Langlebige Staaten
#1
Da ja allzu oft über den Untergang von Staaten und Völkern gesprochen wird, so fände ich es interessant zu diskutieren, wodurch Nationen bzw Staaten über lange Zeiträume hinweg erfolgreich waren.

Warum existierten bestimmte Staaten im Gegensatz zu allen anderen über gewaltige Zeiträume hinweg? Was waren die Gründe? Was machte diese Staaten so erfolgreich? Warum hielten sie sich?


Nehmen wir beispielsweise das Byzantinische Reich: ein Tatsächlich Tausendjähriges Reich, daß genau genommen sogar mehr als Tausend Jahre lang existierte. Und dies nicht im Windschatten der Geschichte sondern die ganzen Tausend Jahre lang als Frontstaat der von einem Feind nach dem anderen massivst angegriffen wurde.

Warum und Wie hielten die Byzantiner durch? Warum war ihr Staat so extrem viel langlebiger als alle anderen Staaten?

Immerhin überlebte Byzanz Dutzende seiner Feinde um Jahrhunderte.

Was mir bei Byzanz auffällt ist nach Außen hin seine Vorsicht, die Byzantiner waren in allen Dingen sehr vorsichtig und umsichtig. Sie handelten eher defensiv, setzten sehr stark auf Diplomatie und verfolgten immer sehr begrenzte Ziele, auch bei der Offensive im Angriffskrieg verfolgten sie fast immer Ziele die eigentlich unter ihren Möglichkeiten lagen.

Nach innen war Byzanz extrem religiös, ohne aber diesen Fanatismus nach außen zu tragen. Man vergeudete eher seine Kraft in Inneren Religiösen Disputen als Kreuzzüge zu führen, andererseits hielt diese extreme Religiösität das Volk zusammen.

Auf der einen Seite steht also zumindest im Falle von Byzanz eine sehr starke Ideologie die das Alltagsleben der Menschen sehr stark prägte, zum anderen agierte der Staat immer extrem vorsichtig und ließ sich nur sehr selten zu unüberlegten Handlungen hinreißen.

Gibt es nun Gemeinsamkeiten die für alle langlebigen Staaten gleich sind?

Treffen diese Eigenschaften der Byzantiner auch auf andere Völker zu die sehr lange durchhielten?

Was macht einen Staat oder eine Staatsform langlebig?

Bei Byzanz gab es beispielsweise massenweise äußere Feinde und Wirtschaftliche Probleme zugleich. Trotzdem hielt sich Byzanz.
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#2
Nach dem was ich bis jetzt erfahren konnte, hengt die Existenz eines Staates davon ab, ob es ihm gelingt sich den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen zB:
Das alte Ägypten verlor erst an Bedeutung als Völker mit Eisenverarbeitung und Ressourcen, sowie überseeischer Expansionskraft wirtschaflich und militärisch die Initiative ergriffen. Ägypten konnte sich aufgrund mangelnder Ressourcen nicht anpassen.
-Das chinesische Kaiserreich verpasste wirtschaftliche Reformen. Vorher extrem kreativ und lernfähig gelang es gegen Europa ins Hintertreffen. Nach den ganzen Wirren hat es sich jetzt aber mal wieder transformiert und könnte gewissermaßen als eine Art Vortsetzung von Kaiserreich gelten, auch wenn es die KP nicht gern zugeben würde.

