(Land) Schützenpanzer Puma (ex Panther, ex Igel)
Helios:

Zitat:Bisher war aber doch deine Einschätzung, dass man den Puma im aktuellen Rüststand aufgrund der langjährigen Erfahrungen, der Problembehebungen und der ja nun auch erklärten Einsatzreife nicht nur nutzen, sondern ihn auch weiter beschaffen und sogar aufbauend auf der Plattform neue Fahrzeuge aufbauen sollte, um so über die Masse zu niedrigeren laufenden Kosten zu gelangen. Auch wenn du, wie du ja selbst immer betont hast, nie ein Freund des Puma warst oder sein wirst, hast du noch vor einem halben Jahr dafür plädiert, dass man aufgrund der bisherigen Weiterentwicklung (und dem Abbau der Fehler) nun den Weg weiter gehen muss. Woher kommt der Sinneswandel in kürzester Zeit, dass er nie kriegsfähig sein wird, was dann in letzter Konsequenz ja auch bedeutet, dass man ihn umgehend ausmustern sollte, denn weiterhin Unsummen auszugeben um etwas unsinniges Fortzuführen ergibt im Gesamtkontext ja auch keinen Sinn (wie du ja auch selbst schreibst)?

Diesen Sinneswandel müsste ich natürlich noch weitergehend erläutern was ich hiermit tun will. Du hast recht, noch vor wenigen Wochen habe ich explizit davon geschrieben, den PUMA zu Plattform für alle Kettenpanzer der Bundeswehr zu machen, entsprechend sehr viel mehr davon zu beschaffen und durch die größere Menge dann entsprechend auch den Preis massiv herunter zu drücken.

Aber: mir geht es mit dem PUMA jetzt so wie es mal WideMasta beispielsweise früher mit dem Tiger gegangen ist. Auch wenn man sich das heute nicht mehr so vorstellen kann, es gab mal Zeiten, da war dieser Pro-Tiger. Dann aber wurde es einfach insgesamt zu viel und entsprechend änderte sich die Ansicht dazu. Das ist bei mir in Bezug auf den PUMA jetzt auch der Fall. Zum einen weil ich durch Bekannte bei der Panzergrenadiertruppe und aufgrund des aktuellen Vorfalls jetzt erst verstanden habe, wie überkomplex dieses System ist und welcher Wartungsaufwand sich dadurch ergibt,

zum zweiten deshalb, weil ich ganz allgemein aktuell Umschwenke in Bezug auf die notwendige Rüstung in den nächsten Jahren und deshalb ganz allgemein der Ansicht bin, dass teure, komplexe und aufwendige Systeme reduziert bzw. abgeschafft werden müssen und schließlich weil der aktuelle Vorfall Anlass für mich war, die ganze traurige Geschichte des PUMA über weit mehr als eine Dekade noch mal rückwirkend komplett durchzustudieren.

Mein Sinneswandel beruht also keineswegs auf diesem einen Vorfall für sich allein. Ich habe ja auch versucht mal hier im Forum viele Beiträge und Artikel über viele Jahre hinweg in einem Beitrag etwas zusammen zu stellen. Wenn man sich das über eine ganze Dekade hinweg durchsieht, dann entsteht aus den vielen Informationen über viele Jahre hinweg für mich doch ein Mosaik, dass ein Bild zeigt, dass ich für kriegsuntauglich halte.

Aber wie geschrieben wäre es dass nicht mal allein: sondern wir müssen hier und jetzt Mittel frei machen. Mit allen Mitteln. Wir benötigen einfachere, deutlich kostengünstigere Streitkräfte damit wir Mittel für die militärische Forschung, für die nächsten Systeme und für bestimmte Schwerpunkte in der Rüstung frei machen können. Der PUMA ist ein System welches systeminhärent schlechter, teurer und zwingend komplexer als andere verfügbare Systeme ist. Allein deshalb ist er falsch, selbst wenn man ihn mit einer erheblichen Umlaufreserve und einer Reduzierung der Bataillone in den Übergangsbereich zur Kriegsfähigkeit bringen könnte.

