur als Theater vorgespielt um zu verhindern dass die Polizei ihn mitnimmt.

Ich würde also zuwarten, und wenn er sich auch nach etlicher Zeit nicht aufschneidet, würde ich es mir durchaus zutrauen mit einer Langwaffe ihm gezielt die Hand zu zerschießen bei den kurzen Distanzen, wenn er diese mal gerade nicht bewegt. Ich bin mir ziemlich sicher dass ich das präzise könnte und dann könnte er entsprechend sich mit dieser Hand auch nicht mehr selbst töten, und der entsprechende Schmerzreiz dürfte ihn auch sonst nicht weiter handlungsfähig machen.

Ich verstehe einfach dieses ganze Gerede von Verhältnismässigkeit, von Angemessenheit der Mittel und von angeblich notwendiger Zurückhaltung nicht. Wir haben hier einen jungen Mann mit einem Messer, so einfach ist das meiner Ansicht nach. Er steht auf und läuft auf andere zu, damit bedroht er deren Leben. Damit ist es meinem Rechtsverständnis nach in jedem Fall verhältnissmässig ihn zu töten. Und es komme mir da keiner mit Schüssen auf das Bein bei einem sich bewegenden Angreifer.
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#54
(19.02.2023, 00:16)Quintus Fabius schrieb: Ich verstehe einfach dieses ganze Gerede von Verhältnismässigkeit, von Angemessenheit der Mittel und von angeblich notwendiger Zurückhaltung nicht.
Und deswegen werden meine Ausführungen auch für dich nie Sinn ergeben. Weil für dich einige Aspekte der hiesigen Polizeiarbeit nicht nachvollziehbar sind. Das Gegenüber ist im einfachen Polizeidienst nicht der Feind, sondern derjenige, den es zu schützen gilt, auch dann noch, wenn von ihm selbst die eigentliche Gefahr ausgeht. Und ein Jugendlicher mit Waffe muss als allererstes vor sich selbst geschützt werden, zumindest nachdem eine Gefährdung Unbeteiligter ausgeschlossen wurde.

Zitat:Wie soll man so eine Situation denn grundsätzlich verhindern wollen? Wenn der beschließt mit dem Messer loszulaufen, dann läuft er. Und ob dann da mehrere Polizisten sind oder nicht, spielt dafür doch keinerlei Rolle.
Es ist -wie gesagt- schwierig, eine Situation zu beurteilen, über die man so gut wie keine Informationen hat. Aber an sich sollte es ab einer Zahl von drei Polizisten immer möglich sein, eine Aufstellung einzunehmen, in der nur einer frontal vor dem Angreifer steht und mindestens ein weiterer entweder seitlich versetzt hinter ihm oder -falls das nicht möglich ist- auf beiden Seiten jeweils einer. Geht der Angreifer nun gegen einen der drei vor, ergibt sich zwangsläufig eine Situation, in der ein anderer Polizist ihn von hinten überwältigen kann. Bei einer seitlichen Aufstellung erreicht man das, indem man die Aufmerksamkeit des Angreifers gezielt in die eine Richtung lenkt, so dass der andere Kollege dann im Rücken des Angreifers ist. Bei einem Messer kann dieses Ablenken bspw. durch Einsatz des Teleskopschlagstocks erfolgen. Der Zugreifende sollte Kevlarhandschuhe tragen. Das sollte aber in einem solchen Einsatz selbstverständlich sein.

Dafür muss natürlich die Ausbildung vorhanden sein, das Team muss funktionieren und die Reaktionsfähigkeit muss vorhanden sein. Aber das setze ich einfach voraus bei Profis. Vielleicht erwarte ich da auch einfach zu viel.

Zitat:Ohne sich selbst damit automatisch in Lebensgefahr zu bringen ?
Diese Gefahr ist Teil des Berufs. Natürlich hat Eigensicherung einen gewissen Vorrang, aber ganz ohne Risiko kann man den Job nicht machen.

Zitat:willst du wirklich hier propagieren man solle zu mehreren auf einen mit einem Messer bewaffneten Angreifer zugreifen ?!
Ja, das ist der Auftrag. Und wenn man die richtige Ausbildung dafür hat, dann kann man das auch, ohne sich dabei über die Maßen selbst zu gefährden.

Zitat:Beschließend noch rein persönlich: wenn der da sitzt und sich dass Messer gegen den eigenen Körper richtet, würde ich einfach gar nichts tun, erstmal Abstand nehmen und abwarten.
Das kannst du nicht immer so machen. Es sei denn, du hast die Chance, in Ruhe psychologisch auf die Person einzuwirken. Daher ja der Vorwurf, man hätte entsprechende Fachkräfte hinzuziehen müssen, statt einzugreifen. Es handelte sich hier aber um eine Jugendeinrichtung im Problemkiez. Hast du da einen langwierigen Einsatz dieser Art, sammeln sich alle möglichen Gestalten um dich herum, die dir nicht wohl gesonnen sind. Der Faktor Zeit stellt da ein eigenes Eskalationspotential dar. (Daher vermutlich auch der Vorwurf gegen den Dienstgruppenleiter, weil dieser seine Leute angehalten haben wird, die Lage schnell zu beenden) Hinzu kommt, dass du auch die notwendige Konzentration und Reaktionsfähigkeit selbst nicht allzu lange aufrecht erhalten kannst. Je länger so ein Einsatz dauert, desto gefährlicher wird er.

Zitat:Wozu also überhaupt ein Zugriff? Soll er sich doch aufschneiden, was ich nicht einmal glaube, dass er dies ernsthaft tun würde bzw. getan hätte.
Tut er es aber doch, sind die Polizisten genauso verantwortlich, weil es ihre Aufgabe gewesen wäre, das zu verhindern. Die Anklage wäre dann zwar nicht Totschlag, aber unterlassene Hilfeleistung im Dienst.

