Ötzi - oder: Kriege schon in der Frühzeit?
#1
Darauf deutet jedenfalls einiges hin:
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Zitat:24.10.2011, 18:05
Tod bei der Rast:
Forscher lüften Rätsel über Ötzis letzte Stunde

Seitdem Bergsteiger vor zwanzig Jahren in den Ötztaler Alpen die nun weltberühmte Mumie entdeckten, rätseln Forscher um die Todesumstände von "Ötzi". Auf einem Kongress vergleichen Forscher nun ihre Ergebnisse - und kommen der Lösung einen Schritt näher.

Mumienforscher sind sich einig: "Ötzi", die wohl bekannteste Gletschermumie der Welt, wurde während einer Rast plötzlich getötet. Der Angreifer ließ ihn einfach liegen, niemand legte ihn in ein Grab. Diesen Verlauf der letzten Stunde im Leben des Mannes hielten die Teilnehmer beim zweiten Weltmumienkongress an der Europäischen Akademie Bozen (EURAC) für den wahrscheinlichsten.
...

"Wir haben jetzt zwar dieses Szenario, aber die Hintergründe für diesen Angriff und die weiteren Umstände bleiben unklar", sagte der Leiter des "Instituts für Mumien und den Iceman" an der EURAC der dpa. "Wir wissen, er hat gejagt, und nehmen mit großer Wahrscheinlichkeit an, dass er kein Hirte war." Aber nach wie vor sei unklar, weshalb Ötzi in die Höhe von 3200 Metern aufgestiegen sei und was der Grund für den tödlichen Angriff und einen möglichen vorausgegangenen Konflikt war.
Kurz vor seinem Tod vor 5300 Jahren in den Ötztaler Alpen in Südtirol muss sich der Mann jedenfalls nach Ansicht der Forscher sehr sicher gefühlt haben. "Er hat eine lange Rast gemacht und ausgiebig gegessen", fasste Zink die Ergebnisse zusammen.
...
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#2
Das Problem war aber immer, dass er nicht ausgeraubt wurde und beim Fund noch einige für seine Zeit ziemlich wertvolle Gegenstände bei sich trug. Das verträgt sich meiner Meinung nicht mit einer kriegerischen Auseinandersetzung, da er dabei unweigerlich geplündert worden wäre.
Die gängige These war ja, dass er von Konkurrenten (oder Erben) um die Ecke gebracht wurde um seine gesellschaftlichen Platz einzunehmen. Und dabei konnte man sein Eigentum nicht mitnehmen, da man sonst offensichtlich als Mörder erkannt worden wäre.
Das halte ich nach wie vor für am wahrscheinlichsten. Zumal auch im Text steht, dass er sich sicher gefühlt hat. Was im Krieg wohl nicht wahrscheinlich gewesen wäre. Auch würde er im Krieg wohl nicht zum Jagen allein und weit von seinem Wohnort entfernt unterwegs gewesen sein.

Ich halte die alte These für stichhaltiger.
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#3
Da der Titel des Strangs ja Kriege schon in der Frühzeit lautet.

Man hat in Norddeutschland ein Steinzeitliches Schlachtfeld gefunden, mit den Überresten etlicher Menschen.
Die Verluste waren gemessen an der damaligen Bevölkerungsdichte gigantisch, vergleichbar denen einer großen Schlacht des Ersten Weltkrieges. Auch werden immer mehr Hinterlassenschaften von Massakern an Kindern und Frauen aus der Steinzeit entdeckt. Auch in Deutschland ein Fund aus 2007 in der Nähe von Heilbronn beispielsweise wo dutzende Menschen in der Steinzeit abgeschlachtet wurden.

Es gibt immer mehr Archäologische Hinweise darauf, dass die Menschheit seit ihrer biologischen Entstehung als Art durchgehend Kriege führte. Krieg entspricht also unserer Natur an sich.

Es ist sogar vermutlich eher so, dass in früheren Kulturen mehr Krieg und mehr Tote üblich und Alltag waren als in den historisch bekannten Zeiten. Krieg war früher Alltag, ständiger Zustand, Normalität. Man kann das heute noch bei Stämmen im Hochland von Papua Neu-Guinea beobachten, wo de facto ununterbrochen auch heute noch Stammeskriege toben in denen sich ganze Stämme gegenseitig regelrecht ausrotten. Das gleiche in Südamerika, wo eine ganze reihe wirklich Totaler Kriege zwischen verschiedenen Indianderstämmen tobten und toben.

