Spanien
Der Unabhängigkeit des Kosovo ging ein Krieg mit massiven Vertreibungen voraus. Insofern ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen.

Zudem hat die EU durchblicken lassen, dass sie ein unabhängiges Katalonien nicht will.
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(05.10.2017, 23:56)lime schrieb: Bin gespannt ob hier mit zweierlei Maß gemessen wird.

Das gern verwendete Sprichwort impliziert eine Einfachheit, die bei derart komplexen Vorgängen gar nicht vorhanden ist, auch wenn verschiedene Seiten gern das Gegenteil behaupten. Es gibt schlicht kein "standardisiertes" Verfahren zur augenscheinlichen Unabhängigkeitserklärung eines Volkes, das man überhaupt mit irgendeinem Maß messen könnte und aus dessen Bewertung sich moralische Zwickmühlen ergäben, sondern jeweils individuelle Ereignisse, die genauso individuell bewertet werden müssen. Und die Ausgangssituationen von Kosovo und Katalonien unterscheiden sich schon in vielerlei Hinsicht enorm.

Spanien hat im übrigen die Unabhängigkeit des Kosovos bis heute nicht anerkannt.
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(08.10.2017, 17:08)Helios schrieb:
(05.10.2017, 23:56)lime schrieb: Bin gespannt ob hier mit zweierlei Maß gemessen wird.

Das gern verwendete Sprichwort impliziert eine Einfachheit, die bei derart komplexen Vorgängen gar nicht vorhanden ist, auch wenn verschiedene Seiten gern das Gegenteil behaupten. Es gibt schlicht kein "standardisiertes" Verfahren zur augenscheinlichen Unabhängigkeitserklärung eines Volkes, das man überhaupt mit irgendeinem Maß messen könnte und aus dessen Bewertung sich moralische Zwickmühlen ergäben, sondern jeweils individuelle Ereignisse, die genauso individuell bewertet werden müssen. Und die Ausgangssituationen von Kosovo und Katalonien unterscheiden sich schon in vielerlei Hinsicht enorm.

Spanien hat im übrigen die Unabhängigkeit des Kosovos bis heute nicht anerkannt.

Die Unterstützung der Unabhängigkeit des Kosovo war im Endeffekt gegen das damals nichtwestliche Serbien und seinen Verbündeten Rußland gerichtet. Hätte der Kosovo zu Österreich gehört, dann wäre eine Unabhängigkeit niemals vom Westen unterstützt worden. Katalonien hingegen wird wohl kaum so einen geostrategischen Vorteil haben und deshalb wird es auch kaum Unterstützer auf der Welt finden. Im Gegenteil muss damit gerechnet werden, dass danach die Basken, Venetien und viele andere Regionen in Europa auch solche Referenden abhalten wollen. Dies würde auch die EU schwächen, die nach dem Brexit schon etwas angeschlagen ist. Wenn sich die ökonomisch starken Regionen Spaniens und Italiens abspalten würden. Und in Italien vielleicht sogar Venetien mit einer Regierung der Lega Nord, dann bekäme die EU zusätzliche Finanzierungsprobleme.
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(11.10.2017, 00:21)lime schrieb:
(08.10.2017, 17:08)Helios schrieb:
(05.10.2017, 23:56)lime schrieb: Bin gespannt ob hier mit zweierlei Maß gemessen wird.

Das gern verwendete Sprichwort impliziert eine Einfachheit, die bei derart komplexen Vorgängen gar nicht vorhanden ist, auch wenn verschiedene Seiten gern das Gegenteil behaupten. Es gibt schlicht kein "standardisiertes" Verfahren zur augenscheinlichen Unabhängigkeitserklärung eines Volkes, das man überhaupt mit irgendeinem Maß messen könnte und aus dessen Bewertung sich moralische Zwickmühlen ergäben, sondern jeweils individuelle Ereignisse, die genauso individuell bewertet werden müssen. Und die Ausgangssituationen von Kosovo und Katalonien unterscheiden sich schon in vielerlei Hinsicht enorm.

