Russland vs. Ukraine
(07.02.2024, 15:00)Marderboy schrieb: Da stellt sich mir die Frage, ob die "Spezialkräfte" in der Ukraine nicht sinnvoller eingesetzt wären - wenn die Meldung denn stimmt.

Na ja in einer globalisierten Welt, in der Russland eben nicht nur in der Ukraine kämpft, sondern sich auch auf anderen Schauplätzen "präsentiert", ergibt es für die Ukraine ebenso durchaus Sinn, an anderen Orten präsent uz sein – wenn es die eigenen Ressourcen zu lassen. Ich nehme an, wir haben hier alle nicht den Einblick in die Geschehnisse im Sudan (sollten sie denn stimmen), als dass wir eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufstellen können.

Ein anderer Fall dürfte mittelfristig zeigen, wie effektiv ukrainische Aktivitäten fernab der Front sein können. Das wage ich jedenfalls im Falle der angegriffenen Öl-Raffinerien zu hoffen.
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(30.05.2023, 09:22)Schneemann schrieb: ....

Die Bayraktar-Raids der ersten Kriegsmonate gegen die Russen würden heute sehr wahrscheinlich nicht mehr den gleichen Erfolg bringen, und umgekehrt schießen die Ukrainer derzeit vermutlich 80% der iranischen Drohnen vom Himmel. Man sieht also, dass die "Wunderwaffe" zur normalen "Waffe" wurde. Sie ist als Waffe somit sicherlich noch da, und gerade die kleinen Aufklärungsdrohnen sind in den verschachtelten Gefechten eminent wichtig und den einen oder anderen ärgerlichen Treffer werden sie auch noch landen, aber den Schrecken haben die Drohnen verloren. Unabhängig davon hätte auch aktuell jede Drohne ihre Probleme im waffenstarrenden Luftraum über der Ukraine, egal ob es eine Bayraktar, eine Shahed oder auch eine Predator wäre.

Schneemann
bemerkenswert, dass die Ukraine dann jetzt noch ein (nicht unbedingt kleines) Werk zur Produktion aufbaut. So berichtet aktuell N-TV:
Zitat: Bayrak baut große Waffenfabrik bei Kiew

07.02.2024, 15:00 Uhr

Das türkische Rüstungsunternehmen Bayrak hat mit dem Bau einer Fabrik in der Nähe von Kiew begonnen, in der rund 500 Menschen beschäftigt sein werden, die entweder Bayraktar TB2- oder Bayraktar TB3 -Drohnen herstellen sollen, so der Geschäftsführer des Unternehmens. ....

... Bayrak-CEO Haluk Bayraktar ... wies darauf hin, dass sich die Kapazität auf etwa 120 Einheiten pro Jahr belaufen werde, sagte aber, dass noch nicht klar sei, ob sich die Produktion in der ukrainischen Fabrik auf das Drohnenmodell TB2 oder TB3 konzentrieren werde. ....
für mich deutet das auf zweierlei hin:
1.
wenn die Drohnen noch im Krieg gegen Russland eingesetzt werden sollen, dann rechnet die Ukraine noch mit einer längeren Kriegsdauer
2.
wenn die Drohnen danach oder außerhalb der Ukrainischen Hoheitsgebiete (z.B. im Sudan) eingesetzt oder exportiert werden sollen, dann rechnen sowohl Bayraktar (und damit die Türkei) wie auch die Ukraine selbst mit einem siegreichen Verlauf des Krieges (würde die Produktion denn in die Ukraine vergeben, wenn die Gefahr besteht, dass dann Russland einen Zugriff auf die Drohnen erhält?)
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(07.02.2024, 22:13)Kongo Erich schrieb: bemerkenswert, dass die Ukraine dann jetzt noch ein (nicht unbedingt kleines) Werk zur Produktion aufbaut. So berichtet aktuell N-TV:
für mich deutet das auf zweierlei hin:
1.
wenn die Drohnen noch im Krieg gegen Russland eingesetzt werden sollen, dann rechnet die Ukraine noch mit einer längeren Kriegsdauer
2.
wenn die Drohnen danach oder außerhalb der Ukrainischen Hoheitsgebiete (z.B. im Sudan) eingesetzt oder exportiert werden sollen, dann rechnen sowohl Bayraktar (und damit die Türkei) wie auch die Ukraine selbst mit einem siegreichen Verlauf des Krieges (würde die Produktion denn in die Ukraine vergeben, wenn die Gefahr besteht, dass dann Russland einen Zugriff auf die Drohnen erhält?)