Denn was sollen beispielsweise 6 Panzergrenadier-Bataillone mit PUMA mit einer ausreichenden Umlaufreserve pro Bataillon (von sagen wir 30 bis 40%) den im Krieg bewirken? Selbst wenn der PUMA für sich selbst alleine kriegsfähig wäre, selbst dann wäre dies keine ausreichende Tiefe, keine ausreichende Quantität, das Fahrzeug im Kontext und Zusammenspiel mit all den anderen Systemen trotzdem sinnlos und unnütz.

Wir benötigen eine kriegsfähige Bodenstreitmacht ausreichender Quantität, und dies kann nur aus einer ganzheitlichen Betrachtung des Gesamtsystems heraus erreicht werden. Wir betrachten also meiner Meinung nach hier den PUMA zu sehr für sich alleine. Selbst wenn er kriegsfähig gemacht werden könnte, ist er also im Gesamtkontext einfach nur noch falsch, unnütz und muss weg, weil er Mittel bindet die wir dringend an anderer Stelle benötigen.

Zitat:Aber nicht das herumpendeln frei nach dem gerade aufgekommenen neuesten Gerücht. Und meine Argumentation bezog sich ja ursprünglich darauf, dass nach den ersten Berichten jeder über den Puma und die Rüstungsindustrie hergefallen ist, nur um dann ein paar Tage später nach den Aussagen der Industrie die Bundeswehr in den Fokus zu rücken. Morgen rechtfertigt diese dann das eigene Unvermögen und jeder wird über die Politik fluchen. Letztlich wird aktuell mal wieder nur der schwarze Peter zum Schaden Deutschlands herumgereicht, und letzteres ja sogar in gewisser Hinsicht noch zelebriert, weil es ja die eigene Ansicht vom Systemversagen stützt.

Aber zumindest meine Wenigkeit pendelt hier nicht, in keinster Weise. Ich habe auch gar nicht so sehr darüber geschrieben wer hier schuld ist, denn solche Fehlentwicklungen kommen meiner Einschätzung nach immer aus einem komplexen Faktorenbündel heraus. Davor war ich der Ansicht, man könne den PUMA noch als gepanzerte Plattform nutzen und ihn sinnvoll evolutionär weiter entwickeln, dass aktuelle Ereignis hat dazu geführt, dass ich mich noch mal näher und sehr viel ausführlicher mit dem PUMA beschäftigt habe und nun bin ich aufgrund dieser genaueren und detaillierteren Beschäftigung der Überzeugung, dass der PUMA falsch ist und weg muss.

Und dabei bleibe ich auch. Und dies selbst dann, sollte das Fahrzeug noch kriegsfähig werden, einfach weil hier die Kosten / Nutzen Rechnung nicht stimmt und weil der PUMA eben nie zu einer Plattform für andere Systeme gemacht werden wird und auch nicht sinnvoll weiter entwickelt werden wird.

Denn das war zuvorderst hier mein entscheidender Denkfehler in Bezug auf den PUMA ! Mein Denkfehler war es hier, anzunehmen, man würde oder könnte den PUMA evolutionär weiter entwickeln, ihn also von der Bindung an den A400M lösen, einen anderen Turm verbauen, mit einer anderen Maschinenkanone, und ihn als Kettenplattform für andere Systeme verwenden.

Nur so und durch eine wesentlich größere Stückzahl hätte die Sache für mich Sinn ergeben. Wie mir aber glaubhaft von etlichen jetzt versichert wurde wird dies nie geschehen. Der PUMA wird weiterhin die Gewichtsobergrenze einhalten sollen, er wird weiterhin eine Insellösung in unzureichender Stückzahl bleiben, man wird ihn eben nicht sinnvoll weiter entwickeln, sondern man wird weiterhin lediglich einen Spezial-Schützenpanzer haben, in einer unzureichenden Stückzahl.