Spanien hat im übrigen die Unabhängigkeit des Kosovos bis heute nicht anerkannt.

Die Unterstützung der Unabhängigkeit des Kosovo war im Endeffekt gegen das damals nichtwestliche Serbien und seinen Verbündeten Rußland gerichtet. Hätte der Kosovo zu Österreich gehört, dann wäre eine Unabhängigkeit niemals vom Westen unterstützt worden. Katalonien hingegen wird wohl kaum so einen geostrategischen Vorteil haben und deshalb wird es auch kaum Unterstützer auf der Welt finden. Im Gegenteil muss damit gerechnet werden, dass danach die Basken, Venetien und viele andere Regionen in Europa auch solche Referenden abhalten wollen. Dies würde auch die EU schwächen, die nach dem Brexit schon etwas angeschlagen ist. Wenn sich die ökonomisch starken Regionen Spaniens und Italiens abspalten würden. Und in Italien vielleicht sogar Venetien mit einer Regierung der Lega Nord, dann bekäme die EU zusätzliche Finanzierungsprobleme.

Die Unabhängigkeit des Kosovos auf das Blockdenken der NATO zu reduzieren ist schon arge Geschichtsverdrehung, die nachvollziehbar deshalb notwendig wird, um im Falle Kataloniens eine moralische Referenz aufbauen zu können. Nur warum? Hier im Forum sollte es nicht um populistische Parolen gehen, sondern um einen sachlichen Diskurs. Für alles andere gibt es andere Medien.

Politisch und wirtschaftlich sind Sezessionen in der heutigen Gesellschaftsordnung vermutlich immer eine Schwächung, allerdings für beide Seiten. Vor allem natürlich bei verschachtelten Strukturen, wie jetzt etwa im Falle Katalonien. Denn immerhin ist der vermeintliche Wunsch nach Loslösung von Spanien (wie die Katalanen in der Gesamtheit dazu stehen hat ja auch die Abstimmung nicht gezeigt) nicht einhergehend mit dem Wunsch einer Loslösung von der EU, im Gegenteil wurde der Wille zum Verbleib deutlich gemacht (auch wenn das wiederum aufgrund der Strukturen der EU unrealistisch ist). Von daher stellt sich die Frage, wie hoch die Wirtschaftskraft von Katalonien nach einer Unabhängigkeit tatsächlich wäre (bereits jetzt gibt es eine Abwanderungswelle von Firmen). Umso mehr, wenn es um die ebenfalls zu klärende Frage nach der Schuldenverteilung geht. Eine Katalonische Unabhängigkeit könnte in letzter Konsequenz zu einem mahnenden Beispiel gegen entsprechende Bestrebungen in anderen Regionen dienen.
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(11.10.2017, 09:47)Helios schrieb:
(11.10.2017, 00:21)lime schrieb:
(08.10.2017, 17:08)Helios schrieb:
(05.10.2017, 23:56)lime schrieb: Bin gespannt ob hier mit zweierlei Maß gemessen wird.

Das gern verwendete Sprichwort impliziert eine Einfachheit, die bei derart komplexen Vorgängen gar nicht vorhanden ist, auch wenn verschiedene Seiten gern das Gegenteil behaupten. Es gibt schlicht kein "standardisiertes" Verfahren zur augenscheinlichen Unabhängigkeitserklärung eines Volkes, das man überhaupt mit irgendeinem Maß messen könnte und aus dessen Bewertung sich moralische Zwickmühlen ergäben, sondern jeweils individuelle Ereignisse, die genauso individuell bewertet werden müssen. Und die Ausgangssituationen von Kosovo und Katalonien unterscheiden sich schon in vielerlei Hinsicht enorm.

Spanien hat im übrigen die Unabhängigkeit des Kosovos bis heute nicht anerkannt.