Zitat:Meiner rein persönlichen Meinung nach und aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen mit diesem Personenkreis hat er das ganze Getue hier nur als Theater vorgespielt um zu verhindern dass die Polizei ihn mitnimmt.
Vermutlich hast du damit recht. Das macht es zwar noch bitterer, ändert aber eigentlich sonst nichts.

Zitat:Ich würde also zuwarten, und wenn er sich auch nach etlicher Zeit nicht aufschneidet, würde ich es mir durchaus zutrauen mit einer Langwaffe ihm gezielt die Hand zu zerschießen bei den kurzen Distanzen, wenn er diese mal gerade nicht bewegt.
Der Vorwurf wäre noch viel härter, wenn ein Polizist einem Jugendlichen die Hand wegschießt, der in dem Moment nur sich selbst und niemand anderen gefährdet hat. Hier wurden ja nur Pfeffer und Taser eingesetzt und das landet vor Gericht.

Zitat:Ich bin mir ziemlich sicher dass ich das präzise könnte und dann könnte er entsprechend sich mit dieser Hand auch nicht mehr selbst töten, und der entsprechende Schmerzreiz dürfte ihn auch sonst nicht weiter handlungsfähig machen.
Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mit den richtigen zwei Kollegen an meiner Seite den Vorfall ohne Schwerverletzte hätte beenden können. Aber uns hat halt beide keiner dazu gerufen. Big Grin (Wobei ich wohnortbedingt deutlich schneller da gewesen wäre als du. Tongue)

Zitat:Wir haben hier einen jungen Mann mit einem Messer, so einfach ist das meiner Ansicht nach. Er steht auf und läuft auf andere zu, damit bedroht er deren Leben. Damit ist es meinem Rechtsverständnis nach in jedem Fall verhältnissmässig ihn zu töten.
Ja, in dem Moment wird es das wohl auch gewesen sein. Die Frage ist ja auch vielmehr, ob es zu dieser Situation überhaupt erst hätte kommen müssen.

Du sagst selbst, man hätte ihn da sitzen lassen sollen. Falls die Situation das erlaubt haben sollte, dann war der Fehler, dass man zugegriffen hat ohne eine ausreichende Absicherung, ein Verhandlungsteam o.ä.
War die Situation aber so, dass man eingreifen musste, dann hat man das offensichtlich nicht ausreichend vorbereitet, nicht die notwendigen Positionen eingenommen, um zu verhindern, dass er überhaupt angreifen kann.
Oder die Situation war so, dass niemand es hätte verhindern können und alle Polizisten haben korrekt gehandelt.
Alle drei Fälle sind absolut plausibel. Wir wissen es einfach nicht. Deswegen ist jede Schlussfolgerung bei dieser Informationslage unangemessen, sei sie nun für oder gegen die Polizisten.
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#55
Dies ist noch so ein Fall, den man in den vorangegangenen, geschilderten Vorfall einbinden könnte. Allerdings verstehe ich hier bei diesem Bsp. den Ablauf nicht so ganz.
Zitat:Berlin

Polizei schießt auf bewaffnete Frau im Hauptbahnhof [...]

Die Bundespolizei hat am Samstagnachmittag im Berliner Hauptbahnhof auf eine mutmaßliche Ladendiebin geschossen. Nach rbb-Informationen hielt sich die polizeibekannte junge Frau mit mehreren Messern bewaffnet in einer Drogerie-Filiale auf. Demnach setzte die Polizei erst Reizgas ein, bevor sie auf die Frau schoss. Sie wurde verletzt, schwebt aber nicht in Lebensgefahr, wie es heißt. Durch das Reizgas wurden weitere Menschen verletzt. [...]

Die Bundespolizei sei gegen 14 Uhr von einem Geschäft darüber informiert worden, dass der Ladendetektiv eine junge Frau bemerkt habe, die dort etwas gestohlen habe. Er habe sie daraufhin bis zum Eintreffen der Polizei in dem Drogeriemarkt festhalten können.

Einem Polizeisprecher zufolge stellten die Polizisten ein Messer bei der Jugendlichen fest und sie forderten sie auf, es wegzulegen. Sie sei mit dem Messer aber auf die Einsatzkräfte losgegangen. Daraufhin hätten die Polizisten Reizgas eingesetzt, ein Beamte habe dann auch geschossen. Die mutmaßliche Ladendiebin sei an der Hand getroffen und ins Krankenhaus gebracht worden, sagte der Polizeisprecher.
https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/20...ndieb.html

Also ein Ladendetektiv stellt eine Diebin und hält sie fest (?), bis die Polizei eintrifft (vermutlich die klassischen Patrouillen von drei, vier Beamten). Diese stellt dann ein Messer fest - hatte sie das vorher schon in der Hand, als der Detektiv sie noch festhielt? -, das sie weglegen solle. Die junge Frau ging dann mit dem Messer auf die Polizei los - und obwohl man das Messer schon vorher festgestellt hatte und sie irgendwie festgehalten wird, konnte sie das anscheinend immer noch. Darauf wurde wohl ziemlich hektisch Reizgas eingesetzt, durch das andere Passanten auch in Mitleidenschaft gezogen wurden. Und dann hat man der Frau in die Hand geschossen.

Also für mich wirkt das alles hektisch und wirr. Auf den ersten Blick ist einzig die Leistung des Schützen geradezu bemerkenswert: Inmitten eines Durcheinanders von vermutlich mindestens fünf Personen mit Gerangel, Geschrei, Reizgas und Unübersichtlichkeit, feuert er der sehr wahrscheinlich wild fuchtelnden Frau in die Hand, die das Messer hält (vermutlich war es die Hand, die das Messer führte). Da die Kugel die Hand mit Sicherheit durchschlagen hat, grenzt es an ein Wunder, dass keine anderen Passanten getroffen wurden oder aber die junge Frau selbst auch keine weitere, ggf. auch tödliche Verletzung erlitten hat.

Kann aber auch sein, dass dieser Schuss mit arg viel Glück ein Zufallstreffer war und nur aufgrund von noch mehr Dusel niemand anderes getroffen wurde.

