(Amerika) United States Marine Corps (USMC)
Bei der Bundeswehr ist da durchaus ein Konzept dahinter. Die leichte Infanterie wird de facto zu Dragonern (im ursprünglichen Sinne der Bedeutung) entwickelt. Das betrifft inzwischen auch die Gebirgsjäger, welche teilweise ja auch schon GTK Boxer haben. Das Mutterschiff-Konzept bindet dann die Dragoner 2.0 an die Fahrzeuge. Und die schweren Kompanien werden entsprechend auch weiter entwickelt. Beispielsweise werden die Wiesel mit 20mm MK dann durch GTK Boxer mit 30mm MK ersetzt, neue Mörserträger werden kommen (vermutlich auch GTK) und insgesamt langfristig dann die Mittleren Kräfte in Brigadestärke. Das hat alles im Vergleich zum USMC Vor- und Nachteile. Genau genommen sind BW Jäger bereits heute eben kaum mehr mit USMC Einheiten vergleichbar, man müsste hier eher den Vergleich zu den Stryker Brigade Combat Teams der US Army ziehen.

Die Fallschirmjäger aber sind wieder eine Welt für sich: das reicht davon dass sie nicht in Bataillonen sondern Regimentern gefasst werden, welche direkt aus mehr Kompanien aufgebaut sind. Der Wiesel ist ein ziemlich einzigartiges System und der LuWa wird dies vermutlich noch mehr sein. Das deutsche Konzept der Fallschirmjäger ist durchaus sehr brauchbar. Die Panzerabwehrfähigkeiten wären verbesserungswürdig, aber das könnte man sehr leicht durch bloße Beschaffung bestimmter Munition lösen.

Und auch beim USMC ist keineswegs alles besser, es ist nur etwas anders. Interessant wird hier der aktuelle Versuch sein die Weapons Companies komplett aufzulösen, so dass es keine solche schwere Kompanie mehr gibt. Das ist etwas was auch für die Bundeswehr interessant wäre. Die Idee eines Waffenpools aus dem die Infanterie-Kompanien selbst sich einen Waffenmix spezifisch für ihren Auftrag herausnehmen können ist meiner Meinung nach überlegen zu dem Konzept einer überladenen schweren Kompanie die dann doch nie so eingesetzt wird (oder vollständig einsetzbar ist).

Die Experimental-Aufstellung vom 1. Bataillon (welches eine vom Personal her stärkere Struktur testet) soll übrigens aus einem kompakteren Headquarter, dem Scout-Sniper-Platoon, einem Aufklärungs-Platoon welches zugleich als Feuerleitkräfte dient, einem Combat-Engineer Platoon und 4 Infanterie-Kompanien der neuen Gliederung bestehen. Dazu tritt der Waffenpool aus welchem die 4 Kompanien dann schöpfen können. Das finde ich für infanteristische Aufgaben ziemlich brauchbar. Und gerade im Bereich IKM / COIN ist eine solche 4er Gliederung deutlich überlegen. Zugleich könnte man so (entsprechende Mengen an eingelagerten Systemen vorausgesetzt) ein solches Bataillon auch im konventionellen Krieg mit deutlich schwererer Bewaffnung wesentlich besser einsetzen als nur die beschränkteren Mittel der Weapons Company zu haben.
Zitieren
Aber den Boxer hat man zuerst ohne Turm mit einer Maschinenkanone beschafft. Den Puma mit 6 Mann Absetzstärke und wieviele Jahre brauchte er für die Gefechtsbereitschaft? Ich bin der Meinung die BW hätte von Anfang an entweder auf Kette oder 8 x 8 setzen sollen. Schau mal wie die Franzosen es machen.

Zurück zum USMC. Wenn nun die Weapens Kp aufgelöst wird werden die 81 mm Mörser in die Kompanien verteilt? Würde Sinn machen und dafür die 60 mm Mörser rauswerfen. 3 Mörser pro Kompanie = 12 Mörser pro Bat.
Zitieren
Das ist wie gesagt im Moment noch unklar. Es werden ja zur Zeit verschiedene experimentelle Anordnungen ausprobiert und praktisch getestet. Darunter auch das von dir genannte, im Weiteren einheitlich 81mm Mörser zu verwenden, womit man dann auf 12 Mörser pro Bataillon käme. Dazu muss man auch noch anmerken, dass es für Mörser auch allerlei neue Technologie gibt, welche die Leistung von Mörsern extrem steigern könnte. Zum einen in Bezug auf das Gewicht des Mörsers (könnte sehr viel leichter sein), zum anderen in Bezug auf die Reichweite der Munition.