Und deshalb, weil dem so ist und weil dies so bleiben wird, wäre der PUMA selbst dann falsch, wenn man ihn kriegsfähig kriegt (im Sinne meiner Definition davon). Dieser Panzer würde nur Sinn machen, wenn es sehr viel mehr davon gäbe und wenn man ihn als Kettenplattform nutzen könnte. Es ist (nachdem ich gründlichst sehr viel dazu noch mal nachgelesen habe) technisch aber vermutlich sogar gar nicht möglich dies zu tun, und selbst wenn, wäre es extrem teuer und aufwendig / zeitaufwendig. Kurz und einfach: in keinem Fall stimmt hier die Kosten / Nutzen Rechnung.

Broensen:

Zitat:Grundsätzlich teile ich diesen Gedanken, aber der Verzicht auf diese Einschränkung zum jetzigen Zeitpunkt brächte an sich ja erstmal noch keine Besserung der daraus bereits entstandenen Einschränkungen und Komplexitäten. Es bleibt ja trotzdem das hochgetunte Triebwerk und der komplizierte Turm erhalten. Mindestens letzteren müsste man also austauschen, um tatsächlich ein Verbesserung zu erreichen. Oder man müsste jedes Bauteil und jede technische Lösung dahingehend überprüfen, ob man aufgrund der weggefallenen Einschränkungen jetzt eine weniger fehleranfällige Lösung verwenden könnte. Ich denke, du bist da zu optimistisch.

Bin ich ja eben nicht mehr. Mit Aufgabe der Gewichtsobergrenze und einem anderen Turm und in deutlich größerer Menge wäre der PUMA vielleicht sinnvoll gewesen. Da dies aber nie kommen wird ist er sinnlos. Gerade eben weil ich deinen Gedankengang hier auch gegangen bin, und nun zu einer deutlich pessimistischeren Ansicht gelangt bin, gerade eben deshalb stimmt für mich beim PUMA einfach die Rechnung nicht mehr und sie wird meiner Ansicht nach auch nie mehr stimmen.

Zitat:Die Interimslösung kostet auch Geld und hat ihre Nachteile. Insofern sehe ich da kein großes Einsparpotential. Das kann man nur für den Fall annehmen, dass die weiteren Nachrüstungen des PUMA derart teuer werden sollten, dass sie die Anschaffungskosten der Interimslösung deutlich überschreiten, was aber reine Spekulation wäre.

Der GTK kostet als Schützenpanzer deutlich weniger als ein PUMA, sowohl in der Beschaffung wie auch vor allem im Unterhalt, zudem könnte man so deutliche Synergieeffekte erzielen, denn die GTK sind ja nicht einfach dann plötzlich nutzlos wenn dann etliche Jahre später ein neuer anderer Kettenpanzer zuläuft, sondern können mit anderen Modulen weiter verwendet werden etc Die Interimslösung wäre also in jedem Fall günstiger. Und wenn man hier etwas kreativer wäre, könnte man noch einiges mehr an Lösungen für das Problem des geschützten Transports von Infanterie schaffen, beispielsweise die PzH2000 in einen HAPC umrüsten und dafür entsprechend AGM auf Lkw anstelle derselben beschaffen und vieles mehr was hier denkbar wäre, bis dahingehend, dass ein Anteil der Panzergrenadiere in ungeschützten Fahrzeugen unterwegs ist.

Der GTK aber wäre am einfachsten, ist sofort verfügbar und würde entsprechend vorübergehend zum Standard-Panzerfahrzeug der Bundeswehr werden. Natürlich hat das etliche Nachteile, aber es ist wie alles andere auch eine Frage der Kostenrechnung. Wir benötigen dringend einen neue gepanzerte Einheitsplattform auf Kette, schwer gepanzert. Bis diese fertig ist und zuläuft reicht der GTK als Interimslösung und damit die Soldaten weiterhin zumindest die Fähigkeiten grundsätzlich trainieren können und entsprechende Verbände vorgehalten werden können.