Die Fähigkeit sich auf blutigem oder friedlichem Wege immer wieder neu anzupassen, zu vereinigen und neu zu erfinden ist nach meinem Empfinden sehr wichtig. Warum das bei einigen Staaten aber so herforragend klappt und bei anderen nicht ist aber sehr schwierig. Möglicherweise spielen die kollektive Identität und die Summe aller sonstigen Faktoren eine Rolle.
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#3
Ein guter Kandidat für einen erstaunlich langlebigen Staat ist auch Venedig.
Wenn man bedenkt, das Venedig - abgesehen von der Terra Ferma - eigentlich nie ein zusammenhängendes Territorium hatte und regelmäßig in Kriege mit Großmächten geriet hätte es eigentlich schon lange vor Napoleon überrannt werden müssen.
Stattdessen behauptete es sich irgendwie in Italien und bot dem Osmanischen Reich in Griechenland sehr erfolgreich Paroli.
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#4
Das Stichwort Venedig, d. h. die Handelsgroßmacht mit unzusammenhängendem Territorium, würde es auch erlauben, die Hanse aufzunehmen. Ein Städtebund ohne allzu großen Festlands-Rückhalt, der fast 350 Jahre den Ostsee- und teils den Nordsee-Handel mitprägte, ja teils dominierte und der z. B. auch - während seiner Hochphase - die dänischen Könige bestätigen konnte und fast alle Ostsee-Anrainer das Fürchten lehrte, der Niederlassungen von Nowgorod über Malmö bis London und Antwerpen besaß.

Quintus Fabius schrieb:
Zitat:Warum existierten bestimmte Staaten im Gegensatz zu allen anderen über gewaltige Zeiträume hinweg? Was waren die Gründe? Was machte diese Staaten so erfolgreich? Warum hielten sie sich?
Die Fragen sind nicht einfach zu beantworten. Zunächst müsste man eingrenzen, was mit "lange" gemeint ist. Genau genommen hielt sie ja auch Byzanz nicht sehr lange, wenn man bedenkt, dass das Reich sher viele kritische Phasen durchlief, einerseits die Machtausdehnung ab dem 6. Jhd., dann der Höhepunkt im Jahre 1000 (Höhepunkt der maritimen Macht, zugleich Niederwerfung der Bulgaren 1019), dann aber der ständige Verlust von Gebiet bis zum Untergang. Und der Untergang ist einerseits durch die Kreuzzüge verhindert worden (nach dem Hilferuf Alexios' an das lateinische Abendland und dem darauf folgenden 1. Kreuzzug), andererseits sorgten sie dafür, dass die Orthodoxie in Byzanz zeitweilig unterbrochen wurde (1204 - 1261, nach Einahme der Stadt durch die Kreuzritter, die dort ein lateinisch-päpstliches Regime errichteten), weswegen man nicht von einem homogenen Glaubensgebilde sprechen kann. Genau genommen war insofern Byzanz 1204 am Ende...

Aber zu den Fragen:

1.) Grob würde ich sagen, dass i. d. T. eine homogene Glaubenstruktur, auch ein Pantheon (Ägypten), eine lange Existenzzeit sichern kann. Allerdings hat die Theorie auch Schwächen, da etwa die Ägypter ein eigenes Pantheon hatten, aber auch die Römer oder Griechen, deren Reiche unterschiedlich lange Bestand hatten.

2.) Die Ausdehnung sollte nicht zu groß sein, große Reiche (Alexander-Reich, Mongolen-Reich) zerfallen häufig recht rasch, etwa nach dem Tode eines bestimmenden Regenten, sei es durch die Verteilung des "Staats"-Gebietes über eine zu große Distanz, sei es durch Diadochen-Kämpfe.

3.) Lange Kriege schwächen Reiche nachhaltig, auch wenn zeitweiliger Gewinn zu erkennen ist und dies scheinbar eine Stärkung bedeutet, etwa beim römischen Reich. D. h. eine relative Friedfertigkeit kann helfen, den Kern eines Reiches und seine Zivilisation zu erhalten (etwa beim altägyptischen Reich, von der Thutmosiden-Epoche und einigen Umbruchszeiten abgesehen).

4.) Es muss zumindest eine kulturelle Basis hinsichtlich Seßhaftigkeit vorhanden sein, ansonsten assimilieren sich Reiche schnell mit der Kultur unterworfener Völker und gehen in diesen auf, etwa die Hunnen oder auch diverse germanische Stämme.

