23.01.2024, 07:40
Zitat:der angestaute Hass dürfte mittlerweile auf beiden Seiten ins Unermessliche gehen
Das ist der nächste Punkt der erstaunlich ist: auf ukrainischer Seite ja, da geht der angestaute Hass inzwischen ins Unermessliche. Und der Hass auf die Russen und was diese getan haben und immer noch tun ist der primäre Grund warum die Ukrainer das überhaupt noch aushalten. Man kämpft auf ukrainischer Seite also primär aus Hass auf die Russen.
Umgekehrt aber ist auf russischer Seite trotz aller Propaganda von Ukronazis usw. kaum Hass dabei. Und dass ist das meiner Meinung nach am meisten von jeder normalen Armee abweichende. Die hassen auch jetzt nach all den vielen Verlusten die Ukrainer mehrheitlich nicht. Warum die also überhaupt kämpfen ist aus unserer Logik nicht so wirklich zu verstehen. Ein vorherrschendes Motiv ist extremer Fatalismus und eine für uns nicht fassbare Gleichgültigkeit gegenüber dem eigenen Leben wie auch dem Leben aller anderen. Ich hab ja Bekannte von mir gefragt, die in die Mongolei geflohen sind. Die hatten drei Söhne, zwei davon sind in der Ukraine umgekommen, der dritte ist nun mit seinen Eltern in der Mongolei. Als Grund warum sie geflohen sind geben sie an, dass der dritte Sohn leben muss, weil er ja seine Eltern versorgen muss wenn diese alt sind und sie vermutlich wegen des Krieges keine ausreichende Rente mehr kriegen werden. Und der russische Staat habe sie betrogen und bezahle die Hinterbliebenenrente nicht für die toten Söhne. Nichts da mit Liebe usw. sondern wer soll sich denn um sie kümmern wenn sie alt und krank sind und wer soll das Geld verdienen etc. Und in Bezug auf den Tod von zwei ihrer Kinder geben sie an, Zitat: das sei halt schon immer so gewesen. Wenn Krieg sei müssten die Söhne halt sterben um den Feind zu besiegen. Auf die Frage ob sie die Ukrainer hassen sagten sie, die Ukrainer könnten nichts dafür. Sie seien genau so Opfer des Westens wie die Russen und genau genommen sei das ja ein von den Juden und von Schwulen inszenierter Bürgerkrieg wo eigentlich Russen gegen Russen kämpfen. In Bezug auf letztgenanntes greift natürlich nun die Propaganda, aber solche Ansichten waren und sind in Russland auch unabhängig von jeder Propaganda und schon seit langer Zeit verbreitet gewesen. Man glaubt in weiten Teilen beispielsweise nicht, dass die Ukrainer tatsächlich Nazis sind oder von solchen gelenkt werden, wie es die offizielle Propaganda will, aber man glaubt dass die Juden und Schwule hinter allem stecken.
Wen die nun tatsächlich hassen, und zwar massivst hassen, ist der Westen, dass sind wir. Die Ukrainer werden nicht gehasst, aber Deutschland und die USA werden gehasst in einem Ausmaß das man hierzulande noch nicht umrissen hat. Und das ist erst während des Krieges so richtig hochgekocht. Die Ukrainer gibt es ja nach Ansicht vieler Russen gar nicht, dass sind also Russen die der perverse Westen gegen die eigenen Leute gehetzt hat, und die man deshalb von den Schwulen und Juden befreien muss die sie manipulieren.
Wer denkt das sei absurd, der sollte sich mal vor Augen halten, dass beispielsweise die Entdeckung von Gender-Neutralen Klos in ukrainischen Schulen in den russischen Hauptnachrichtensendungen tagelang ein Thema war. Jetzt wisse man endlich wofür man kämpfe ! Und nein, das ist keine Satire. Und die einfachen Russen vom Land vor allem östlich des Ural schütteln sich vor Grauen und Hass darüber was der Westen den Ukrainern da angetan hat .......
Ein Grund ist meiner Meinung nach, dass die Russen nicht glauben können, dass die Ukrainer selbst sich so gut schlagen. Die Russen belügen sich selbst darüber wie stark sie sind und glauben fest daran, dass sie eine militärische Supermacht sind. Die Niederlagen in der Ukraine können daher nicht von den Ukrainern her rühren, denn diese sind aus russischer Sicht immer schwach gewesen und werden es immer sein. Demzufolge muß der Westen der Grund sein warum man verliert.
Das führt so weit, dass die russische Bevölkerung in weiten Kreisen die Theorie vertritt, dass die westlichen Waffenlieferungen und die westliche Waffenhilfe sehr viel größer sind als selbst die eigene Regierung es behauptet. Das man in der Ukraine bereits aktiv NATO Truppen gegenüber steht. Und dass die eigene Regierung nur deshalb die westliche Hilfe so herunter spielt (!), weil man die Eskalation zum Nuklearkrieg verhindern will.
Und dann springen zunehmend Russen herum, die ernsthaft den Atomkrieg verlangen und sagen, auf diese unerträgliche Aggression des Westens müsse endlich mit Atomwaffen reagiert werden.
Das gleitet zunehmend dort alles ab. Aber um das nochmal zu betonen: da klaffen Welten zwischen den Großstädten im Westen Russlands und ländlichen Gegenden fern von Moskau.
Zusammenfassend: aus russischer Sicht ist der Westen an allem Schuld. Der Westen hat die Niederlagen der Russen in der Ukraine verursacht. Der Westen will Russland zerstören, dass russische Volk vernichten und die russischen Kinder zu Schwulen machen um die russische Kultur für immer zu vernichten. Der Westen ist DER Feind.
Man kämpft also in der Ukraine nicht gegen die Ukrainer - und deshalb hasst man die Ukrainer auch nicht - sondern man kämpft dort gegen den Westen der einen vernichten will. Die Ukrainer hingegen sind genau so Opfer des Westens wie die Russen auch.
Und es greift eben zu kurz, dass einfach auf die Propaganda zu schieben. Das sind viel tiefer sitzende Ängste und Unsicherheiten und das ist eine Grundüberzeugung die nicht von Putin geschaffen wurde, sondern welche er lediglich ausnützt, die aber schon unabhängig von ihm immer da war und ist.
Sehr viele Russen haben das Gefühl in einer Art belagerten Burg zu sitzen, während draußen DER Feind (der Westen) alles daran setzt Russland zu vernichten und für immer zu zerstören. Das ist das Bild welches sie haben und welches sie tatsächlich dazu bringt weiter zu machen.
Und dazu natürlich noch der übliche extreme Fatalismus, die absolut gleichgültige Melancholie und der Extrem-Alkoholismus und die Trostlosigkeit und Gewaltkultur schon im Zivilleben und in den Familien.