Die Unterstützung der Unabhängigkeit des Kosovo war im Endeffekt gegen das damals nichtwestliche Serbien und seinen Verbündeten Rußland gerichtet. Hätte der Kosovo zu Österreich gehört, dann wäre eine Unabhängigkeit niemals vom Westen unterstützt worden. Katalonien hingegen wird wohl kaum so einen geostrategischen Vorteil haben und deshalb wird es auch kaum Unterstützer auf der Welt finden. Im Gegenteil muss damit gerechnet werden, dass danach die Basken, Venetien und viele andere Regionen in Europa auch solche Referenden abhalten wollen. Dies würde auch die EU schwächen, die nach dem Brexit schon etwas angeschlagen ist. Wenn sich die ökonomisch starken Regionen Spaniens und Italiens abspalten würden. Und in Italien vielleicht sogar Venetien mit einer Regierung der Lega Nord, dann bekäme die EU zusätzliche Finanzierungsprobleme.

Die Unabhängigkeit des Kosovos auf das Blockdenken der NATO zu reduzieren ist schon arge Geschichtsverdrehung, die nachvollziehbar deshalb notwendig wird, um im Falle Kataloniens eine moralische Referenz aufbauen zu können. Nur warum? Hier im Forum sollte es nicht um populistische Parolen gehen, sondern um einen sachlichen Diskurs. Für alles andere gibt es andere Medien.

Politisch und wirtschaftlich sind Sezessionen in der heutigen Gesellschaftsordnung vermutlich immer eine Schwächung, allerdings für beide Seiten. Vor allem natürlich bei verschachtelten Strukturen, wie jetzt etwa im Falle Katalonien. Denn immerhin ist der vermeintliche Wunsch nach Loslösung von Spanien (wie die Katalanen in der Gesamtheit dazu stehen hat ja auch die Abstimmung nicht gezeigt) nicht einhergehend mit dem Wunsch einer Loslösung von der EU, im Gegenteil wurde der Wille zum Verbleib deutlich gemacht (auch wenn das wiederum aufgrund der Strukturen der EU unrealistisch ist). Von daher stellt sich die Frage, wie hoch die Wirtschaftskraft von Katalonien nach einer Unabhängigkeit tatsächlich wäre (bereits jetzt gibt es eine Abwanderungswelle von Firmen). Umso mehr, wenn es um die ebenfalls zu klärende Frage nach der Schuldenverteilung geht. Eine Katalonische Unabhängigkeit könnte in letzter Konsequenz zu einem mahnenden Beispiel gegen entsprechende Bestrebungen in anderen Regionen dienen.

Dann lassen wir den Kosovo mal beiseite. Wenn knapp die Hälfte abstimmen und davon fast 90% mit Unabhängigkeit stimmen, dann kann natürliche die spanische Regierung noch behaupten, dass die die nicht zur Wahl gegangen sind alle gegen die Unabhängigkeit wären. Aber realistisch ist dies wie ich finde keinesfalls. Auch wird Spanien um die Abspaltung mittelfristig noch zu verhindern sicherlich zu Mitteln greifen müssen, die einem demokratischen Staat nicht würdig sind. Dann dürfte es interessant sein, wie UNO und EU reagieren. Katalonien könnte zum Beispiel als Drohung ablehnen überhaupt für Spaniens Schulden gerade zu stehen und dann käme Spanien in eine sehr schwierige Situation. Auch andere Regionen, wie das Baskenland könnte dann auf die Idee kommen es gleich zu tun. Und auch in Richtung EU hätte Katalonien ein gutes Argument, als potentieller neuer Nettoeinzahler.
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(11.10.2017, 10:33)lime schrieb: Dann lassen wir den Kosovo mal beiseite. Wenn knapp die Hälfte abstimmen und davon fast 90% mit Unabhängigkeit stimmen, dann kann natürliche die spanische Regierung noch behaupten, dass die die nicht zur Wahl gegangen sind alle gegen die Unabhängigkeit wären. Aber realistisch ist dies wie ich finde keinesfalls. Auch wird Spanien um die Abspaltung mittelfristig noch zu verhindern sicherlich zu Mitteln greifen müssen, die einem demokratischen Staat nicht würdig sind. Dann dürfte es interessant sein, wie UNO und EU reagieren. Katalonien könnte zum Beispiel als Drohung ablehnen überhaupt für Spaniens Schulden gerade zu stehen und dann käme Spanien in eine sehr schwierige Situation. Auch andere Regionen, wie das Baskenland könnte dann auf die Idee kommen es gleich zu tun. Und auch in Richtung EU hätte Katalonien ein gutes Argument, als potentieller neuer Nettoeinzahler.

