03.05.2022, 10:34
@Quintus
Weiterhin ist das Zerschlagen eines Nachschubsystems auch nur relativ als entscheidend anzusehen bzw. hängt sehr stark vom Szenario ab. Wenn die Panzer mit nur 50 Kilometer Sprit "im Gepäck" ins Gelände losfahren (so wie es die Russen teils taten), dann geht die Rechnung auf und ist die Sache schnell zu Ende. Aber wenn die Tanks voll ausgestattet sind - und da können sie im Gelände durchaus mal 150 oder 200 Kilometer problemlos zurücklegen -, dann kann ein solches Szenario entschieden sein, noch ehe ich einen Nachschubkonvoi attackieren kann.
Weiterhin - eine Einschätzung zur russischen Wirtschaft, deren Kollaps ich für letzte Woche angenommen hatte (was aber wohl zu optimistisch von mir war):
Was also u. a. in die Knie gehen könnte, sind Elektroindustrie und Maschinenbau, da Komponenten bzw. Ersatzteile fehlen. Also genau die Zweige, die die Russen brauchen, wenn sie ihre lädierte Armee wieder aufrüsten wollen. Gut möglich also, dass Nightwatchs Prognose, dass das bis nach 2030 dauern wird, durchaus korrekt ist. Vielleicht dauert es sogar noch länger.
Und da zudem die Medikamentenbranche unter den Sanktionen leidet (was ich bislang gar nicht wusste), wird auch insgesamt die Volksgesundheit in Russland leiden. Und wenn man bedenkt, dass das Gesundheitssystem in Russland schon vor diesem leidigen Krieg mit den seit Jahren steigenden Tuberkulose-Fällen völlig überfordert war, so ist damit zu rechnen, dass sich die Lebenserwartung reduziert und auch der Gesundheitszustand neuer Rekruten absinken wird. Kurzum: Ein Desaster in der vollen Bandbreite...
Schneemann
Zitat:Infanterie kann Kampfpanzer bei einem Durchbruch nicht aufhalten. Sie kann diese nur indirekt bekämpfen, indem sie entsprechend die Nachschubwege, rückwärtige Dienste usw angreift und dadurch die Kampfpanzer indirekt entwertet bis man sie im Endeffekt einfach stehen lassen muss (im Kampf unbesiegt und trotzdem besiegt).Wieder mal ein "glasklares" Jein. Ich denke, es kommt auf die Situation an. Eine entschlossene, entsprechend gut ausgestattete Infanterietruppe kann einem Panzerverband, der durchzubrechen versucht, durchaus gefährlich werden. Wenn alles topfeben ist, wie bspw. an vielen Orten im Irak, dann hat die Infanterie sicherlich Probleme und wird niedergefahren, aber wenn es terrainspezifisch unübersichtlicher wird, wenn vllt. noch (so wie in der Ukraine) die Tanks an nur bestimmte Wege gebunden sind und wenn deren Aufklärung wiederum eher "suboptimal" ist, dann kann so ein Panzervorstoß - zumal, wenn ich mit älteren T-72-Modellen daherkomme - auch schnell zum Debakel werden. Ich mutmaße eben mal, dass die modernen Waffen vieles zumindest vager erscheinen lassen und dass bisher bekannte oder alteingefahrene Annahmen und Taktiken in mancherlei Hinsicht überdacht werden sollten.
Weiterhin ist das Zerschlagen eines Nachschubsystems auch nur relativ als entscheidend anzusehen bzw. hängt sehr stark vom Szenario ab. Wenn die Panzer mit nur 50 Kilometer Sprit "im Gepäck" ins Gelände losfahren (so wie es die Russen teils taten), dann geht die Rechnung auf und ist die Sache schnell zu Ende. Aber wenn die Tanks voll ausgestattet sind - und da können sie im Gelände durchaus mal 150 oder 200 Kilometer problemlos zurücklegen -, dann kann ein solches Szenario entschieden sein, noch ehe ich einen Nachschubkonvoi attackieren kann.
Weiterhin - eine Einschätzung zur russischen Wirtschaft, deren Kollaps ich für letzte Woche angenommen hatte (was aber wohl zu optimistisch von mir war):
Zitat:SANKTIONEN IM UKRAINEKRIEGhttps://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/r...99867.html
Russlands schwere Krise beginnt gerade erst
Noch erscheint Russlands Wirtschaft trotz Sanktionen recht stabil: Das liegt an Lagerbeständen, Lohnfortzahlung und staatlichen Eingriffen. Doch die Lage dürfte sich bald deutlich verschlechtern. [...]
