Russland vs. Ukraine
Ein weiterer Faktor bzgl. der aktuellen ukrainischen Offensive ist anscheinend auch, dass die Ukrainer durch die teils hastige Absetzbewegung der Russen stärker werden, da die russischen Streitkräfte unverständlicherweise z. T. voll funktionsfähiges Gerät zurückgelassen haben. Anstatt dass die Russen z. B. Fahrzeuge anzünden, Teile ausbauen und mitnehmen, Fahrzeuge mit Sprengfallen versehen oder die Motoren sich überhitzen und festfressen lassen (ein recht beliebtes Vorgehen bei der Unbrauchbarmachung von Fahrzeugen), scheint es so zu sein, dass nicht einmal dieser im Grunde selbstverständliche Teil einer Kriegführung beherzigt wird, wonach man dem Gegner keine brauchbaren Fahrzeuge überlässt.

Stattdessen lässt man die Fahrzeuge einfach in der Landschaft oder in Hinterhöfen stehen. Und die Ukrainer brauchen sie nur zu prüfen, vollzutanken, ggf. Munition einzuladen (teils ist sogar die Munition noch vorhanden) und können die Fahrzeuge dann selbst einsetzen. Vermutlich haben die Ukrainer alleine in den letzten fünf, sechs Tagen rund 200 verschiedene Fahrzeuge erbeutet, von denen nach kurzen Wartungszyklen vermutlich um die 100 (Schätzung) sofort weiter genutzt werden konnten. Es ist schlicht unfassbar, wie dilettantisch, selbstgefällig und schulterzuckend saumselig die Russen hier mit ihrem Fuhrpark umgehen - und es wird ihnen zum Nachteil gereichen...
Zitat:ZURÜCKGELASSEN

Ukraine rüstet mit russischen Waffen auf

Die Ukraine hat bei ihren jüngsten Gebietsgewinnen im Kampf gegen Russland – der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht von 6.000 Quadratkilometern seit September – auch zahlreiche zurückgelassene russische Waffen erbeutet. Damit wird die ukrainische Armee neben den ausländischen Waffenlieferungen aufgerüstet, wie die „New York Times“ schreibt. [...]

So soll es einer ukrainischen Einheit gelungen sein, in der Region Charkiw bereits so viel russische Ausrüstung einschließlich Panzer und Munition zu erbeuten, dass andere Einheiten versuchten, damit auch ihre eigene Einheit aufzurüsten bzw. die Lücken aufzufüllen – quasi ein Tauschhandel unter den ukrainischen Einheiten. [...] Die erbeuteten Waffen sind für die Ukraine von enormem doppeltem Nutzen. Einerseits fehlen sie der russischen Armee und diese muss sie ersetzen, andererseits werden die Waffen wahrscheinlich wieder ihren Weg an die Front finden – auf der ukrainischen Seite, so die „New York Times“ weiter. Mit den teils moderneren russischen Waffen werden die abgenutzten, noch aus der Sowjetzeit stammenden ersetzt, heißt es weiter. Laut Michael Kofman, Chef der Russland-Abteilung des militärnahen US-Thintanks Center for Naval Analyses (CNA), gaben die russischen Streitkräfte bei ihrem Rückzug „viel“ an Militärgerät auf. [...]

Auch um die Moral der russischen Truppen in der Ukraine steht es offenbar nicht gut: Laut Angaben eines hohen Offiziers im US-Verteidigungsministerium, der namentlich nicht genannt werden wollte, in der „New York Times“ sind russische Soldaten nach Hause zurückgekehrt, statt sich anderswo in der Ukraine wie angeordnet neu zu formieren.
https://orf.at/stories/3285027/

Dazu auch:
Zitat:Russia Is Supplying Ukraine With Lightly Used Tanks

Ukraine’s military has captured over 200 Russian vehicles in a more than weeklong offensive that has seen the war-torn country reconquer most of Kharkiv Oblast, a Ukrainian military official told Foreign Policy. The harvest of Russian armor is something that Ukraine now plans to use against the flagging Russian military.

As Russian forces surrendered more than 2,300 square miles to advancing Ukrainian troops in a little over a week—more ground than Russia has taken in the last five months of fighting—some troops running for their lives left vast stashes of Soviet-era weaponry, which the defending Ukrainians can now operate, including at least 17 vehicles on Monday alone. [...] “They just left their tanks, artillery, special equipment, a lot of armor, and were just trying to save their lives,” a Ukrainian military official told Foreign Policy, speaking on condition of anonymity to provide an update on ongoing military operations. “They will be used against Russia.” [...]

The losses of equipment, vehicles, and troops from the Ukrainian surge in the last week have also left some Russian units in tatters. Britain’s defense ministry reported on Tuesday that the 1st Guards Tank Army—one of Moscow’s most prestigious military units, tasked with guarding the Russian capital or leading counterattacks in a possible war against the NATO alliance—was withdrawn from Kharkiv in a “severely degraded” state. “It will likely take years for Russia to rebuild this capability,” the ministry assessed.
https://foreignpolicy.com/2022/09/13/rus...s-kharkiv/

Schneemann
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@Schneemann
Ohne abfällig klingen zu wollen, aber das kann doch nach sechs Monaten der Beobachtung dieses Schauspiels in der Ukraine nicht mehr überraschen. Die russische Armee legt seit Beginn des Krieges eine Disziplinlosigkeit an den Tag, die bei ernsthaften Armeen ihres gleichen sucht und regelmäßig in Zuständen ausartet, die mit Verwahrlosung akkurat umschrieben sind.
Das dann bei einer derart dynamischen Rückwärtsbewegung jede Menge Gerät schlicht stehen gelassen wird ist doch nur eine Fortschreibung dieser Zustände. Erstaunlich für mich eher, dass überhaupt so viele Russen relativ geordnet rausgekommen sind. Das hätte noch ganz anders ausgehen können.