Natürlich sind nicht alle, die nicht zur Wahl gegangen sind, gegen die Unabhängigkeit. Und es erscheint durchaus realistisch, dass es bei einem ordentlichen Referendum (mit gesicherten Wahllisten, Wahlmöglichkeiten für alle, etc.) trotzdem eine Mehrheit für die Unabhängigkeit gäbe. Gerade in Anbetracht der Ereignisse, denn Madrid agiert ziemlich unsouverän in dieser Situation, dürften es nach der Wahl nun auch mehr sein als zuvor. Aber es ist eben auch recht unrealistisch, dass es so eine überwaltigende Mehrheit ist, wie sie nun aufgrund des Wahlergebnisses dargestellt wird. Dafür sprechen nicht nur Meinungsumfragen (auch wenn deren Leumund bei den letzten Vorhersagen weltweit gelitten hat), sondern auch die letzten Regionalwahlen.
Was die Schulden angeht kann Katalonien da eine Verantwortung natürlich ablehnen, würde sich damit aber wirtschaftlich weiter isolieren. Denn es geht ja nicht nur um gesamtspanische Schulden, für deren Anteil man dann nicht aufkommen wollte (was an sich schon Schwierig ist), sondern explizite Schulden der Regionalregierung gegenüber dem spanischen Staat. Das Rating würde unweigerlich ins Bodenlose fallen, wenn Katalonien diese nicht weiter bedient.
Und gegenüber der EU hat Katalonien schlicht gar keine Argumente. Selbst wenn man eine Mitgliedschaft gegen den Willen Spaniens durchsetzen könnte (was praktisch unmöglich ist), würde der wirtschaftliche Nutzen gering ausfallen. Zum einen weil die Wirtschaftsleistung bereits jetzt abwandert und daher zu einem relevanten Teil auch ohne Mitgliedschaft "gesichert" wäre, zum anderen weil Großkonzerne mit überproportionalen Anteilen über die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme hinwegtäuschen. Der Blick auf die Schulden und deren Ursachen offenbart da eben die negativen Aspekte. Es wäre daher für die EU sinnvoller, die geringen wirtschaftlichen Verluste hinzunehmen, als sich politisch und perspektivisch selbst so zu schwächen.
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Ich bin mir nicht so ganz sicher, ob denn wirklich eine "Mehrheit" in Katalonien wirklich eine Unabhängigkeit möchte, oder ob denn nicht vielmehr die gegenseitigen Sticheleien bzw. die offenkundige und stoische Nichtbeachtung katalanischer Wünsche seitens von Madrid in den letzten Jahren - vor rund zehn Jahren lag die Zustimmung zu einer Unabhängigkeit bei (je nach Quelle) allenfalls 15 bis 20% - dieses gezielt provokante und m. Mn. n. unsinnige Referendum nicht beflügelt und dem hitzköpfigen Puigdemont so zeitweise in die Hände gespielt haben.

Ich halte insofern die Annahme, eine große Mehrheit der Katalanen will auf Biegen und Brechen eine Unabhängigkeit, für sehr gewagt (die aktuellen Demonstrationen in Barcelona für eine Einheit Spaniens weisen ja auch in einer andere Richtung). Vielmehr sehe ich hier eine Momentaufnahme beim Referendum, viele sind nicht zur Abstimmung erschienen und diejenigen Entnervten und Gereizten, die doch kamen, haben - leider heutzutage weit verbreitet - "denen in Madrid mal einen mitgeben wollen" für das vordergründige Ignorieren der Wünsche in den Jahren zuvor. Wenn die Lage sich wieder etwas beruhigt, so könnte ich mir gut vorstellen, dass eine erneute Abstimmung anders aussieht.

