15.09.2022, 08:57
Die gerade durch Russland aktuell gepriesene Freundschaft zu Peking wird sicherlich bis zu einem gewissen Grad eine wirtschaftliche Entlastung für den Kreml bringen. Aber eben doch nur bis zu einem gewissen Grad - Manöver, zelebrierte Brüderschaft und Handelszunahme hin oder her. Es ist ja einerseits nicht nur die Frage, ob China für Russland durch den brennenden Reifen springen und den Rettungsanker geben will - man weiß in Peking durchaus, dass man ein gewaltiges Handelsvolumen mit den Westmächten hat, welches auch den Wohlstand in China mit bedingt und das man nicht so einfach wegen der Abenteuerbereitschaft des Kremlherrschers riskieren will.
Sondern es ist andererseits auch so, dass man in Peking nicht immer sonderlich gut mit Moskau stand (man denke an frühere politische Brüche im "roten Block", bis hin zu offenen Grenzkonflikten) und weiß, wie überheblich die Sowjets früher die Chinesen, als sie in der schwächeren Rolle waren, behandelten. Und da haben die Chinesen ein durchaus langes Gedächtnis. Und man weiß in Peking ebenso ganz genau, dass die russische Charmeoffensive derzeit auch dem Umstand geschuldet ist, dass sich der Kreml heillos verrannt hat in seinem ukrainischen Abenteuer und dass er international am Pranger steht und nun versucht, die Volksrepublik mehr oder minder als Ersatz für den Wegfall der Westkontakte einzuspannen.
Ich denke, bis zu einem gewissen Grad werden die Chinesen pragmatisch darauf eingehen, winken doch günstige Rohstoffe und auch einige Exportoptionen hinsichtlich eigener Technik. Aber sie werden sich nur so weit aus dem Fenster lehnen, als dass sie ihre wirtschaftlichen Beziehungen zum Westen nicht zerrütten. Weil das wäre ihnen die Rettung von Putins Thron dann doch nicht wert...
Schneemann
Sondern es ist andererseits auch so, dass man in Peking nicht immer sonderlich gut mit Moskau stand (man denke an frühere politische Brüche im "roten Block", bis hin zu offenen Grenzkonflikten) und weiß, wie überheblich die Sowjets früher die Chinesen, als sie in der schwächeren Rolle waren, behandelten. Und da haben die Chinesen ein durchaus langes Gedächtnis. Und man weiß in Peking ebenso ganz genau, dass die russische Charmeoffensive derzeit auch dem Umstand geschuldet ist, dass sich der Kreml heillos verrannt hat in seinem ukrainischen Abenteuer und dass er international am Pranger steht und nun versucht, die Volksrepublik mehr oder minder als Ersatz für den Wegfall der Westkontakte einzuspannen.
Ich denke, bis zu einem gewissen Grad werden die Chinesen pragmatisch darauf eingehen, winken doch günstige Rohstoffe und auch einige Exportoptionen hinsichtlich eigener Technik. Aber sie werden sich nur so weit aus dem Fenster lehnen, als dass sie ihre wirtschaftlichen Beziehungen zum Westen nicht zerrütten. Weil das wäre ihnen die Rettung von Putins Thron dann doch nicht wert...
Zitat:SANKTIONEN GEGEN MOSKAUhttps://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/c...16441.html
China lässt Russland zappeln
Die Annäherung der beiden Länder begann nicht erst mit der Annexion der Krim. Nun braucht der Kreml die Partnerschaft mit China wegen der Sanktionen des Westens mehr denn je. Doch vor dem Treffen Xis und Putins ziert sich Peking. [...]
Wenn der russische und der chinesische Präsident an diesem Donnerstag in Usbekistan zusammenkommen, wird das Treffen vor allem für Wladimir Putin von Bedeutung sein. Denn auf China richten sich die Hoffnungen des Kremls: Dorthin soll das Gas strömen, das Gazprom nicht mehr an Europa verkauft; von dort sollen Computerchips, Autos und Maschinen kommen, die der Westen wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine nicht mehr liefert. Doch bald sieben Monate nach Russlands Überfall nimmt Peking die Rolle des Retters noch immer nur zögerlich an.