Schneemann
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#56
Das war garantiert ein reiner Zufallstreffer. Selbst wenn sie still gehalten hätte ist das gar nicht so leicht und bedarf besserer Schiessfähigkeiten als sie Polizisten normalerweise so haben.

Broensen:

Du hast Recht, ich kann das nur sehr schwer nachvollziehen.

Ich halte zudem weiterhin die von dir beschriebene Vorgehensweise mit einer flankierenden L-Stellung für viel zu Risikoreich.
Ich mach seit Jahren Messerkampf. Nur Schnittschutzhandschuhe sind da meiner Ansicht nach völlig unzureichend, das Risiko halte ich für inakzeptabel hoch und daher für völlig unzumutbar. Allenfalls mit einem Kettenhemd, was ja Sondereinheiten der Polizei meiner Kenntnis nach haben.

Zudem besteht meiner Ansicht nach ein deutlicher Unterschied zwischen kein Risiko und einem zu hohen Risiko. Das Polizisten ein Risiko eingehen müssen ist klar, aber man kann doch nicht ernsthaft eine hohe Gefährdung des eigenen Lebens fordern um einen Messerangreifer zu retten ?!

Ein Teleskopschlagstock als Einsatzmittel ist hier meiner Meinung nach zu kurz und daher hier auch nicht praktikabel.

Aber ich hätte noch eine Idee: eine halbautomatische Flinte oder eine Granatpistole mit nicht letaler Munition. Warum hat man Taser aber keine Flinten? Meiner Meinung nach wären Flinten ganz allgemein für die Polizei sehr nützlich. Pro Wagen 1 MP und 1 halbautomatische Flinte mit Magazin. Mit Magazin um verschiedene Munition schnell wechseln zu können.

Hochinteressant fand ich deine Aussagen zur Zeitproblematik unter dem Aspekt das sich dann problematische Klientel sammelt. Wie hat man sich das vorzustellen?! Wie kann man sowas überhaupt tolerieren und trotz solcher anscheinend zunehmend rechtsfreien Räume von alleiniger Staatsgewalt und Rechtsstaat sprechen ? Alle die da kommen und angreifen niedermachen und wegen schweren Landfriedensbruchs u.a. viele Jahre ins Gefängnis und so ein Spuk würde nur noch einmal stattgefunden haben. Ich kann dieses ganze Verhalten und Vorgehen von Polizei und Staat gegenüber Gewaltkriminellen nicht mehr nachvollziehen. Der Staat delegitimiert sich dadurch nur immer weiter und weiter.
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#57
(19.02.2023, 07:58)Schneemann schrieb: Also ein Ladendetektiv stellt eine Diebin und hält sie fest (?), bis die Polizei eintrifft (vermutlich die klassischen Patrouillen von drei, vier Beamten). Diese stellt dann ein Messer fest - hatte sie das vorher schon in der Hand, als der Detektiv sie noch festhielt? -, das sie weglegen solle. Die junge Frau ging dann mit dem Messer auf die Polizei los - und obwohl man das Messer schon vorher festgestellt hatte und sie irgendwie festgehalten wird, konnte sie das anscheinend immer noch.
Der Ladendetektiv hält die Person nur fest, darf sie aber nicht durchsuchen, wenn diese das verweigert. Dementsprechend kann es durchaus sein, dass sie ein Messer unbemerkt in der Tasche hatte und es erst bei der Durchsuchung durch die Polizei gezogen hat. Und ganz wichtig: das ganze geschieht vermutlich in sehr beengten Räumlichkeiten. Da ist das schon alles plausibel.

Zitat:Darauf wurde wohl ziemlich hektisch Reizgas eingesetzt, durch das andere Passanten auch in Mitleidenschaft gezogen wurden. Und dann hat man der Frau in die Hand geschossen.
Da steht nichts von Passanten. Der Laden ist groß genug (Rossmann, eigener Ladendetektiv) um über Nebenräume zu verfügen. Mit Sicherheit hat sich der Vorfall dort abgespielt. Also kann sich das eigentlich nur auf Personal des Ladens bezogen haben, dass sich mit im Raum befunden hat. Und auch die präzisen Reizstoffsprühgeräte verspritzen auf kurze Entfernung einiges an Reizstoff in Tropfenform, wenn der ballistische Strahl von einer Oberfläche abprallt.

Zitat:Also für mich wirkt das alles hektisch und wirr.
Das wird es auch gewesen sein. Klingt nach einer extrem kurzen Eskalationszeit von wenigen Sekunden. Auffinden des Messers - Flucht- und Kampfreflex - Einnahme der Abwehrposition auf engem Raum - Waffeneinsatz, womöglich Schuss+Spray gleichzeitig von unterschiedlichen Polizisten.

Zitat:Auf den ersten Blick ist einzig die Leistung des Schützen geradezu bemerkenswert: Inmitten eines Durcheinanders von vermutlich mindestens fünf Personen mit Gerangel, Geschrei, Reizgas und Unübersichtlichkeit, feuert er der sehr wahrscheinlich wild fuchtelnden Frau in die Hand, die das Messer hält (vermutlich war es die Hand, die das Messer führte). Da die Kugel die Hand mit Sicherheit durchschlagen hat, grenzt es an ein Wunder, dass keine anderen Passanten getroffen wurden oder aber die junge Frau selbst auch keine weitere, ggf. auch tödliche Verletzung erlitten hat.
Gar nicht so abwegig. Großer Schütze - kleine Ladendiebin - kurze Distanz. Wenn sie die Messer (sie hatte ja mehrere) auch nicht hoch vor sich hält, sondern z.B. eins davon leicht gesenkt seitlich, um eine Rundumdrohung herzustellen, dann kann das durchaus funktionieren, dass ein Polizist aus 1-2m Entfernung ihr in die Hand schießt, ohne dass dahinter Personen gefährdet worden wären. Vielleicht wurde Sie auch gar nicht getroffen, sondern lediglich vom Mündungsfeuer auf die kurze Distanz verletzt. Oder in der Hand war in dem Moment kein Messer, aber sie hat nach seiner Waffe gegriffen. Es gibt da schon einige Möglichkeiten. Man glaubt gar nicht, auf wieviel abstruse Arten sowas ablaufen kann.

