Umfrage: Ist der MBT als Konzept überholt?
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Zukünftige Entwicklungen und Konzeptionen von Panzerfahrzeugen
Um mal ein ganz altes Thema wieder aufzugreifen:

Wie und wofür kann man Kampfpanzer in Zukunft einsetzen und wie muss man diese daher konzeptionell auslegen?

Wie schon im MGCS Strang vor kurzem beschrieben gibt es ja vier grundsätzliche Positionen in Bezug auf die Zukunft der Kampfpanzer:

1 Der Kampfpanzer ist derart veraltet und überkommen, dass man selbst die Leo2 jetzt nicht mehr kampfwertsteigern, sondern einfach sofort abschaffen sollte.

2 Der Kampfpanzer wird in absehbarer Zeit obsolet werden und deshalb sollte man nur noch den Leo2 kampfwertsteigern - aber eben keinen neuen KPz beschaffen.

3 Der Kampfpanzer wird auch noch in den nächsten Dekaden das Hauptwaffensystem am Boden sein und deshalb brauchen wir einen neuen KPz

und meine Position 4 Einheiten welche man heute als Kampfpanzer klassifiziert und als Panzertruppe sortenrein zusammen fasst sind auch in der Zukunft eine wesentliche Fähigkeit, aber man muss sie anders einsetzen und daher auch einen neuen solchen Panzer beschaffen den man auf eine geänderte Doktrin und andere Einsatzweise hin optimiert.

Ich will noch kurz ergänzend etwas weitergehend darlegen was ich damit meine, und dies hier: weil es ja weniger in den MGCS Strang hinein passt. Der Krieg wird in Zukunft zunehmend in Megastädten geführt werden. Dies allein schon deshalb, weil sich außerhalb von Städten der Feind ab einem gewissen Zeitpunkt in keinster Weise mehr wird halten können. Selbst ein konventioneller Gegner wird daher ab einem gewissen Zeitpunkt zwingend in Großstädte zurück fallen und diese für sich nutzen.

Diese zwingende Urbanisierung der Kriegsführung führt zu der Frage, wie man überhaupt in Städten Krieg führen will. Die praktischen Erfahrungen der letzten Dekaden bestätigen hier ganz klar die Erkenntisse welche man eigentlich schon im Zweiten Weltkrieg dazu gewonnen hat, nämlich dass man in Städten mit ihren massiven Strukturen eine erhebliche direkte Feuerkraft benötigt und dass Kampfpanzer in diesen Städten diese Feuerkraft stellen können, aber konzeptionell auch erhebliche Schwächen haben, deren größte die Frage der Elevation, der Durchhaltefähigkeit und die der Einbindung in ein Gesamtsystem sind. Sowohl die Russen in Grozny als auch die US Marines in Falludscha und hier und heute die syrische Regierungsarmee fanden schließlich zu einem sinnvollen Einsatz der Kampfpanzer in der Stadt zurück und konnten sich primär aufgrund ihrer Kampfpanzer im städtischen Kampf durchsetzen. Die Israelis entwickelten ihre Merkava ebenfalls in diese Richtung und aufgrund der Anforderungen gerade des Urbanen Umfeldes ihre abstandsaktiven Schutzmaßnahmen.

Die zwingende Schlußfolgerung für viele ist nun im Weiteren, dass "Kampfpanzer" der Zukunft eher in Richtung Feldartillerie und schließlich in Richtung von Sturmgeschützen gedacht werden müssen, weil eine solche Ausrichtung dem Kampf in Städten eher entgegen kommt, man das Feuer auch indirekt im Steilfeuer einsetzen kann und man das Feuer einer größeren Zahl von Systemen von überall her zusammen fassen kann. Manche sehen wegen der Durchhaltefähigkeit hier ein 105mm Kaliber als zukunftsweisend, andere hingegen schlagen Mörser anstelle der Kanonen vor und sehen dann den Kampf gegen feindliche Panzer mittels Mörsermunition vor welche die Dachpanzerung angreift und im direkten Schuss mit durch das Mörserrohr verschossenen PALR.

Beide Lösungsansätze lassen aber außer acht, dass die größte Bedrohung für gepanzerte Fahrzeuge heute keineswegs andere gepanzerte Fahrzeuge sind (die Duellsituation wird mehr und mehr in den Hintergrund rücken) und dass die Luftraumverteidigung immer mehr an Bedeutung zunimmt. Das spricht für einen Panzer mit einer leistungsstarken Mittelkaliberkanone. Da diese aber gegen andere Kampfpanzer allenfalls einen Auftragsabbruch durch oberflächliche Bechädigungen erzielen kann stellt sich die Frage nach einer Sekundärbewaffnung, welche ich beispielsweise in Form von Hochgeschwindigkeits-PALR andenken würde. Solche Panzer wurden konzeptionell bereits in den 70er Jahren als sogenannte Begleitpanzer angedacht, es gab sie auf Basis des Marder mit einer 57mm Kanone und heute gibt es beispielsweise einen Prototypen eines Leclerc mit einer 40mm Kanone mit Teleskopmunition, die Russen haben ihre BMP-T. Dabei wird aber dennoch durchgehend ein Kampfpanzer mit einer großkalibrigen Kanone als das Hauptsystem gesehen, während die Begleitpanzer ihrem Namen folgend eben nur in geringen Anteilen begleitend zusätzliche Fähigkeiten beisteuern.