Wie auch immer: Nachdem am vergangenen Freitag einseitig die Unabhängigkeit seitens von Katalonien erklärt wurde - etwas, was man seit dem Referendum aus vermutlich auch polittaktischen Gründen in Barcelona zunächst vermieden hatte - wurde die "Generalitat" von Madrid unter Kuratel gestellt. Und es wurden Neuwahlen für den Dezember angekündigt....
Zitat:Katalonien

Puigdemont „wird Präsident des Landes bleiben“

Der von der Zentralregierung in Madrid abgesetzte katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont ist nach den Worten seines Stellvertreters auch weiterhin der „Präsident Kataloniens“. Puigdemont „ist und wird Präsident des Landes bleiben“ und weise den „Staatsstreich“ Madrids zurück, schrieb Vizepräsident Oriol Junqueras in einem Beitrag für die katalanische Zeitung „El Punt Avui“. Der Beitrag ist mit „Vizepräsident der Regierung Kataloniens“ unterzeichnet. [...]

Madrid hatte nach der Unabhängigkeitserklärung die Zwangsverwaltung Kataloniens beschlossen und eingeleitet. [...] Die spanische Vizeregierungschefin Soraya Sáenz de Santamaría übernahm die Kontrolle über die Verwaltung in Katalonien. Auch der katalanische Polizeichef Josep Lluis Trapero wurde für abgesetzt erklärt. [...]

Bereits am Freitag hatte der spanische Regierungschef Mariano Rajoy Puigdemont und seine Regierung ihres Amtes enthoben. Zudem kündigte Rajoy die Absetzung der katalanischen Regierungsvertreter in Madrid und Brüssel sowie die Schließung der katalanischen Vertretungen weltweit an, ausgenommen in Brüssel. Für den 21. Dezember setzte die Zentralregierung in Madrid Neuwahlen in Katalonien an.
http://www.faz.net/aktuell/politik/abges...68726.html

Ferner bez. der geplanten Neuwahlen:
Zitat:Katalonien-Umfrage - Separatisten könnten bei Wahl Mehrheit einbüßen

Madrid (Reuters) - Die Befürworter einer Unabhängigkeit Kataloniens könnten einer Umfrage zufolge bei der Wahl im Dezember ihre Mehrheit im Parlament in Barcelona knapp verlieren.

Die Separatisten kamen auf 42,5 Prozent der Stimmen, wie aus einer am Sonntag veröffentlichten Befragung von rund 1000 Bürgern für die Zeitung “El Mundo” hervorgeht. Die Gegner einer Unabhängigkeit können demnach mit 43,4 Prozent rechnen. Die Erhebung fand von Montag bis Donnerstag statt. [...]
https://de.reuters.com/article/spanien-k...EKBN1CY0BC

Schneemann.
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Nach der Verhaftung des katalanischen Politikers Puigdemont, der die Separatistenkrise in Katalonien im letzten Jahr mit zu verantworten hat, in Schleswig-Holstein im Rahmen eines europäischen Haftbefehls der spanischen Regierung, ist selbiger nun wieder auf freiem Fuß, da die spanische Anklage nicht mit dem deutschen Recht in Einklang gebracht werden konnte. Abgesehen davon, dass die Regierung in Madrid darüber nicht begeistert sein dürfte, besteht für Deutschland zudem das Problem, dass Puigdemont wohl erstmal im Lande bleiben wird - ruhiger dürfte es um ihn mit Sicherheit nicht werden...
Zitat:Carles Puigdemont