1. Mit was soll die Ukraine sonst rechnen?

2. Um Zugriff auf das Werk zu bekommen müsste ja Rußland bis Kiew vorstoßen, was zumindest nach dem aktuellen Stand des Krieges absolut unwahrscheinlich ist. Ein Zugriff auf einzelne Drohnen (TB2) dürfte Rußland schon gehabt haben. Wenn den Russen in der Ukraine keine in die Hände gefallen ist, dann dürfen sie sicher mal bei ihren neuen Freunden genauer hinschauen. Burkina Faso und Niger haben schließlich diese Drohnen im Bestand.
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Selenskyj hat Saluschnyj rausgeschmissen:

https://www.tagesschau.de/ausland/salusc...n-100.html

https://www.zeit.de/politik/ausland/2024...eitkraefte

Wahnwitz.
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Ja genau mein Humor, zuerst mit dem Angriff auf Bakhmut in die Gegenoffensive reinpfuschen, den beliebten Befehlshaber aufgrund des Scheiterns der Offensive feuern und denjenigen befördern, der im Osten treu bis zum Äußersten halten lässt.
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aber bitte nicht vergessen:
die politisch geschürten Erwartungen an eine ukrainische Offensive waren auch "im Westen" extrem hoch
=> dass dann gleich zu Beginn die geballt auftretenden Leos reihenweise in Minenfeldern stecken blieben hat zu deren Dislozierung geführt
=> und das ist den westlich geschulten Heeresoffizieren mit dem Ideal der "Panzerschlacht" im Hinterkopf nun auch wieder nicht recht
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(08.02.2024, 22:22)Kongo Erich schrieb: aber bitte nicht vergessen:
die politisch geschürten Erwartungen an eine ukrainische Offensive waren auch "im Westen" extrem hoch
=> dass dann gleich zu Beginn die geballt auftretenden Leos reihenweise in Minenfeldern stecken blieben hat zu deren Dislozierung geführt
=> und das ist den westlich geschulten Heeresoffizieren mit dem Ideal der "Panzerschlacht" im Hinterkopf nun auch wieder nicht recht

Was soll das 'nun auch' bedeuten? Das ausgedünnte voranschreiten in bekannte aber nicht aufgeklärte Minenfelder dürfte auch Generäle sowjetischer Schule nicht gefallen - das verbietet eigentlich der normale Menschenverstand.
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(08.02.2024, 22:36)Pmichael schrieb: Das ausgedünnte voranschreiten in bekannte aber nicht aufgeklärte Minenfelder dürfte auch Generäle sowjetischer Schule nicht gefallen - das verbietet eigentlich der normale Menschenverstand.
wer redet von "Voranschreiten"? Mit der genannten Dislozierung war die groß angekündigte Gegenoffensive gestorben.
Danach ging es nur noch um ein punktuelles Andrücken und zunehmend mehr um die Sicherung der eigenen Linien.
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(08.02.2024, 21:25)Nightwatch schrieb: Ja genau mein Humor, zuerst mit dem Angriff auf Bakhmut in die Gegenoffensive reinpfuschen, den beliebten Befehlshaber aufgrund des Scheiterns der Offensive feuern und denjenigen befördern, der im Osten treu bis zum Äußersten halten lässt.

