18.12.2022, 18:19
Werter Nightwatch:
Von Bakhmut bis zur neuen Frontlinie wären es zwischen 20 km und 30 km, bei einem Durchschnittswert von um die 28 km. Entsprechend müsste die russische Artillerie in den Frontbogen einrücken wenn sie dort weiter agieren soll, denn die querschnittliche effektive Reichweite der russischen Artillerie liegt unter 28 km.
Wenn sie es nicht mitmachen, können sie nur in Bakhmut stehen bleiben, womit meine Truppen sich so vom Feind gelöst haben, dass eine deutliche Ruhephase eintritt. So wie die russische Führung aber bisher agiert hat halte ich es für sehr viel wahrscheinlicher, dass sie genau das tun: in den Frontbogen einrücken und dann vor allem Slowjansk angreifen, denn ganz vieles im miitärischen Gebaren der Russen hat keinerlei militärische Gründe, sondern ist rein politisch und direkt vom Kreml aus gesteuert.
Wenn du diesen Schwerpunkt ignorierst, kannst du nicht nach Süden erweitern. Und nach Norden scheitert am Fluss, den Waldungen dort und schließlich Slowjansk als festem Punkt. Im übrigen sind die Russen laut ISW und anderen aktuell nur dazu in der Lage eine logistische Linie und einen Vorstoß entlang einer strategischen Linie zugleich durchzuführen, also entweder nach Norden ODER nach Süden, aber nicht beides zugleich.
Nach Süden würde dazu führen, dass der von dir genannte Schwerpunkt die Flanke der Russen zermalmen würde. Nach Norden würde sie in den Kampf um Slowjansk führen oder ganz genau so ihre Flanke entblößen und dass mit welcher Zielsetzung ? Um von Süden her wieder am Fluss zu stehen ?
Denn auch da würdest du nur deine Flanken komplett für einen Gegenangriff auf machen. Und gerade eben im Norden wäre die von der Entfernung her größte Ausdehnung des Frontbogens, hier kommst du dann nicht darum herum die Artillerie in den Frontbogen hinein zu ziehen, mit dem Ergebnis dass sie dort konzentrierter stehen muss und umgekehrt die ukrainische Artillerie dislozierter stehen kann. Damit könnte die Ukraine dann das Artillerieduell dort gewinnen.
Die können aber nicht nach belieben Schwerpunkte bilden, sondern egal wohin sie im Frontbogen ihren Schwerpunkt auch richten, immer exponieren sie ihre Flanke und ihre Artillerie dabei. Und der von mir genannte urbane Komplex verstärkt die Kampfkraft der Verteidiger immens (so wie in Bakhmut auch), da könnte man ein Verhältnis von bis zu 20 zu 1 benötigen um voran zu kommen. Das haben die Russen nicht. Die Ukraine benötigt gar nicht so viele Truppen um diesen Frontbogen zu halten wie du hier annimmst. Es wären meiner Einschätzung nach sogar immer noch Reserven möglich.
Die Frage ist, ob Offensiven andern Orts überhaupt sinnvoll sind. Allgemein halte ich ukrainische Offensiven aktuell für höchst fragwürdig.
Da hast du recht. Aber ich halte diese Gesamtstrategie an sich schon für falsch. Die Ukraine wäre besser darin beraten eine stark defensiv ausgerichtete Strategie zu fahren und diese dazu zu benützen eine signifikante strategische Reserve aufzubauen.
Man kann auch aus dem Rückzug heraus angreifen, und ein Schlagen aus der Nachhand würde sich hier geradezu anbieten. Um eine Offensive gegen den Feind zu führen kann ich selbst in sein Gebiet vordringen, oder ich lasse ihn vordringen und greife ihn während dessen in seine Flanken und rückwärtigen Gebiete an.
Weil die Offensive in russisches Gebiet hinein meiner Einschätzung nach schwieriger und verlustreicher ist. Die Russen haben dann dort Stellungssysteme, ihre Artillerie ist eingeschossen, sie haben durch die Mobilisierung viele ebenfalls hochgradig immobile Einheiten welche verteidigen können, aber kaum etwas anderes.
Es ist meiner Meinung nach eben falsch selbst in Kürze wieder offensiv werden zu wollen. Und eine Offensive in Form eines Gegenangriffs kann auch im Zurückgehen erfolgen.