Schneemann.
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#5
Auffallend ist, das viele Großreiche, die sich nicht auf die Ausübung von Seeherrschaft verstanden, ziemlich schnell zugrundegegangen sind. Dazu gehören etwa das Reich Alexander des Großen, das Empire eines Napoleon Bonaparte oder auch die Sowjetunion.
Nun haben sich aber gerade das byzantinische Reich, Venedig und übrigens auch der Malteserstaat sehr gut auf die Ausübung von Seeherrschaft verstanden.

@Schneemann
Zitat:Das Stichwort Venedig, d. h. die Handelsgroßmacht mit unzusammenhängendem Territorium, würde es auch erlauben, die Hanse aufzunehmen. Ein Städtebund ohne allzu großen Festlands-Rückhalt,
Venedig war aber ein zentral regierter Staat, während die Hanse eine lockere Vereinigung war, ähnlich der EU oder NATO.
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#6
Schneemann schrieb:Aber zu den Fragen:

1.) Grob würde ich sagen, dass i. d. T. eine homogene Glaubenstruktur, auch ein Pantheon (Ägypten), eine lange Existenzzeit sichern kann. Allerdings hat die Theorie auch Schwächen, da etwa die Ägypter ein eigenes Pantheon hatten, aber auch die Römer oder Griechen, deren Reiche unterschiedlich lange Bestand hatten.

Ich würde diesen Punkt etwas allgemeiner fassen: Benötigt wird eine gemeinsame identitäts- und sinnstiftende Idee.

Im Mittelalter war die Religion in vielen europäischen Staaten und Gesellschaften die zentrale identitäts- und sinnstiftende Idee, wie im Moment auch in den meisten islamischen Staaten. In der Neuzeit hat diese Funktion aber häufig eine Ideologie wie Nationalismus oder Kommunismus übernommen.

Darum würde ich diesen Punkt lieber verallgemeinern und sagen, dass durch eine identitäts- und sinnstiftende Idee in einer Gesellschaft eine Vorstellung von Gemeinsamkeit und Homogenität hergestellt wird. Etwas das eine Gesellschaft zusammenhält und als eine Gesellschaft ausmacht.

Schneemann schrieb:2.) Die Ausdehnung sollte nicht zu groß sein, große Reiche (Alexander-Reich, Mongolen-Reich) zerfallen häufig recht rasch, etwa nach dem Tode eines bestimmenden Regenten, sei es durch die Verteilung des "Staats"-Gebietes über eine zu große Distanz, sei es durch Diadochen-Kämpfe.

Ich denke nicht, das die flächenmäßige Größe einer Nation etwas mit der Dauer ihres Bestandes zu tun hat. China ist unzweifelhaft sehr groß, existiert aber schon seit Ewigkeiten.
Bei den von Dir angeführten Beispielen, sollte man eher auf die inneren und äußeren Gründe des Niedergangs schauen. Also welchen äußeren Bedrohungen waren diese Staaten ausgesetzt und wie stark war der innere Zusammenhalt der Gesellschaft? Wenn es eine starke gemeinsame identitäts- und sinnstiftende Idee gibt, dann sind die Gesellschaften zum einen wesentlich wehrhafter und verteidigungsbereites (geschlossener) gegenüber äußeren Bedrohungen, da sie auch etwas gemeinsames zu verlieren haben.
Das Alexander und das Mongolenreich sind im Grunde "schnell" zusammeneroberte Staaten, die aber keinen inneren Zusammenhalt hatten.

Schneemann schrieb:3.) Lange Kriege schwächen Reiche nachhaltig, auch wenn zeitweiliger Gewinn zu erkennen ist und dies scheinbar eine Stärkung bedeutet, etwa beim römischen Reich. D. h. eine relative Friedfertigkeit kann helfen, den Kern eines Reiches und seine Zivilisation zu erhalten (etwa beim altägyptischen Reich, von der Thutmosiden-Epoche und einigen Umbruchszeiten abgesehen).