Bis vor wenigen Tagen hätte man noch die Möglichkeit gehabt sich halbwegs geordnet aus Avdiivka zurück zu ziehen. Jetzt wo zumindest russ. Kanäle behaupten dass dies kaum noch möglich wäre wird der Oberbefehlshaber abgesetzt, obwohl er selbst das Desaster gar nicht zu verantworten hat, sondern die politische Führung daran schuld ist.
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Zitat:Mit der genannten Dislozierung war die groß angekündigte Gegenoffensive gestorben.

Und warum disloziert man ?! Denn das macht man ja nicht freiwillig, es gibt Gründe dafür. Zudem muss man halt mal überlegen, dass von den Leopard 1 und 2 gerade mal so viele noch einsatzfähig sind, dass man ungefähr 3 Bataillone damit aufstellen kann - und das ist optimistisch gerechnet.

Bei aktuell 900 km auf denen aktiv gekämpft wird sind dass dann gerade mal 1 Bataillon auf 300 km wenn man es gleichmässig verteilen würde - oder 1 Leopard (1/2) alle 6 km. Das ist natürlich nur eine rein theoretische Rechnung aber es soll halt mal aufzeigen wie hier die Verhältnisse von Truppe zu Raum und Distanzen sind.

Dazu kommt noch, dass selbst in den Bereitstellungsräumen bereits disloziert werden muss, weil man ansonsten bereits in diesen aus der Distanz zerschlagen wird. Und von dort ausgehend schafft man es kaum oder nicht die Angriffe überhaupt zu koordinieren und ich bezweifle (!) erheblich (!!) dass westliche Armeen, insbesondere die Bundeswehr hier besser abschneiden würden.

Die haben viel mehr praktische Kampferfahrung als unsresgleichen. Wenn dort also das zu beobachtende Geschehen so ist, wie es erscheint, dann hat das Gründe.

Und einer der wesentlichsten die nicht beachtet werden ist, dass vor einer Offensive überhaupt erstmal mit kleineren Vorstößen, gewaltsamer Aufklärung und einem Abtasten der Front, mit Fingerspitzengefühl überhaupt erstmal eine Möglichkeit gefunden werden muss wo man die Offensive ansetzen kann. Ein Gros der Aktionen welche man gesehen hat war ein solches Abtasten der Front und eben keine Offensive - sondern jeweils nur die Vorbereitung für diese. Die Offensive fiel aber dann diesem Abtasten folgend aus - schlicht und einfach weil man keinerlei Möglichkeiten gefunden hat irgendwo anzusetzen.

Und der Grund ist dafür, dass man widersinnig aus rein politischen Motiven heraus exakt an der stärksten Stelle der Russen durchbrechen sollte. Was angesichts der realen Kräfteverhältnisse und der Stärke der Russen in der Defensive einfach nur Wahnsinn war und ist. Man hätte ja durchaus eine Offensive machen können, aber in keinem wie auch immer gearteten Fall an dieser Stelle wo man es dann versucht hat. Und bevor jetzt die Erklärung kommt, man wisse es hinterher ja immer besser und nachher sei jeder Fähnrich Feldmarschall: exakt das gleiche habe ich auch schon vor und während der Offensive geschrieben.

Und exakt das gleiche hat auch Saluschnyj schon vor und während der Offensive so gesagt.

Und jetzt hat sich Selenskyj seinen eigenen Walter Model an die Spitze gesetzt, weil das Militär seine Vorstellungen (und etwaig die der "lieben" westlichen "Verbündeten") nicht praktisch real umsetzen konnte. Wir hätten dies aber unter diesen Umständen ganz genau so nicht vermocht, davon bin ich überzeugt.
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(08.02.2024, 22:43)Kongo Erich schrieb: wer redet von "Voranschreiten"? Mit der genannten Dislozierung war die groß angekündigte Gegenoffensive gestorben.
Danach ging es nur noch um ein punktuelles Andrücken und zunehmend mehr um die Sicherung der eigenen Linien.