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(19.02.2023, 10:58)Quintus Fabius schrieb: Ich halte zudem weiterhin die von dir beschriebene Vorgehensweise mit einer flankierenden L-Stellung für viel zu Risikoreich.
Ich mach seit Jahren Messerkampf. Nur Schnittschutzhandschuhe sind da meiner Ansicht nach völlig unzureichend, das Risiko halte ich für inakzeptabel hoch und daher für völlig unzumutbar.
Ich hab's so gelernt. Und habe die Polizei so kennengelernt, dass sie eher dieses Risiko eingehen, als dass sie jemanden erschießen, schon gar nicht einen Jugendlichen, der sich mehr selbst bedroht als andere. Schon allein, um nicht hinterher damit leben zu müssen.

Zitat:Zudem besteht meiner Ansicht nach ein deutlicher Unterschied zwischen kein Risiko und einem zu hohen Risiko. Das Polizisten ein Risiko eingehen müssen ist klar, aber man kann doch nicht ernsthaft eine hohe Gefährdung des eigenen Lebens fordern um einen Messerangreifer zu retten ?!
Das ist dann halt der situative Ermessensspielraum der Beamten. Den können wir aber mangels Infos nicht gut einschätzen.

Zitat:Ein Teleskopschlagstock als Einsatzmittel ist hier meiner Meinung nach zu kurz und daher hier auch nicht praktikabel.
Ich habe den zwecks Ablenkung des gegenüber ins Spiel gebracht und dafür kann man ihn ohne erhöhte Eigengefährdung einsetzen.

Zitat:Aber ich hätte noch eine Idee: eine halbautomatische Flinte oder eine Granatpistole mit nicht letaler Munition. Warum hat man Taser aber keine Flinten? Meiner Meinung nach wären Flinten ganz allgemein für die Polizei sehr nützlich. Pro Wagen 1 MP und 1 halbautomatische Flinte mit Magazin. Mit Magazin um verschiedene Munition schnell wechseln zu können.
Ja, generell sinnvoll. Du hattest dich aber selbst schon über die Taser gewundert. Ein Jugendlicher, der sich mit einem Messer selbst gefährdet ist nicht unbedingt ein Einsatz, bei dem direkt besondere Waffen hinzugezogen werden. Allerdings ist hier ja auch der Vorwurf, dass man eben nicht die angemessenen Einsatzmittel gewählt hat. Nicht-letale Munition hätte hier durchaus ein solches sein können.
Inwieweit sowas inzwischen bei den Deutschen Polizeien Anwendung findet, entzieht sich meiner Kenntnis.

Zitat:Hochinteressant fand ich deine Aussagen zur Zeitproblematik unter dem Aspekt das sich dann problematische Klientel sammelt. Wie hat man sich das vorzustellen?! Wie kann man sowas überhaupt tolerieren und trotz solcher anscheinend zunehmend rechtsfreien Räume von alleiniger Staatsgewalt und Rechtsstaat sprechen ? Alle die da kommen und angreifen niedermachen und wegen schweren Landfriedensbruchs u.a. viele Jahre ins Gefängnis und so ein Spuk würde nur noch einmal stattgefunden haben. Ich kann dieses ganze Verhalten und Vorgehen von Polizei und Staat gegenüber Gewaltkriminellen nicht mehr nachvollziehen. Der Staat delegitimiert sich dadurch nur immer weiter und weiter.
Bitte eine Nummer kleiner. Das hat nichts mit rechtsfreien Räumen zu tun. Schaulustige tauchen überall auf. Aber in Problem-Bezirken steigt die Wahrscheinlichkeit an, dass unter diesen Schaulustigen Freunde und Verwandte sind, die sich solidarisch mit dem polizeilichen Gegenüber zeigen und ihm zur Hilfe kommen wollen. Das muss noch nicht einmal gewalttätig passieren, da reicht schon eine aufgebrachte Freundin, die heulend zu ihm laufen will und dadurch direkt ein oder zwei Polizisten bindet, die dann nicht mehr für den eigentlichen Einsatz zur Verfügung stehen. Wenn dann noch der Bruder dieser Freundin dabei ist und sie vor der Polizei beschützen will, hat man als Polizei direkt all die Optionen verloren, die ich vorher für einen Zugriff angeführt hatte, weil sie alle auf der Überzahl der Polizeikräfte basieren. Das ist eine simple Eskalationskette, die bei jedem Einsatz vorkommen kann, sich aber in einigen Vierteln schneller einstellt als in anderen. Und gerade eine Jugendeinrichtung ist hier prädestiniert für sowas, stellt aber sicher keinen rechtsfreien Raum dar.
Die Dortmunder Nordstadt war schon immer ein hartes Pflaster, ist aber nicht zu vergleichen mit manchen Vierteln von Berlin, Frankfurt, Duisburg etc.
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#58
Broensen:

Zitat:Ich hab's so gelernt. Und habe die Polizei so kennengelernt, dass sie eher dieses Risiko eingehen, als dass sie jemanden erschießen, schon gar nicht einen Jugendlichen, der sich mehr selbst bedroht als andere. Schon allein, um nicht hinterher damit leben zu müssen.

Das ist auch so ein Aspekt. Man überhöht es heute so dermaßen, wenn jemand getötet wird. Das ist zuvorderst auch eine kulturelle Frage, und zweifelsohne gibt es Menschen die dann daraus erwachsend erhebliche psychische Probleme haben. Aber ob sie solche entwickeln und in welchem Umfang hängt erneut wieder davon ab, wie damit umgegangen wird und von der Kultur. Man züchtet heute PTBS regelrecht, schafft lauter Erwartungshaltungen dass eine Traumatisierung die Folge sein muss und entsprechend wird das immer mehr zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung.