<!-- m --><a class="postlink" href="http://en.wikipedia.org/wiki/War_Before_Civilization">http://en.wikipedia.org/wiki/War_Before_Civilization</a><!-- m -->

Tatsächlich leben wir heute in einem geradezu erstaunlichem Zeitalter des Friedens, dass aber völlig unserer wahren Natur wiederspricht die heute durch unsere Zivilisation unterdrückt wird. Unter dem dünnen Anstrich der Zivilisation sind wir aber immer noch gleich und alles in uns drängt insgeheim, unterbewusst auf das erste Gebot der Menschheit hin: Du sollst Töten !

Menschen haben im Gegensatz zu allen Tieren keine Intraspezifische Tötungshemmung. Gerade dass unterscheidet uns vom Tier.
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#4
Quintus Fabius schrieb:....

Menschen haben im Gegensatz zu allen Tieren keine Intraspezifische Tötungshemmung. Gerade dass unterscheidet uns vom Tier.
da bin ich anderer Ansicht:
wenn Deine Aussagen über die steinzeitlichen Massaker und die inzwischen fast "friedlichen Zustände" zutreffen, dann scheint sich der Mensch erst langsam von seinen hominiden Verwandeten zu lösen:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.bz-berlin.de/aktuell/welt/schimpansen-fuehren-krieg-im-dschungel-article891878.html">http://www.bz-berlin.de/aktuell/welt/sc ... 91878.html</a><!-- m -->
Zitat:Verhaltensforschung
Schimpansen führen Krieg im Dschungel
22. Juni 2010 21.14 Uhr, Jochen Gößmann
Sie sind wie Menschen! Schimpansen führen Krieg, um ihr Revier zu vergrößern.
...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.planet-wissen.de/natur_technik/wildtiere/menschenaffen/index.jsp">http://www.planet-wissen.de/natur_techn ... /index.jsp</a><!-- m -->
Zitat:...
Menschenaffen führen mitunter regelrechte Kriege gegen andere Sippen - eine traurige Gemeinsamkeit, die sie mit dem Menschen teilen. Die bekannte Primaten-Forscherin Jane Goodall begründet dieses Verhalten mit einer "Angst vor allem Fremden" - auch das klingt sehr bekannt.
...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.allesfilm.com/show_article.php?id=20749">http://www.allesfilm.com/show_article.php?id=20749</a><!-- m -->
Zitat:...
Schimpansen führen Krieg - bis hin zur Ausrottung des Feinds.
...
da ist dann die Ausrottung anderer Affenarten (als "Nahrungsquelle" ?) nur noch eine "Nebenzeile":
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.sueddeutsche.de/wissen/verhatenbsiologie-und-gewalt-ausrottung-unter-affen-1.1099273">http://www.sueddeutsche.de/wissen/verha ... -1.1099273</a><!-- m -->
Zitat:Verhaltensbiologie und Gewalt
Ausrottung unter Affen

19.05.2011, 11:08
Von Christian Weber

Es ist ein Verhalten, das man von Menschen kennt, Affen jedoch eher nicht zutrauen würde: Im Kibale-Nationalpark in Uganda sind Schimpansen dabei, eine Population Stummelaffen auszurotten.
...
Dann muss man aber auch fragen, ob die Menschheit reif für Massenvernichtungswaffen ist ....
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#5
@Quintus Fabius:
Du liegst eindeutig falsch.
Krieg und Töten liegt nicht in der Natur des Menschen. Tatsächlich sind keine 20% der Menschen ohne eingehende "Abrichtung" in der Lage zu Töten. Das war immer eines der größten Probleme von Militärs. Faktisch haben zu Zeiten der Feuerwaffen die meisten Soldaten beim Schießen entweder die Augen geschlossen oder absichtlich daneben geschossen. Selbst unter Lebensgefahr sind die meisten Menschen von sich aus nicht in der Lage ohne Indoktrination andere Menschen zu töten.

Die Kriege der Steinzeit wurden unmittelbar um Lebensraum und ums Überleben geführt; und nicht als Selbstzweck, wie heute. Und im Dschungel gibt es nichts. Ein Stamm auf Papua Neu-Guinea oder Südamerika brauchen riesige Gebiete um überhaupt ein paar Menschen ernähren zu können. Nicht umsonst gibt es grad in diesen Gebieten Kanibalismus. Es gibt einfach nichts zu essen da.
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#6
Erich:

Du hast recht, ich hatte die Menschenaffen vergessen. Diese teilen mit uns die gleiche Natur, nämlich grenzenloses, durch keinerlei Instinkte oder Triebe beschränktes Töten-Wollen.

Samun:

Ich kenne diese Thesen auch, dass viele Soldaten Probleme haben sollen, zu Töten. Diese Thesen sind aber nachweislich falsch. Jeder, absolut jeder Mensch kann töten und würde dies auch, ohne Kulturelle Prägung, ohne die massive Beeinflussung seiner Handlungen durch die Sozialkultur. Die von dir behauptete Tötungshemmung, ist eine rein kulturelle, die auf der christlichen Kultur Europas basiert.