Es war kein punktuelles Andrücken sondern eine Ansammlung misslungener Angriffe, die weder nach klassischer sowjetischer noch NATO/Bundeswehr Prinzipien durchgeführt wurden sind.
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Zitat:Und einer der wesentlichsten die nicht beachtet werden ist, dass vor einer Offensive überhaupt erstmal mit kleineren Vorstößen, gewaltsamer Aufklärung und einem Abtasten der Front, mit Fingerspitzengefühl überhaupt erstmal eine Möglichkeit gefunden werden muss wo man die Offensive ansetzen kann. Ein Gros der Aktionen welche man gesehen hat war ein solches Abtasten der Front und eben keine Offensive - sondern jeweils nur die Vorbereitung für diese. Die Offensive fiel aber dann diesem Abtasten folgend aus - schlicht und einfach weil man keinerlei Möglichkeiten gefunden hat irgendwo anzusetzen.
Eigentlich sollte dieses Abtasten gar nicht notwendig sein. Noch bevor überhaupt etwas passiert, muss klar sein, wo man ansetzt. Diese ganze Abtasterei macht die gesamte Frontlinie schalu und negiert jedwedes Überraschungsmoment. Der Versuch, im Rahmen eines Abtastens immer wieder Panzergrüppchen vorzuschicken, so wie geschehen, ist nicht zielführend und hat unnötige Verluste zumindest mit Sicherheit mit bedingt.
Zitat:Und jetzt hat sich Selenskyj seinen eigenen Walter Model an die Spitze gesetzt...
Wobei ein Walter Model (unabhängig von ideologischen Hintergründen) keine schlechte Wahl sein muss, wenn man, wie die Ukraine derzeit, eine defensive Strategie umzusetzen gedenkt.

Allerdings halte auch ich die Absetzung von Saluschnyj zum jetzigen Zeitpunkt und vor dem Hintergrund, dass er innerhalb des Militärs und auch teils in der Bevölkerung durchaus beliebt ist, für einen politisch unklugen und bezogen auf das Militär für psychologisch problematischen Schritt.

Schneemann
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Zitat:Diese ganze Abtasterei macht die gesamte Frontlinie schalu und negiert jedwedes Überraschungsmoment. Der Versuch, im Rahmen eines Abtastens immer wieder Panzergrüppchen vorzuschicken, so wie geschehen, ist nicht zielführend und hat unnötige Verluste zumindest mit Sicherheit mit bedingt.

Das Gegenteil ist der Fall. Startet man sogleich einen "Großangriff" und hat dabei aus welchen Gründen auch immer "die falsche Stelle" erwischt, sind die Verluste viel höher. Noch darüber hinaus kann man so gegenüber der feindlichen Aufklärung etwaig verschleiern wo man tatsächlich kommt - Stichwort: Ablenkungsangriffe - Täuschen etc.

Man greift also an vielen Stellen an und der Feind weiß nicht, wo der "Hauptvorstoß" erfolgt. Gerade eben weil jeder dieser Angriffe der Beginn desselben sein könnte.

Die Vorstellung dass man sozusagen aus dem Stand auf einen Schlag irgendwo konzentriert angreift ist zudem ziemlich praxisfremd, so läuft das in einem realen Krieg nicht oder nur sehr selten beim vorliegen sehr spezifischer Umstände. Stattdessen starten selbst geballte Großoffensiven mit einem eindeutigen Schwerpunkt immer auch mit Geplänkel und einigen Vorgefechten und steigern sich dann von dort aus.
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Zitat:Das Gegenteil ist der Fall. Startet man sogleich einen "Großangriff" und hat dabei aus welchen Gründen auch immer "die falsche Stelle" erwischt, sind die Verluste viel höher. Noch darüber hinaus kann man so gegenüber der feindlichen Aufklärung etwaig verschleiern wo man tatsächlich kommt - Stichwort: Ablenkungsangriffe - Täuschen etc.

