Herkunft und Ausbreitung der Indogermanen (Indoeuropäer)
#16
@Quintus Fabius
Zitat:Die klassische Sprachwissenschaft geht davon aus, dass die Indoeuropäische Ursprache sich zwischen 3400 v Chr und 3000 v Chr aufteilte, und zwar aufgrund bestimmter Wörter wie Rad, Achse usw welche in allen Folgesprachen den gleichen Ursprung haben. Das ist auch recht schlüssig, sagt aber eben rein gar nichts darüber aus, wieviel älter diese Sprache ist.
Bestimmte ursprüngliche Begriffe können aus einer Sprache auch wieder verschwinden, und später dann durch neue Begriffe ersetzt werden. Es können natürlich auch, etwa aufgrund kultureller Innovationen, neue Begriffe aus einer verwandten Sprache eingeführt werden.

Zitat:Interessant in diesem Kontext ist, dass es zwar gemeinsame Wörter für Rad, Achse, Wagen usw gibt, aber keine gemeinsamen Wörter für Pferd, Reiten usw. das führt zu der Frage, ob das Ur-Indogermanische nicht doch älter ist als die Domestizierung des Pferdes und meiner Ansicht nach verhält es sich so.
Man kann Wagen auch von Rindern ziehen lassen, und tatsächlich sollen sich die Wörter für "Rind" in den indoeuropäischen Sprachen ähneln.
Vom Pferd nimmt man an, das es erstmals um 4000 v. Chr. in den eurasischen Steppen domestiziert. Diese kann natürlich an verschiedenen Stellen und zeitlich unterschiedlich unabhängig voneinander erfolgt sein. Dadurch kann sich dann kein gemeinsames Wort für Pferd herausgebildet haben.
Ein interessanter Artikel zur Domestikation des Pferdes:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/pferde-wurden-in-der-eurasischen-steppe-gezaehmt-a-831945.html">http://www.spiegel.de/wissenschaft/natu ... 31945.html</a><!-- m -->

Zitat:Ob man von einigen wenigen Funden bereits auf massie kriegerische Auseinandersetzungen schließen kann ist ohnehin fragwürdig. Die Böden waren auf jeden Fall nicht erschöpft und in etlichen Gegenden war die Versorgungslage anscheinend durchgehend sehr gut.
Es gibt Hinweise darauf, das die Bandkeramiker an Außenstehenden Kannibalismus praktiziert haben könnten. Gesichert ist das allerdings nicht.
Zudem stehen die Gräberfunde der Bandkeramiker in deutlichem Gegensatz zu dem, was eigentlich an Bevölkerungsstärke zu erwarten wäre. Sie entsprechen nur einem Fünftel der Bevölkerung. Allerdings gibt es auch Hinweise auf einen Ahnenkult, der Exhumierungen einschloss.
Erschöpft waren die Böden wohl nicht, da die Bandkeramiker Lössgebiete bevorzugten.

Zitat:Schließlich entwickelten sich fortschrittlichere Indogermanische Kulturen im Bereich der Steppenlandschaften der Ukraine aufgrund der technischen Anforderungen des Lebens als Nomaden. Von dort drangen neue Sprach-, Kultur-, und Religionsimpulse nach Europa und führten dort zum Wiederaufstieg der bereits dort ansässigen Indogermanischen Völker was im Ende der Bandkeramiker und dem Aufstieg der Trichterbecherkultur mündete.
Interessant ist auch, das nicht nur die Sprache, sondern auch die Glaubensvorstellungen indoeuropäischer Völker gemeinsamen Ursprünge zu haben scheinen.
Gewiss, Glaubensvorstellungen können sich wandeln, aber gewisse Namensähnlichkeiten oder auch Glaubenskonzepte sind auffällig, auch wenn das Konzept eines ursprünglichen indoeuropäischen Glaubens umstritten ist.
Ich sehe zudem Hinweise darauf, das da moderne Glaubensvorstellungen von außen kamen: So finden sich bei der nordischen Mythologie zwei Göttergeschlechter: Die Asen als Himmels- und Kriegsgötter, und die Wanen als Herd- und Fruchtbarkeitsgötter. Meine Theorie ist, das die Wanen den Pantheon der Megalithbauern darstellen - für die als bäuerliche Kultur Fruchtbarkeitsgötter enorm wichtig wären, und dann später die Streitaxtleute ihren Glauben mit ihren Himmels- und Kriegsgöttern - für ein kriegerisches Steppenvolk von Bedeutung - später einbrachten.