Heute finden viele Menschen Krieg nur deshalb schlecht, weil es ihnen so vorgesagt wurde. Sie handeln und denken gemäß ihrer kulturellen Indoktrination. Und trotzdem kann jeder entgegen dieser Indoktrination dazu gebracht werden, Freude am Töten zu empfinden. Das geht ganz leicht, das Machtgefühl, der Rausch, die Glücksgefühle die das hervor ruft sind mit Worten nicht auszudrücken. In Afrika werden beispielsweise fast alle (es gibt ganz ganz wenige Ausnahmen) der zwangsrekrutierten Kämpfer problemlos dazu gebracht, Freude am Töten zu empfinden.
Die Hemmungen die wir hier in Europa haben, sind rein kulturelle, und auch diese kann man leicht beseitigen.

Bezeichnend dafür ist beispielsweise die Wikingerzeit, in der die noch heidnischen nordischen Völker keinerlei Hemmungen im Vergleich zu den von ihnen überfallenen christianisierten Völkern zeigten, und auch diese hatten viel geringere solche Hemmungen als wir heute. Insbesondere in Deutschland heute resultieren Tötungshemmungen nur aufgrund unserer sozialkulturellen Abstoßungsreaktion auf den Nationalsozialismus.

Die Kriege der Steinzeit wurden nun natürlich auch (aber eben nicht nur) um Lebensraum und Nahrung geführt. Da du den Kannibalismus angeführt hast, möchte ich an dieser Stelle auf die vielen Funde in Europa hinweisen, die weit verbreiteten Kannibalismus der frühen Europäer belegen, insbesondere übrigens im mitteleuropäischen Raum. Aber das reicht als Erklärung nicht aus. Die Vielzahl der belegten Kämpfe lässt sich nicht allein durch Nahrungsknappheit erklären.

Und auch heute kämpfen die Stämme in Süd-Amerika und Papua nicht allein um Lebensraum und Nahrung. Im Gegenteil, sie kämpfen öfter einfach nur um des Konflikts wegen. Nur ungefähr ein drittel der stammeskriege dreht sich um Nahrung/Terrain.

Nehmen wir mal die Yanomani Indianer. Gerade Stämme der Yanomani die über Nahrung im Überfluss verfügen, führen viel mehr Kriege als Stämme die Nahrungsprobleme haben. Gerade eine gute Ernährungslage führt bei den Yanomani fast unweigerlich zu Krieg gegen andere Stämme. Diese Kriege haben dann fast immer zwei sozusagen offizielle Gründe:

1 Frauenraub bzw Vergewaltigung der Frauen des Nachbarstammes

2 Beweisen der eigenen Männlichkeit durch "Heldentaten" und dadurch Erlangung eines höheren gesellschaftlichen Status im eigenen Stamm

Aber um Nahrung wird eher nicht gekämpft, zumindest nicht in Form eines Kriegs. Kämpfe um Nahrung zwischen Stämmen fallen eher unter alltäglichen Partisanenkampf, Überfälle einzelner oder kleiner Gruppen, ständige Reibereien im Grenzgebiet.

Sobald die wirtschaftliche Situation aber besser ist, eskalieren diese ohnehin ständig vorhandenen Konflikte dann eben zu großen Vernichtungskriegen.
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#7
Zitat:In Afrika werden beispielsweise fast alle (es gibt ganz ganz wenige Ausnahmen) der zwangsrekrutierten Kämpfer problemlos dazu gebracht, Freude am Töten zu empfinden.
Dem möchte ich widersprechen. Erstens sind dies häufig Kindersoldaten, die gepresst werden, unter Drogen gesetzt werden und als Kinder kaum die Kräfte und Vorbildungen haben, dem zu widerstehen oder sich mit dem auseinanderzusetzen, was da auf sie zukommt. Und zweitens haben die meisten, die eine solche "Karriere" hinter sich haben, schwerste psychische Schäden, was nicht darauf schließen ließe, dass das, was sie getan haben, großartig normal wäre...
Zitat:Bezeichnend dafür ist beispielsweise die Wikingerzeit, in der die noch heidnischen nordischen Völker keinerlei Hemmungen im Vergleich zu den von ihnen überfallenen christianisierten Völkern zeigten, und auch diese hatten viel geringere solche Hemmungen als wir heute. Insbesondere in Deutschland heute resultieren Tötungshemmungen nur aufgrund unserer sozialkulturellen Abstoßungsreaktion auf den Nationalsozialismus.
In jenen Zeiten lassen sich bei fast niemandem irgendwelche herausragenden Eigenheiten hinsichtlich spezifischer Hemmungen finden. Die Wikinger schlugen brutal zu, genauso wie die christlichen Kreuzfahrer, die 1099 Jerusalem in ein Schlachthaus verwandelten oder im Blutrausch jüdische Viertel in ganz Europa abfackelten.