Beispielsweise hat man mit einer Art Spezialmunition mit einem 81mm Mörser bereits Reichweiten über 20km erzielt. Ohne Zusatzraketen oder mehr Treibladung, sondern indem die Munition mit sich ausfaltenden Flügeln ins Ziel gleitet. Zudem gibt es immer mehr Loitering Munition welche man mit Mörsern verschießen kann.

Hier und jetzt steht nur fest, dass diese ganzen Waffensysteme eben für jede normale Infanterie-Kompanie modular zur Verfügung stehen sollen. Wieviele davon dann insgesamt vorhanden sind und wo genau und wie genau sie eingesetzt werden wird gerade noch mit verschieden gestalteten Experimental-Einheiten ausgetestet.
Zitieren
(09.01.2022, 22:08)Quintus Fabius schrieb: Die Idee eines Waffenpools aus dem die Infanterie-Kompanien selbst sich einen Waffenmix spezifisch für ihren Auftrag herausnehmen können

Bei der Bundeswehr heißt dieses Konzept dynamisches Verfügbarkeitsmanagement... Big Grin
Zitieren
Na ja, da ist schon ein gewisser Unterschied dahingehend, dass das USMC ausdrücklich nur die schweren Infanteriewaffen in einem Pool vorhalten will um diese dann von dort bei Bedarf direkt den Infanteriekompanien zu geben. Im Prinzip ist die Idee dahinter die einer modularen Bewaffnung der Infanterie-Kompanien.

Bei der Bundeswehr ist dem explizit nicht so, sondern dort werden die entsprechenden Untereinheiten der schweren Kompanie dann auf die Infanterie-Kompanien aufgeteilt und diesen unterstellt. Dort gibt es aber auch ein de facto modulares Bewaffnungs-Konzept auf der Ebene der Gruppe, welche theoretisch durch das IdZ System aus einer ganzen Reihe von Waffen auswählen und daraus die Gruppenbewaffnung zusammen stellen könnte.

Primär interessant wird dann sein, (wie ich es schon geschrieben habe) wieviele solche schwere Infanteriewaffen pro Bataillon dann in dem Pool vorgehalten werden. Wenn das USMC hier dann deutlich mehr Waffen eines bestimmten Typs zur Verfügung hat, könnte man damit je nach Auftrag deutlich mehr Leistung / Kampfkraft generieren.

Beispielsweise: Nehmen wir mal theoretisch an, man würde pro Squad eine Javelin im Pool vorhalten, dann hätte das Bataillon bei drei Infanterie-Kompanien gesamt 27 Javelin Systeme. Da diese aber nicht fest zugeteilt sind, also nicht 1 System pro 1 Gruppe, kann man diese auch in einer der Kompanien konzentrieren und diese wäre dann eine leichte Panzerjäger-Kompanie. Oder man nimmt gar keine mit (wenn man beispielsweise im Bereich COIN unterwegs ist) oder man verteilt sie wenn nur sporadisch und ad hoc mit gepanzerten feindlichen Fahrzeugen zu rechnen ist usw usf.

Insgesamt aber wären die Panzerabwehrfähigkeiten deutlich erhöht. Das gleiche in Bezug auf SMG (12 statt 6), die TOW (12 statt 8) und Mörser (12 statt 8). Man könnte so je nach Bedarf das Bataillon deutlich leichter oder deutlich schwerer gestalten und damit jeweils optimal an den Einsatz anpassen, statt immer alles mitzuschleppen weil es halt nunmal da und an bestimmte Untereinheiten gebunden ist.
Zitieren
Wenn ich richtig gerechnet habe hat die neue Rifle Company 183 Mann. Wenn du nun die 81 mm Minenwerfer zur Rifle Company tust bzw. die 60 mm durch die 81 mm ersetzt benögist du pro MW 2 - 3 Mann mehr. Am Schluss hast du eine Rifle Company mit 200 Mann. Sehe dann nur noch eine übergrosse unbewegliche Company. Ausser du sparst dann Schützen ein, was auch nicht das Ziel sein sollte.
Zitieren
Die Frage ist dann, was für eine Rolle diese verstärkte "Kompanie" genau spielen soll. Diese Fragestellung zieht sich aktuell komplett durch die ganze Infanterie des USMC. Nimm beispielsweise die Gruppen mit 15 Mann. Das ist auch keine Gruppe nach unserem Verständnis oder im bisher üblichen militärischen Sinn und das USMC will auch explizit dass diese Einheiten "über" ihrem Gewicht kämpfen, also Aufgaben übernehmen sollen, für die andere Armeen größere Einheiten einsetzen. Das wird explizit so kommuniziert.

