21.02.2023, 12:18
Zitat:PUTINS REDEhttps://www.faz.net/aktuell/politik/ausl...94475.html
„Der Westen hat den Krieg begonnen“
Russland habe alles getan, um den Krieg in der Ukraine zu verhindern, sagt Präsident Wladimir Putin. Die Schuld sieht er beim Westen – und will seine Offensive „systematisch“ fortsetzen. [...] Russland habe sich bemüht, das Problem im Donbass friedlich zu lösen. Aber der Westen habe ein anderes Szenario vorbereitet. „Sie haben den Krieg begonnen. Wir haben alles getan, um ihn zu stoppen.“ [...]
Die westlichen Länder hätten schon vor langer Zeit damit begonnen, die Ukraine zu einer Art „Anti-Russland“ zu machen. „Der Westen hat den Geist aus der Flasche gelassen“, sagte Putin. „Die Verantwortung für die Eskalation in der Ukraine liegt bei den westlichen Eliten.“
Die Offensive in der Ukraine wolle er „systematisch“ fortsetzen. Russland werde in der Ukraine „sorgfältig und systematisch“ vorgehen und die Ziele seines Militäreinsatzes so „Schritt für Schritt“ erreichen. Der Westen versuche, einen lokalen Konflikt in einen globalen zu verwandeln, sagt er vor dem Parlament. Zugleich versichert Putin: „Es ist unmöglich, unser Land auf dem Schlachtfeld zu besiegen.“
Auch wenn der ganze Hintergrund natürlich hochgradig tragisch ist und beileibe nicht zu Scherzen gereichen sollte, so kann man sich schon fragen, ob er hier wirklich so gezielt weltfremd argumentiert, weil er es glaubt, ober aber ob er so redet, weil er weiß, dass er so reden muss, obgleich die Realität eine andere ist? Quasi der scherzende Alleinunterhalter im Kreml-Kabarett? Vermutlich nicht, er glaubt wohl dran.
Was aber frappierend ist, ist diese Defensivdenke. So seltsam es sich für uns heute anhört: Es gibt durchaus recht viele historische Aussagen von deutschen Soldaten, die 1941 im Rahmen von "Barbarossa" gen Russland zogen und die meinten, sie würden einen Defensivkrieg führen (!) - quasi war das Empfinden, dass man handeln musste, weil ansonsten die Bolschewisten angegriffen hätten (diese Diskussion über Stalins angebliche Angriffsabsicht gab es dann auch noch in der Nachkriegszeit, teils bis in die 1980er Jahre hinein; sie ist heute historisch widerlegt).
Und genauso argumentiert heute Putin - kein Wort vom Überfall auf den Nachbarn, vom völkerrechtswidrig losgetretenen Angriffskrieg, kein Wort auch über Kriegsverbrechen und Säuberungslisten etc.; aber dafür die Rechtfertigung, dass man "ja handeln musste", weil der "böse" Westen die Ukraine mit Nazis durchsetzt habe. Quasi wird suggeriert, dass man einen Verteidigungskrieg führen würde, wie es seinerzeit die deutschen Soldaten in der Sowjetunion auch teils annahmen. (Wobei man hier fairerweise dazu sagen muss: Die deutsche Führung damals wusste ganz genau, dass sie angegriffen hatte und dass man einen rassistisch eingefärbten und ideologisch verklärten Vernichtungskrieg zu führen beabsichtigte - nur bei den normalen Soldaten lagen diese Kenntnisse oftmals nicht vor. Im Russland von heute scheint es umgekehrt zu sein - die Führung ist sich keiner Schuld bewusst, während die einfachen Soldaten immer mehr an den Lügengeschichten zu zweifeln scheinen [aber dann aus Fatalismus dennoch weiterkämpfen].)
Und all die Friedenstauben des linken und rechten Randes bei uns, die Friedensverhandlungen als moralisches Nonplusultra deuten (besser: manipulativ in den Vordergrund stellen), sollten sich die Sätze Putins, wonach man die "Spezialoperation systematisch fortsetzen" und die Ziele des Überfalls so "Schritt für Schritt" erreichen wolle, ganz genau anhören. Vielleicht kommen ihnen dann gewisse Zweifel an der kolportierten Friedensbereitschaft des Kreml-Herrschers - ich glaube aber nicht, dass sie zu dieser Einsicht gelangen...
Schneemann