Des weiteren gab es auch im Nationalsozialismus, trotz der horrenden Verbrechen, keine besonders herausragende Tötungsbereitschaft. Zwar waren die Extremfälle soziopathisch-sadistischen Verhaltens in Teilen extremer, aber prozentual betrachtet, war der Anteil solcher Personen innerhalb der Gesellschaft nicht arg viel höher als heute (ca. 15%). Eine wie auch immer geartete Tötungshemmung, die auf den Nationalsozialismus zurückzuführen ist, gibt es zudem m. Mn. nach nicht. Vielmehr denke ich, dass die 50 Jahre Frieden, die Deutschland zum Glück seit dem Zweiten Weltkrieg genossen hat, manche Erfahrungen, die andere Staaten z. B. mit ihren Kolonial- und Bürgerkriegen machen mussten, eben nicht machen musste und deswegen vielleicht nicht mehr so kriegerisch agiert.

Schneemann.
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#8
Zitat:Und zweitens haben die meisten, die eine solche "Karriere" hinter sich haben, schwerste psychische Schäden, was nicht darauf schließen ließe, dass das, was sie getan haben, großartig normal wäre...

Im speziellen bezweifle ich genau diesen Umstand. Meiner Ansicht nach ist das eine Aussage die unserer heutigen Kultur geschuldet ist, dass Krieg und Töten psychische Schäden verursachen müssen. Und noch mehr - wenn eine Kultur Krieg negativ betrachtet, dann erhöht das die Wahrscheinlichkeit psychischer Schäden.

Gerade der Widerspruch zwischen der kulturellen Indoktrination und dem was man tut und erlebt, verursacht Traumata und psychische Probleme.

In jenen Zeiten lassen sich bei fast niemandem irgendwelche herausragenden Eigenheiten hinsichtlich spezifischer Hemmungen finden

Dem möchte ich widersprechen. Im Alltag, in der ganzen Einstellung zum Krieg, gab es erhebliche Unterschiede zwischen den christlichen Kulturen und Heidnischen Völkern. Daran ändern auch die Kreuzzüge nichts, der Kern um den sich alles dreht ist hier die Legitimation. Das Christentum deligitimiert eigentlich Gewalt.

Wo aber Gewalt Kulturell legitimiert wird, bricht sie frei heraus. Gerade die Kreuzzüge sind daher eher ein Beleg für meine Thesen, dass Friedliches Denken primär eine Frage der Kultur ist. Die Kreuzzüge waren eine Legitimation, gegen das christliche Gebot Du sollst nicht Töten zu handeln. Und schon brach sich die Natur des Menschen Bahn.
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#9
Das korrekte übersetzte Gebot lautet *Du sollst nicht morden* und Mord ist rechtlich gesehen Auslegungssache. Allerdings gebietet das Christentum die Nächstenliebe als vorrangig noch vor den 10 Geboten. Das alte Testament ist wiederum voller Abschnitte in welcher Krieg ein gottgefälliges Naturrecht ist. Letzendlich sprechen Jahrhunderte von Mord, Gräultaten und Totschlag für sich. Eine menschliche Tötungshemmung ist nur so stark wie die Angst vor den Folgen (im Dis oder Jenseits) oder die persönliche Bindung zum Opfer. Solche Ängste sind allerdings meist schon von klein auf konditioniert und wirken daher unbewusst.
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#10
@Quintus Fabius:
Du irrst dich, wenn du sagst, dass Menschen von sich aus töten. In jedem der Beispiele die du angeführt hast, wurden die Menschen erst zum töten konditioniert, bevor sie es "konnten" und zwar unabhängig von der "Kultur".
Und dass die vermeintliche Grausamkeit der Wikinger zumeist christliche Propaganda war, sollte dir schon klar sein. Bei den meisten Überfällen wird es überhaupt nicht zum Kampf gekommen sein. Sondern die Bewohner sind einfach weggelaufen oder haben sich versteckt und die Wikinger haben geplündert.
Für die - christliche - Bevölkerung war es einfach nur unerhört, dass die Wikinger Klöster und ähnliches ohne Skrupel ausgeraubt haben, was selbst der rücksichtsloseste - christliche - Raubritter, hier aus kulturellen Gründen, nicht getan hätte. Und das war für diese Menschen schlimmer als ein paar hundert hingeschlachtete Bauern. Und so wurden die Wikinger in der Propaganda auch dargestellt.
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#11
Das ist vielleicht ein ganz interessanter Artikel, zwar nicht im Direktbezug, aber im übergeordneten Rahmen, auch von wegen Kriegen, Kriegskultur und Kriegshäufigkeit.
Zitat:Gewalt heute und gestern

Katzen verbrennen geht nicht mehr

Der Evolutionspsychologe Steven Pinker hat eine gewagte These aufgestellt, die er mit kühnen Argumenten begründet: Er versucht zu beweisen, dass Krieg und Gewalt weltweit abnehmen. Eine Erfolgsgeschichte der Menschheit?