Wenn man das auf die "Kompanie" überträgt, und diesen Begriff eben nicht so steif und fest in unserem Sinne der Definition versteht, dann hat man hier in Wahrheit de facto ein ultrakompaktes Bataillon ohne Unterstützungseinheiten und ohne den logistischen Anhang und Führungswasserkopf. Die exakt gleiche Konzeption habe ich (auch hier im Forum) schon vor ich weiß gar nicht mehr wie vielen Jahren vertreten. Und weil es dann immer Probleme mit den Begrifflichkeiten bzw. den Definitionen irgendwann auch begonnen andere Begriffe zu verwenden als Kompanie usw, weil dies immer zu Missverständnissen führte.

Beschließend muß man fragen was genau Übergröße und Unbeweglichkeit in diesem Kontext sein sollen? Es gab früher bereits in der Kriegsgeschichte Kompanien (oder andere Einheiten) in dieser Größenordnung die als hochbeweglich eingestuft wurden, auch in der neueren (modernen) Kriegsgeschichte.

Das wahre Problem ist meiner Meinung nach die Führungsfrage. Aufgrund der heute notwendigen Dislozierung selbst von kleineren Untereinheiten wird es immer schwieriger diese zu führen und zu koordinieren. Viele Armeen arbeiten deshalb seit Jahren daran diese Problemstellung zu lösen und sie tritt auch bereits bei deutlich kleineren "normalen" Kompanien auf. Es macht aufgrund der Dislozierung der Untereinheiten im Gelände (welches ja fast immer sehr kleinteilig sein wird, weil Infanterie gerade eben genau in solchem Gelände eingesetzt wird) hier und heute bereits ebenso große Probleme eine 100 Mann Kompanie zu führen wie eine 150 Mann Kompanie oder eine 200 Mann Kompanie. Bei einem ernsthaften Gegner - der unsere Kommunikationsinfrastruktur stören kann - wird es schnell problematisch überhaupt noch als Kompanieführung das Gefecht der Züge zu koordinieren.

Die ursprüngliche Grundidee einer Kompanie war, dass es sich dabei um eine Einheit handelt, die gerade noch von einem Mann geführt werden kann. Daher die durch die Kriegsgeschichte immer wiederkehrende Größe von um die 100 Mann, von römischen Zenturien bis zu heutigen Kompanien. Heute aber kann man die Truppen gar nicht mehr so eng beisammen lassen und sind die Aufgaben, die verwendeten Systeme und das Geschehen an sich zu komplex geworden, als dass die bisherige Größeneinordnung für die Führung noch funktionieren könnte.

Dem folgend kann man beispielsweise die Aufgaben welche früher eine Kompanie hatte nach unten abgeben und sie werden dann von Zügen ausgeführt. Das führt wiederum zu dem Problem, dass die Züge dafür zu klein sind und zu wenig Feuerkraft haben. Und genau das will das USMC nun ändern: die Züge sollen stärker sein und vor allem (modular / optional) deutlich mehr Feuerkraft ins Feld bringen können.

Früher hatte ein Zug drei Gruppen zu 12 Mann (36), einen Führungs-Trupp von 3 Mann und üblicherweise ein paar abgestellte und dem Zug unterstellte Spezialisten (Gesamt üblicherweise um die 45 Mann). Er hatte keine schweren Waffen, es sei denn sie wären in Form einer weiteren Gruppe oder eines Zuges von Kompanie- oder auch Bataillonsebene aus ihm zugeordnet worden.

Heute hat der Zug drei Gruppen zu 15 Mann (45), einen Führungs-Trupp von 6 Mann, und weitere Spezialisten welche ihm von Weapons-Platoon (also Kompanie-Ebene) unterstellt wurden (Gesamt also 57 Mann). Der Zug wäre so also bereits 13 Mann stärker als der bisherige alte Zug.

Dazu käme aber jetzt eben noch die Option, dass schwere Waffen welche man früher von Bataillons-Ebene aus in Form einer Gruppe oder eines Zuges erhalten hätte nun vom Zug selbst angefordert und geführt werden können.

Nehmen wir beispielsweise an, man hätte früher einen solchen Zug durch eine Gruppe mit Javelin verstärken wollen, beispielsweise zur Bekämpfung feindlicher befestigter MG Nester. Dann wäre dem Zug mit 45 Mann noch eine 8 Mann Gruppe mit Javelin beigeordnet worden. Die Größe der zu führenden Einheit wäre nun vergleichbar - beim neuen Zug aber sind diese Javelin optionale Bewaffnung des Zuges selbst. Die werden also nicht mit einer eigenen Gruppe von außen zugeführt, sondern sind organisch, ein Teil der modularen schweren Bewaffnung einer Kompanie.