Hab mal ein Buch von einer Polizistin gelesen die zwei Menschen erschossen hat. Das war dahingehend sehr interessant, wie sich dies psychologisch bei ihr auswirkte (hin zur Arbeitsunfähigkeit), vor allem aber weil es mein Eindruck war, dass diese Folge eben nicht zwingend so hätte sein müssen. Der ganze Umgang damit durch die Vorgesetzen - dieses ganze pseudowissenschaftliche Psychologengedöns, überhaupt Psychologen an sich und ihre bizarren und realitätsfremdne Vorstellungen und Sichtweisen sind meiner Überzeugung nach hier mehr das Problem als der eigentliche Vorgang. Wir züchten hier regelrecht geistige Schwäche, Vorab-Unterwerfung, Feigheit und Traumatisierung. Bei der Bundeswehr genau das gleiche, diese ganze heutige Art wie viele junge Soldaten sich diesbezüglich gebährden, was sie dazu von sich geben und was für eine Einstellung und was für Vorstellungen sie da haben, ist mir so dermaßen Fremd geworden.

Zitat:ich habe den zwecks Ablenkung des gegenüber ins Spiel gebracht und dafür kann man ihn ohne erhöhte Eigengefährdung einsetzen.

Da ich mich sehr für Nahkampftechniken aller Art interssiere: wie genau würdest du den Teleskopschlagstock hier einsetzen ? Wie exakt lenkt man damit ab? Und wie würdest du dann technisch hier weiter verfahren ? Zugriff von einem Beamten von der Seite bzw. Schräg hinten auf das Messer bzw. den Messerarm (Schnittschutzhandschuhe)? Diesen / dieses dann packen und nicht mehr loslassen ?! Dem folgend reißt ein anderer Beamter den Gegner am Kopf um zu Boden ?! Wäre beispielsweise eine Idee wie ich mir das vorstellen könnte.

Zitat:in Problem-Bezirken steigt die Wahrscheinlichkeit an, dass unter diesen Schaulustigen Freunde und Verwandte sind, die sich solidarisch mit dem polizeilichen Gegenüber zeigen und ihm zur Hilfe kommen wollen. Das muss noch nicht einmal gewalttätig passieren, da reicht schon eine aufgebrachte Freundin, die heulend zu ihm laufen will und dadurch direkt ein oder zwei Polizisten bindet, die dann nicht mehr für den eigentlichen Einsatz zur Verfügung stehen. Wenn dann noch der Bruder dieser Freundin dabei ist und sie vor der Polizei beschützen will, hat man als Polizei direkt all die Optionen verloren, die ich vorher für einen Zugriff angeführt hatte, weil sie alle auf der Überzahl der Polizeikräfte basieren. Das ist eine simple Eskalationskette, die bei jedem Einsatz vorkommen kann, sich aber in einigen Vierteln schneller einstellt als in anderen. Und gerade eine Jugendeinrichtung ist hier prädestiniert für sowas, stellt aber sicher keinen rechtsfreien Raum dar.

Und warum können die es sich leisten sich derart zu gebärden? Heulend einfach irgendwo dazwischen laufen, jemanden vor der Polizei beschützen usw? Weil die Staatsgewalt nicht durchgesetzt wird und viel zu lange nicht richtig durchgesetzt wurde.

https://dejure.org/gesetze/StPO/164.html

Recht muss durchgesetzt werden, dass geht in der heutigen Polizei irgendwie immer mehr verloren. Stattdessen sollen Polizeibeamte nur noch reden und reden und reden, Kommunikation und Konfliktbewältigung statt Gewalt, Sozialarbeiter und Sozialpsychologen in Uniform die nur noch sozusagen nebenbei rein wie zufällig eine Feuerwaffe führen. Und begründet wird dies argumentativ damit, dass ja ansonsten Gewalt die Folge wäre.

Und es wird von Grund auf nicht mehr verstanden, dass es dieser Gewalt bedarf, und dass diese nicht eingesetzt werden muss, wenn sie als ernsthaftes Drohpotential im Raum steht. Es ist diese fehlende ernsthafte Drohung die nicht mehr vorhanden ist und / oder zunehmend erodiert.

Viele Polizeibeamte gehen heute trotzdem diesen Weg in den Zerfall der staatlichen Ordnung mit, weil sie ansonsten selbst die Leidtragenden wären und ihre Vorgesetzten und die Justiz ihnen in den Rücken fallen. Somit verstärkt sich diese totale Fehlentwicklung fortwährend.

Polizeibeamte sollten eben keine Sozialarbeiter und Sozialpsychologen sein, sondern das Recht durchsetzen. Und dies nicht indirekt durch Einfühlungsvermögen und Gerede und vor allem diese widerliche Anbiederei. sondern als Staatsgewalt durch das Potential möglicher Gewalt bis hin zu tödlicher Gewalt.

Meiner Überzeugung nach degradiert zur Zeit die Situation in so vielen deutschen Großstädten deshalb, weil dieses Potential praktisch nicht mehr vorhanden ist und die Polizeibeamten in keinster Weise mehr wirklich ernst genommen werden können. Sie werden wie das Justizsystem und diese ganze Bundesrepublik einfach nur noch als Witzfiguren, Schwächlinge und Opfer wahrgenommen. Und genau darin liegt das Problem.

Ich halte deshalb gar nichts davon, sich noch mehr bei Antisozialen und gesellschaftsfeindlichen Gruppen anzubiedern, noch mehr zu Reden und zu Reden und ständig gewaltlose Lösungen zu suchen. Als ob Gewalt in jedem Fall schlecht wäre und unter allen Umständen vermieden werden müsste. Stattdessen müsste man meiner Meinung nach mehr und deutlichere Gewalt anwenden. Alles andere sind Illusionen irgendwelcher Luxusgrüninnnen die sich selbst in ihren zukünftigen Gated Communities immer noch der Realität verweigern werden.