Nun kann man überlegen dieses Verhältnis umzudrehen, die "Begleitpanzer" zur neuen Form des Kampfpanzers zu machen und seine bisherige Auslegung zum de facto Begleitpanzer, aber das verschenkt einerseits die Möglichkeit indirekt im Steilfeuer mitzuwirken und andererseits benötigt man eben zwingend großkalibrige Kanonen um im Urbanen Schlachtfeld die feindlichen Stellungen durch direktes Feuer aufzubrechen.

Das führt dann direkt zum Ursprung der Kampfpanzer zurück, ihrer eigentlichen Natur und ihrem ursprünglichen Zweck: nämlich dem: feindliche Stellungssysteme aufzubrechen und zu überwinden (1WK). Den das war und ist eigentlich die ursprüngliche Natur von Kampfpanzern. Der ganze Kampf gegen andere Panzer kam dann erst im Laufe der Zeit hinzu, wurde schließlich zum Selbstzweck und der Kampfpanzer schließlich auf diese frühere Nebenaufgabe hin überspezialisiert.

Wenn man also davon ausgeht, dass Kampfpanzer in Zukunft primär dem Kampf gegen feindliche Stellungssysteme und dem Kampf in Städten dienen werden (das zeichnete sich beispielsweise bereits im Libanonkrieg so ab), dann muss man ebenfalls feststellen, dass Kampfpanzer mit einer großkalibrigen Kanone in diesem Szenario durchaus funktionieren, wenn man sie mit bestimmten anderen Einheiten kombiniert einsetzt. Und dass sie dann in einem solchen Szenario einer Art Sturmgeschütz oder auch einem Panzer mit einer Mittelkaliber-MK überlegen sind. Umgekehrt taugen solche schweren Kampfpanzer immer weniger für den Bewegungskrieg. Es handelt sich also zunehmend um Spezialisten welche eine ganz bestimmte Rolle einnehmen.

Daher macht es eben meiner Meinung nach Sinn nicht einen Typ von Kampfpanzer als nächste Generation anzudenken, sondern zwei verschiedene Typen. Zum einen Kampfpanzer welche mit einer Mittelkaliber-MK und Raketen für den Bewegungskrieg und als Generalisten Verwendung finden, und andererseits auf Grundlage der gleichen Basis-Plattform Träger von schweren Kanonen. Statt aber diese beiden Typen in ein und derselben Panzer-Einheit zusammen zu fassen, würde ich sie ausdrücklich trennen und stattdessen die schweren Kampfpanzer mit anderen dafür geeigneten Truppen in einem gesonderten Verband zusammen fassen. Das ist eben das Konzept was ich früher als Sappeure bezeichnet habe, man könnte es auch Sturmpioniere nennen oder wie man will.

Das macht die Panzer mit Mittelkaliber-MK frei für den Bewegungskrieg und für die streitkräftegemeinsame Feuerunterstützung. Panzer-Bataillone und/oder Regimenter als Truppengattungsreine Einheiten würden daher nur aus solchen leichten Kampfpanzern bestehen. Selbst die Duellfähigkeit wäre dabei vollständig gewährleistet. Schwere Kampfpanzer hingegen sind im weiteren ein System der Sturmpioniere.

Nun bleibt die Frage wo man was genau in einer Struktur aufhängt: Panzer-Bataillone sollten im Weiteren weiterhin eine Einheit der Brigade bleiben. Sappeure/Sturmpioniere hingegen sollten oberhalb der Brigade als Divisions- oder gar als Korpstruppen vorgehalten werden. Sie werden immer dann zusätzlich zu einer Brigade angesetzt wenn ihre spezifische Fähigkeit den Durchbruch durch ein feindliches Stellungssystem zu erzwingen oder in Städten vorzugehen erforderlich ist.

Nun gibt es viele welche im Weiteren ausführen, dass es den Kampf gegen feindliche Stellungssystem so gar nicht mehr geben wird und man diese nach belieben wird umgehen können. Tatsächlich aber wird gerade im assymetrischen Krieg und in der Übergangsphase vom konventionellen Bereich in den assymetrischen das Zerschlagen zumindest eines Teils der feindlichen Stellungen notwendig werden. Dafür fehlt eine darauf spezialisierte und organisch dafür zusammen gestellte Truppe. Unsere Streikräfte sind genau genommen für diese Art des Kampfes nicht gut aufgestellt.

Eine Teilung der nächsten Generation der Kampfpanzer in schwere- und leichte Kampfpanzer, wobei beide unterschiedlichen Truppengattungen zugeordnet wären könnte hier daher meiner Meinung nach ein Lösungsansatz für die spezifischen Herausforderungen des Krieges in den nächsten Dekaden sein.
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