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Weils mir auf den Zeiger geht, der geschätzte Herr Generalinspekteur glänzt mit militärischen Sachverstand. Die Welt zitiert vorab:

Zitat: Bundeswehr-Inspekteur General Eberhard Zorn warnt vor zu viel Euphorie beim deutschen Blick nach Kiew. Er könne derzeit keine echte Gegenoffensive der Ukrainer erkennen: „Ich bin mit den Begriffen vorsichtig“, sagte er in einem Gespräch mit dem Magazin „Focus“, das am Samstag erscheinen wird.
Stattdessen sehe er allenfalls „Gegenstöße, mit denen man Orte oder einzelne Frontabschnitte zurückgewinnen, aber nicht Russland auf breiter Front zurückdrängen kann“. Auch der herannahende Winter werde „das Leid nicht mindern – im Gegenteil“.
Die ukrainische Armee agiere zwar „klug, bietet selten eine Breitseite und führt souverän und sehr beweglich die Operationen“. Und „noch vor zwei Wochen hätte ich gesagt, dass der gesamte Donbass in sechs Monaten in russischer Hand ist. Heute sage ich: Das werden sie nicht schaffen.“
Aber ob die Ukrainer wirklich die Kraft für eine Gegenoffensive hätten, bezweifelt Zorn, der ranghöchste Soldat der Bundeswehr: „Sie bräuchten eine Überlegenheit von mindestens 3 zu 1.“
In dem Interview bekräftigte Zorn zudem seine Befürchtung, dass Russland eine zweite Front aufmachen könnte und nannte mögliche Angriffsorte: „Kaliningrad, die Ostsee, die finnische Grenze, Georgien, Moldau… es gibt viele Möglichkeiten. Die Fähigkeiten hätte Putin. Auch wenn etwa 60 Prozent seiner Landstreitkräfte im Ukraine-Krieg gebunden sind, verfügen die Landstreitkräfte sowie vor allem die russische Marine und Luftwaffe noch über ungebundene Kapazitäten. Würde Putin eine Generalmobilmachung anordnen, hätte er auch keine Personalprobleme.“
https://www.welt.de/politik/ausland/arti...folge.html

Böswillig könnte man behaupten, auf den Spuren eines gewissen Brigadegenerals E. V., ich hoffe doch sehr, dass intern auch noch andere Stimmen Gewicht finden. Wobei es auch die Haltung der politischen Führung ein Stück weit erklärt…

1. Die Operation gegen den Frontbogen vor Izium und die nicht als Offensive, sondern als Gegenstoß zu bezeichnen ist schon eine sehr spezielle Sichtweise. Zwar man es jenseits des taktischen Gegenstoßes im Gefecht auch auf operativer Ebene das Instrument des Gegenstoßes geben, diese Einordnung wird dem Geschehen (Aufgabe einer kompletten Front, Zerschlagung der 1. Garde-Panzerarmee) aber nicht in Ansätzen gerecht.
Es kann dabei auch keine Rede davon sein, dass die Ukrainer lediglich ‚Orte und einzelne Frontabschnitte zurückgewonnen‘ und die Russen nicht ‚auf breiter Front zurückgedrängt‘ haben.
Zumindest wenn man die Begrifflichkeit der Gegenoffensive nicht auf nicht regelrecht vernichtende operative Erfolge wie Bagration oder die Bodenoperationen während Desert Storm reduziert, was grober Unfug wäre.
Die Ukraine hat mit ihrer Offensive im Donbass in weniger als einer Woche mehr Territorium und Ortschaften befreit als die Russen in den letzten fünf Monaten haben einnehmen können. Damit ist dazu eigentlich alles gesagt.

2. Wenn der Generalinspekteur tatsächlich noch vor zwei Wochen gesagt hätte, dass die Russen innerhalb der nächsten sechs Monate den restlichen Donbass würde einnehmen können, ist das in mehrfacher Hinsicht eine sehr irritierende Aussage.
Wahlweise herrscht hier offensichtlich kein Verständnis darüber, welches Gebiet der sogenannte Donbass überhaupt umfasst, wie sich dort in den letzten sechs Monaten die Frontbewegungen entwickelten, welche Reserven die Ukraine im letzten halben Jahr hat generieren können, in welchen Zustand die Russen dort nach der Verlegung an die Kherson Front dort offensichtlich (gewesen) sind und welchen Einfluss das Wetter in der Winterjahreshälfte auf die Operationen dort haben wird.
Ich habe sicherlich nicht die Einblicke des Generalinspekteurs, aber darauf die Gegenoffensive zu verschlafen (interessant mit wem die Ukrainer sich hier bezüglich dem operativen Geschehens so austauschen, die Bundeswehrt ganz offensichtlich nicht) und stattdessen den Fall der Linie Slovyansk – Kramatorsk – Kostyantynivka für möglich zu halten während die Russen seit gefühlt schon immer vor Bakhmut festhängen ist schon speziell.

3. Nicht weniger irritierend (aber damit leider nicht alleinstehend) das der Generalinspekteur das Bonmont der 3 zu 1 Überlegenheit bemüht ohne die eine Offensive nicht möglich sein soll. Mal ungeachtet des Umstandes, dass bei der Offensive im Donbass eine lokale Überlegenheit von 6 zu 1 und mehr erreicht werden konnte – diese Aussage taugt doch bestenfalls als Orientierungshilfe für den angehenden Leutnant als für eine Sachkundige Einordnung der Verhältnisse und Möglichkeiten an den verschiedenen Abschnitten der Front.
Zumindest die Beobachtung, dass die Mehrheit der einschlägig bekannten und erfolgreichen Bodenoffensiven der letzten fünfzig Jahre durchaus gegen quantitativ überlegene Gegner durchgeführt wurde sollte auch bis höhere Bundeswehrkreise durchgedrungen sein. Numerische Überlegenheit ist so mitnichten allein entscheidend, Ausrüstung, Führung, Motivation und Gelände können quantitative Vorteile auch in den Offensive sehr schnell negieren. Das ist nicht weniger eine Binsenweisheit als die 3 zu 1 Überlegenheit des Generalinspekteurs, aber ein bisschen mehr kann man auch in einem Interview erwarten.

4. Ich unterstelle dem Generalinspekteur, dass seine Äußerungen hinsichtlich der möglichen Eröffnung einer Front politischer Natur und dazu gedacht sind, der Ministerin in der ‚Panzerfrage‘ den Rücken zu stärken. Wenn er in der jetzigen Lage tatsächlich einen Angriff auf Europa a) für realistisch möglich und b) diesseits des Atomkriegs für irgendwie bedrohlich hält wäre das ein (weiterer) Grund für eine sofortige Ablösung. Mal ganz davon abgesehen, dass ich die Aussage, dass lediglich 60% der russischen Landstreitkräfte mit der Ukraine beschäftigt sind für schlicht falsch halte, jetzt noch weitere Fronten zu eröffnen und die westliche Welt direkt in den Krieg hineinzuziehen ist eine absurde Idee und ziemlich das dümmste was Russland im Moment tun könnte.