Stattdessen stehen heute bei einem einzigen lächerlich kleinen und dünnen Eriträer der im Bahnhof vor meinen Augen die Identitätsfeststellung verweigert weil er Schwarzgefahren ist nicht weniger als 8 Beamte herum, von denen der größte Teil nur darauf wartet dass noch irgendein höherrangiger Beamter kommt um irgendwas zu entscheiden. der Rest die ganze Zeit nur beruhigend auf ihn einredet, die meisten mit ihren ach so tollen Bodycams filmen und damit schon ausgelastet sind und niemand handelt, während sie alle nur verarscht und bis zum geht nicht mehr vorgeführt werden. Der Deeskalationsgedanke wird heutzutage derart überhöht und in übertriebenen Extremata praktiziert, dass sich die Polizei damit alles selbst verbaut und die Probleme welche sie da beklagt in Wahrheit selbst züchtet.

Oder wie es ein eloquenter Orientale nebenmir ausdrückte: Schau dir mal die Opferbullen an !

Ein weiterer Aspekt der sich daraus ergibt und den ich noch beschließend betonen will ist die rein praktisch-handwerkliche Gewaltunfähigkeit der meisten Polizeibeamten, die viel zu wenig im Waffenlosen und Bewaffneten Kampf geschult werden und die viel zu geringe Schießkenntnisse haben. Es ist immer wieder verblüffend zu sehen, wie schlecht viele Polizisten im Nahkampf sind, wie wenig sie selbst weit unterlegene Gegner nicht in den Griff bekommen und was sie dabei alles falsch machen, wie sie hilflos an anderen Personen herumziehen und herumzerren ohne Plan, ohne Sinn und Verstand und ohne irgend etwas zu erreichen. Und wo und wenn sie sich überhaupt durchsetzen, dann nur noch bizarre Übermacht und bloße Masse. Sobald einer von ihnen auch nur alleine wäre oder nur zu zweit, würden sie meist schon einfachen Straßenschlägern unterliegen.

Und das bringt mich auf den wichtigsten Punkt:

Ich finde es sehr beeindruckend, dass du hier eine waffenlose Entwaffnung des Jugendlichen mit Messer mit Kevlarhandschuhen durchführen könntest. Das schreibst du so nebenbei, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass dies extrem anspruchsvoll ist und sehr viel geübt werden muss. Und exakt diese Übung, exakt diese Befähigung haben die meisten Polizisten meiner Ansicht nach nicht. Die haben abgesehen von BFE Einheiten etc. nicht dein Niveau, nicht dein Können. Sie können also nicht so gut kämpfen und zugreifen wie du und aus eigener Anschauung kann ich dir versichern, dass sie nicht ansatzweise so gut schießen können wie es notwendig wäre.

Und die Ausrüstung (Pfeffer, Tele etc) kompensiert dies nur unzureichend.

Allein schon wenn ich sehe, wie junge Polizisten mit dem Teleskopschlagstock hantieren, wie sie damit schlagen und wohin muss ich fast lachen. Kurz und einfach: den Beamten fehlen die Kenntisse und die praktischen Fähigkeiten für eine solche Situation. Ein waffenloser Zugriff wie von dir beschrieben verbietet sich daher meiner Überzeugung nach, dass endet nur mit abgestochenen Polizeibeamten.

Die zwingende Schlussfolgerung daraus ist, einen solchen Fall erstmal abzustellen, die Person so einzukessenln dass keine mobile Lage entstehen kann, und dann spezialisierte Zugriffskräfte zu holen, beispielsweise eine BFE Einheit mit einem Kettenhemd etc. Und etwaige Störer dürfte es so gar nicht geben, da es sie aber gibt, muss man gegen sie entschieden vorgehen. Entsprechend benötigt man mehr Beamte. Rein persönlich würde ich bei einem Fall wie dem vorliegenden einen Zug für notwendig halten, also ungefähr 30 Mann um tatsächlich alles vollständig abriegeln, kontrollieren und gesichert abarbeiten zu können.

Aber: auch dann kann der entscheiden nun loszugehen und auf die Absperrung durch die Beamten zuzugehen. Und dann muss er erschossen werden, alles andere macht einfach real praktisch keinen Sinn, solange man noch keine besonders befähigten Polizisten mit Fähigkeiten gleich den deinen und denen deiner Kollegen vor Ort hat.

Und dies als Totschlag zu werten, erachtet ich als genau die Fehlentwicklung, welche die Polizeien in ganz Deutschland immer noch weiter handlungsunfähig macht, bis dahin, dass sie ihren gesetzlichen Auftrag in Wahrheit nicht mehr oder nicht mehr ausreichend erfüllen werden.
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#59
(21.02.2023, 18:45)Quintus Fabius schrieb: wie genau würdest du den Teleskopschlagstock hier einsetzen ? Wie exakt lenkt man damit ab? Und wie würdest du dann technisch hier weiter verfahren ? Zugriff von einem Beamten von der Seite bzw. Schräg hinten auf das Messer bzw. den Messerarm (Schnittschutzhandschuhe)? Diesen / dieses dann packen und nicht mehr loslassen ?! Dem folgend reißt ein anderer Beamter den Gegner am Kopf um zu Boden ?! Wäre beispielsweise eine Idee wie ich mir das vorstellen könnte.
Ohne zusätzliche Informationen über die Situation kann ich dir das nicht sicher beantworten, aber dein Ansatz wäre ein sehr gut vorstellbarer. Den Teleskopstock würde man von der einen Seite als Schlagwaffe gegen den messerführenden Arm einsetzen. Dabei auch ruhig das Gegenüber offen mit dem Angriff konfrontieren, z.B. durch das demonstrative Ausfahren des Stocks mit dem typischen Geräusch. Denn es geht gar nicht darum, den Arm auch zu treffen, sondern es muss lediglich eine Reaktion provoziert werden. Um nicht getroffen zu werden muss das Gegenüber zumindest den Arm in eine andere Position bewegen und seine Aufmerksamkeit auf den schlagenden Polizisten richten. Da der zweite Polizist darauf vorbereitet ist -Abstimmung per Augenkontakt muss in so einem Team unbedingt funktionieren- kann dieser dann den Zugriff von der anderen Seite durchführen, während das Gegenüber dem Schlag ausweicht und sich auf dessen Angriffsrichtung fokussiert. Und dann natürlich den Messerarm fixieren und das Gegenüber zu Boden bringen. Mit ein bisschen Übung bekommt man den Arm auch beim zu Boden bringen so verdreht, dass das Messer automatisch rausfällt.
Alternativ kann auch der zweite Polizist ebenfalls zuschlagen, aber dann mit zuvor verdeckt gehaltenen Stock unangekündigt von hinten gegen die Knöchel, um die Mobilität zu unterbinden. Idealerweise mit Tonfa statt Tele.