Zu klären war unter anderem die Frage, wieso Sätze wie die folgenden heute in kultivierter Gesellschaft nicht mehr vorstellbar sind: "Hinaus nach Charring Cross, um zu sehen, wie der Generalmajor Harrison gehenkt, geschleift und gevierteilt wird; was dort getan wurde, während er so munter aussah, wie es für einen Mann in diesem Zustand möglich ist", schrieb der spätere Staatssekretär und Präsident der britischen Royal Society Samuel Pepys am 13. Oktober 1660 in sein Tagebuch - und fährt fort: "Er wurde sogleich heruntergeschnitten, und sein Kopf und Herz wurden den Menschen gezeigt; woraufhin es laute Freudenrufe gab. . . . von dort zu meinem Herrn und Captain Cuttance und Mr. Sheeply mit in die Sun Tavern genommen und ihnen ein paar Austern spendiert." [...]

Das Beispiel ist eines von vielen, das der Evolutionspsychologe Steven Pinker von der Harvard University in seinem 1200-Seiten-Werk Gewalt. Eine neue Geschichte der Menschheit (S. Fischer, 2011, 26 Euro) ausbreitet, um einer Idee zu widersprechen, die sich bis heute in den Köpfen der Menschen hält, dass nämlich die alten Zeiten gute Zeiten gewesen seien; und Grausamkeit, Völkerkrieg und Genozid Erfindungen der Moderne seien. Welch ein Irrtum, ruft Pinker aus: "Die Gewalt ist über lange Zeiträume immer weiter zurückgegangen, und heute dürften wir in der friedlichsten Epoche leben, seit unsere Spezies existiert." [...]

Die Behauptung, dass die Neuen Kriegen 80 bis 90 Prozent zivile Opfer forderten, sei "völliger Unsinn", sagt Pinker, zudem sei die Zahl der Opfer insgesamt geringer als beim Kampf staatlicher Armeen, schon wegen der schlechten Bewaffnung. So einfach sei es nicht, widersprechen Experten. So ließen sich Kombattanten und Zivilisten im Kongo oder in Somalia oft nicht auseinanderhalten, weil sie ihre Rollen ständig wechselten. [...]

Selbst wenn sich Pinkers Thesen bestätigen sollten, was haben leidende Menschen in gescheiterten Staaten davon, wenn ihnen Steven Pinker erklärt, dass die Weltgewalt im Durchschnitt sinke?

Vielleicht die Hoffnung, dass die Menschen trotz ihrer immer zur Gewalt fähigen Natur angenehmere Lebewesen werden können.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.sueddeutsche.de/wissen/gewalt-heute-und-gestern-katzen-verbrennen-geht-nicht-mehr-1.1178970-3">http://www.sueddeutsche.de/wissen/gewal ... .1178970-3</a><!-- m -->

Schneemann.
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#12
Ich denke, das die Jungsteinzeit vor allem deshalb so kriegerisch war, weil es einen Mangel an Rohstoffen gab.
Bedenken wir, das der Ackerbau noch in den Kinderschuhen steckte.
Ressourcenquellen jeglicher Art - egal ob Ackerflächen, Jagdgründe oder auch Viehherden, Kupfer- und Steinvorkommen - dürften erbittert gegen jegliche Konkurrenz verteidigt worden sein.
Auch die Massaker an Frauen und Kindern erklären sich so, man konnte unnötige Mitbewerber um wertvolle Ressourcen ausschalten. Zudem stellt sich die Frage, ob es damals keine Sklaverei gab. Völker und Kulturen, die keine Sklaverei kennen liquidieren ihre Gefangenen oder lassen sie gegen Lösegeld frei.
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#13
Samun:

Menschen töten von sich aus, wenn sie einen Grund dafür haben. Dafür ist keine Konditionierung nötig. Es ist umgekehrt eine Konditionierung nötig, um zu verhindern, dass Menschen von sich aus Töten.