5. Selbst im russischen Propagandafernsehen dringt mitunter die Erkenntnis durch, dass eine Generalmobilmachung immense Schwierigkeiten mit sich bringt. Zum einen die Materialfrage, es ist 30 Jahre nach dem Ende der Sowjetunion und sechs Monaten Krieg keineswegs gewiss, dass Russland noch über so viel Material verfügt, dass Reserveverbände im nennenswerten Umfang zeitnah adäquat ausstatten und versorgen könnte. Dann die wirtschaftlichen Implikationen. Die Reservisten müssen kommen ja nicht von irgendwo sondern aus der Wirtschaft. Eine Generalmobilmachung hätte erhebliche wirtschaftliche Implikationen um nicht zu sagen, wäre für die russische Wirtschaft wohl der Todesstoß. Womit man dann auch schon beim Hauptargument dagegen wäre - ich glaube nach wie vor nicht, dass das Regime Putin (und nicht nur Putin selbst) bereit ist das Risiko einzugehen die ethnischen Russen in Masse an die Front zu rufen. So schrill die mediale Propaganda zum Teil sein mag, im komfortablen Moskau und St. Petersburg schreit es sich leicht, aber es ist auch in Russland nicht mehr 1914 und die Bereitschaft für einen Opfergang ist insbesondere bei der Jugend sehr übersichtlich.

Insofern, sehr oberflächliche, sehr enttäuschende Einlassung des Herrn Generalinspekteurs. Leider aber auch sehr passend zur Politischen Grundhaltung und damit nicht überraschend.
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Oberst Reisner wieder einmal ... Die ukrainischen Offensiven in Cherson und Charkiv
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Die gerade durch Russland aktuell gepriesene Freundschaft zu Peking wird sicherlich bis zu einem gewissen Grad eine wirtschaftliche Entlastung für den Kreml bringen. Aber eben doch nur bis zu einem gewissen Grad - Manöver, zelebrierte Brüderschaft und Handelszunahme hin oder her. Es ist ja einerseits nicht nur die Frage, ob China für Russland durch den brennenden Reifen springen und den Rettungsanker geben will - man weiß in Peking durchaus, dass man ein gewaltiges Handelsvolumen mit den Westmächten hat, welches auch den Wohlstand in China mit bedingt und das man nicht so einfach wegen der Abenteuerbereitschaft des Kremlherrschers riskieren will.

Sondern es ist andererseits auch so, dass man in Peking nicht immer sonderlich gut mit Moskau stand (man denke an frühere politische Brüche im "roten Block", bis hin zu offenen Grenzkonflikten) und weiß, wie überheblich die Sowjets früher die Chinesen, als sie in der schwächeren Rolle waren, behandelten. Und da haben die Chinesen ein durchaus langes Gedächtnis. Und man weiß in Peking ebenso ganz genau, dass die russische Charmeoffensive derzeit auch dem Umstand geschuldet ist, dass sich der Kreml heillos verrannt hat in seinem ukrainischen Abenteuer und dass er international am Pranger steht und nun versucht, die Volksrepublik mehr oder minder als Ersatz für den Wegfall der Westkontakte einzuspannen.

Ich denke, bis zu einem gewissen Grad werden die Chinesen pragmatisch darauf eingehen, winken doch günstige Rohstoffe und auch einige Exportoptionen hinsichtlich eigener Technik. Aber sie werden sich nur so weit aus dem Fenster lehnen, als dass sie ihre wirtschaftlichen Beziehungen zum Westen nicht zerrütten. Weil das wäre ihnen die Rettung von Putins Thron dann doch nicht wert...
Zitat:SANKTIONEN GEGEN MOSKAU

China lässt Russland zappeln

Die Annäherung der beiden Länder begann nicht erst mit der Annexion der Krim. Nun braucht der Kreml die Partnerschaft mit China wegen der Sanktionen des Westens mehr denn je. Doch vor dem Treffen Xis und Putins ziert sich Peking. [...]

Wenn der russische und der chinesische Präsident an diesem Donnerstag in Usbekistan zusammenkommen, wird das Treffen vor allem für Wladimir Putin von Bedeutung sein. Denn auf China richten sich die Hoffnungen des Kremls: Dorthin soll das Gas strömen, das Gazprom nicht mehr an Europa verkauft; von dort sollen Computerchips, Autos und Maschinen kommen, die der Westen wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine nicht mehr liefert. Doch bald sieben Monate nach Russlands Überfall nimmt Peking die Rolle des Retters noch immer nur zögerlich an.

Zwar sind Russlands Exporte nach China, insbesondere von Öl und Gas, zwischen Januar und August um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Doch in umgekehrter Richtung hüten sich Pekings Energiekonzerne, die Sanktionen des Westens zu unterlaufen. Und von der so dringend benötigten Technik kommt bisher nur wenig in Russland an: Die Importe aus China wuchsen bis August nur um 8,5 Prozent. Zwar füllen chinesische Automarken wie Chery und Great Wall zumindest teilweise die Lücke, die VW und andere westliche Hersteller in Russland hinterlassen, und auch die in Russland meistverkauften Smartphones und Fernseher stammen nun von chinesischen Herstellern. Doch ist all das noch lange kein vollständiger Ersatz für die westlichen Lieferanten. [...]

Als China Mitte der Neunzigerjahre vom Ölexporteur zum Energieimporteur wurde, stand Russland als Lieferant bereit – wobei es die meisten Pipelines nach Westen baute, wo noch deutlich mehr Energie benötigt wurde. In Russlands Wirtschaft habe lange eine „chauvinistische, eurozentristische Haltung“ geherrscht, so Gabujew; man habe etwa Banken lieber an Österreicher, Deutsche oder Franzosen verkauft als an Chinesen. Erst mit der Annexion der Krim und den westlichen Sanktionen habe sich das geändert. Tatsächlich wuchs der Handel zwischen den Ländern von 2014 bis 2021 um 50 Prozent. Doch stand China im vergangenen Jahr noch immer lediglich für ein Fünftel des russischen Außenhandels. [...]