Die Russen haben vor Bakhmut gar nicht so viel stehen, ein vermeintlicher Erfolg dort könnte sie dazu bringen dorthin weitere Kräfte zu verlegen und damit sich noch mehr dort festzulegen. Aber mit dem Punkt, dass die Russen sich dem einfach verweigern und dann in Bakhmut stehen bleiben könnten hast du schon recht. In dem Falle aber habe ich auch nichts verloren, zudem könnte ich die Stadt ganz leicht auch in einen einzigen Todesgarten aus Minen und Fallen umbauen und durch die Zerstörungen ist sie schon jetzt kaum noch benutzbar.
Nehmen wir also mal an die Russen bleiben stehen, gehen nicht in die Falle und graben sich in Bakhmut ein. Dann entsteht dadurch in der Ecke erstmal eine Kampfpause, auch die könnte man seitens der Ukrainer nutzen.
Zitat:Der Frontbogen wäre doch überhaupt nicht tief genug als das das Gros der Artillerie in den Frontbogen hinein nachrücken müsste.
Von Bakhmut bis zur neuen Frontlinie wären es zwischen 20 km und 30 km, bei einem Durchschnittswert von um die 28 km. Entsprechend müsste die russische Artillerie in den Frontbogen einrücken wenn sie dort weiter agieren soll, denn die querschnittliche effektive Reichweite der russischen Artillerie liegt unter 28 km.
Zitat:Zudem gehst du davon aus, dass die Russen dein Spiel mitgehen und schön an der maximalen Tiefe des Frontbogens gegen Kramatorsk und Slowjansk wirken wollen.
Wenn sie es nicht mitmachen, können sie nur in Bakhmut stehen bleiben, womit meine Truppen sich so vom Feind gelöst haben, dass eine deutliche Ruhephase eintritt. So wie die russische Führung aber bisher agiert hat halte ich es für sehr viel wahrscheinlicher, dass sie genau das tun: in den Frontbogen einrücken und dann vor allem Slowjansk angreifen, denn ganz vieles im miitärischen Gebaren der Russen hat keinerlei militärische Gründe, sondern ist rein politisch und direkt vom Kreml aus gesteuert.
Zitat:Ich würde das wie gesagt überhaupt nicht tun, sondern nach einer Einnahme von Bakhmut den Frontbogen nach Norden und Süden erweitern und den ukrainischen Schwerpunkt zwischen Kramatorsk und Kostyantynivka überhaupt ignorieren.
Wenn du diesen Schwerpunkt ignorierst, kannst du nicht nach Süden erweitern. Und nach Norden scheitert am Fluss, den Waldungen dort und schließlich Slowjansk als festem Punkt. Im übrigen sind die Russen laut ISW und anderen aktuell nur dazu in der Lage eine logistische Linie und einen Vorstoß entlang einer strategischen Linie zugleich durchzuführen, also entweder nach Norden ODER nach Süden, aber nicht beides zugleich.
Nach Süden würde dazu führen, dass der von dir genannte Schwerpunkt die Flanke der Russen zermalmen würde. Nach Norden würde sie in den Kampf um Slowjansk führen oder ganz genau so ihre Flanke entblößen und dass mit welcher Zielsetzung ? Um von Süden her wieder am Fluss zu stehen ?
Denn auch da würdest du nur deine Flanken komplett für einen Gegenangriff auf machen. Und gerade eben im Norden wäre die von der Entfernung her größte Ausdehnung des Frontbogens, hier kommst du dann nicht darum herum die Artillerie in den Frontbogen hinein zu ziehen, mit dem Ergebnis dass sie dort konzentrierter stehen muss und umgekehrt die ukrainische Artillerie dislozierter stehen kann. Damit könnte die Ukraine dann das Artillerieduell dort gewinnen.
Zitat:Diese Reserven müssten dann ja zur Verteidigung der längeren Frontlinien herangezogen werden und fehlen dann, wenn die Russen Schwerpunkte bilden.
Die können aber nicht nach belieben Schwerpunkte bilden, sondern egal wohin sie im Frontbogen ihren Schwerpunkt auch richten, immer exponieren sie ihre Flanke und ihre Artillerie dabei. Und der von mir genannte urbane Komplex verstärkt die Kampfkraft der Verteidiger immens (so wie in Bakhmut auch), da könnte man ein Verhältnis von bis zu 20 zu 1 benötigen um voran zu kommen. Das haben die Russen nicht. Die Ukraine benötigt gar nicht so viele Truppen um diesen Frontbogen zu halten wie du hier annimmst. Es wären meiner Einschätzung nach sogar immer noch Reserven möglich.