Zitat:These: die aus Europa durch die Bandkeramiker verdrängten Indogermanen wurden auch nach Osten in die Steppen abgedrängt und entwickelten sich dort technisch und kulturell schneller. Später wanderten Indoeuropäer aus diesem Raum dann in mehreren Wellen auch zurück nach Europa.
Das würde Sinn ergeben, zumal die Steppen eine Anpassung an den neuen Lebensraum und natürlich entsprechende Innovationen nötig gemacht hätten.

Zitat:Europa war zu dieser Zeit noch zweigespalten zwischen einer authochtonen Indoeuropäischen Bevölkerung und einer ebenso authochtonen Nicht-Indoeuropäischen Bevölkerung.
Dann hätten sich die Basken aus jener authochtonen Nicht-Indoeuropäischen Bevölkerung - wir denken hier an sprachliche Gemeinschaften - herausgebildet?

@Erich
Zitat:Du weißt, worauf ich hinaus will: auf die Vennemannsche Hypothese von der Waskonischen (Bossong: Baskoiden) Sprache im vorgeschichtlichen Europa.
Die These vom vaskonischen Sprachraum ist inzwischen stark umstritten bis verworfen.
So finden sich etwa für deutsche Gewässernamen etwa kaum Gegenstücke in Süd- oder Südwesteuropa.
Es gibt zudem auch Hinweise auf andere vorindoeuropäische Sprachen in Europa, die nicht mit dem Baskischen verwandt sind. In Griechenland finden sich etwa vorindoeuropäische Ortsbezeichnungen, die auf -thos und -ssos enden, etwa Korinthos, Amnissos oder Kephissos. In der griechischen Sprache selbst haben sich da ebenfalls ein paar Begriffe erhalten, etwa Apsinthos (Absinth) oder Kyparissos (Zypresse).
Selbst bei den vorindoeuropäischen Sprachen auf der iberischen Halbinsel ist es z.B. beim Tartessischen zweifelhaft ob es mit dem Baskischen verwandt ist.

Zitat:Du weißt als interessierter Historiker, dass sich über zweitausend Jahre hin diverse Ortsnamen aus römischer Zeit bis heute erhalten haben - Augsburg (nach Augustus) oder Kempten (Camodunum) als bekannte Beispiele, die sich aber nahezu unbeschränkt erweitern lassen.
Augsburg oder auch Augst in der Schweiz ist von einem Eigennamen abgeleitet.
Zudem können Namen unterschiedlicher Herkunft nebeneinander existieren: In Brandenburg etwa haben Berlin und Potsdam slawische Namen. Berlin ist abgeleitet von slawisch "Berl" (Sumpf), Potsdam von "pod" (bei) und dubimi (Eiche). Im Bereich beider Städte fließen die Havel und Spree. Die Namen beider Flüsse sind jedoch germanischen Ursprung, abgeleitet von "Haf" (Bucht) und "sprey" (sprühend, vergleiche mit englisch "spray").
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#17
Tiger:

Bezüglich der germaniscchen Religion (Wanen / Asen) finde ich die beiden Götter Ziu und Wotan besonders hervorhebenswert. Ziu ist vermutlich der ursprüngliche höchste Himmels-Gott der Indogermanen gewesen und findet sich im Endeffekt bei allen indogermanischen Völkern (beispielsweise Zeus, oder Lateinisch Deus etc)

Der Wotankult aber ist wie wir wissen viel jünger und entstand vermutlich erst mit der Jastorf-Kultur und der Entstehung der Proto-Germanen. Es könnte sogar gut sein, dass die Germanen als Sprach- und Kulturraum erst durch diesen Kult und den Glauben an eben jene Gottheit sich von den "keltischen" Nachbarvökern abgehoben und wegentwickelt haben.

Nun entstand diese Religion ab ca 500 v Christus, während die letzten Megalithbauten in Deutschland schon ca 2000 v Chr errichtet wurden. Die immens große Lücke ist meiner Meinung nach ein Indiz gegen die Thesen von Schwantes welche du hier aufgreifst.

Die Asen gelten nun in der germanischen Religion als das jüngere Göttergeschlecht. Wenn man aber die zentrale Rolle von Wotan im Asenglauben nimmt, dann spricht sehr viel dagegen, dass der Glaube an die Asen die Religion der Streitaxtleute war.

These:

Der Glaube an die Asen ist der Ursprung der germanischen Kultur und entstand in Europa ab ca 600 v Chr im Gebiet der Jastorf-Kultur. Der Glaube an die Wanen war dementsprechend der Glaube der Völker in Mitteleuropa bevor dieser neue Kult sich ausbreitete und verband sich dann mit ihm. Das heißt, der Krieg zwischen Wanen und Asen ist ein Symbol für die Ausbreitung einer neuen Kultur / Religion (der Protogermanen) und ist daher viel jünger als es Schwantes propagiert hat, nämlich erst ab ca 500 v Chr, also lange nach den Streitaxtleuten.
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