In umgekehrter Richtung habe sich die Hoffnung russischer Unternehmer, die Chinesen würden sicherlich „alles kaufen“, nicht erfüllt: Die Brote russischer Bäckereien seien für den Geschmack der Chinesen zu süß und russische Süßigkeiten nicht hübsch genug verpackt gewesen. Dass chinesische Geschäftsleute in Verhandlungen die andere Seite zwei Stunden lang über die „Größe der chinesischen Nation“ belehren und keinen Millimeter von ihrer Maximalforderung abrücken: Diese Erfahrung machen mittlerweile nicht nur westliche, sondern auch russische Unternehmer. [...]

Aber für die Russen sei es immer noch besser, etwas weniger zu verdienen als gar nichts. China werde Russland zwar nicht „proaktiv“ retten, also etwa nicht in Energieprojekte investieren, die unter Sanktionen geraten könnten, wenn es das Öl und Gas von dort sowieso zu günstigen Preisen kaufen könne. Aber allein dadurch, dass China die Beziehungen nicht abbreche, erhalte Putin genügend Geld, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. [...]

Doch könnte sich die Stimmung im Fall einer militärischen Niederlage Russlands in der Ukraine drehen: Die aufstiegshungrigen Chinesen wollen nicht von einem Verlierer hinuntergezogen werden.

Unter Chinas Internetnutzern hat sich die Tonlage schon geändert. Es sind nicht nur Blogger, die normalerweise über Popstars und Schminkprodukte schreiben, die sich plötzlich auf die Seite der Ukraine stellen. Am Montag schrieb etwa Vermögensverwalter Li Yinghong aus Shenzhen an seine 35.000 Follower auf dem Kurznachrichtenkanal Weibo, dass, wer „sich nicht in die Welt integriert, nicht zum Industrieland aufsteigen“ könne. Friedlichkeit, Verlässlichkeit, Marktwirtschaft und ein Rechtsstaat seien universale Werte, ohne die ein Staat vom Rest der Welt nicht akzeptiert werde. Russland sei ein „Negativbeispiel“. 2700 ablehnende Kommentare hielten dem Blogger vor, die USA würden China niemals als Partner akzeptieren. 17.600 Menschen gaben Lis Absage an die Freundschaft zu Putin hingegen ein „Like“.
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/c...16441.html

Schneemann
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Das Thema ist nicht neu, und wir haben darüber hier im Strang schon öfters auch gesprochen. Dennoch kann man es nicht genug betonen, wie gravierend sich das Wetter auf das Kriegsszenario im Osten der Ukraine auswirkt. Und der Winter naht bzw. erst einmal die Schlammphase...
Zitat:Gefahr durch Medicanes

Wie das Wetter den Ukraine-Krieg beeinflusst

Wie sich der Krieg in der Ukraine entwickelt, kann niemand voraussagen. Sicher ist aber, dass sich beide Kriegsparteien auf einen Wetterumschwung gefasst machen müssen. Im Herbst drohen Überschwemmungen und Matschböden, im Winter bitterkalte Tage und Nächte. Allein deshalb wird der Krieg wahrscheinlich noch lange dauern.

Die ukrainischen Gegenstöße im Krieg gegen Russland kommen gerade noch zum richtigen Zeitpunkt. Einerseits, weil Kiews Militär dem Westen beweist, dass sich die militärische Unterstützung lohnt und damit auch der Kampfpanzer-Debatte Nachdruck verleiht. Anderseits, weil sich der warme Spätsommer verabschiedet und ein Wetterumschwung bevorsteht. Dieser kann großen Einfluss auf das Kriegsgeschehen haben, ist Sicherheitsexperte Joachim Weber von der Universität Bonn im ntv-Podcast "Wieder was gelernt" überzeugt. Die Witterung spiele eine "ganz entscheidende Rolle bei den gegenwärtigen Kalkulationen und strategischen Überlegungen der Kriegsparteien". [...]

Der Herbst ist in der Ukraine traditionell nass und schlammig. Für schweres Kriegsgerät sind das keine guten Bedingungen. Zwar können moderne Panzer mittlerweile auch Matsch und Schlamm überwinden, aber nur extrem schwerfällig. Wahrscheinlich sei das Gelände ab Oktober "für beide Seiten kaum noch nutzbar", hat Militärexperte Carlo Masala von der Bundeswehr-Universität München bereits Ende August im Stern-Podcast "Ukraine - die Lage" prognostiziert. [...] "Wenn es schlammig ist, kann man sich mit Ketten- oder Radfahrzeugen außerhalb befestigter Wege kaum noch bewegen. Das heißt, die Kriegsaktivitäten werden dann von beiden Seiten heruntergehen, weil sie nicht mehr zu nennenswerten Bewegungen nach vorne in der Lage sein werden", gibt Masala zu bedenken. [...]

Die Aussichten für den Rest des Monats sagen mildes Wetter voraus, sagt ntv-Meteorologe Björn Alexander im Podcast "Wieder was gelernt": "Im Süden des Landes, Richtung Odessa, kann es mit Temperaturen von bis zu 25 Grad auch nochmal sommerlich werden. Der Norden kühlt ab bei Höchstwerten von um die 15 Grad, nachts einstellig, örtlich geht es langsam Richtung Bodenfrost. [...] Und auch der Süden der Ukraine bleibt von kräftigen Regenschauern und Gewittern im Herbst in der Regel nicht verschont. Über dem Mittelmeer können sich in dieser Jahreszeit sogar Medicanes entwickeln. Ein "Mediterranean hurricane" ist ein besonders intensiver Sturm, dessen Ausläufer auch Richtung Schwarzes Meer und dann weiter zum ukrainischen Festland ziehen können, berichtet Björn Alexander. [...] Starkregen, der zu Hochwasser und Überschwemmungen führt, könnte jedenfalls den Kriegsverlauf beeinflussen. Wenn ein Fluss über die Ufer tritt, sind behelfsmäßige Pontonbrücken schnell weggeschwemmt. In dem Fall wäre es deutlich schwieriger, Waffen, Raketen und Verpflegung für die Truppen an die Front zu bringen. Das gilt natürlich für beide Kriegsparteien.
https://www.n-tv.de/politik/Podcast-Wied...92207.html

In gewisser Weise bin ich froh, dass sich endlich einmal die Herrschaften Experten aufraffen, dem Wetter eine gewisse Wichtigkeit zuzuweisen. Aber andererseits nervt es mich auch, wie überrascht man nun mehr oder minder tut, nach dem Motto: "Im Herbst kommt ja der Schlamm!" Das ist zwar nicht falsch, aber der Schlamm war auch schon im Frühjahr da - und da hörte man von den jetzigen Experten doch recht wenig bis gar nichts.

