Qualität von Streitkräften
Grundsätzlich hast du recht, dass historisch gesehen das Militär von einer relativ kleinen Schicht getragen wurde.
Aber man muss auch - zumindest wirtschaftlich - die Mehrheit mitnehmen.

Es kommt meiner Meinung nicht drauf an ob die Soldaten für sowas sinnfreies, wie eine Nation kämpfen. Im Prinzip reicht es, dass sie für irgendetwas kämpfen. Was ist eigentlich egal. Die Menschen haben tausende Jahre blutige Kriege geführt ohne dass es sowas, wie Nationen gegeben hat. Und dass sie schlechter waren als spätere Kombattaten kann schwerlich jemand behaupten.

Wenn wir von der Qualität von Streitkräften sprechen müssen wir uns vor Augen halten, dass das bedeutet, dass sie ihren (politischen) Auftrag bestmöglich ausfüllen können. Und der bedeutet heute nicht nur irgend etwas abzumurksen. "Tötungsmaschinen" sind eben nicht die Soldaten der besten Qualität, denn sie versagen bei ihrem Auftrag praktisch immer.

Grundsätzlich glaube ich nicht, wie vorher, nicht dass die USA bessere Streitkräfte hervorbringt. Es ist bestenfalls ein Bauchgefühl, dass uns die immernoch übermächtige US-Propaganda einflößt. Es gibt keinen objektiven Anhaltspunkt, warum die US-Gesellschaft bessere Soldaten hervorbringen sollte. Das einzige sind die schieren Geldmassen, die dahinter stehen, womit man sehr viel kompensieren kann.
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Nicht nur das Militär wird durch eine Minderheit getragen, auch die Politik, die Wirtschaft usw, die Mehrheit der Menschen ist bloße Verfügungsmasse, die von eben diesen Minderheiten zu einem bestimmten Verhalten gebracht wird. Opportunismus, Ohnmacht, Konformitätsdruck, usw bringen die Menschen dazu so zu sein, wie die dominierende Minderheit sie haben will. Das Denken der Mehrheit ist nur eine Reaktion, eine Funktion ihres Geldbeutels und dessen was ihnen eingegeben wird.

Wirtschaftlich wird die Mehrheit also dann mitgenommen, wenn die Minderheit dies wünscht. Wenn man also Gesellschaften bezüglich ihrer Kampfkraft untersuchen will, so muß man eben nicht die Mehrheit in diesen Gesellschaften, sondern die Minderheit in diesen Gesellschaften untersuchen.

Wenn du nun die Nation als etwas sinnfreies bezeichnest, dann hast du rein gar nichts von der spirituellen Seite des Krieges verstanden. Menschen kämpfen wie du im nächsten Satz eigentlich gleich richtig ausgeführt hast, für Meta-Ideen, die sie als Teil ihrer eigenen Identität integriert haben. Auch aus diesem Prinzip heraus dominieren Minderheiten, weil bei diesen der Anteil der Meta-Identität an der eigenen persönlichen Identität stärker ist, und sie deshalb viel eher als die Mehrheit für den Erhalt der eigenen Identität zu Gewalt greifen. Die Nation ist nun seit Jahrtausenden eine der am besten funktionierenden Meta-Identitäten und besitzt für die Frage der Kampfkraft einer Gesellschaft eine immense Bedeutung. Menschen kämpfen natürlich auch für andere Meta-Identitäten, für die Frage aber der Motivierung im Krieg hat sich die Nation als Idee im besonderen Maße bewährt. Spielt die Nation als Meta-Idee eine große Rolle in einer Gesellschaft, so ist diese Gesellschaft Kampfstärker, besitzt eine dadurch größere Kriegsbereitschaft und Kriegsfähigkeit.

Menschen haben zwar durch Jahrtausende hindurch wie du schreibst auch ohne Nationen gekämpft, und die Kombattanten waren dann teilweise auch gut, aber die Gesellschaften die da Krieg führten waren gerade eben nicht so gut, nicht so Kriegsbereit und nicht so Kriegsfähig wie Gesellschaften in denen die Nation als Mythos stark war. Je stärker der Mythos der Nation in einer Gesellschaft war/ist, desto kriegsfähiger war/ist diese Gesellschaft.

Gerade weil heutzutage die Mehrheit für die Frage der Wirtschaftlichen Seite des Krieges wesentlich ist, gerade deshalb ist nun heute ein deutlicher Unterschied zu früher gegeben. Früher konnten kampfstarke Kombattanten auch so, auch ohne die Mehrheit Krieg führen. Heute jedoch geht dies aufgrund der Feuerkraft der Waffen nicht mehr. Die Mehrheit muß mitgenommen werden wie du selbst schreibst, und gerade deshalb ist ein funktionierender Mythos wesentlich!

Ohne diesen Mythos sind nicht die Kombattanten schlechter, sondern die Gesellschaft insgesamt ist schlechter für den Krieg geeignet. Und scheitert deshalb im Krieg, sogar wenn ihre Kombattanten gut sind.