Wie man sieht verbessert sich so die infanteristische Kampfkraft (durch mehr eigene organische Quantität), und man hat die Option schwere Waffen zu benutzen ohne diese von Bataillons-Ebene aus anfordern zu müssen und von dort in Form einer eigenen Gruppe zu erhalten. Die Mannzahl (Quantität) wie die Feuerkraft (zusätzliche Systeme) werden also in Wahrheit nur nach unten projeziert, also dort gesammelt wo man sie tatsächlich braucht.

Und nun muss man die Sache im weiteren ganzheitlich sehen: schon jetzt und früher auch waren Züge und Kompanien durch von der Bataillons-Ebene aus abgestellte Zusatzeinheiten eben durchaus gleich groß wie die jetzt aufzustellenden neuen Kompanien. Sie waren also genau so "unbeweglich" und "übergroß".

Jetzt aber: fällt dafür auf Bataillons-Ebene die Weapons-Kompanie weg, entsprechend bleibt das Bataillon von der Größe her wie es ist (oder es wird sogar noch kompakter wenn man nur 3 Infanterie-Kompanien verwendet (wie beispielsweise die Experimental-Einheit 2). Dafür sind die Infanterie-Kompanien selbst und insbesondere deren Züge infanteristisch deutlich leistungsfähiger.

Als letztes noch dazu das Stichwort Verluste und Bindung von Kräften. In einem ernsthaften Krieg blutet Infanterie extrem schnell aus und größere Zahlen bei Beginn sind nur vorteilhaft. Selbst in weniger verlustreichen Kriegen fallen Soldaten ständig reihenweise aus, weil sie krank werden, sich durch Unfälle oder anderes verletzen, Kriegsgefangene abführen müssen oder Verwundete nach hinten bringen. Es herrscht in Wahrheit in ernsthaften Einsätzen ständig ein Mangel an real "vorne" verfügbaren Soldaten.

Stattdessen stapeln sich diese auf der Bataillons-Ebene - und eben nicht dort wo sie tatsächlch notwendig sind, also "unten" und "vorne". Deshalb macht es durchaus Sinn sie entsprechend so umzuverteilen dass sie dort sind wo sie gebraucht werden und insgesamt könnte man das Bataillon dadurch sogar noch kompakter machen und insgesamt (auf Bataillonsebene) kleinere und beweglichere Einheiten schaffen. Gerade dort aber machen Größe und Beweglichkeit viel aus und zwar mehr als auf den unteren Ebenen, die ohnehin in Wahrheit rein praktisch real immer gleich gut beweglich sind, völlig gleich ob sie nun 150 oder 200 Mann haben.

Deshalb gehe ich auch davon aus, dass sich bei den verschiedenen Experimental-Konzepten welche jetzt gerade eben parallel probiert werden eine 3-er Gliederung durchsetzen wird. Das Bataillon besteht dann aus einer Headquarter-Company, einem verstärkten Scout-Sniper-Platoon, einem Drohnen-Platoon und drei Infanterie-Kompanien neuen Typs und entsprechend dem Waffenpool aus dem alle Untereinheiten des Bataillons schwere Waffen und anderes Material beziehen können.

Die "unbeweglichen" Groß-Kompanien würden so also zu einer deutlich besseren Beweglichkeit des Bataillons selbst führen, Personal frei machen und Quantität wie Feuerkraft nach unten und vorne bringen.
Zitieren
Über die immer noch von weiten Teilen des Korps sehr kritisch gesehene Militärreform ( https://www.marines.mil/News/News-Displa...sign-2030/ ) des USMC durch Berger:

https://warontherocks.com/2022/04/on-fut...questions/

Zitat:At the core of this debate is a fundamental question: Can a light infantry force seize ground or destroy an entrenched enemy — especially in urban terrain — without armor? Is that mission still a Marine Corps requirement? In the combined arms portfolio of land warfare, at least in the past, it has proven challenging for a force without tanks or assault guns to conduct offensive operations to seize defended terrain. Without tanks, a Marine landing team’s ability to close with and destroy the enemy is diminished. The commandant stated he is willing to accept risk in divesting tanks, and that the service could rely on the Army in the event that it needed them. But will the Army be responsive to a naval expeditionary force’s requirements? A ground combat element that does not wield any heavy firepower is dependent on air and indirect fire support to enable maneuver. Can manned aircraft, armed drones, loitering munitions, and rockets make up the difference and accomplish what tanks and artillery once did for the Marine Corps? It depends on what one is asking the force to do, and that is the heart of the debate.

An dieser Stelle muss man natürlich dazu bedenken, dass das USMC hier eine Offensive Rolle anstrebt, es also nicht um die Verteidigung geht, sondern um das Einnehmen feindlicher Stellungen im Angriff.