Und sind wir ehrlich: Wenn ein, wie im Artikel benannt, Militärexperte von der Bundeswehr-Universität München nun bemerkt, dass es dann ja "schlammig wird und man sich mit Ketten- oder Radfahrzeugen dann außerhalb befestigter Wege kaum noch bewegen kann", dann sind das keine neuen und nun überraschend vom Himmel gefallenen Weisheiten, die man nur mit einem mehrjährigen Studium in Erfahrung bringen könnte.

Es ist leider schon ziemlich ernüchternd, dass diese sicher hochbezahlten Fachleute erst nach sechs Monaten Krieg so langsam bemerken, dass das Wetter auf dem Kriegsschauplatz Ukraine eine entsprechend gewichtige Rolle spielt. Man hätte sich nur mal alte Gefechtsberichte aus dem Zweiten Weltkrieg und die Topographie anschauen müssen und man hätte dann schon im Frühjahr gewusst, dass spätestens im April sich alles festfährt (was auch geschah).

Schneemann
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Blick von Osten

Zitat:An der Cherson-Front hat der Feind in den letzten Tagen weitergemacht, und sein Gebiet um das Dorf Malaya Sedemenukha ausgedehnt. Er hat auch die Kontrolle über Bezymenoye (auf der Karte südöstlich von Sedemenukha) erlangt und ist weiter entlang der Linie Bezymennoye-Schastlivoe-Kostromka-Dry Stavok vorgestoßen. Die Kämpfe in der Gegend von Bezymenny gehen weiter. Es handelte sich bei den Angriffen im Raum Kherson also keineswegs um eine Ablenkung oder Scheinangriffe, sondern um eine zweite vollständige Offensive des Feindes.

Die Streitkräfte der Ukraine sollen seit dem frühen Morgen entlang der gesamten Grenzlinie auf russisches Territorium geschossen haben. Gesichert wurden mindestens 8 Raketen über Belgorod durch unsere Luftabwehr abgeschossen. Die Raketenstarts wurden von außerhalb und aus der Region Woltschansk durchgeführt, was uns erneut erlaubt, die tiefe Weisheit und das Talent unseres Generalstabs zu bewundern. - Wenn unsere Truppen Volchansk nicht kampflos verlassen hätten, hätte unsere Luftverteidigung heute über Belgorod keine so herausragenden Erfolge erzielen können.

Was nun den Beschuss anderer Siedlungen auf dem Gebiet der russischen Föderation mit Rohrartillerie betrifft muss ich anmerken, dass unsere "Führer" in ihren Erzählungen über die militärische Spezialoperation nie über die Sicherheit des Territoriums der Russischen Föderation oder gar die Sicherheit der Region Belgorod gesprochen haben.

Um das klar zu stellen: Das Feuer wird aus dem Gebiet des Dorfes Zarozhnoye im Bezirk Chuguevsky abgefeuert und trifft im Raum Belgorod im Gebiet der russischen Föderation ein. Aber im Grunde ändert das überhaupt nichts ... Wenn du in einem Kampf nicht ernsthaft genug zuschlägst, heißt das noch lange nicht, dass sie dich nicht umgekehrt ernsthaft schlagen, oder?

Die Kämpfe um das Dorf Pravdino dauerten auch heute (genau wie gestern) den ganzen Tag an. Die Ukrainer stürmten schließlich mit Hilfe von zwei verstärkten Infanterie-Kompanien das Dorf mit Unterstützung durch Schützenpanzer. Es gelang ihnen einzubrechen, aber sie konnten sie nicht dauerhaft halten und wurdne schließlich wieder von dort vertrieben. Wie die Kämpfe dort ausgehen oder ausgegangen sind, ist mir im Moment noch nicht bekannt.

Der Angriff auf Pravdino wurde abgewehrt. Von den beiden verstärkten Kompanien der Streitkräfte der Ukraine blieben "nur Erinnerungen". Unsere Truppen haben jedoch auch ernsthafte Verluste erlitten, und es lohnt sich nicht, sich "auf unseren Lorbeeren auszuruhen" - es wird viele weitere Angriffe geben. Der Feind hat inzwischen eine Menge Leute unter Waffen und - inzwischen eine Menge militärischer Ausrüstung. Der Grund warum die Ukrainer zur Zeit wieder festhängen ist, dass es angefangen hat zu regnen.

Michael Kofmann:

https://warontherocks.com/2022/09/ukrain...lack-week/

Ukraine’s Kharkhiv Operation and the Russian Military’s Black Week

Und Kupiansk ist gesichert an die Ukrainer gefallen:

Zitat:The Ukrainian Army on Friday claimed another major victory in its Kharkiv counteroffensive, capturing the eastern section of the city of Kupiansk, a key railhead located about 40 miles northeast of Izyum, which had been previously liberated.

https://www.thedrive.com/the-war-zone/uk...r-key-city
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Über die kriegswirtschaftliche Frage:

https://www.youtube.com/watch?v=j0i4urXJ3Ps

Und eine ausführlichere Diskussion:

https://www.youtube.com/watch?v=qdJ0T9XRLS8
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Ergänzend zu den Ausführungen von Nightwatch, dessen Einschätzungen bezüglich des GI ich größtenteils nur vollauf teilen kann:

Zitat:5. Selbst im russischen Propagandafernsehen dringt mitunter die Erkenntnis durch, dass eine Generalmobilmachung immense Schwierigkeiten mit sich bringt. Zum einen die Materialfrage, es ist 30 Jahre nach dem Ende der Sowjetunion und sechs Monaten Krieg keineswegs gewiss, dass Russland noch über so viel Material verfügt, dass Reserveverbände im nennenswerten Umfang zeitnah adäquat ausstatten und versorgen könnte. Dann die wirtschaftlichen Implikationen. Die Reservisten müssen kommen ja nicht von irgendwo sondern aus der Wirtschaft. Eine Generalmobilmachung hätte erhebliche wirtschaftliche Implikationen um nicht zu sagen, wäre für die russische Wirtschaft wohl der Todesstoß. Womit man dann auch schon beim Hauptargument dagegen wäre - ich glaube nach wie vor nicht, dass das Regime Putin (und nicht nur Putin selbst) bereit ist das Risiko einzugehen die ethnischen Russen in Masse an die Front zu rufen. So schrill die mediale Propaganda zum Teil sein mag, im komfortablen Moskau und St. Petersburg schreit es sich leicht, aber es ist auch in Russland nicht mehr 1914 und die Bereitschaft für einen Opfergang ist insbesondere bei der Jugend sehr übersichtlich.