Das sehe ich auch so. Möchte man das Risiko minimieren, horronde Verluste zu erleiden, geht es nicht anders.




Nochmal zurück zu der Debatte darüber, ob "Halten um (fast) jeden Preis" oder "Zuruckweichen um den Russen größtmöglichen Schaden bei geringe(re)n Verlusten eigener Kräfte zuzufügen" sinnvoller war bzw. gewesen wäre: Diese verfolge ich seitdem Sie hier das erste Mal aufkam.
Ich merke, dass es viele gibt, die von der zweiten Variante überzeugt sind.
Ich selber kann mich nicht dazu durchringen, mich eindeutig festzulegen. Ich empfinde aber etwaige Nachteile des Zuruckweichens in der Diskussion unterrepräsentiert.
Ich verstehe durchaus sämtliche Vorteile, die sich für mich in dem Sprichwort "überlebe, um an einem anderen Tag (und anderem Ort) weiterzukämpfen" bündeln lassen. Auch das Ziel des "Aufreibens" der feindlichen Kräfte ist durchaus verständlich.
Aber für mich ist die Gefahr, die eine solche Taktik mit sich bringt, ebenfalls nicht zu unterschätzen.
Zum einen ist es grundsätzlich insbesondere im aktuellen Kriegsstadium klar, dass es äußerst schwierig sein dürfte, einmal verlorenes Gebiet wieder zurückzugewinnen. Die Russen verminen und verbarrikadieren die neuen Linien in Rekordgeschwindigkeit.
Zum anderen darf man aber auch nicht unterschätzen, wie schmal der Grat zwischen "geordnetem ausweichen" und "chaotischer Flucht" im Endeffekt oftmals ist. Auch die psychologischen Auswirkungen auf die Moral und den Kampfgeist des Angreifers / des Verteidigers ist nicht zu unterschätzen.
Kommt solch eine "Rückwärtsbewegung" erstmal ins Rollen und die Russen setzen schnell nach während die Ausgangsstellungen der Ukrainer noch nicht oder nur unzureichend ausgebaut / besetzt / kampfbereit sind, kann es passieren, dass man direkt weiter "nach hinten" ausweichen muss und somit viel mehr Gebiet aufgibt, als ursprünglich angedacht war. Um dies zu vermeiden benötigt es mustergültige Planung und Truppenführung. Ob die Ukraine derzeit dazu in der Lage wäre, darf durchaus bezweifelt werden. Da ist es wesentlich "einfacher" und eventuell auch sinnvoller, gut ausgebaute Stellungen "einfach" zu halten.
Denn sollte sich die "Rückwärtsbewegung" zu einer regelrechten Flucht entwickeln, wäre dies äußerst gefährlich. Nicht nur wegen der Gebiete / Städte / Einwohner die verloren gehen, sondern auch, weil in solchen Situationen auch immer eine Menge Material auf der Strecke bleibt. Ganz zu schweigen von den Verlusten, sollte es den Russen gelingen in einl solches Manöver mal ordentlich "reinzuhacken".
Zum anderen ließe sich ein solches Ausweichen für Russland propangadistisch hervorragend als "(Teil-) Sieg" verkaufen, so wie es die Ukrainer nach dem Rückzug der Russen aus der Region östlich von Cherson ebenfalls getan haben. Im großen und ganzen war dieser Rückzug taktisch nicht unklug, und insgesamt auch (gerade noch) rechtzeitig und einigermaßen koordiniert.
Für jeden Beobachter war aber klar, dieser Schachzug ist ein großer Gewinn für die Ukraine. Die Moral und der Kampfgeist der ukr. Truppe hat hierdurch viel Aufwind erfahren.
Münzt man dies auf ein eventuelles Ausweichen der Ukraine in den "Haupt-Verteidigungsbastionen" um, würden die russischen Soldaten viel Aufwind bekommen. Während der Kampfgeist in vielen Teilen der russ. Armee nach wie vor mau ist, kann sich das durch eine etwas größere Frontverschiebung durchaus ändern, da dies als "Wendepunkt" wahrgenommen werden könnte. Und dies dürfte durchaus ebenfalls Gefahren bergen, die meines Erachtens nach unterschätzt werden.

