25.05.2023, 04:57
(25.05.2023, 00:44)alphall31 schrieb: Öffentliche Sicherheit ist die Aufgabe der Nationalgarde eigentlich . Ich kann mir nicht vorstellen das man die Front aufweicht wegen ein paar hanseln
Diese "paar Hanseln" stellen aber für Russland ein gewaltiges Problem da, wenn Sie einfach über die Grenze spazieren und Stunk machen können.
Bröckelt die Mär von Putin als Sicherheitsgarant für Mütterchen Russland, indem sich Vorfälle ala Belgorod in Zukunft häufen, so ist das nicht nur einigermaßen peinlich sondern es schadet früher oder später dem Selbstbild, welches die russische Führung ihrem Volk vermitteln möchte.
Ob dies signifikante Folgen hat ist für mich nicht absehbar, aber zumindest hat der Russe jetzt noch eine Baustelle mehr, welche er mit Sicherheit nicht gebrauchen kann und mit welcher er meines Erachtens nach auch nicht gerechnet hat.
Ob man jetzt Kampftruppen für den Grenzschutz abzieht sei mal dahingestellt, es werden aber definitiv Kräfte gebunden, wenn man die ellenlange Grenze zwischen der Ukraine und Russland einigermaßen sichern möchte.
Es wurden zudem bereits weitere Aktionen in diesem Stil angekündigt:
https://www.sn.at/politik/weltpolitik/ru...-139238443
Möchte man das unterbinden und sich dem Vorwurf erwehren, trotz Ankündigung versagt zu haben, muss also etwas passieren.
Interessant wird allerdings, ob Sie es schaffen das Thema propagandistisch klug zu verwenden und -mit der Behauptung, das Mutterland werde angegriffen- eventuell sogar einen Nutzen aus diesen Vorfällen zu ziehen.
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Prigoschin hat in den letzten Tagen wohl mal wieder ein Interview gegeben, bei welchem er mit Kritik an der "militärischen Spezialoperation" -und allem was damit zusammenhängt- nicht spart:
https://www.n-tv.de/politik/Prigoschin-U...44789.html
Interessant finde ich vor allem, dass er zwei wesentliche Kriegsziele ("Denazifizierung" und Entmilitarisierung d. Ukr.) recht deutlich für gescheitert erklärt.
"Die "spezielle militärische Operation" sei mit dem Ziel der "Entnazifizierung" begonnen worden, stattdessen "haben wir die Ukraine zu einer Nation gemacht, die in der ganzen Welt bekannt ist."
"Was die 'Entmilitarisierung' anbelangt: Angenommen, sie (die Ukrainer) haben zu Beginn der 'Spezialoperation' 500 Panzer gehabt - jetzt sind es 5000. Hatten sie damals 20.000 Kämpfer, so haben sie jetzt 400.000. Was ist das für eine 'Entmilitarisierung'?"
Auch diskreditiert er die Armee an einigen Stellen, was ja neuerdings eigentlich mit saftigen Strafen belegt ist:
"Als wir uns Kiew genähert hatten, schissen wir uns in die Hose und hauten ab".
Außerdem kritisiert er erneut deutlich die militärische Führung:
(...)"Das Hauptproblem sind Schoigu und Gerassimow."(...)
Dass er die militärische Leistungsfähigkeit der Ukraine gewissermaßen lobt, setzt dem ganzen dann noch die Krone auf:
"Jedes System – ob sowjetisch oder von der NATO – setzten sie erfolgreich ein."
Ebenfalls spannend, er vergleicht den ukrainischen Abwehrkampf mit dem großen vaterländischen Krieg der Sowjets, obwohl dieses Selbstbild doch eigentlich die russische Seite in Verdrehung der Tatsachen so gerne für sich beansprucht:
"Sie tun alles, um das oberste Ziel zu erreichen, so wie wir es im Großen Vaterländischen Krieg getan haben".
Ich habe das Interview weder gesehen, noch bin ich der russischen Sprache mächtig. Kann also durchaus sein, dass ich "westlicher Propaganda" aufgesessen bin. Aber es lassen sich doch einige Verweise auf dieses Interview finden, sodass ich jetzt einfach mal annehme, diese Äußerungen haben stattgefunden.
Sollte dem so sein, bringt mich das zu der Frage, wieso man ihn damit durchkommen lässt.
Dass er versucht, die russischen Anstrengungen für den Krieg zu forcieren ist völlig klar ("wie Nordkorea leben, alle Grenzen schließen, aufhören, sich zu zieren, junge Leute aus dem Ausland zurückholen und hart arbeiten").
Ob es erstrebenswert ist, wie in Nordkorea zu leben und ob dieser Plan Früchte tragen würde, wage ich mal dezent zu bezweifeln. Es ist dennoch klar, worauf er abzielt.
Aber jeder Normalbürger in Russland würde sofort in den Gulag wandern (oder aus dem Fenster fallen), würde er nur ein Bruchteil der Kommentare öffentlich äußern.
Lässt man ihn bewusst frei reden, um die russische Bevölkerung auf weitere Entbehrungen einzustimmen?
Sind die Aussagen vielleicht sogar vom Kreml gesteuert, um als Lockvogel eventuelle Kritiker aus der Reserve zu locken?
Würde man sich ihm vielleicht gerne entledigen, doch man kommt garnicht mehr an ihn heran (oder sein Bekanntheitsgrad lässt dies nicht zu)?
Zieht man irgendwie anders Nutzen aus der Fehde, die Prigoschin öffentlich mit der regulären militärischen Führung austrägt?
Würde mich schon interessieren, was da wirklich läuft...