Zitat:As part of this combined arms dispute, in another force design feature, the Marine Corps expands its rocket and missile capability at the expense of towed cannons. The trade-off is a dramatic expansion of long-range rocket and missile capability. These enable Marine units to strike at targets both at sea and on land at stand-off ranges. But does this approach cut too deeply into the Marine Corps’ high-volume, high-caliber fires which are traditionally employed to suppress enemy forces and enable maneuver? The service will be challenged to stockpile enough precision munitions to satisfy the requirements of a major land campaign. Should these run out, can the reduced number of cannon batteries meet the fires requirement?

Die Antwort auf die letzte Frage ist natürlich nein. Im Prinzip bietet mehr Raketenartillerie mehr Kampfkraft für die Auftaktphase, für eine frühe Entscheidungsschlacht, für den Beginn der Kampfhandlungen. Je länger sich alles zieht, desto nachteiliger wird es. ABER: man kann die gleiche Raketenartillerie in Zukunft nicht nur gegen Land- und Seeziele verwenden, wie es der Artikel hier darstellt, sondern vor allem auch gegen Luftziele. Damit steigt also die Befähigung zur Luftraumverteidigung immens an.

Und man kann Raketenartillerie immer wesentlich leichter und kompakter bauen als normale Artillerie. Da die Raketen ja eben kein Rohr benötigen und keinen Rückstoß generieren den das Gesamtsystem auffangen müsste. Zudem können Raketen die sehr flach über das Gelände hinweg ziehen viel weniger von Radar etc aufgefangen werden und wird damit Konterartilleriefeuer wesentlich schwieriger und umgekehrt ist Raketenartillerie wiederum besser für Konterartilleriefeuer geeignet.

Zitat:What is a concern is that Force Design 2030 envisions infantry that are both commando-like in their employment and episodically become the core of new littoral combat teams focused on sea denial. But multi-tasking the infantry, by design, to be both commandos and littoral combat teams may undercut their ability to effectively do either. There are alternative configurations that avoid this stress to the force. The service’s World War II-era coastal defense battalions serve as precedent for this.

Auch eine klassische Debatte: Einheitsinfanterie vs spezialisierte Infanterie. Meiner Ansicht nach kann eine sehr gut ausgebildete echte leichte Infanterie praktisch alle Aufgaben von Sondereinheiten übernehmen, und zwar ohne praktisch feststellbare Einschränkungen. Das würde bedeuten man benötigt gar keine Spezialeinheiten mehr. Und manche Armeen wie beispielsweise die Russische setzen für Aufträge die wir Sondereinheiten geben würden traditionell einfach Fallschirmjäger ein, während Sondereinheiten als vom Kampfwert und ihren Möglichkeiten unter diesen stehend betrachtet werden und deshalb für weniger anspruchsvolle Aufgaben Verwendung finden.

Meiner Meinung nach ist eine leichte Einheitsinfanterie welche man vielfältiger verwenden kann der richtige Weg, wenn man insgesamt nicht so viel Infanterie hat, und macht spezialisierte Infanterie vor allem dann Sinn, wenn man große Mengen von Infanterie hat die aber querschnittlich weniger gut ausgebildet ist. Deshalb macht ein solches Konzept beispielsweise für die Bundeswehr Sinn, ist aber beim USMC als einer ohnehin infanterielastigen Teilstreitkraft von erheblicher Größe fragwürdig.

Zitat:The Marine Corps’ multi-billion dollar aviation combat element contributes little to helping the ground force win this thousand-foot fight. How can reforms help the Marine Corps regain the skies immediately above a rifle company or firing battery? Again, this is urgent and cannot await more years of study. The Marine Air Defense Integrated System, while helpful, is not getting fielded in numbers that ensures every rifle platoon and company has its own protective bubble. These systems are likely to get peeled off to cover airfields, logistics nodes, headquarters, and other critical assets, leaving nothing for the infantryman at the tactical edge. If the Marine Corps is to have a successful role in future offensive operations, it must gain advantage over adversaries in the first thousand feet of airspace.

Die Lücken in der Luftraumverteidigung - insbesondere gegen Drohnenschwärme - klaffen ja überall. Entsprechend benötigt man hier auch neue Wege. Das gilt für das USMC ebenso wie für die Bundeswehr.

Zum einen muss man jedes (echte) Sturmgewehr mittels einer intelligenten Optik dazu befähigen gegen Kleinstdrohnen zu wirken. Zum zweiten benötigt man möglichst leichte Raketenwerfer die man sowohl gegen leichtgepanzerte Fahrzeuge als auch gegen Luftziele einsetzen kann und jeder Infanterie-Trupp muss einen solchen mitführen. Und im weiteren benötigt man im Verhältnis deutlich mehr Fliegerfäuste.
Zitieren
Abwehr von Bedrohungen aus der Luft, ist ein generelles Problem bei den Streitkräften der Nato. Sie haben zwar tausende von Stinger, Mistral usw. aber mir ist nicht bekannt, wie und wo so ein Verband angesiedelt ist und seine Kampfstärke.