Wie schon gesagt, ich selbst finde es unheimlich schwierig, sich hier eindeutig zu positionieren. Aktuell hat man den Russen hohe Verluste beigefügt, während man selbst ebenfalls hohe Verluste erlitten hat aber dafür keine weiteren zerstörten Städte und nur wenig verlorenes Territorium in Kauf nehmen musste. Gleichwohl hat man der eigenen Offensive die Schlagkraft genommen. Ob diese jedoch mit Hilfe der beispielsweise zur Verteidigung Bachmuts eingesetzten Kräfte wesentlich anders gelaufen wäre, darf durchaus bezweifelt werden. Dazu hätte es wohl einen komplett anderen Ansatz gebraucht (und nicht diese unnötige Fokussierung in Richtung Tokmak).

Was passiert wäre, hätte Saluschnyj (und die Befürworter "seiner" Taktik) die eigenen Pläne durchsetzen können, werden wir wohl nie erfahren.
Für mich ist die Sache aber nicht so eindeutig, wie sie hier teilweise dargestellt wird.

Dennoch:
(09.02.2024, 09:49)Schneemann schrieb: Allerdings halte auch ich die Absetzung von Saluschnyj zum jetzigen Zeitpunkt und vor dem Hintergrund, dass er innerhalb des Militärs und auch teils in der Bevölkerung durchaus beliebt ist, für einen politisch unklugen und bezogen auf das Militär für psychologisch problematischen Schritt.

Dies kann ich nur unterschreiben. Und es ist mir wirklich ein Rätsel, weshalb man solch ein Risiko eingeht.
Dass die mediale Darstellung der ukr. Führung des "freundschaftlichen Auseinandergehens" bzw. die Aussage "er bleibt im Team" kaum jemanden überzeugt, dürfte irgendwo klar sein. Das er da mitmacht ist wohl nur der Charakterstärke Saluschnyjs bzw. dem übergeordneten Willen zuzuschreiben , durch welchen er die psychologischen Auswirkungen begrenzen und eine Verminderung des Kampfgeistes vermeiden möchte.
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Allein schon der Umgang von Saluschnyj mit seiner Entlassung und wie er öffentlich darauf reagiert hat zeigt auf, was für Qualitäten er besitzt und dass er der richtige Mann an der Spitze war.

Schlingel:

Ich stimme dir zu, dass gerade der Rückzug eine der schwierigeren Operationen ist und hohe Risiken birgt. Im weiteren war und bin vor allem anderen ich hier ein Vertreter dieser Strategie gewesen, es ist also keineswegs so, dass diese eine Mehrheit hätte und wie du sicher gelesen hast haben andere hier auch komplett konträre Ideen dazu mit sehr guten Argumenten vertreten.

Von daher bin ich derjenige welche diese Sache so "eindeutig" darstellt. Und ja, es gibt gute Argumente dagegen. Und trotzdem bin ich halt rein persönlich der Überzeugung, dass diese Fixierung auf das Beherrschen von Terrain von beiden (!) Seiten einer der wesentlichsten Fehler ist und auch maßgeblich zum aktuellen Stillstand und 1WK artigem Frontgeschehen geführt hat. Man will krampfhaft Terrain halten und Terrain erobern, gerade darin liegt der Fehler - und seinen Ursprung hat er in politisch-strategischen Erwägungen, und weniger in den praktisch-militärisch-handwerklichen Argumenten welche du hier ausführlich dargelegt hast.

Man konzentriert sich also hier eben nicht aus den von dir genannten vernünftigen Gründen zu sehr auf das Terrain als Ziel , sondern meiner Meinung nach zu sehr aus politischen Gründen.
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