Was die Zukunft der russischen Wirtschaft angeht, kommen aus der Führung des Landes widersprüchliche Aussagen. Präsident Wladimir Putin ist bemüht, die Folgen der schon jetzt beispiellos harten Wirtschaftssanktionen wegen Russlands Angriff auf die Ukraine kleinzureden. Mitte April verkündete er, der Sanktions-„Blitzkrieg“ des Westens habe nicht funktioniert, Finanzsystem und Industrie arbeiteten stabil, effektiv und „rhythmisch“.
Auf der anderen Seite steht die Zentralbank mit Prognosen, die viel düsterer – und realistischer – klingen. So warnt die Gouverneurin der Notenbank, Elwira Nabiullina, vor einem langfristigen Produktivitätsverlust und einer schweren Rezession mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 8 bis 10 Prozent in diesem Jahr. In einem aktuellen Bericht der Notenbank heißt es, dass insbesondere der Maschinenbau und die Elektroindustrie durch den Ausfall selbst weniger ausländischer Komponenten „gelähmt“ werden könnten. [...] Die Wirtschaftsdaten zeigen bisher kaum konkrete Folgen der Strafmaßnahmen. Allerdings sind viele Indikatoren auch gar nicht mehr verfügbar: So werden Import- und Exportdaten seit Februar nicht mehr herausgegeben, und auch die Entwicklung von Öl- und Gasförderung wird wegen des Krieges geheim gehalten. Banken und Unternehmen müssen ebenfalls keine Geschäftszahlen mehr veröffentlichen. [...]
Dass die verbleibenden Daten bis März noch keinen heftigen Absturz zeigen, liegt laut Zentralbank an den in den meisten Unternehmen noch verfügbaren Ersatzteilen. Wenn diese zur Neige gehen, könnte das in einzelnen Branchen dramatische Folgen haben, etwa bei der Medikamentenproduktion. Dafür werden in Russland zu etwa 80 Prozent importierte Bestandteile genutzt, wobei der allergrößte Teil davon schon vor dem Krieg aus Indien und China kam. Obwohl Medikamente nicht unter Sanktionen fallen, liefern nach Angaben russischer Produzenten europäische Partnerfirmen keine Rohstoffe für Arzneimittel mehr. [...]
Schon jetzt sinken die real verfügbaren Einkommen, insbesondere wegen der hohen Inflation, die Ende April bei 17,7 Prozent lag. Aus den Zahlen für das erste Quartal geht hervor, dass viele Russen bereits Erspartes verwenden müssen, um alltägliche Ausgaben zu bestreiten. Dem Analysten Gunter Deuber von der Raiffeisen Bank International zufolge steht dem Land eine „wohl schlimmere Wirtschafts- und Finanzkrise“ bevor als Ende der Neunzigerjahre, die ein „tiefer Einschnitt im kollektiven russischen Gedächtnis“ seien. Die russische Führung treffe „keinerlei längerfristig orientierte, ökonomisch-rationale Abwägungen mehr“. [...]
Laut dem Chef des Rechnungshofs, Alexej Kudrin, muss die Wirtschaft in diesem Jahr mit umgerechnet etwa 81 Milliarden Euro gestützt werden. Vom kommenden Jahr an soll der Wohlfahrtsfonds mit neuen „Budgetregeln“ wieder aufgefüllt werden, und zwar, laut Finanzminister Anton Siluanow, „im Rubel-Äquivalent“. Dafür muss Russland nicht einmal selbst Rubel drucken und damit die Inflation weiter anheizen – solange es weiterhin die Möglichkeit hat, Öl und Gas zu verkaufen.
Was also u. a. in die Knie gehen könnte, sind Elektroindustrie und Maschinenbau, da Komponenten bzw. Ersatzteile fehlen. Also genau die Zweige, die die Russen brauchen, wenn sie ihre lädierte Armee wieder aufrüsten wollen. Gut möglich also, dass Nightwatchs Prognose, dass das bis nach 2030 dauern wird, durchaus korrekt ist. Vielleicht dauert es sogar noch länger.
Und da zudem die Medikamentenbranche unter den Sanktionen leidet (was ich bislang gar nicht wusste), wird auch insgesamt die Volksgesundheit in Russland leiden. Und wenn man bedenkt, dass das Gesundheitssystem in Russland schon vor diesem leidigen Krieg mit den seit Jahren steigenden Tuberkulose-Fällen völlig überfordert war, so ist damit zu rechnen, dass sich die Lebenserwartung reduziert und auch der Gesundheitszustand neuer Rekruten absinken wird. Kurzum: Ein Desaster in der vollen Bandbreite...
Schneemann