Zitat:Woher diese Truppe nehmen? Das wären dann wohl die Einheiten die jetzt zur Regenerierung aus der Frontlinie herausgelöst wurden und Verbände, die eigentlich anderen Ortes für Offensiven eingeplant sind.
Die Frage ist, ob Offensiven andern Orts überhaupt sinnvoll sind. Allgemein halte ich ukrainische Offensiven aktuell für höchst fragwürdig.
Zitat:Und letzteres ist doch überhaupt der gewichtigste Punkt. Es entspricht schlicht nicht der Gesamtstrategie der Ukrainer im Donbass eine möglichst breite Abwehrschlacht zu führen. Der Ansatz ist eher, die Russen an möglichst engen Stellen (wie in Bakhmut) festzunageln und freie Reserven selbst Offensiv einzusetzen sobald die Böden gefroren sind. Wir mögen uns aktuell auf Bakhmut konzentrieren, es kann aber gut sein, dass der Ukraine Generalstab für die nächsten Wochen eher nach Svatove oder auf die Südfront blickt.
Da hast du recht. Aber ich halte diese Gesamtstrategie an sich schon für falsch. Die Ukraine wäre besser darin beraten eine stark defensiv ausgerichtete Strategie zu fahren und diese dazu zu benützen eine signifikante strategische Reserve aufzubauen.
Zitat:Deswegen wollen die Ukrainer ja auch angreifen anstatt die Verteidigungslinien noch künstlich zu erweitern …
Man kann auch aus dem Rückzug heraus angreifen, und ein Schlagen aus der Nachhand würde sich hier geradezu anbieten. Um eine Offensive gegen den Feind zu führen kann ich selbst in sein Gebiet vordringen, oder ich lasse ihn vordringen und greife ihn während dessen in seine Flanken und rückwärtigen Gebiete an.
Zitat:Für irgendwelche Ideen hinsichtlich Angriffe auf offene Flanken oder einem Schlagen aus der Nachhand sind mobile Kräfte notwendig, die zu Offensivoperationen befähigt sind. Warum sollte es besser sein diese Kräfte für mögliche russische Operation aus Bakhmut heraus zurückzuhalten zu müssen, als mit diesen Kräften vielleicht schon in Kürze selbst wieder offensiv zu werden?
Weil die Offensive in russisches Gebiet hinein meiner Einschätzung nach schwieriger und verlustreicher ist. Die Russen haben dann dort Stellungssysteme, ihre Artillerie ist eingeschossen, sie haben durch die Mobilisierung viele ebenfalls hochgradig immobile Einheiten welche verteidigen können, aber kaum etwas anderes.
Es ist meiner Meinung nach eben falsch selbst in Kürze wieder offensiv werden zu wollen. Und eine Offensive in Form eines Gegenangriffs kann auch im Zurückgehen erfolgen.
Zitat:Du gibst damit ohne Not Initiative auf, der Ansatz ist darauf angewiesen, dass sich die Russen nach der Einnahme von Bakhmut (wesentlich besseres Winterquartier für die Russen als auf dem Feld vor der Stadt übrigens) passend verhalten. Da halte ich doch lieber den Urbanen Raum in Bakhmut mit dem halt nötigen Kräfteeinsatz (oder gehe mit der Zeit dort auch verzögernd zurück) und baue dafür woanders Druck auf.
Die Russen haben vor Bakhmut gar nicht so viel stehen, ein vermeintlicher Erfolg dort könnte sie dazu bringen dorthin weitere Kräfte zu verlegen und damit sich noch mehr dort festzulegen. Aber mit dem Punkt, dass die Russen sich dem einfach verweigern und dann in Bakhmut stehen bleiben könnten hast du schon recht. In dem Falle aber habe ich auch nichts verloren, zudem könnte ich die Stadt ganz leicht auch in einen einzigen Todesgarten aus Minen und Fallen umbauen und durch die Zerstörungen ist sie schon jetzt kaum noch benutzbar.
Nehmen wir also mal an die Russen bleiben stehen, gehen nicht in die Falle und graben sich in Bakhmut ein. Dann entsteht dadurch in der Ecke erstmal eine Kampfpause, auch die könnte man seitens der Ukrainer nutzen.