Im Prinzip sehe ich das ähnlich. Allerdings müssen längere Kriege auch tatsächlich Staat und Gesellschaft erheblich "stressen". Andererseits können längere Kriege auch den inneren Zusammenhalt stärken. Es ist dann wesentlich einfacher sich selbst seiner Gruppe zuzuordnen, wenn man sich von anderen abgrenzen kann und einen vermeintlich gefährlichen Gegner hat. Ebenso stärkt eine gemeinsam empfundene Niederlage (Frankreich 1871, Deutschland 1918) oder auch Sieg den inneren Zusammenhalt und die Entschlossenheit.

Schneemann schrieb:4.) Es muss zumindest eine kulturelle Basis hinsichtlich Seßhaftigkeit vorhanden sein, ansonsten assimilieren sich Reiche schnell mit der Kultur unterworfener Völker und gehen in diesen auf, etwa die Hunnen oder auch diverse germanische Stämme.

Seßhaftigkeit hat gewiss wirtschaftliche Vorteile. Allerdings haben viele Nomadenstämme und "Reiche" lange existiert. Bspw. die mongolischen Khanate, Indianer und auch meinetwegen die Juden oder Sinti und Roma.

Tiger schrieb:Auffallend ist, das viele Großreiche, die sich nicht auf die Ausübung von Seeherrschaft verstanden, ziemlich schnell zugrundegegangen sind. Dazu gehören etwa das Reich Alexander des Großen, das Empire eines Napoleon Bonaparte oder auch die Sowjetunion.
Nun haben sich aber gerade das byzantinische Reich, Venedig und übrigens auch der Malteserstaat sehr gut auf die Ausübung von Seeherrschaft verstanden.

Das sind aber auch imperialistische Großreiche. Wenn es um die Langlebigkeit geht, kann man auch Staaten ohne große Marine wie China und die Schweiz dagegenstellen.

Quintus Fabius schrieb:Gibt es nun Gemeinsamkeiten die für alle langlebigen Staaten gleich sind?
Es ist ein starker innerer Zusammenhalt der in einer gemeinsamen identitäts- und sinnstiftenden Idee begründet ist. Einhergehend mit der Idee und den daraus folgenden Werten ist auch ein gewisses kulturelles Sendungsbewußtsein, wodurch sie sich absetzt und auch häufig anderen gegenüber als überlegen wahrnimmt.

Quintus Fabius schrieb:Treffen diese Eigenschaften der Byzantiner auch auf andere Völker zu die sehr lange durchhielten?

Nur zum Teil. Religiösität ist nicht unbedingt nottwendig, wenn auch häufig vertreten. Auch ist eine gewisse "Defensivität" nicht unbedingt vonnöten. Dies hängt halt maßgeblich von den inneren Überzeugungen und Werten einer Gesellschaft und seiner "Bedrohungslage" ab.

Quintus Fabius schrieb:Was macht einen Staat oder eine Staatsform langlebig?
Eine Staatsform wird dadurch langlebig, wie sehr sie einen Rückhalt in der Bevölkerung hat. Natürlich muss sie auch über die Jahrhunderte gesehen dementsprechend anpassungs- und veränderungsfähig sein.

Ein Staat bzw Gesellschaft braucht eine gemeinsame identitäts- und sinnstiftende Idee.

Quintus Fabius schrieb:Bei Byzanz gab es beispielsweise massenweise äußere Feinde und Wirtschaftliche Probleme zugleich. Trotzdem hielt sich Byzanz.
Eine bedrohte Gesellschaft muß auch wehrfähig sein, wenn sie einem zu allem entschlossenen Feind gegenübersteht. Das ist natürlich auch eine wichtige Voraussetzung. Nebenbei hat sich das christliche Äthiopien/Abessinien noch viel erfolgreicher gegen die islamische Expansion/Mohammedanersturm zur Wehr gesetzt als das Byzantische Reich.
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#7
was mir auffällt ist, dass die Betrachtungen alleine auf die Antike und den "europäischen Kulturkreis" gerichtet werden.
Bei einem Blick "über den Rand der Suppenschüssel" lässt sich wohl etwas mehr Erkenntnis gewinnen.