Bei dem Beispiel der Wikinger geht es mir zudem nicht um ihre Taten, nicht um das was sie in anderen Ländern taten, sondern um ihre Kultur um ihre Innere Verfassung. Und diese unterscheidet sich in Bezug auf die Gewalt- und Todesbereitschaft drastisch von den christlichen, im Vergleich dazu deutlich gemäßigten Kulturen südlich von ihnen.

Nehmen wir mal die überlieferten Sagen und Geschichten, so findet sich bei den Völkern heidnischen germanischen Glaubens eine durchgehende immense Gewaltbereitschaft und Überhöhung des Todes, ja regelrecht eine Todes- und Gewaltsehnsucht die in den christianisierten Völkern so alltäglich nicht vorhanden war und wo sie vorhanden war einer speziellen Legitimation (bspw. Kreuzzug) bedurfte.

Ich spreche hier bewusst nicht von den Kämpfen der Wikinger gegen die Christlichen Völker sondern vom Unterschied im Inneren, auch und insbesondere schon vor diesen Kämpfen. Während Gewalt und gewaltsame Tötung bei den christlichen Kulturen der Legitimation bedurften, verhielt es sich insbesondere bei den Wikingern umgekehrt, dort musste man gar friedliches Verhalten legitimieren während Gewalt und Krieg der emotionale, gedankliche und kulturelle Normalzustand waren. Dafür gibt es viele Beispiele.

Selbst der gewalttätigste deutsche Ministeriale (der ebenfalls noch von seinen Germanischen Vorfahren her kulturell beeinflusst eher zu Gewalt griff als ein Welscher) musste seine Handlungen regelmäßig irgendwie christlich legitmieren und unterlag bestimmten kulturellen Einschränkungen bei seinen Handlungen. Ein Norweger aus der Zeit Harald Schönhaars aber beispielsweise bedurfte nicht nur keinerlei Legitimation für Gewalt jeder Art, er musste sogar gewalttätig handeln, und umgekehrt friedliches Verhalten aufwendig legitimieren.

Tiger:

Tatsächlich aber waren die Kulturen in dieser Zeit umso gewaltbereiter gegen Nachbarn, je besser ihre Versorgungslage war. Je besser also die Rohstoffversorgung war, desto gewaltbereiter das jeweilige Volk. Auch heute noch gilt das gleiche für jungsteinzeitliche Kulturen. Diese führen umso mehr Krieg, je besser die Lebensmittelversorgung ist.

Desweiteren sind zumindest heute die meisten Kriege jungsteinzeitlicher Völker Angriffskriege. Es werden keine Ressourcen verteidigt, sondern der Gegner wird mit immenser Agression in dessen eigenem Territorium angegriffen. Ein Musterbeispiel dafür sind die Stammeskriege in Zentral Papua Neu-Guinea die primär als Angriffskriege zum Zweck der Rache für frühere Gewalttätigkeiten geführt werden oder die Stammeskriege der Yanomani, deren primäres angriffsziel die Vergewaltigung von jungen Frauen und Frauenraub sind.

Die Frage ob es Sklaverei gab ist sehr interessant: Meiner Meinung nach deuten alle Indizien darauf hin, dass es zumindest Vorformen in Form von Frauenraub gab. Auch heute noch sind Frauen eine primäre Kriegsbeute steinzeitlicher Völker und bei vielen dieser Völker ein primärer Kriegsgrund. Alle haben viel zu Essen, wenig zu tun, also besorgt man sich Frauen und greift dazu an. Ob es echte Sklaverei auch von Männern gab, ist unbekannt, aber meiner Ansicht nach fragwürdig und könnte tatsächlich die sich in der Jungsteinzeit immens häufenden Massaker erklären.

Was man meiner Meinung nach noch berücksichtigen sollte ist die Evolution bei den Waffen: die Menschen in der Jungsteinzeit hatten zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte gute Fernwaffen (Bögen, Speerschleudern, Wurspeere) zur Hand. Diese Waffentechnologie wirkte als Kraftmultipliaktor da damit auch schwächere (und/oder feigere Männer gegen deutlich stärkere Männer aus der Distanz siegen konnten. Damit erhöhte sich die Zahl der verfügbaren und tatsächlich einsetzbaren Kämpfer einer Gruppe erheblich.

Die allerersten Darstellungen von Menschen die andere Menschen töten zeigen Bögen. Meiner Ansicht nach hat die rasche Entwicklung des Bogenbaus am Beginn der Jungsteinzeit den Krieg sehr befördert. Neben einem erheblichen Mehr an Nahrungsmitteln und dem folgend Menschen erhöhte sich schließlich die zahl der Menschen so weit, dass es zu immer mehr Konflikten kam die dann in immer mehr Kriegen endeten.