Bei mir waren es in der Praxis übrigens eher mal abgeschlagene Flaschen als Messer. Der Vorgang ist aber der gleiche.
Das geht aber natürlich alles nur dann, wenn man ein Gegenüber hat, das nicht im Kampf mit der Waffe geübt ist. Das muss einem klar sein und das muss man erkennen. Gegen einen offensichtlich geübten Angreifer mit Messer geh' ich garantiert nicht vor. Aber das erkennt man auch mit ein bisschen Erfahrung. Und der wird dann auch zurecht erschossen. Wer weiß, was er tut, muss auch mit den Konsequenzen leben. Oder halt eben nicht mehr. Nach einem solchen Fall klingt die Beschreibung des Vorfalls aber nicht.

Zitat:Und warum können die es sich leisten sich derart zu gebärden? Heulend einfach irgendwo dazwischen laufen, jemanden vor der Polizei beschützen usw? Weil die Staatsgewalt nicht durchgesetzt wird und viel zu lange nicht richtig durchgesetzt wurde.
Nee, das kann man nicht verhindern. Schau dir doch an, wie die Leute in den Videos aus den USA in Polizeikontrollen reagieren, obwohl sie andauernd dafür erschossen werden.

Teilweise kann man das vielleicht für Einsätze bei Demonstrationen feststellen, in denen häufig aus einer falsch verstandenen Deeskalationslogik heraus zu viel zugelassen wird, was dann erst recht zur Eskalationen führen kann.

Zitat:Recht muss durchgesetzt werden, dass geht in der heutigen Polizei irgendwie immer mehr verloren.
Das habe ich so nie erlebt. Meine aktive Zeit ist jetzt allerdings auch schon seit einem Jahrzehnt beendet. Aber bei uns hatten die Kollegen immer ein angemessenes Verständnis davon, was man durchgehen lassen kann und was nicht. Und die haben sich auch Respekt verschafft, wenn das erforderlich war.

Zitat:Allein schon wenn ich sehe, wie junge Polizisten mit dem Teleskopschlagstock hantieren, wie sie damit schlagen und wohin muss ich fast lachen.
Da muss ich allerdings insofern recht geben, dass die meisten Einsätze von Schlagstöcken, die man so zu sehen bekommt, zu kritisieren sind. Die sind aber größtenteils in den Hundertschafts-Einsätzen, wo dann das Gros der Polizisten noch Anfänger sind. Ich weiß nicht, wie das bei euch ist, aber hier kenn ich es so, dass die Anwärter nach der Uni erstmal ein Jahr mit auf Streife fahren und dann für drei Jahre zur Hundertschaft gehen. Die haben einfach noch nicht die nötige Erfahrung und Ruhe. Bei denen, die ich so im regulären Nachteinsatz erleben durfte, sah das schon viel besser aus.

Zitat:Und dies als Totschlag zu werten, erachtet ich als genau die Fehlentwicklung, welche die Polizeien in ganz Deutschland immer noch weiter handlungsunfähig macht, bis dahin, dass sie ihren gesetzlichen Auftrag in Wahrheit nicht mehr oder nicht mehr ausreichend erfüllen werden.
Da muss wirklich unterschieden werden zwischen der Anklage und einer tatsächlichen Verurteilung. Der Vorwurf ist mit Totschlag korrekt beschrieben. Wenn die Vorwürfe sich bestätigen sollten, dann wäre es Totschlag. Denn die besagen ja, dass bewusst eine Situation herbeigeführt wurde, die nur mit dem tödlichen Schuss enden konnte. Das wäre dann Totschlag. Bestätigt sich dieser Vorwurf aber nicht, dann ist es Notwehr. Aber eine andere Anklage wäre juristisch einfach nicht korrekt.
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#60
Broensen:

Vorab:

Meiner Meinung nach ist ein Messer mit einer größeren Klinge (hier 20 cm) wie im vorliegenden Fall etwas völlig anderes als eine abgebrochene Glasflasche. Auch wenn ich in beiden Fällen den Angreifer in jedem Fall einfach erschießen würde.

Zitat:Den Teleskopstock würde man von der einen Seite als Schlagwaffe gegen den messerführenden Arm einsetzen. Dabei auch ruhig das Gegenüber offen mit dem Angriff konfrontieren, z.B. durch das demonstrative Ausfahren des Stocks mit dem typischen Geräusch. Denn es geht gar nicht darum, den Arm auch zu treffen, sondern es muss lediglich eine Reaktion provoziert werden. Um nicht getroffen zu werden muss das Gegenüber zumindest den Arm in eine andere Position bewegen und seine Aufmerksamkeit auf den schlagenden Polizisten richten.

Auf die kurze Distanz würde das meiner Einschätzung nach in den meisten Fällen dazu führen, dass der Polizeibeamte mit dem Messer verletzt wird. Ein Teleskopschlagstock ist so kurz, dass man selbst bei einem Scheinangriff auf den Messerarm eigentlich viel zu nahe dran steht. Wenn der Angreifer sich hier zu dem von der Seite schlagenden Polizisten wendet, so kann ein solcher Schlag (unter der Annahme der Angreifer sei Rechtshänder) eigentlich nur von der rechten Seite des Angreifers aus geführt werden, da von links kommend man noch näher ran müsste.