Da ich ja aufgrund meines Werdeganges einigen Einblick in inner-russische Verhältnisse habe und ich auch Bekannte habe welche aktiv im russischen Militär dienen respektive Reservisten sind, will ich dazu noch einiges anmerken. Nach meiner Kenntnis (bzw. der meiner Bekannten) ist durchaus noch jede Menge Kriegsmaterial vorhanden. Dieses ist zwar eigentlich fast alles veraltet, in Teilen auch nicht einsetzbar, aber was noch vorhanden und einsetzbar ist, würde ausreichend um Unmengen von Truppen damit auszurüsten.

Das Problem ist laut meinen Bekannten nicht so sehr, dass kein Kriegsmaterial mehr da wäre, sondern dass es vor allem anderen an der Ausbildung damit fehlt und am Können damit. Ein Beispiel: ein sehr guter Freund von mir ist Reservist der Panzertruppe. Er erhielt aber selbst während seiner Wehrdienstzeit eigentlich keine wirklich sinnvolle Ausbildung dafür. Theoretisch hätten sie beispielsweise jede Menge Übungen machen müssen, diese fielen aber während seiner Wehrdienstzeit ständig aus. Offiziell ist er Fahrer eines Kampfpanzers, real aber hat er kaum jemals einen Panzer gefahren. Noch besser: seine Wehrdienstzeit ist Jahre her und er räumte ganz offen ein, dass er im Endeffekt überhaupt nicht wüsste, wie er einen Kampfpanzer real im Gefecht fahren soll. Das gleiche gilt für alle anderen Soldaten seiner Einheit ganz genau so. Darüber hinaus fehlt es vollständig selbst bei den Grundkenntnissen der Taktik und moderner Kriegsführung im allgemeinen. Es bestehen hier schier unfassbare Ausbildungsdefizite! Und da der Wehrdienst auch noch Jahre her ist, und es seitdem übehaupt keinerlei Übungen oder Manöver oder dergleichen gab, wurden die völlig unzureichenden Kenntnisse auch noch teilweise vergessen. Beispielsweise haben meine Bekannten seit ihrer Wehrdienstzeit nie mehr einen Kampfpanzer gesehen, außer im Fernsehen oder mal auf einem Eisenbahnwaggon im Vorbei fahren.

Man hätte also veraltetes Material, mit dem man nicht richtig umgehen kann. Der direkte Weg zu katastrophalen Verlusten und direkt ins Desaster bzw. in eine vernichtende Niederlage.

Dann der wirtschaftliche Aspekt den Nightwatch ja schon so treffend und richtig angesprochen hat. Gerade die Ukraine zeigt ja aktuell auf, wie sehr eine Mobilisierung die Wirtschaft belastet. Das ukrainische BIP sinkt zur Zeit rasant. Und dies trotz massiver Hilfen aus dem Westen. In Russland wäre eine entsprechende Generalmobilmachung in Kombination mit den Sanktionen noch mal dramatischer. Ein Beispiel: ein Bekannter von mir ernährt seine Familie als Taxifahrer. Ein anderer hat ein kleines Unternehmen (eine Art Schreinerei), der nächste einen Mini-Supermarkt, seine Angestellten würden ebenfalls eingezogen. Bei allen würde nicht nur ihre aktuelle wirtschaftliche Tätigkeit enden, es würde auch direkt und sofort die Versorgung ihrer Familien in Frage stellen. Die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Abwärtsspiralen wären dramatisch und sofort für die Menschen direkt unmittelbar spürbar.

Die geringe Bereitschaft für einen Opfergang resultiert im weiteren auch aus einer Ablehnung des Kampfes gegen ein rechtgläubiges orthodoxes slawisches Brudervolk. Es erregt insgeheim erheblichen Unmut dass Muslime und irgendwelche Nicht-Russen in der Ukraine "Kleinrussen" töten, welche man ja eigentlich als Teil des eigenen Volkes und Blutes begreift und ironischerweise ist es gerade eben die Leugnung einer eigenständigen ukrainischen Identität welche diesen Krieg sehr unpopulär macht. Man versucht den Leuten zu verkaufen, dass in der Ukraine fast nur noch westliche Söldner, NATO Offiziere und Neo-Nazis kämpfen, um das irgenwie noch zu rechtfertigen, aber insgesamt gesehen verfängt das nicht mehr. Die Leute wissen mehrheitlich sehr wohl was dort vor sich geht und sind heillos unzufrieden weil das eigene Militär sich derart schwach schlägt und weil der Kampf als Bruderkrieg / Bürgerkrieg gegen die gleiche Ethnie verstanden wird. Entsprechend ist die militärische Spezialoperation in Wahrheit sehr unbeliebt, wenn auch nicht unbedingt aus den Gründen welche man im Westen annehmen würde.

Und beschließend könnte man noch anmerken, dass aktuell die Zustimmung zu rechtsradikalen und rechtsextremistischen Positionen in Russland stark ansteigt, nicht nur weil der Staat diese seit Jahren schürt um dadurch die Pfründe der grenzenlos korrupten Kleptokraten abzusichern, sondern auch weil die Bevölkerung selbst durchaus diese Ideen aufrichtig teilt und darin ihr Heil für die Zukunft sieht. Entsprechend geraten die Geister welche das System Putin da gerufen hat aktuell zunehmend außer Kontrolle.
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Zitat:Das Problem ist laut meinen Bekannten nicht so sehr, dass kein Kriegsmaterial mehr da wäre, sondern dass es vor allem anderen an der Ausbildung damit fehlt und am Können damit.

Es gab einen Artikel eines russischen Bloggeurs (den ich auf die schnelle leider nicht finde). Er führte das auf die Auslandseinsätze der russischen Armee zurück. Diese wurden alle aus dem laufenden Militärbudget bezahlt. Dieses Geld fehlte dann woanders, und wo kann man am schnellsten Sparen, bei Ausbildung und Manövern.
Genauso wurden die in den Einsätzen verbrauchten Materialien und Munition nie durch Neukäufe ersetzt.
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voyageur:

Zitat:Es gab einen Artikel eines russischen Bloggeurs (den ich auf die schnelle leider nicht finde). Er führte das auf die Auslandseinsätze der russischen Armee zurück. Diese wurden alle aus dem laufenden Militärbudget bezahlt. Dieses Geld fehlte dann woanders, und wo kann man am schnellsten Sparen: bei Ausbildung und Manövern.