Hier nun noch einige objektive Anhaltspunkte warum die USA als Gesellschaft kampfstärker sind und deshalb stärkere Streitkräfte hervor bringen (und glaube mir bitte, die US Propaganda spielt für mich keinerlei Rolle, ich hasse die USA und alles wofür sie stehen sogar sehr)

1 insgesamt viel stärkeres Nationalgefühl, viel weitere Verbreitung der Idee der Nation, viel größerer Anteil des Mythos der Nation an der eigenen Identität – und dies insbesondere bei den Eliten, also der Minderheit sowie im Militär selbst (wieder Minderheit)

2 eine stärkere Verflechtung von Militär, Wirtschaft und Politik

3 numerisch viel größere Streitkräfte, und dadurch Einbindung größerer Anteile der Bevölkerung ins Militär

4 größere Religiosität, eine starke religiöse Rechte

5 eine Sozialkultur die in weiten Teilen auf Selbstverantwortung hin ausgerichtet ist (Pioniergeist, soziale Missgunst, materialistischer Egoismus, privater Waffenbesitz, Milizgedanken)

6 zunehmende Verarmung der weißen Unterschicht und des weißen Kleinbürgertums was dieses zunehmend radikalisiert bzw als Rekrutierungsquelle für das Militär immer noch weiter aufschließt


7 viel mehr Kriegserfahrung durch viel mehr Kriegseinsätze in denen dadurch viel größere Anteile der Bevölkerung praktisch im Krieg gestanden haben (also viel mehr Veteranen)

Dazu schreibst du nun, dass der Unterschied zwischen USA und BRD nicht so groß sei: dem muß ich entschieden wiedersprechen. Die USA haben Hunderttausende von Soldaten im Auslandseinsatz, die BW hat nur tausende.

Seit 1992 sind insgesamt 103 Soldaten der Bundeswehr im Auslandseinsatz ums Leben gekommen. Dabei sind aber Schießunfälle und Selbstmorde mit eingerechnet! Mehrere tausend Soldaten der Bundeswehr (laut BW Angaben um die 6000 Soldaten) wurden verletzt, dabei sind aber wiederum alle Unfälle mit eingerechnet.

Allein im Irak sind 4522 US Soldaten ums leben gekommen. Dazu wurden ungefähr 30 000 US Soldaten im Gefecht verwundet!

Und das soll wie du schreibst vergleichbar, sogar ähnlich sein ?




Aber noch ein ganz wesentlicher Punkt wo wir absolut übereinstimmen:

Zitat:damit das der Fall ist, ist mindestens eine real durchgeführte Wehrpflicht oder ein verbreitetes Milizwesen erforderlich.

Insbesondere dem muß ich natürlich absolut zustimmen!

Eine Kultur der Allgemeinen Wehrpflicht ist das beste, stärkt die Kampfkraft am meisten und ist für eine starke Nation unabdingbar notwendig.

Aber: da wir hier ja explizit die Bundesrepublik und die USA vergleichen möchte ich doch darauf hinweisen, dass wir hier in der BRD eben keine Wehrpflicht mehr haben. Von einer Kultur der Wehrpflicht noch ganz zu schweigen.

Wirkliche Kampfkraft einer Nation kann nur durch eine echte Wehrpflichtarmee entstehen, in der die Wehrpflichtigen auch eingesetzt werden und in der der Wehrdienst aufgrund einer in der Gesellschaft tief integrierten Kultur der allgemeinen Wehrpflicht nicht nur selbstverständlich ist, sondern auch als Teil der eigenen Identität integriert ist und es als selbstverständlich angesehen wird, dass Wehrpflichtige auch in Kriegseinsätze geschickt werden.

Aber weder die BRD noch die USA haben eine Wehrpflichtarmee und rein vom Potential her haben die USA meiner Meinung nach heute sogar ein größeres Potential für eine echte Wehrpflichtarmee als die BRD.
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Nationen gibt es in ersten Anfängen seit kaum mehr als 200 Jahren. Vorher hat es sowas nie gegeben.
Dass die modernen Staaten kampfkräftiger sind liegt zum einen in der deutlich verbesserten Fortschreibung von Erfahrungen, stärkerer Wirtschaftskraft und besserer Technologie.
Die Nation als solche war nie von Relevanz.

Zu deinen Punkten.
1. ist völlig irrelevant. Die in der gesellschaft maßgebende Minderheit ist nicht die gleiche Gruppe, die wie in vergangener Zeit, die das Militär trägt.

2. ist unbestimmt. Eine Verflechtung hat ein Reihe von positiven und negativen Auswirkungen. In wie weit sich die Summe dieser Auswirkungen zur positiven oder negativen Seite neigt, ist recht schwierig zu bestimmen, da viele der Auswirkungen qualitativ und nicht quantitativ sind.

3. Wenn du damit die relative Größe meinst, kann ich dir zustimmen. Allerdings ist ein anderer Punkt, wie viel "ausgebildete Reserve" vorhanden ist. Ein Beispiel ist die Reichswehr der Weimarer Republik. Eine kleine Armee mit einem hohen Durchsatz, der dafür sorgt, dass die Gesellschaft militärisch weitaus durchgebildeter ist als eine Gesellschaft mit einer vielfach größerem Armee ohne vergleichbaren Durchsatz. Hier greift wieder mein Ansatz mit Wehrpflich bzw. Milizsystem.

4. ist unbstimmt. Religion kann sowohl zu einer als auch zur anderen Richtung ausschlagen. Das ist nicht vorgegeben. Und selbst in den USA würde ich nicht für selbstverständlich nehmen, dass es einen positiven Effekt hat.

5. hat eine negative Wirkung. Was du beschreibst bringt in der Regel passable Einzelkämpfer hervor. Das bedeutet aber, dass im gleichen Moment die Fähigkeit als Einheit im Militär zu agieren nicht gegeben ist; kein Teamgeist halt.

6. stimme ich zu.

7. hat keinen Auswirkungen. Denn mehr Arme bedeutet nicht mehr Kriegstüchtige. Das sind völlig unterschiedliche Kategorien. Im Gegenteil; es ist eher so, dass unter solchen Menschen die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte leidet.

Alles in allem bleibe ich dabei, dass die USA nicht wesentlich bessere Streitkräfte hervorbringt.
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