07.06.2010, 16:40
Bevor man eigentlich über eine neue Bundeswehrreform nachdenkt, sollte man sich eigentlich Gedanken darüber machen, was denn die sicherheits- und verteidigungspolitischen Ziele Deutschlands sind und ein Konzept bzw. eine Strategie zur Erfüllung ebendieser Ziele ausarbeiten. Das Weißbuch 2006 ist zu allgemeinein gehalten.
Direkte, konventionelle Bedrohungen existieren derzeit für Deutschland nicht, selbst die einzige militärische Großmacht an der Peripherie der NATO/EU, Russland, ist nicht in der Lage uns zu drohen. Stattdessen findet man in Nordafrika und Südosteuropa zahlreiche Bedrohungen für die deutsche Sicherheit: militante, islamistische Gruppierungen (Maghreb, Ägypten, Balkan), ethnische Konflikte (vor allem in bisher stabilen EU/NATO-Mitgliedsstaaten), eingeforene Konflikte (Moldawien, Kosovo). Hinzu, kommen Gefahren für die wirtschaftliche Sicherheit Deutschlands (z.B. Piraterie, Versorgungssicherheit). Wir müssen uns aber auch eingestehen, dass "einzige Konstante im Universum die Veränderung ist.“ Daher müssen wir auch damit rechnen, dass in Zukunft auch wieder direkte, konventionelle Bedrohungen für Deutschland entstehen können (hier möchte ich nur kurz bzgl. der Beschaffungsvorhaben anmerken, dass Systeme wie Eurofighter eine Lebensdauer von dreißig bis vierzig Jahren haben, niemand, absolut niemand, kann mit ausreichender Sicherheit die Bedrohungen für einen derart langen Zeitraum vorhersagen).
Das stellt sämtliche mit Verteidigungs- und Sicherheitspolitik beschäftigten Ressorts vor die Aufgabe auf der einen Seite derzeitige, ich nenn's mal in Ermangelung eines besseren Begriffs, Sicherheitsoperationen erfolgreich zu bewältigen und auf der anderen Seite konventionelle Fähigkeiten aufrechtzuerhalten. Dazu kommt noch, dass die finanziellen Ressourcen sehr beschränkt sind und dass die Akkzeptanz von gewaltintensiven, militärischen Aktionen bei der deutschen Bevölkerung ebenso beschränkt ist.
Was leitet sich daraus ab?
- Wir brauchen weiterhin konventionelle militärische Fähigkeiten.
- Eine Verteidigung Deutschlands gegen unvorhergesehene Gegner ist nur im Bündnis möglich.
- Sicherheitsoperationen, d.h. Einsätze die nicht der unmittelbaren Verteidigung Deutschlands und seiner Bündnispartner dienen, sind die Regel und können nicht allein von der Bundeswehr durchgeführt werden.
Wie erreichen wir unsere Ziele?
Verteidigungsoperationen: Da, wie bereits gesagt, eine Verteidigung Deutschlands nur im Bündnis fähig ist, müssen die deutschen Streitkräfte voll bündnisfähig und im gesamten Bündnisgebiet einsatzfähig sein.
Sicherheitsoperationen: Diese Einsätze stellen auf absehbare Zeit die Regel für die deutschen Streitkräfte dar, gleichzeitig sind diese aber nicht die einzigen Akteure: Außwärtiges Amt, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Inneneres, alle Ressorts spielen eine Rolle und ihre Einbindung soll dazu dienen, dass die Bundeswehr nicht zu einer bewaffneten Entwicklungshilfeorganisation oder THW in grün verkommt. Zudem muss die Zusammenarbeit mit lokalen/regionalen Akteuren gestärkt werden, so dass Deutschland lediglich unterstützende Aufgaben wahrnahemen muss und so der innenpolitische Druck bei langandauernden und gefährlicheren Einsätzen nicht zu groß wird. Eine bessere Informationspolitik ist ebenfalls notwendig. Die Bundeswehr selbst sollte außerhalb Europas nur führende, kämpfende Aufgaben übernehmen, wenn sie nach der Devise "kurz, hart, dreckig" durchgeführt werden können. Hier sprechen wir von einer Einsatzdauer von maximal sechs Monaten. Afghanistan sollte eine einmalige Ausnahme bleiben.
Was brauchen wir dafür und was können wir uns leisten?