Zwar sind Russlands Exporte nach China, insbesondere von Öl und Gas, zwischen Januar und August um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Doch in umgekehrter Richtung hüten sich Pekings Energiekonzerne, die Sanktionen des Westens zu unterlaufen. Und von der so dringend benötigten Technik kommt bisher nur wenig in Russland an: Die Importe aus China wuchsen bis August nur um 8,5 Prozent. Zwar füllen chinesische Automarken wie Chery und Great Wall zumindest teilweise die Lücke, die VW und andere westliche Hersteller in Russland hinterlassen, und auch die in Russland meistverkauften Smartphones und Fernseher stammen nun von chinesischen Herstellern. Doch ist all das noch lange kein vollständiger Ersatz für die westlichen Lieferanten. [...]
Als China Mitte der Neunzigerjahre vom Ölexporteur zum Energieimporteur wurde, stand Russland als Lieferant bereit – wobei es die meisten Pipelines nach Westen baute, wo noch deutlich mehr Energie benötigt wurde. In Russlands Wirtschaft habe lange eine „chauvinistische, eurozentristische Haltung“ geherrscht, so Gabujew; man habe etwa Banken lieber an Österreicher, Deutsche oder Franzosen verkauft als an Chinesen. Erst mit der Annexion der Krim und den westlichen Sanktionen habe sich das geändert. Tatsächlich wuchs der Handel zwischen den Ländern von 2014 bis 2021 um 50 Prozent. Doch stand China im vergangenen Jahr noch immer lediglich für ein Fünftel des russischen Außenhandels. [...]
In umgekehrter Richtung habe sich die Hoffnung russischer Unternehmer, die Chinesen würden sicherlich „alles kaufen“, nicht erfüllt: Die Brote russischer Bäckereien seien für den Geschmack der Chinesen zu süß und russische Süßigkeiten nicht hübsch genug verpackt gewesen. Dass chinesische Geschäftsleute in Verhandlungen die andere Seite zwei Stunden lang über die „Größe der chinesischen Nation“ belehren und keinen Millimeter von ihrer Maximalforderung abrücken: Diese Erfahrung machen mittlerweile nicht nur westliche, sondern auch russische Unternehmer. [...]
Aber für die Russen sei es immer noch besser, etwas weniger zu verdienen als gar nichts. China werde Russland zwar nicht „proaktiv“ retten, also etwa nicht in Energieprojekte investieren, die unter Sanktionen geraten könnten, wenn es das Öl und Gas von dort sowieso zu günstigen Preisen kaufen könne. Aber allein dadurch, dass China die Beziehungen nicht abbreche, erhalte Putin genügend Geld, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. [...]
Doch könnte sich die Stimmung im Fall einer militärischen Niederlage Russlands in der Ukraine drehen: Die aufstiegshungrigen Chinesen wollen nicht von einem Verlierer hinuntergezogen werden.
Unter Chinas Internetnutzern hat sich die Tonlage schon geändert. Es sind nicht nur Blogger, die normalerweise über Popstars und Schminkprodukte schreiben, die sich plötzlich auf die Seite der Ukraine stellen. Am Montag schrieb etwa Vermögensverwalter Li Yinghong aus Shenzhen an seine 35.000 Follower auf dem Kurznachrichtenkanal Weibo, dass, wer „sich nicht in die Welt integriert, nicht zum Industrieland aufsteigen“ könne. Friedlichkeit, Verlässlichkeit, Marktwirtschaft und ein Rechtsstaat seien universale Werte, ohne die ein Staat vom Rest der Welt nicht akzeptiert werde. Russland sei ein „Negativbeispiel“. 2700 ablehnende Kommentare hielten dem Blogger vor, die USA würden China niemals als Partner akzeptieren. 17.600 Menschen gaben Lis Absage an die Freundschaft zu Putin hingegen ein „Like“.
Schneemann