Bei den Russen gibt es in einem Motschützen Bataillon einen Trupp mit Fliegerabwehrfäusten Strela oder wie die Dinger heissen.
Zitieren
Die "Dinger" heißen tatsächlich so, nämlich Стрела-2.

Und bei vielen Armeen ist das nicht unähnlich, man hat also entsprechend auf eine größere Kampfeinheit eine Untereinheit mit Fliegerfäusten. Beispielsweise hatte das Jägerregiment 1 eine Kompanie die aus zwei Zügen mit Stinger bestand.

Um jetzt aber diesbezüglich nicht zu weit abzuschweifen und beim USMC zu bleiben:

Die Marines fassen solche Fähigkeiten aktuell noch in eigenen selbstständigen Einheiten zusammen, die sind also dort nicht organisch den Kampftruppen-Bataillonen unterstellt. Üblicherweise fasst man das alles in kompakten eigenen Bataillonen zusammen, die dann Low Altitude Air Defense Battalions genannt werden.

Diese Bataillone wurden dann bisher als Teil einer MAGTF (Marine Air Ground Task Force) entweder auf deren Kampfgruppen aufgeteilt oder sogar geschlossen als Teil derselben eingesetzt oder beides. Sie verfügen auch gegen Bodenziele über einiges an infanteristische Kampfkraft und werden daher traditionell auch für Objektschutzaufgaben, Sicherung von Lagern, Sicherung rückwärtiger Räume usw mit einem Kampfauftrag über die bloße Luftraumverteidigung hinaus eingesetzt. Zuvorderst bedeutet dass, das sie keine weiteren Sicherungstruppen benötigen, sondern sich selbst sichern können.

Entsprechend sind solche LAAD Bataillone auch im Irak und in Afghanistan mit einem konventionellen Kampf- und Ausbildungsauftrag eingsetzt worden, und wurden dort wie reguläre Kampftruppen-Bataillone der Infanterie eingesetzt.

Marines mit Stinger:

https://www.youtube.com/watch?v=q0nuhI05QyA
Zitieren
(13.04.2022, 07:58)Quintus Fabius schrieb: ABER: man kann die gleiche Raketenartillerie in Zukunft nicht nur gegen Land- und Seeziele verwenden, wie es der Artikel hier darstellt, sondern vor allem auch gegen Luftziele. Damit steigt also die Befähigung zur Luftraumverteidigung immens an.

Und man kann Raketenartillerie immer wesentlich leichter und kompakter bauen als normale Artillerie. Da die Raketen ja eben kein Rohr benötigen und keinen Rückstoß generieren den das Gesamtsystem auffangen müsste. Zudem können Raketen die sehr flach über das Gelände hinweg ziehen viel weniger von Radar etc aufgefangen werden und wird damit Konterartilleriefeuer wesentlich schwieriger und umgekehrt ist Raketenartillerie wiederum besser für Konterartilleriefeuer geeignet.

Einige Gedanken hierzu: Mir ist aktuell keine Entwicklung bekannt, bei der aus dem gleichen System Artillerieraketen und Lenkraketen verschossen werden. Der Vorteil der aktuellen Artillerieraketen ist ja der günstige Aufbau, fast ohne Lenkung sowie die hohe Geschwindigkeit. Die Waffen werden gezündet, kommen auf Geschwindigkeit und folgen einer balistischen oder semibalistischen Kurve. Wenn mit diesen Waffen jetzt flach über den Boden geschossen wird hat dies eine extreme reduzierung der Reichweite zur folge. Die PzH 2000 kann den Multiple Impact ja auch nicht auf die maximale Distanz schießen, da die Folgeschüsse mit flacherer Schussbahn erfolgen (müssen). Oder es müssen Marschflugkörper eingesetzt werden. Diese sind aber teurer als Artillerieraketen und (aktuell noch) auch langsamer. Die Entwicklung von Hyperschallmarschflugkörpern läuft ja aktuell noch. Diese werden dann aber wahrscheinlich noch mal deutlich teurer. Die aktuellen westlichen Marschflugkörper fliegen im hohen Unterschallbereich. Dies bedeutet dann, dass sie für 500km eine halbe Stunde ca. benötigen! Die Artillerieraketen erreichen Geschwindigkeiten von Mach 6! Allerdings sind die Reichweiten aktuell geringer. LARS unter 10km, MARS ca. 30km, mit neueren Raketen bis 180km, mit ATACM bis 300km. Aber halt alles im balistischen Schuss. Nicht flach über der Erde.
Das einzige westliche System welches aktuell Luftabwehr und Bodenbeschuss in sich vereinigt ist das VLS Mk 41 System. Davon fände ich eine Landversion wirklich interessant. Aber auch hier sind es keine Artillerieraketen. Und bei diesem System würden die auch nicht funktionieren.
Zitieren
Nur mal als ein Beispiel: bereits 2009 (!) hat man aus einem HIMARS System AMRAAM Raketen verschossen.