Dazu ist eine Erklärung über begrenzte Rohstoffe gar nicht notwendig. Konflikte entstehen auch einfach so, aufgrund zwischenmenschlicher Probleme, Frauengeschichten, Streit usw usf, viele der heute lebenden steinzeitlichen Kulturen greifen aufgrund geringster Anläße zu extremer Gewalt, töten einfach nur aufgrund eines falschen Wortes.
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#14
Quintus Fabius schrieb:Samun:
Nehmen wir mal die überlieferten Sagen und Geschichten, so findet sich bei den Völkern heidnischen germanischen Glaubens eine durchgehende immense Gewaltbereitschaft und Überhöhung des Todes, ja regelrecht eine Todes- und Gewaltsehnsucht die in den christianisierten Völkern so alltäglich nicht vorhanden war und wo sie vorhanden war einer speziellen Legitimation (bspw. Kreuzzug) bedurfte.

Ich spreche hier bewusst nicht von den Kämpfen der Wikinger gegen die Christlichen Völker sondern vom Unterschied im Inneren, auch und insbesondere schon vor diesen Kämpfen. Während Gewalt und gewaltsame Tötung bei den christlichen Kulturen der Legitimation bedurften, verhielt es sich insbesondere bei den Wikingern umgekehrt, dort musste man gar friedliches Verhalten legitimieren während Gewalt und Krieg der emotionale, gedankliche und kulturelle Normalzustand waren. Dafür gibt es viele Beispiele.

Das mit den Wikingern oder Germanischen Völkern, die Heiden waren, finde ich etwas zu sehr Pauschalisiert.

Die Wikinger und Germanen hatten durchaus eine Kultur, zu der auch Kunst, Musik, Bildhauerei, Mode, Familiere Wärme, Wissenschaft, Entdeckungsreisen, Schrift, Technische Erfindungen, Spiel und Sport gehörten.

Das leben aller Völker und auch das der Wikinger oder Germanden bestand eben nicht Nur aus Gewalt, Rohstoffgier und ihrer Götterwelt. Es war also in meinen Augen nicht der emotionale, gedankliche und kulturelle Normalzustand und ob nun Heide oder Christ...die legitimation jeglicher Gewalt konnten Herrscher schon immer irgendwie begründen.
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#15
Ambassador:

Auch kriegerische Kannibalen auf Papua-NeuGuinea haben eine Kultur. Meine Äußerungen sind im weiteren völlig wertfrei, mir geht es nicht um Ethik oder Moral, sondern um die Frage, wie die jeweiligen Kulturen mit Gewalt und Krieg umgingen. Das hat mit Kunst, Musik, familiärer Wärme usw rein gar nichts zu tun.

Man kann ohne ernsthaften Grund einen anderen Menschen mit dem Schwert in Stücke hacken und Töten, und dann im Kreise der Familie Gemütlich die Gemeinsamkeit genießen und sich dabei an einer kunstvollen Holzschnitzerei versuchen.

Gerade darum geht es mir, dass die Frage wie man zu Gewalt steht rein kulturell bestimmt ist.

Zitat:Das leben aller Völker und auch das der Wikinger oder Germanden bestand eben nicht Nur aus Gewalt, Rohstoffgier und ihrer Götterwelt. Es war also in meinen Augen nicht der emotionale, gedankliche und kulturelle Normalzustand...die legitimation jeglicher Gewalt konnten Herrscher schon immer irgendwie begründen.

Gerade weil des der emotionale, gedankliche und kulturelle Normalzustand war, bedurfte es eben keiner Legitimation. Du scheinst wie viele aufgrund deiner kulturellen Prägung nicht zu verstehen, dass andere Kulturen gar keine Legitimation für Gewalt benötigen. Gewalt wird einfach ausgeübt, sie muß nicht gerechtfertigt werden.

Ob Gewalt einer Legitimation bedarf, hängt eben massiv von der Kultur ab. Und schließt sich mit Kunst, Musik, und anderen friedlichen Kulturinhalten nicht aus. Beides kann harmonisch koexistieren, wenn die Kultur entsprechend ist.

Gewalt, Töten und Krieg sind normal, wenn eine Kultur sie als normal definiert. Dann empfinden die Angehörigen dieser Kultur diese Dinge als normal.