Ich nehme mal zwei Beispiele:
1. Äthiopien
Seit der Antike bestehend mit einer Dynastie, die erst vor wenigen Jahrzehnten "abgesetzt" wurde (was den Bestand des Landes nicht zerstörte),
und das einzige Land Afrikas, das die Kolonialzeit relativ unbeschadet überstanden hat

2. China
Eine Tradition von mehreren Tausend Jahren, in denen sich zwar Dynastien abgelöst haben - der Staat als solches aber weiter existierte
....
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#8
Zu den langlebigsten Staaten Weltweit würde ich auf jeden Fall Japan zählen... offiziell immerhin seit 660 vor Christus Smile dann auf jeden Fall noch das HRRDN
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#9
@Erich
So kontinuierlich war die äthiopische Geschichte auch nicht. Die salomonische Dynastie kam erst 1270 an die Macht.

@Nelson
Wobei das Heilige Römische Reich Deutscher Nation spätestens ab 1648 im Grunde genommen fast nur noch dem Namen nach existierte.
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#10
Tiger schrieb:@Erich
So kontinuierlich war die äthiopische Geschichte auch nicht. Die salomonische Dynastie kam erst 1270 an die Macht.

...
besteht ein Staat nur solange, wie er von der gleichen Dynastie regiert wird?
Die "salomonische Dynastie" hat innerhalb eines bestehenden Staates eine Vorgängerdynastie abgelöst - nicht recht viel anderes als ein Regierungswechsel heute.
Deshalb war und ist ein Vorgängerstaat doch noch nicht untergegangen - oder?
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#11
@Erich
Interesse Frage.
Ich zielte auch mehr auf deine Aussage ab, das Äthiopien "seit der Antike" von einer einzigen Dynastie regiert wurde.
Insgesamt kommt es meiner Ansicht nach darauf an, wie tiefgehend der politische Umbruch ist.
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#12
Spotz:

Ich teile deine Auffassung, daß eine die Mehrheit in einer "Nation" absolut überzeugende "Idee" vermutlich der wesentlichste, der ausschlaggebende Punkt für die Frage der Überlebensfähigkeit dieser "Nation" ist. Nation möchte ich hier dabei als ein Wort für eine Mischung aus Volk und Staat verwenden, da der Begriff Staat für sich allein hier nicht ausreichend ist.

Die "Idee" der jeweiligen "Nation" kann dabei natürlich verschiedene Formen haben. Geht die "Idee" "verloren" - damit meine ich, daß die Mehrheit nicht mehr diese gleichen Meme teilt- dann geht die Nation unter, kann sich nicht mehr auf Dauer halten.

Sind aber diese gemeinsamen Meme einer Nation weiterhin für die Mehrheit überzeugend, dann kann diese Nation auch die größten Krisen überwinden.

Zitat:Nebenbei hat sich das christliche Äthiopien/Abessinien noch viel erfolgreicher gegen die islamische Expansion/Mohammedanersturm zur Wehr gesetzt als das Byzantische Reich.

Es wurde allerdings auch wesentlich weniger und nur von einer primären Richtung her angegriffen und lag abgelegener, also nicht in der Hauptstoßrichtung. Byzanz aber wurde ja nicht von den Muslimischen Arabern attackiert, sondern aus allen Richtungen gleichzeitig von Muslimen und Nicht-Muslimen.

Keine Nation vorher oder nachher stand derart lange und derart extremem militärischen Druck wie Byzanz.

Gerade dieser Umstand macht Byzanz für mich so besonders interessant, daß dieser Staat über 1000 Jahre lang de facto nie auch nur ein wenig Luft zum Atmen holen konnte.

Interessant sind dann insbesondere die Folgen für die Art und Weise wie Byzanz Krieg führte und was es für Folgen für das Leben und die Kultur der Byzantiner hatte.