https://news.lockheedmartin.com/2009-03-...se-Missile

Die Idee eines sogenannten Common Launcher oder Multi Mission Launcher etc wird ja im Prinzip schon seit mehr als einer Dekade verfolgt.

Zitat:The Army is evaluating HIMARS as a potential solution for a light "common launcher" for future air defense, Guided Multiple Launch Rocket System and ATACMS munitions.
Zitieren
Meiner rein persönlichen Meinung nach sind die aktuellen Pläne von Berger ein Irrweg und der Anfang vom Ende des USMC, hier noch eine weitere Analyse dazu:

https://smallwarsjournal.com/index.php/j...d7d7885bbb

Zitat:Forcing Design or Designing Force? The Reinvention of the Marine Corps

Force Design 2030 began in 2019, as the Commandant surveyed the possible range of future conflicts in which the Corps might find itself entangled in coming years. At that point, the last conventional campaigns conducted by a world-class military were the U.S. invasions of Iraq in 2003 and 1990. The Commandant had limited information real-world data upon which to rest his changes of the Service.

But, the Russian invasion of Ukraine has provided insight into how technological changes have affected conventional warfare. Although it is intended to prepare the Marine Corps for fighting in the Pacific, Force Design 2030 must be evaluated in light of these changes unless the Commandant does not anticipate that the Marine Corps would not contest threats to NATO allies. Any change to the Marine Corps’ doctrine or equipment that would weaken its ability to defend America’s partners must be reconsidered in light of the new threat to Europe.

The tactics on display in the Russian invasion of Ukraine lead one to doubt the wisdom of Force Design’s outcomes. The initial stages of the attack were characterized by heavy use of armor and artillery. The first Russian units across the border were tanks.

The Ukrainians have put up a heroic resistance, using American Javelin anti-tank missiles to destroy over 200 of them and leading some observers to conclude that the era of the tank is over. But, these tanks have generally been employed without integrated fire support or aviation and no infantry alongside—the opposite of American combined arms doctrine. While heavy armor will be used differently in the future than previously, the events in Ukraine demonstrate that the tank still plays a role on the battlefield. And yet they have been removed from the Marine Corps inventory. Likewise, artillery has played a significant role thus far in Ukraine—and conventional artillery’s use will only increase as the Russians run low on precision-guided munitions. Russian military doctrine emphasizes the role of artillery, relying on maneuver units to support fires rather than the reverse as in the American militaries. Artillery has been crucial to the Ukrainian defense of Kyiv.

In a conventional conflict with Russia, we would rely heavily on traditional artillery for counterbattery fire, at the very least. While the Corps’ precision rocket assets would be helpful in this effort, conventional artillery would be crucial against a force that emphasizes overwhelming firepower.

For a conflict in which tens of thousands of rounds would be expended, the cost of precision rocket artillery would become prohibitive. The Marine Corps could afford over eighty high explosive tube artillery rounds for every rocket fired. Before conflict, how many $121,000 precision rocket rounds will the Marine Corps be willing to expend—in peacetime—to prepare its personnel? Each of these rounds is worth at least four times the annual salary of the Marine firing them. How many Marines will have the chance to train with live indirect fire before they go to war?

It is not clear to what extent optimizing the force for an amphibious naval conflict would preclude its success in a ground campaign. But, it is worth considering that some of the fundamental assumptions of Force Design’s operating concepts remain true only in naval, not ground, conflicts. Integration into a naval fires network, for example, would not be possible. On land, any command node with an electromagnetic signature would likely be targeted, so a meaningful give-and-take with a fires network would be near-suicide.

Finally, it is also worth considering what the Force Design concepts do not include: ideas that specifically relate to the defense of Taiwan. This is odd given that with expertise in naval integration, the Marine Corps would be the service likely called upon to reinforce it. The concepts’ proponents could argue that expeditionary advanced bases could be used to defend the island. Generally speaking, establishing an expeditionary advanced base on Taiwan could contribute to the island’s defense.

But it wouldn’t contribute very much. There are significant differences between establishing defensive positions in a semi-permissive environment in preparation to repel an amphibious assault, as would be required in the defense of Taiwan, and the uncontested establishment of small bases on key maritime terrain as the Expeditionary Advanced Base Operations concept envisions.