Die Wehrpflicht stellt einen heftigen Eingriff in die Freiheiten junger Staatsbürger dar und lässt sich nur durch entsprechende äußere Bedrohungen, wie der Warschauer Pakt, rechtfertigen. Daher ist die Bundeswehr in eine Berufsarmee umzuwandeln. Dies bedeutet, allerdings nicht, dass die Streitkräfte zu einem Beamtenapparat verkommen dürfen. Die Personalstruktur muss drastisch verändert, d.h. verjüngt, werden und die Möglichkeiten für Soldaten auf Zeit müssen verbessert werden (flexible Verpflichtungszeiten von 1 bis 20 Jahren). Für den Großteil der Soldaten soll die Bundeswehr zu einer Station in ihrem Leben werden und nicht zu einem Arbeitgeber bis zum Renten-/Pensionsalter. Um weiterhin attraktiv zu bleiben, können zum Beispiel Kurzdiener mit Abitur den Erlass von Studiengebühren oder einfachere Zugangsmöglichkeiten zu Studiengängen erarbeiten, anderen kann ein ziviler Arbeitsplatz nach dem Ende der Dienstzeit in Aussicht gestellt werden.
Dadurch können auch Personalstärken von bis zu 240.000 Mann erreicht werden. Diese sollten allerdings nicht unter 200.000 fallen, 220.000 wären schon hart an der Schmerzgrenze.
Außerdem müssen die kompletten Organisationsstrukturen verändert werden, aber das würde hier zuweit führen.
Bzgl. Beschaffungen:
- Eurofighter sollten im vollen Umfang beschafft werden, allerdings kann die 3. Tranche hinausgezögert werden.
- Die Tornados können ausgemustert werden, beginnend mit den IDS/Recce und zuletzt die ECR.
- Ein Nachfolger muss beschafft werden, UCAV in der Strike/Recce/SEAD Rolle.
- A400M reduzieren, dafür wie bereits von PKr vorgeschlagen ein kleineres Muster
- MEADS zu Ende entwickeln. Einführung abwarten.
- HTH als offener Wettbewerb.
- PUMA wie geplant einführen.
- Tiger in vollem Umfang einführen. Wenn ohne zusätzliche Kosten möglich einen Teil auf franz. Version HAD-Version umrüsten.
- F125 streichen, stattdessen vier off-the-shelf Patrouillenfregatten Stückkosten < 150 Mio. Euro
- Die sechs ältesten F122 ausmustern, weiterverwendbare Systeme einlagern.
- Neue Mehrzweckfregattenklasse als Ersatz für die F122/F123 ab Ende dieses Jahrzehnts/Anfang nächstes Jahrzehnt.
- Schnellboote stilllegen.
- K131 für den Küstenkampf und Einsätze außerhalb des Nordatlantiks/der Ostsee auslegen, keine hohe Seeausdauer.
- JSS streichen.
Direkte, konventionelle Bedrohungen existieren derzeit für Deutschland nicht, selbst die einzige militärische Großmacht an der Peripherie der NATO/EU, Russland, ist nicht in der Lage uns zu drohen. Stattdessen findet man in Nordafrika und Südosteuropa zahlreiche Bedrohungen für die deutsche Sicherheit: militante, islamistische Gruppierungen (Maghreb, Ägypten, Balkan), ethnische Konflikte (vor allem in bisher stabilen EU/NATO-Mitgliedsstaaten), eingeforene Konflikte (Moldawien, Kosovo). Hinzu, kommen Gefahren für die wirtschaftliche Sicherheit Deutschlands (z.B. Piraterie, Versorgungssicherheit). Wir müssen uns aber auch eingestehen, dass "einzige Konstante im Universum die Veränderung ist.“ Daher müssen wir auch damit rechnen, dass in Zukunft auch wieder direkte, konventionelle Bedrohungen für Deutschland entstehen können (hier möchte ich nur kurz bzgl. der Beschaffungsvorhaben anmerken, dass Systeme wie Eurofighter eine Lebensdauer von dreißig bis vierzig Jahren haben, niemand, absolut niemand, kann mit ausreichender Sicherheit die Bedrohungen für einen derart langen Zeitraum vorhersagen).
Das stellt sämtliche mit Verteidigungs- und Sicherheitspolitik beschäftigten Ressorts vor die Aufgabe auf der einen Seite derzeitige, ich nenn's mal in Ermangelung eines besseren Begriffs, Sicherheitsoperationen erfolgreich zu bewältigen und auf der anderen Seite konventionelle Fähigkeiten aufrechtzuerhalten. Dazu kommt noch, dass die finanziellen Ressourcen sehr beschränkt sind und dass die Akkzeptanz von gewaltintensiven, militärischen Aktionen bei der deutschen Bevölkerung ebenso beschränkt ist.
Was leitet sich daraus ab?
- Wir brauchen weiterhin konventionelle militärische Fähigkeiten.
- Eine Verteidigung Deutschlands gegen unvorhergesehene Gegner ist nur im Bündnis möglich.