Habe ich auch schon mehrfach so gehört. Dazu kommt auch noch meiner Meinung nach die Modernisierung des russischen Nuklearwaffen-Arsenals und ganz allgemein das Vorhalten dieser Art von Waffen, was immens teuer ist. Im Endeffekt hat man für die eigene Befähigung zum Atomkrieg die Befähigung der konventionellen Streitkräfte für regulläre Kriegsführung geopfert. Den Atomwaffen wurde und wird meiner Kenntnis nach dort alles untergeordnet.
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Noch ein paar Blicke ins Kaleidoskop:

Dimitri hatten wir hier schon lange nicht mehr:

https://wartranslated.com/russian-milita...m-kherson/

https://twitter.com/wartranslated/status...7671049223

Zitat:An interesting exchange occurred today between three large Russian military reporters (and fighters), Rybar (800k), Voennyi Osvedomytel (450k+) and GREY Zone Wagner page (311k), discussing the potential withdrawal of Russians from the Kherson region.


Dann Mick Ryan, mit etlichen Karten in diesem Strang:

https://twitter.com/WarintheFuture/statu...9783474177


Und man hat den ersten T-90M erbeutet, und abgeschossen wurden davon bisher auch kaum welche. Und nicht nur dieses, das erbeutete Fahrzeug hat eine interessante Tarnvorrichtung gegen Thermalsicht / aufklärung, welche man bisher bei den Russen noch überhaupt nie je im Einsatz gesehen hat (obwohl man weiß dass es sie theoretisch gibt):

https://twitter.com/UAWeapons/status/157...35/photo/1

Zitat:For the first time ever the most advanced Russian main battle tank T-90M was captured by the Ukrainian army - presumably in #Kharkiv Oblast.

This tank is covered with Nakidka radar-absorbent and heat-insulating material.

https://pbs.twimg.com/media/Fc8ztxTXgAAs...ame=medium

Das ist mal ein Fund !


Und auch noch eine interessante Nachricht: die Russen ziehen Luftabwehr-Einheiten rund um St. Petersburg ab:

https://twitter.com/minna_alander/status...4327727104


Beschließend noch die erste Bestätigung einer Aussage von Strelkov von gestern, dass die Ukrainer mit leichten Einheiten bereits über den Oskil Fluss vorgestoßen sind und dort jetzt nach Süden vordringen. Hier nun die ersten Aussagen dazu auch von ukrainischer Seite:

https://twitter.com/WarMonitor3/status/1...9861194753

Wie es aussieht hält auch die Linie am Oskil Fluss nicht und kann von den Russen nicht erfolgreich verteidigt werden. Jetzt ein ukrainisches Panzer-Regiment dort.......
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(18.09.2022, 22:16)Quintus Fabius schrieb: Zu den Norwegern sollte man noch anmerken, dass diese ja ohnehin eventuell aus dem Leopard 2 aussteigen wollen, um den K2 zu beschaffen.
Hast du da irgendwelche konkreten Aussagen vorliegen, dass man tatsächlich gezielt weg vom LEO2 und hin zum K2 will? Also richtig offiziell beabsichtigt? Es läuft eine Vergleichserprobung zum Ersatz der alten LEO2A4. Das war's, mehr ist mir dazu nicht bekannt. Alles andere sind mWn nur subjektive Meinungen.

Zitat:Und ebenso wollen die Polen ja sowohl K2 als auch US Panzer des Typs M1, womit sich die Frage stellt, ob aktuell fünf (!) verschiedene Typen von Kampfpanzern nicht mindestens ein paar zuviel sind. Von daher könnte man auch hier überlegen den Polen statt der Leopard 2 weitere US Panzer zu geben, und Polen könnte dann seine Leopard 2 in die Ukraine entsenden. Polen allein könnte schon nicht weniger als 249 Leopard 2 in die Ukraine liefern. Wenn man ihnen dafür weitere 250 M1A2 geben würde, gemeinsam von der NATO finanziert, würde Polen sie meiner Einschätzung nach tatsächlich rausrücken.
Das sollte man im Interesse aller Beteiligten eh machen, ja. Allerdings würden die Amis da kurzfristig die LEOs leihweise (oder als Gebrauchtverkauf) 1:1 ersetzen müssen, damit die Polen das mitgehen. Man hat schon zu viele alte Panzer abgegeben ohne Ersatz zu erhalten, während man die eigene Truppe gerade massiv vergrößern will.

(18.09.2022, 23:19)Quintus Fabius schrieb: Wie es aussieht hält auch die Linie am Oskil Fluss nicht und kann von den Russen nicht erfolgreich verteidigt werden.

Die Russen hatten doch angekündigt, die gesamte Oblast Charkiw zu räumen. Das linke Oskil-Ufer gehört dazu. Die neue Verteidigungslinie sollte hinter der Oblastgrenze aufgebaut werden. Daher halte ich die aktuellen Gefechte dort für Rückzugsgefechte/Verzögerung der Russen, um Zeit zu gewinnen, ihre neue Verteidigungslinie einzunehmen. Der Oskil als temporäre Sperre hat nur geholfen, die unkontrollierte Flucht in den Griff zu bekommen, so dass man jetzt geordneter zurück gehen kann.
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Also erstens ist die Frage, wieso immer so auf den Deutschen herumgeritten wird, was die Lieferung von MBT angeht, durchaus gerechtfertigt. Zwar ist es auch richtig, dass der Leopard als einziger MBT europaweit in größeren Stückzahlen zur Verfügung stünde, aber man kann in diesem Zusammenhang durchaus nachfragen, wieso z. B. die Amerikaner sich so schweigend mit ihrem M1 verhalten?

Abgesehen davon denke ich auch, dass man, hätte man vor drei Monaten - sagen wir mal grob im Juni - damit angefangen, aus ganz Europa durchaus 100 oder mehr Leopard hätte zusammenziehen können zu einer Lieferung. Selbst die Bundeswehr hat noch eingelagerte Exemplare (die man liefern könnte ohne die Kampfkraft der Truppe zu schmälern), diese wären zwar nicht sofort lieferbar, aber man hätte sie in diesem Zeitraum überholen und Ausbildungsmaßnahmen auf diesen Fahrzeugen zumindest beginnend einleiten können.