Ich nenne mal an dieser Stelle die sogenannte "Schattenkrieg" führung der Byzantiner, im Endeffekt eine Art Guerillakrieg sowie die Unterirdischen Städte und Höhlenfestungen in Kleinasien in denen sich die Zivilbevölkerung vor den Muslimen zurück zog.

Zitat:Eine bedrohte Gesellschaft muß auch wehrfähig sein, wenn sie einem zu allem entschlossenen Feind gegenübersteht

Meiner Überzeugung nach ist die Wehrfähigkeit nachrangig der Frage der Militärischen Effizienz, worunter ich die Kosten des Militärs für den jeweiligen Staat meine.

Alle besonders langlebigen Staaten hatten sehr kosteneffiziente Armeen. Sie gaben für die Kriegsführung Volkswirtschaftlich weniger aus als andere Staaten.

Die Strategischen Ziele waren immer begrenzt, man ging langsam und vorsichtig vor.

Auffällig ist auch, daß besonders langlebige Staaten fast nie Berufsarmeen unterhielten, sondern sogar überwiegend ihre Armeen auf Milizen aufbauten.

Auch das spielt in den Punkt der Militärischen Kosten hinein. Langlebige Staaten schafften es über sehr lange Zeiträume, die volkswirtschaftlichen Kosten für ihr Militär sehr gering oder so gering wie möglich zu halten.

Durch Begrenzung ihrer Ziele, vorsichtiges Vorgehen und einen Kostenextensive Aufbau ihrer Armee.
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#13
Tiger schrieb:@Erich
Interesse Frage.
Ich zielte auch mehr auf deine Aussage ab, das Äthiopien "seit der Antike" von einer einzigen Dynastie regiert wurde.
Insgesamt kommt es meiner Ansicht nach darauf an, wie tiefgehend der politische Umbruch ist.
das war sicher missverständlich formuliert. Ich wollte sagen, dass die Dynastie, die ihre (angebliche) Herkunft bis zu Šalamounské Menelik zurückführt, einem illegitimer Sohn des israelitischen Königs Salomo und der Königin von Saba, seit der Antike bestehen soll (S. 325). Haile Selassie war angeblich der 255. Erbe der Dynastie.
Nach dieser Zeittafel <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.aethiopisch-orthodoxe-kirche-deutschland.de/25-Jahre-Longerich/SalamaZeittafel.pdf">http://www.aethiopisch-orthodoxe-kirche ... ttafel.pdf</a><!-- m --> ist die Hauptstadt des "Vorgängerreiches" Äthiopiens (Aksum) wohl um 945 v. Chr. zerstört worden, wobei der Überlieferung nach die "salomonische Dynstie" abgesetzt und um 1137 im (christlichen) Restreich durch die "Zagwe-Dynastie" (vorübergehend) erstetzt wurde, die dann 1270 von der salomonischen Dynastie abgelöst wurde.
Quelle: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.ethiopianorthodox.ch/de/ueber_uns.html">http://www.ethiopianorthodox.ch/de/ueber_uns.html</a><!-- m -->
Zitat:...
Es kam häufig zu Einfällen von Nachbarvölkern. Der schlimmste war derjenige der von einer jüdischen Herrscherin, "Yodit Gudit" ("die schreckliche Jüdin") genannt, im 10. Jahrhundert geführt wurde. Yodit suchte ganz Nordäthiopien bis Aksum heim und zerstörte dort die älteste äthiopische Kirche, die Zion Maryam Basilika.

Es folgte das dunkle Zeitalter. ...
Nachdem die salomonische Dynastie abgesetzt wurde, kam die Zagwe Dynastie an die Macht, welche die Hauptstadt von Aksum nach Roha verlegte, das später nach dem grössten Zagwe Kaiser, Lalibela, benannt wurde. Von da an wurde das Land Äthiopien genannt, ein Name der zwar schon viel früher für das Land gebraucht wurde, aber vorher wurde das Land offiziell nach seiner Hauptstadt benannt (Aksum).
...

m 12. Jahrhundert gab es dann eine christliche Renaissance in Äthiopien. Die christlichen Kaiser breiteten ihren Machtbereich aus ....