Durch die Drehung nach rechts entzieht damit der Angreifer automatisch aber seinen Messerarm dem Schlag und ist doch mit nur einem Schritt an dem Beamten dran. Messer gegen Teleskopschlagstock geht auf solche Distanzen querschnittlich immer zu Gunsten des Messers aus.

Das ganze hat aber noch eine Folge: wenn der Angreifer sich nach Rechts dreht, ist der Messerarm mit der Waffe in der Richtung, aus welcher der Angreifer gekommen ist. Entsprechend ist kein Zugriff auf das Messer bzw. den Messerarm mehr möglich, da in dieser Richtung kein Polizist steht.

Die einzige verbleibende Option wäre dann daher der Zugriff des eingangs links des Angreifers stehenden Beamten, welcher dann den Kopf von hinten greifen und den Angreifer nach hinten umreißen könnte. Damit ist aber die Messerhand bzw. das Messer nicht unter Kontrolle. Meiner Meinung nach ist dies aber das wichtigste sollte man ein derartiges Hochrisiko-Vorgehen wagen wollen. Man müsste den Angreifer also dazu bringen sich so zu drehen, dass der Messerarm zu einem der Beamten hin gerichtet ist während dieser seitlich zu ihm steht.

Deshalb würde ich den Teleskopschlagstock gerade eben nicht von der Seite her einsetzen, sondern der Beamte welcher in Laufrichtung des Angreifers steht müsste mit dem Stock gegen die Messerhand arbeiten, damit der rechts vom Angreifer stehende Beamte nach diesem Ablenkungselement von der Seite her Messer und Messerhand packen kann (Schnittschutzhandschuhe). Dazu wäre für den frontalen Ablenkungsschlag bzw. Initialangriff ein Tonfa meiner Meinung nach besser geeignet als der Teleskopschlagstock oder noch besser ganz allgemein ein längerer Schlagstock.

Die Zielsetzung des Initialschlages von vorne wäre dann vor allem anderen einen kurzen Stopp in der Vorwärtsbewegung des Angreifers zu erzielen, damit der Zugriff von der Seite, von dem rechts stehenden Polizeibeamten erfolgen kann.

Ein weiteres Problem bei einer T-Stellung der Beamten auf 3 Seiten des Angreifers welches ich hier sehe ist, dass sich zumindest zwei Beamte gegenüberstehen, während der Angreifer mit einem Messer zwischen ihnen steht. Das halte ich ebenfalls für extrem problematisch, weil es den eventuell trotzdem notwendigen Einsatz der Feuerwaffe verhindert, da die Polzisten gegenseitig in der Schusslinie stehen. Man muss bei einem Messerkämpfer immer darauf achten, dass dieser nicht zwischen zwei Eigene gerät, hier aber würde die von dir beschriebene Vorgehensweise genau dies hervor rufen.

Ich halte daher die von dir beschriebene Vorgehensweise mit dem Ablenkungsschlag von der Seite und der T Stellung der Beamten auf drei Seiten des Angreifers für hochproblematisch und sehr nachteilig für die Polizeibeamten.

Allenfalls würde ich zwei Beamte nebeneinander einsetzen, dies hat auch eine größere psychologische Stoppwirkung und den Dritten Beamten in einer L Stellung rechts seitlich. Einer der beiden „Stopp“ Beamten schlägt mit dem Tonfa mit aller Gewalt nach der Messerhand, der andere hält die Feuerwaffe bereit falls es notwendig wird zu schießen. Der dritte Beamte greift dann von der Seite her auf den Messerarm zu, packt Messer und Messerhand und zugleich greifen dann die anderen beiden Polizisten zu.

Würde ich für taktisch deutlich besser halten als sich auf 3 Seiten aufzustellen und von der Seite her zuzuschlagen. Und selbst so halte ich für zu Risikoreich, da man eben nicht mit Sicherheit sagen kann, ob der Gegner waffenlos überwindbar ist oder nicht, dazu muss er gar kein geübter Messerkämpfer sein, dazu reicht schon dass er psychisch krank ist und/oder unter Drogen steht und ein reduziertes Schmerzempfinden hat. Wonach es im vorliegen Fall klingt.

Beschließend kann ich nur wiederholen, dass meiner Ansicht nach die absolute Mehrheit der Polizeibeamten nicht ansatzweise dein Niveau und deine Fähigkeiten hat. Es ist daher falsch von Polizisten die den Nahkampf nicht ausreichend beherrschen ein solches Vorgehen verlangen zu wollen. Sie können es nicht und sollten es daher auch nicht versuchen.

Das klingt zwar für den Unkundigen alles recht einfach und schlicht, aber in so einer Situation ist selbst das Einfachste extrem schwierig. Das ist also ein extrem schwieriges Unterfangen von extrem hoher Komplexität und Dynamik und allein dadurch durch den Gros der Polizisten absolut nicht händelbar.

Als Fazit der Diskussion nehme ich für mich mit, dass die Polizei dringend Flinten benötigt und Nicht-Letale Munition. Es gibt da alles von Gummischrot bis hin zu Tasergeschossen, und auch sonst würden Flinten oft Sinn machen. Da die durchschnittlichen Kampfentfernungen bei Polizisten deutlich geringer sind, und oft innerhalb von Gebäuden bzw. im urbanen Raum agiert wird, wären Flinten meiner Ansicht nach selbst bei Terroranschlägen und massivstem Geschehen hervorragend für den polizeilichen Waffeneinsatz der normalen Polizei.

Aktuell haben meiner Kenntnis nach nur die SEK und einige BFE Einheiten solche Munition bzw. Bewaffnung. Das sollte stattdessen Standard in jedem Streifenwagen sein.
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