Aber mal ein praktisches Beispiel um diese Dinge zu verdeutlichen:

1 Heidnische Skandinavier:

Im Kampf zu sterben, war eines der höchsten Ziele der Kultur selbst. Die ganzen Sagen und Legenden drehen sich um Tod und Töten, und dies frei von jeder Moral oder Ethischen Einschränkung. Ein Kind von 5 Jahren will mit älteren Kindern spielen, aber die wollen nicht mit ihm spielen weil er noch nie Blut vergossen habe. Darauf hin geht das Kind nach Hause und nimmt ein Messer und sticht es einem Pferd in den Bauch. Ein Siebenjähriger wird von einem Elfjährigen im Ringen besiegt, darauf hin holt er eine Axt und spaltet seinem Gegner den Schädel. Ein Zwölfjähriger wird von seinem Vater gerügt dass er im Kampf mit anderen Kindern keinen Mut zeige, darauf hin tötet der Zwölfjährige den erwachsenen Verwalter seines Vaters den dieser sehr schätzt. Ein Junger Mann kauft ein Schwert von einem bekannten Schwertschmied wofür er alle Ersparnisse hingibt, und begeistert von der Waffe reitet er heim und schlägt einigen seiner Sklaven den Kopf ab um sein Schwert zu erproben. Ein Mann äußert sich verächtlich über die Bartlosigkeit des Vaters, darauf hin wird er samt seiner gesamten Familie von den Söhnen des Vaters abgeschlachtet. Ein Isländer wird auf einem Schiff mit einem Kochlöffel geschlagen. Die Folge ist eine über jahre hinweg gehende Mordorgie die zur völligen Ausrottung der Familie des Mannes führt, der den Kochlöffel geschwungen hat.

Das sind alles keine Überlieferungen von Christen oder Feinden dieser Völker, sondern die eigenen Überlieferungen und rein Interne Gewalttaten. Im Kern tritt hier eine Welt hervor, in der Moral in unserem Sinne nicht existierte. Es gab keine Verhältnismäßigkeit, und menschliches Leben hatte keinen Wert.

2 Christliches Byzanz zur gleichen Zeit:

Dort schrieb der Kaiser selbst, dass Krieg das größte Übel sei das existiere. Die Byzantiner versuchten mit Bestechung, Diplomatie und Tributzahlungen Kriege zu vermeiden. Kriegerische Heldentaten waren insgesamt nicht hoch angesehen, der Status eines Soldaten gesellschaftlich nicht hoch anerkannt. Veteranen gingen zur Sühne ihrer Sünden im Krieg nach dem Ausscheiden aus dem Militärdienst sehr oft ins Kloster und wurden Mönche. Anna Komnena rühmte in ihren Schriften ihren Vater, dass dieser unter allen Umständen immer versucht habe, den krieg von den Menschen abzuwenden.

Mord und Totschlag wie in Skandinavien an der Tagesordnung, waren unüblich, gesetzlich verboten und wurden durch die Sicherheitsorgane des Byzantinischen Staates streng verfolgt. Auf Mord stand die Todesstrafe, die aber sehr oft in Bergwerkarbeit oder Blendung und Einweisung in ein Kloster umgewandelt wurde. Es gab Gerichte, Polizeiähnliche Einheiten, Recht und Ordnung wurden aufrecht erhalten.

Krieg und Gewalt wurden negativ betrachtet, selbst feindliche Zivilbevölkerung mit Ausnahmen geschont.

Natürlich gab es auch in Byzanz kriegerische Herrscher, Massaker usw, aber sie wurden insgesamt abgelehnt, und bedurften immer eine besonderen Legitimation. Beispielsweise benutzte der Kaiser Heraklius in seinen Kriegszügen gegen die Perser das Christentum und die Orthodoxe Kirche um seine Kriegstaten zu legitimieren. Er hatte anfangs erhebliche Mühe, sein Volk und seine Soldaten überhaupt zum Kampf zu motivieren. Die Friedensobsession der Byzantiner führte dann sogar zu Abrüstung und Vernachlässigung der Truppen, und dadurch direkt zur Niederlage von Mantzikert, die den Untergang dieses Reiches einläutete.

Zusammenfassung:

Die Unterschiede in der Kulturellen Einstellung zu Gewalt und Krieg zwischen heidnischen Skandinaviern und dem christlichen Byzanz sind immens groß und eindeutig. Während die eine Kultur Gewalt und Krieg als Normal- und Alltagszustand ansah, wurden die gleichen Dinge in der anderen Kultur kritisch gesehen und gemeinhin abgelehnt bis dahin, dass diese Ablehung zu einer Gefahr für das Staatswesen wurde.

Wie und warum Menschen also Gewalt ausüben und Töten, hängt nur von der Kulturellen Einordnung dieser Vorgänge ab und hat desweiteren nichts mit anderen friedlichen Kulturinhalten wie Musik, Dichtung usw zu tun. Die nordische Dichtung steht beispielsweise der byzantinischen in keiner Weise nach, beide Kulturen waren hier hochentwickelt. Aber ob man Tötet oder Gewalt gut oder schlecht findet, hat damit eben rein gar nichts zu tun.
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