Andererseits: Selbst wenn wir vor drei Monaten damit begonnen hätten, wäre die Ausbildung noch nicht abgeschlossen. Ich betone es nochmals: Die Ausbildung einer gut eingespielten Tank-Crew nimmt gerne fünf bis sechs Monate in Anspruch. Und wenn ich zudem Crews ausbilde, die bislang keinen Kontakt zu westlichen Modellen hatten, so kann es auch länger dauern. Zumindest sollten wir keine Panzer liefern, damit diese dann nach dem ersten Gefecht im Gelände zurückgelassen werden.

Abschließend: Wir hatten das Thema auch schon einmal - die Ukrainer haben schon jetzt Fahrzeuge aller Couleur, vom HIMARS über MLRS bis Caesar, PzH 2000, polnische Krabs, britische M-109er und Zuzanna der Slowaken, dazu dutzende verschiedene geschützte Fahrzeugtypen. Und noch ein - wie Quintus schrieb - Sammelsurium an Ostblock-Gedöns. Und für das alles müssen sie eine Wartung und Ersatzteilversorgung gewährleisten. Das ist ein logistischer Alptraum - und wenn ich mir nun vorstelle, sie müssen auch noch westliche Panzermodelle in größerem Stil instandhaltungstechnisch versorgen, so ist das quasi aus dem Stand gar nicht machbar.

Hier noch etwas zum Thema Ringtausch - offenbar gehen Marder an Griechenland und dafür von diesen BMPs an die Ukrainer:
Zitat:Ringtausch geht weiter: Griechen bekommen Schützenpanzer Marder

Die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und ihr griechischer Amtskollege Nikolaos Panagiotopoulos haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums vereinbart, dass Griechenland der Ukraine zur Unterstützung ihres Kampfes gegen die russische Aggression 40 Schützenpanzer des Typs BMP-1 liefert. Im Gegenzug erhalten die Griechen im Rahmen eines so genannten Ringtauschs 40 Schützenpanzer Marder aus deutschen Industriebeständen, inklusive dazugehöriger Ersatzteile, Munition und Ausbildung. Dazu werde eine zwischenstaatliche Vereinbarung geschlossen. Die Umsetzung soll laut Ministerium sofort beginnen.
https://esut.de/2022/09/meldungen/36724/...er-marder/

Und noch etwas zum Thema Brückenkopf am Oskil:
Zitat:Ukraine errichtet Brückenkopf am Ostufer des Oskil - Kiew schließt Verhandlungen derzeit aus [...]

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben am Fluss Oskil Truppenteile übersetzen können und damit einen Brückenkopf zum weiteren Vorgehen gen Osten gebildet. "Die ukrainischen Streitkräfte haben den Oskil überwunden. Seit gestern kontrolliert die Ukraine auch das linke Ufer", teilte die Pressestelle der ukrainischen Streitkräfte per Video auf ihrem Telegram-Kanal mit. Unabhängig können die Angaben nicht überprüft werden. [...]

Die Bildung eines Brückenkopfs auf der Ostseite des Flusses wäre ein strategisch wichtiger Erfolg für die ukrainischen Truppen. Damit könnten sie ihren Angriff Richtung Gebiet Luhansk fortsetzen. Über den genauen Ort der Flussquerung machte das Militär keine Angaben.
https://www.n-tv.de/politik/Ukraine-erri...96877.html

Weiterhin sind anscheinend - laut den Ukrainern - iranische Drohnen durch die Russen verstärkt eingesetzt worden, mit einem gewissen Erfolg (angeblich wurden drei oder vier Haubitzen zerstört):
Zitat:Russia Deploys Iranian Attack Drones, Ukrainian Military Says

KOROPOVE, Ukraine — A new and, Ukrainian officers say, frighteningly effective weapon has appeared in the war on the Russian side: Iranian-made attack drones.

Russia and Iran never acknowledged striking a deal for the Shahed-136 attack drones, but a senior Ukrainian military official said remnants were discovered on the ground during the counteroffensive that Kyiv began in the northeast earlier this month. The powerful weapon is a so-called kamikaze drone carrying a warhead of about 80 pounds. Its appearance in Ukraine is the first time it has been deployed outside the Middle East. [...]

In its first use in Ukraine, the Iranian drone blew up an American-supplied M777 howitzer used by the Ukrainian military, Colonel Rodion Kulagin, the commander of artillery operations in the Kharkiv counteroffensive, said in an interview. [...] Half a dozen strikes destroyed howitzers and armored vehicles, killing four soldiers and wounding 16, he said. Russia’s use of Iranian drones was reported earlier by The Wall Street Journal.
https://www.nytimes.com/2022/09/18/world...raine.html

Aber dies ist auch eine logische Entwicklung, denn die Ukrainer greifen an, d. h. sie müssen sich bewegen und eher exponieren mit ihrem schweren Gerät. Und die Russen sind zwar auf dem Rückzug, aber können solche Drohnen - die laut dem Iran gar nicht geliefert wurden - dann durchaus gezielter einsetzen.

Schneemann
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(19.09.2022, 08:29)Quintus Fabius schrieb: Die Grenze der Oblast Charkiw läuft im Endeffekt zwischen 10 km und maximal 20 km hinter dem Oskil einfach so in der Landschaft. Da gibt es keine vernünftige Linie welche man halten könnte. Es gibt dort auch keine russischen Auffangstellungen oder irgendwelche vorbereiteten Stellungssysteme.
Ich habe auch nicht gesagt, dass ich es für sinnvoll erachten würde. Aber meine Informationslage ist derart, dass der Plan zum Rückzug von vornherein vorsah, die neue Verteidigungslinie entlang einer Reihe Ortschaften zwischen Svatove und Troitske zu beziehen.
Ich gehe davon aus, dass man gezielt eine dicht besiedelte Linie einnehmen möchte, hatte aber auch schon mehrmals in diesem Krieg den Eindruck, dass den Russen Verwaltungsgrenzen wichtiger waren als das Gelände.
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Die große Erkenntnis ist doch das NATO im Prinzip ja schon das konventionelle Artilleriegefecht gewinnen würde, war es doch in der Vergangenheit immer das Gespenst mit dem Russland doch ganz sicher durchmarschieren würde. Ist natürlich keine Hilfe wenn die taktische Gefechtsfeldaufklärung einer BTG nicht in Bataillone oder Kompanien sondern in Züge gemessen wird.
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