...
Ab dem 13. Jahrhundert wurden vermehrt islamische Emiraten an den Grenzen Äthiopiens gegründet, welche das christliche Reich mal mehr, mal weniger bedrohten. Den äthiopischen Kaisern gelang es aber immer siegreich zu bleiben, bis im 16. Jahrhundert der Imam Ahmed ibn Ibrahim al Ghazi, Emir von Ifat, Adal und Harer auf der Bildfläche erschien, der die "Ungläubigen" ein für allemal bekehren wollte und von den Türken stark unterstützt wurde.
...
Kurz bevor der Imam in die damalige äthiopische Hauptstadt Gonder einmarschieren konnte, wurde sein Heer von den Äthiopiern mit der Unterstützung von 400 Portugiesen getötet. So blieb Äthiopien christlich. ...
(Kam die salomonische Dynastie damit wieder an die Macht?)
Aber wie gesagt .... ist ein solcher "Dynastie-Wechsel" tatsächlich das Ende eines Reiches?
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#14
1796 hat Napoleon während des Italienfeldzugs allein vor San Marino haltgemacht. Diese so wacker und unerschütterlich ihre Unabhängigkeit verteidigende Republik auf ihrem Felsen droben hat ihn schier beeindruckt.

Und in seiner aufrichtigen Bewunderung für dieses so rührend wehrhafte Völkchen, ließ Napoleon ihnen dreierlei Geschenke zukommen:

1. Getreide zur Nahrung
2. Kanonen zur Verteidigung
3. Einen eigenen Meereszugang (Rimini)

San Marino übernahm wohlwollend das Getreide. Die Kanonen nahmen sie nicht an. Und auch den Gebietsgewinn bis zum Meer schlugen sie sehr höflich aus. In Ihrer Begründung lag große Weisheit und Weitsicht:

"Die Republik San Marino, mit ihrer Kleinheit zufrieden, wagt es nicht, das ihr unterbreitete großzügige Angebot anzunehmen, und sie wagt es nicht ehrgeizige Gebietsansprüche zu vertreten, die mit der Zeit seine Freiheit gefährden würden."

Die kleine Republik wurde ständig durch äußere Feinde, vornehmlich durch den Kirchenstaat, bedrängt. Vor allem auch militärisch. Solange sie aber unbedeutend sind, lohnt es sich nicht sie groß zu bedrängen. So deren Kalkül. Und San Marino ist die langlebigste Republik der Welt - 1700 Jahre!
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#15
So obskur San Marino auch ist, erfüllt es doch alle genannten Kriterien:

Es hat eine sehr starke Idee an welche die Bevölkerung durchgehend glaubte und sich zu eigen machte - in seinem Fall an sich selbst als Sonderfall der Geschichte. Die Leute dort haben einen geradezu kurios-fanatischen Nationalismus, ohne dass dieser nach außen aggressiv wäre, selbst heute noch.

San Marino hat immer im Verhältnis zu seiner wirtschaftlichen Leistugsfähigkeit sehr wenig fürs Militär ausgegeben, dies mit Diplomatie kompensiert und auf Milizen statt Sölder oder Berufssoldaten gesetzt. Und innnerhalb dieser begrenzten Ausgaben war die Miliz dieses Staates immer besonders effizient und kostenextensiv.

San Marino war immer sehr vorsichtig, sehr zurückhaltend und beschränkte sich selbst in erfolgreichen Zeiten und Umständen. Die hübsche Geschichte mit Napoleon illustriert diese grundsätzliche Haltung eigentlich perfekt.

San Marino war immer sehr sparsam und versuchte Schulden selbst dann zu vermeiden wenn Schulden machen nicht nur problemlos möglich gewesen wäre, sondern sogar sinnvoll. Und die Staatseinnahmen übersteigen oft die Staatsausgaben weil man immer übervorsichtig kalkuliert.

https://www.finanzen.net/land/san_marino
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