01.10.2022, 16:02
(30.09.2022, 10:31)Schneemann schrieb: Dass Herr Erdogan zur Mäßigung aufruft, ist die eine Sache (er ist ja auch nicht unbedingt jemand, der im Verdacht steht, sich zu mäßigen), aber man sollte auch anmerken, dass selbst Staaten, die Russland eher noch wohlgesonnenen gegenüberstehen, die Vorgehensweise auch ablehnen bzw. angekündigt haben, die Annexionen nicht anzuerkennen - darunter auch China, Kasachstan und sogar das traditionell russlandfreundliche Serbien.
Schneemann
Annexionen eines Gebietes machen jeden Staat erst einmal misstrauisch gegenüber den Annektor.
Erdogan mag zwar die Männerfreundschaft zu Russland spielen, politisch sind die Türkei und Russland aber auf vielen Gebieten komplett über Kreuz.
1. Syrien: Assad für Putin, kein Assad für Erdogan. Erdogan war mit einer der enthusiastischsten Vertreter der "Assad muss weg" Bewegung. Russland unterstützt Assad massiv, beide Seiten haben Soldaten verloren als sie sich gegenseitig beschossen haben. In Idlib hält ein Frieden, mehr oder weniger. Von der Türkei unterstützte Islamistische Milizen halten da noch aus. Assad ist nicht stark genug diese zu besiegen, die Türkei will dort keine Kämpfe da sie eine erneute Massenflucht fürchtet.
2. Libyen: Auch hier unterstützen beide Seiten die Gegenseite.
3. Kaukasus: Aserbaidschan für die Türkei, Armenien für Russland.
4. Zentralasien: Die Türkei hat in den letzten Jahren oftmals die Turkvölker in Zentralasien umworben (gemeinsame Herkunft und Religion), Völker die Russland traditionell unterworfen hatte und Länder wo Russland als regionale Ordnungsmacht auftrat. Die meisten dieser Gebiete gehörten ja zur Sowjetunion und zum russischen Reich. Putin findet das ganz und gar nicht schön. Aber die Chinesen laufen beiden den Rang ab.
Noch dazu will die Türkei kein von Russland dominiertes schwarzes Meer. Mit dem Status Quo war man zufrieden. Abgesehen davon kann die Türkei es sich politisch, militärisch und vor allem ökonomisch nicht leisten, so auf Distanz zum Westen zu gehen. Und natürlich ist die Kurdenproblematik noch da - wenn jetzt Separatismus in der Ukraine unterstützt wird würde es den Kurden im Südosten vielleicht auch einfallen.
Und die Zentralasiatischen Staaten haben Angst - dort gibt es russische Minderheiten...