A serious defense of Taiwan against a Chinese amphibious assault would mean establishing fixed defensive positions around possible landing sites to repel landing craft. This would require, at minimum, significant artillery assets and engineering units to build fighting positions that would survive the first round of indirect fire assets. This is a very different sort of effort than the lightly armed and mobile expeditionary advanced bases are designed for.

If one believes that Force Design was intended as a response to Chinese expansion, and if one follows the logic that the security relationship with Taiwan is the centerpiece of US credibility, what the failure to address the Taiwanese defense signals about the Corps’ expectations for how it will be employed in the Indo-Pacific is anyone’s guess.

Organizational change is difficult. Choosing one option means not choosing others. Force Design is a bold step forward for the Marine Corps, but one which was based on experience born of thirty years of low-intensity conflict and an assumption that the Corps’ most pressing responsibility in coming years would be the effort to deter China. New challenges have arisen. The last several months have revealed more information about how two conventional militaries would fight than in the preceding several decades.

The operating concepts which Force Design intends to employ contain some sound ideas, some dubious assumptions, and some optimistic projections. There is much to like in the direction the Corps has chosen to march. But, unvalidated assumptions lurk in the corners.
Optimizing for naval amphibious conflict means shedding capabilities that would be useful in other contexts. And the gritty detail of those contexts have become a matter of public record since Russian tanks rolled across Ukraine’s borders. No wonder Force Design 2030 has been rejected by every single former commandant and the vast majority of retired senior leaders. For its project to continue, the Corps needs to explain how or, preferably, show

that its post-Force Design units will be able to successfully contest Chinese aggression towards Taiwan and win a conventional fight with the Russian army.

Ein wesentlicher Aspekt der hier angesprochen wird ist die Frage der Kosten unserer Kriegsführung. Wir können durch bestimmte Systeme anfangs immense Verlute beim Feind erzeugen. Reicht dies aber nicht zum sofortigen Sieg, wird die Sache kritisch und kann schnell dazu führen, dass man den weiteren Kampf mangels Quantität nicht weiter wird führen können.

Meine These ist seit Jahren, dass eine Entscheidungsschlacht geführt werden muss und dass diese sofort, gleich zu Beginn des Krieges geführt werden muss. Ein weiterer Grund neben vielen anderen ist hier die Frage der Kosten unserer Art von Kriegsführung. Darüber hinaus könnte der Krieg auch erneut ganz andere Formen annehmen und völlig anders geführt werden. Auch darauf haben die überteuren Systeme geringer Quantität keine Antwort, welche über die Eröffnung hinaus geht. Sehr oft wird an dieser Stelle auf die Kriegswirtschaft verwiesen: ja wenn, dann würden wir ja alles auf Kriegsproduktion umstellen, dann wären die Produktionskapazitäten ganz andere etc. Meiner Meinung nach ist das eine gefährliche Illusion, weil die heutigen Systeme geringer Quantität sich eben nicht (!) einfach so in Masse werden herstellen lassen, und die früheren Bedingungen (wie im 2WK) heute nicht mehr zutreffen.

Wie soll denn beispielsweise ein modernes westliches Industrieland in Masse in einer Kriegsproduktion moderne Kampfpanzer mit allem was notwendig ist herstellen können, wenn im ganzen Land nach zwei Wochen Krieg nirgends mehr Strom verfügbar ist und die gesamte zivile Infrastruktur kollabiert?! Die Idee unserer industriellen Überlegenheit als entscheidendem Faktor im Krieg ist daher fragwürdig.
Zitieren
@ Quintus Fabius

Deine Idee der Entscheidungsschlacht erinnert mich fatal an "Weihnachten in Paris". Genau das hat Russland auch versucht und ist gescheitert. Es bleibt nur auf alles vorbereitet zu sein.
Zitieren
Zur Entscheidungsschlacht kommt es ja so oder so. Selbst in einem Guerillakrieg ist die vorletzte Phase der Übergang zur regulären Kriegsführung und es kommt über offene Feldschlachten zur Entscheidungsschlacht.

Die Entscheidungsschlacht muß also kommen, so oder so. Die Frage ist vielmehr in welcher Phase diese erreichbar und erstrebenswert scheint. Für den Kleinkrieg ist alles außer die Finalphase praktisch ausgeschlossen. Für eine modern und hochgerüstete Kriegspartei ist die Entscheidungsschlacht auf der diametral anderen Seite tunlichst herbeizuführen: in der Auftaktphase. Da gehe ich mit @Quintus_Fabius vollkommen konform.
Zitieren


Gehe zu: