06.05.2022, 15:56
Werter Nightwatch:
Schade dass du ausgerechnet Gunnar Heinsohn anführen musst.
Bezüglich deiner Einschätzung der materiellen Überlegenheit der russischen Streitkräfte bei Kriegsbeginn kann ich dir vollumfänglich zustimmen, die Russen waren den Ukrainern materiell überlegen. Bereits bei der personellen Überlegenheit sieht es aber gar nicht mehr so sicher aus - aber völlig unabhängig davon ist hier meiner Meinung nach dein Fehler, dass du hier zu sehr diesen Ausgangspunkt überhöht, den bei der Durchführung eines ernsthaften Krieges muss man immer auch die Reserven und den weiteren Zulauf an Material bedenken. Die ukrainischen Streitkräfte wuchsen vom Personal her sehr schnell über die russischen hinaus und waren ihnen zeitnah vom Personal her zahlenmässig überlegen.
Und während sich das russische Material in erheblichem Umfang abnutzte, erhielten die Ukrainer immer mehr Waffensysteme und teilweise historisch beispiellose Waffenlieferungen. Daher stimmte schon nach kurzer Zeit diese Gegenüberstellung so nicht mehr und waren die Ukrainer zunehmend überlegen. Gerade deshalb kulminierte die russische Offensive so rasant und kam es schließlich zum Rückzug im Norden.
Die bloße Aufmarschstärke direkt an der Front als Kriterium heranzuziehen halte ich daher für unzureichend. Natürlich standen da mehr russische Panzer als im Donbass ukrainische, aber insgesamt sah die Materiallage nicht nur anders aus, sie veränderte sich vor allem anderen rasant, und darauf kommt es an.
Zu deinem letzten Absatz möchte ich dir noch dahingehend wiedersprechen, dass die scheinbare Emanzipation von den Prinzipien der Sowjetarmee, welche vor allem durch die "liberale" Armeereform angestrebt wurde - das also gerade diese Abkehr von der Doktrin welche du hier postulierst in den letzten Jahren massiv zurück genommen wurde und selbst auf dem Höhepunkt der "Reform" in Wahrheit nur halbherzig und auch noch auf eine falsche Weise erfolgte. Man beschädigte dabei die vorhandenen Strukturen ohne die dafür eigentlich als Ersatz und Verbesserung gedachten Veränderungen einzusetzen.
Es ist also gerade eben nicht das Resultat dieser "Emanzipation", welches hier in der Ukraine gescheitert ist. Sondern dieses Scheitern ist primär auch ein Resultat der Rücknahme, der Verfälschung, Verwässerung und direkten Sabotage der Militärreform durch Teile der russischen Regierung wie der russischen Armeeführung. Man hat also das was real war in Wahrheit verschlimmbessert.
Beschließend: worauf ich gerne tiefer eingehen würde, wäre gerade eben die Fragestellung, ob noch substanzielle Reserven generiebar wären und wie es sich eben real mit dem vorhandenen Gerät verhält. Wieviele Verbände in welcher Stärke und Ausstattung könnte die russische Armee noch aufstellen? Und wieviele wären notwendig um die Lage in der Ukraine kippen zu lassen?
Den an dieser Fragestellung hängt die Antwort auf die Frage nach den Folgen einer Mobilmachung ab.
Schade dass du ausgerechnet Gunnar Heinsohn anführen musst.
Bezüglich deiner Einschätzung der materiellen Überlegenheit der russischen Streitkräfte bei Kriegsbeginn kann ich dir vollumfänglich zustimmen, die Russen waren den Ukrainern materiell überlegen. Bereits bei der personellen Überlegenheit sieht es aber gar nicht mehr so sicher aus - aber völlig unabhängig davon ist hier meiner Meinung nach dein Fehler, dass du hier zu sehr diesen Ausgangspunkt überhöht, den bei der Durchführung eines ernsthaften Krieges muss man immer auch die Reserven und den weiteren Zulauf an Material bedenken. Die ukrainischen Streitkräfte wuchsen vom Personal her sehr schnell über die russischen hinaus und waren ihnen zeitnah vom Personal her zahlenmässig überlegen.
Und während sich das russische Material in erheblichem Umfang abnutzte, erhielten die Ukrainer immer mehr Waffensysteme und teilweise historisch beispiellose Waffenlieferungen. Daher stimmte schon nach kurzer Zeit diese Gegenüberstellung so nicht mehr und waren die Ukrainer zunehmend überlegen. Gerade deshalb kulminierte die russische Offensive so rasant und kam es schließlich zum Rückzug im Norden.
Die bloße Aufmarschstärke direkt an der Front als Kriterium heranzuziehen halte ich daher für unzureichend. Natürlich standen da mehr russische Panzer als im Donbass ukrainische, aber insgesamt sah die Materiallage nicht nur anders aus, sie veränderte sich vor allem anderen rasant, und darauf kommt es an.
Zu deinem letzten Absatz möchte ich dir noch dahingehend wiedersprechen, dass die scheinbare Emanzipation von den Prinzipien der Sowjetarmee, welche vor allem durch die "liberale" Armeereform angestrebt wurde - das also gerade diese Abkehr von der Doktrin welche du hier postulierst in den letzten Jahren massiv zurück genommen wurde und selbst auf dem Höhepunkt der "Reform" in Wahrheit nur halbherzig und auch noch auf eine falsche Weise erfolgte. Man beschädigte dabei die vorhandenen Strukturen ohne die dafür eigentlich als Ersatz und Verbesserung gedachten Veränderungen einzusetzen.
Es ist also gerade eben nicht das Resultat dieser "Emanzipation", welches hier in der Ukraine gescheitert ist. Sondern dieses Scheitern ist primär auch ein Resultat der Rücknahme, der Verfälschung, Verwässerung und direkten Sabotage der Militärreform durch Teile der russischen Regierung wie der russischen Armeeführung. Man hat also das was real war in Wahrheit verschlimmbessert.
Beschließend: worauf ich gerne tiefer eingehen würde, wäre gerade eben die Fragestellung, ob noch substanzielle Reserven generiebar wären und wie es sich eben real mit dem vorhandenen Gerät verhält. Wieviele Verbände in welcher Stärke und Ausstattung könnte die russische Armee noch aufstellen? Und wieviele wären notwendig um die Lage in der Ukraine kippen zu lassen?
Den an dieser Fragestellung hängt die Antwort auf die Frage nach den Folgen einer Mobilmachung ab.