- Sicherheitsoperationen, d.h. Einsätze die nicht der unmittelbaren Verteidigung Deutschlands und seiner Bündnispartner dienen, sind die Regel und können nicht allein von der Bundeswehr durchgeführt werden.
Wie erreichen wir unsere Ziele?
Verteidigungsoperationen: Da, wie bereits gesagt, eine Verteidigung Deutschlands nur im Bündnis fähig ist, müssen die deutschen Streitkräfte voll bündnisfähig und im gesamten Bündnisgebiet einsatzfähig sein.
Sicherheitsoperationen: Diese Einsätze stellen auf absehbare Zeit die Regel für die deutschen Streitkräfte dar, gleichzeitig sind diese aber nicht die einzigen Akteure: Außwärtiges Amt, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Inneneres, alle Ressorts spielen eine Rolle und ihre Einbindung soll dazu dienen, dass die Bundeswehr nicht zu einer bewaffneten Entwicklungshilfeorganisation oder THW in grün verkommt. Zudem muss die Zusammenarbeit mit lokalen/regionalen Akteuren gestärkt werden, so dass Deutschland lediglich unterstützende Aufgaben wahrnahemen muss und so der innenpolitische Druck bei langandauernden und gefährlicheren Einsätzen nicht zu groß wird. Eine bessere Informationspolitik ist ebenfalls notwendig. Die Bundeswehr selbst sollte außerhalb Europas nur führende, kämpfende Aufgaben übernehmen, wenn sie nach der Devise "kurz, hart, dreckig" durchgeführt werden können. Hier sprechen wir von einer Einsatzdauer von maximal sechs Monaten. Afghanistan sollte eine einmalige Ausnahme bleiben.
Was brauchen wir dafür und was können wir uns leisten?
Die Wehrpflicht stellt einen heftigen Eingriff in die Freiheiten junger Staatsbürger dar und lässt sich nur durch entsprechende äußere Bedrohungen, wie der Warschauer Pakt, rechtfertigen. Daher ist die Bundeswehr in eine Berufsarmee umzuwandeln. Dies bedeutet, allerdings nicht, dass die Streitkräfte zu einem Beamtenapparat verkommen dürfen. Die Personalstruktur muss drastisch verändert, d.h. verjüngt, werden und die Möglichkeiten für Soldaten auf Zeit müssen verbessert werden (flexible Verpflichtungszeiten von 1 bis 20 Jahren). Für den Großteil der Soldaten soll die Bundeswehr zu einer Station in ihrem Leben werden und nicht zu einem Arbeitgeber bis zum Renten-/Pensionsalter. Um weiterhin attraktiv zu bleiben, können zum Beispiel Kurzdiener mit Abitur den Erlass von Studiengebühren oder einfachere Zugangsmöglichkeiten zu Studiengängen erarbeiten, anderen kann ein ziviler Arbeitsplatz nach dem Ende der Dienstzeit in Aussicht gestellt werden.
Dadurch können auch Personalstärken von bis zu 240.000 Mann erreicht werden. Diese sollten allerdings nicht unter 200.000 fallen, 220.000 wären schon hart an der Schmerzgrenze.
Außerdem müssen die kompletten Organisationsstrukturen verändert werden, aber das würde hier zuweit führen.
Bzgl. Beschaffungen:
- Eurofighter sollten im vollen Umfang beschafft werden, allerdings kann die 3. Tranche hinausgezögert werden.
- Die Tornados können ausgemustert werden, beginnend mit den IDS/Recce und zuletzt die ECR.
- Ein Nachfolger muss beschafft werden, UCAV in der Strike/Recce/SEAD Rolle.
- A400M reduzieren, dafür wie bereits von PKr vorgeschlagen ein kleineres Muster
- MEADS zu Ende entwickeln. Einführung abwarten.
- HTH als offener Wettbewerb.
- PUMA wie geplant einführen.
- Tiger in vollem Umfang einführen. Wenn ohne zusätzliche Kosten möglich einen Teil auf franz. Version HAD-Version umrüsten.
- F125 streichen, stattdessen vier off-the-shelf Patrouillenfregatten Stückkosten < 150 Mio. Euro
- Die sechs ältesten F122 ausmustern, weiterverwendbare Systeme einlagern.
- Neue Mehrzweckfregattenklasse als Ersatz für die F122/F123 ab Ende dieses Jahrzehnts/Anfang nächstes Jahrzehnt.
- Schnellboote stilllegen.
- K131 für den Küstenkampf und Einsätze außerhalb des Nordatlantiks/der Ostsee auslegen, keine hohe Seeausdauer.
- JSS streichen.