WideMasta:

Zitat:Wieso sollte es das? Es zeichnet sich jetzt bereits ab das so sein wird. MGCS wird mit dem FCAS verknüpft sein. Es werden dort deutlich mehr Schnittstellen vorhanden sein als es beim Puma jemals so sein wird. Das wird ein Desaster! Und ein Puma ist eben keineswegs einfach nur noch einfacher Schützenpanzer. Er ist mit seinen Subsystemen der komplexeste Spz weltweit.

Deine Befürchtungen bzw. deine Bewertung der Überkomplexität des PUMA teile ich vollauf. Aber es müsste nicht so kommen. Deine Kritik am MGCS wird ja beispielsweise auch von Frankreich aus geteilt und die Erfahrungen mit dem PUMA bieten immerhin die Chance davon zu lernen und das MGCS deutlich sinnvoller und besser zu gestalten, statt es mit Überfunktionalität und Überkomplexität zu überfrachten.

Allgemein:

Zitat:Wer mit diesem Fahrzeug mal neben einem Leoparden hergefahren ist, auf 2600m ein Tetrapack aus einem Fensterrahmen geschossen hat, die 30mm Kanone als abgesessener Schütze neben sich gehört hat, weiß was ich meine.....

Das klingt alles nur für den beeindruckend, der einen Marder als Vergleichsmaßstab her nimmt. 30mm ist heute längst Standard, und die Befähigung neben dem Leopard 2 herzufahren soll der Wert dieses Systems sein? Dazu benötigt man keine solche Komplexität, dass können sehr viel einfachere Fahrzeuge ebenso.

Zitat:Folgerung: als Nutzer und Truppenoffizier wäre in meinen Augen Ansatz einer Lösung, um ein noch nicht ausgereiftes Waffensystem aus einem Teufelskreis zu befreien: eine Umlaufreserve. Eine Reserve für jede Kompanie, um Ausfälle, Fahrzeuge bei Durchsichten etc auszugleichen.

Eine solche Umlaufreserve benötigt man in jedem Fall. Entsprechend gibt es ja auch schon Forderungen die Panzergrenadiertruppe auf nur noch lächerliche 6 Bataillone einzustampfen damit diese dann eine ausreichende Umlaufreserve haben etc. Aber: eine solche Umlaufreserve darf auch nicht zu groß sein. Wenn ich für eine Einheit eine Umlaufreserve von bis zu 50% des Fahrzeugbestandes benötige, wie das jetzt von Bundeswehrsoldaten für den PUMA kolportiert wird, dann ist so ein Fahrzeug nicht kriegstauglich. Die Größe der Umlaufreserve allein beweist dies bereits.

Zitat:Daher klingt es auch schlüssig, dass KMW und Rheinmetall über die gesamte Einsatzzeit in der VJTF eingebettet eigene Experten haben will die dieses System betreuen und rechtzeitig einschreiten können bevor ein Hillbilly noch mehr Schaden anrichtet.

Und wie soll das dann im Krieg laufen? Erhält dann jedes der nur 6 Bataillone die da auf tausend Kilometer und mehr verstreut stehen eine eigene Inst Truppe der Herstellerfirmen mit ? Kriegstaugliche Systeme müssen Hillbilly sicher sein um es überspitzt auszudrücken.

Zitat:Der Puma ist nun einmal da und jetzt sollen sie dieses Projekt mit dem nötigen Geld ausstatten um es zum Erfolg zu führen. Siehe USA F35

Der Vergleich mit der F-35 krankt meiner Meinung nach genau so daran, dass diese ein Kampfflugzeug ist und ein Schützenpanzer etwas völlig anderes ist und sein muss (sein sollte).

Und ein Erfolg könnte der PUMA nur werden, wenn man ihn evolutionär weiter entwickeln könnte aber genau das wird nie geschehen. Man wird weder diese Plattform abändern (anderer Turm) noch die wahnwitzige Gewichtsbeschränkung aufgeben, noch den PUMA als Plattform für anderes in größerer Stückzahl beschaffen. Und daher, deshalb macht der PUMA so wie er ist einfach keinen Sinn.
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RE: Schützenpanzer Puma (ex Panther, ex Igel) - von Quintus Fabius - 29.12.2022, 18:07
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