Wieder Haupt(selbst)darsteller

Carles Puigdemont will nach seiner Freilassung Quartier in Berlin beziehen. Vielleicht kann er hier hochkarätige Politiker für die katalanische Sache gewinnen? [...] Puigdemont ist wieder der Star. Wie im katalanischen Herbst. Und wie bei seinem ersten Presseauftritt als so genannter "Präsident im Exil" in Brüssel. Damals hatte er gerade der spanischen Justiz ein Schnippchen geschlagen. War ihr entflohen, bevor sie ihn inhaftieren konnte. Aber nach dem ersten Hype wurde es in Brüssel ruhiger um ihn. Europas Mächtigste schenkten ihm kaum Gehör. Niemand von ihnen zeigte Sympathien für ein unabhängiges Katalonien. Und in der Heimat konnten ihn seine Getreuen nicht wieder wählen, sie suchten nach anderen Kandidaten. Puigdemont wurde nach und nach zur Randfigur. [...]

Bei seinem letzten Treffen mit Premierminister Mariano Rajoy habe er gefragt, ob Spanien ein Projekt für Katalonien habe, erzählt Puigdemont in Berlin. "Die Antwort war: nein. Jetzt sehen wir Repression, Gefängnis, Prozesse." Die Gewalt sei vor allem von der spanischen Polizei ausgegangen, die beim Abspaltungsreferendum wehrlose Bürger angegriffen habe, behauptet der Katalane. Dass das Referendum verfassungswidrig war, dass seine Separatistenregierung reihenweise Gesetze gebrochen hat, dass sich Hunderttausende Bürger, die bei Spanien bleiben wollen, im Herbst unterdrückt und entrechtet fühlten, erzählt der Ex-Präsident nicht. Danach fragt ihn auch keiner hier in Berlin. Nach den ursprünglichen Plänen sollte er schon am Freitag auftreten: in Neumünster, in der Stadthalle. Aber die Bühne war ihm wohl zu klein. Noch am selben Abend hat er sich in die Hauptstadt fahren lassen. Hier will er Quartier beziehen, so lange das Verfahren in Schleswig läuft, obwohl er sich dort regelmäßig melden muss.

Wo genau in Berlin werde er wohnen, fragt eine Journalistin. Puigdemont antwortet: "Die Polizei weiß das." Und alle lachen. [...]

Madrid müsse auf die Dialogangebote aus Barcelona eingehen. Es brauche unabhängige Vermittler. Und: Neuer Präsident Kataloniens solle Jordi Sánchez werden. Der in Madrid inhaftierte Ex-Chef der separatistischen Bürgerbewegung ANC ist ein Vertrauter Puigdemonts.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/ca...01756.html

Schneemann.
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Bedingt auch durch die Corona-Pandemie war das Gezerre um die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens etwas ins Hintertreffen gerückt. Aktuell könnte die Sache allerdings wieder hochkochen, da anscheinend der spanische Geheimdienst die katalanische Unabhängigkeitsbewegung ausgespäht haben soll. Die hieraus resultierende Meuterei einiger katalanischer Linker, die die Regierung Sánchez bislang stützten, hat nun dazu geführt, dass diese sogar gemeinsame Sache mit baskischen Nationalisten machte, denen sie eigentlich überhaupt nicht nahesteht. Quasi spielt Madrid die einen Separatisten gegen die anderen aus - ein riskanter Plan...
Zitat:Spanien

Separatisten bringen Sánchez in Not

Nach den Spionage-Vorwürfen verweigern die Linksrepublikaner aus Katalonien der spanischen Regierung die Unterstützung. Für den Premier wird es immer schwieriger zu regieren. [...] Die Linksrepublikaner haben Premier Pedro Sánchez an diesem Donnerstag im Madrider Parlament ihre Unterstützung verweigert. Und das in einer der wichtigsten Entscheidungen dieser Legislaturperiode. [...]

Die katalanischen Linksrepublikaner sind der wichtigste Verbündete für Sánchez' linke Minderheitsregierung. Eigentlich. Doch sie haben derzeit andere Prioritäten: Die Separatisten sind empört, dass die spanische Regierung aus ihrer Sicht bislang nicht ausreichend Verantwortung für die Spionage-Vorwürfe übernimmt, die in der vergangenen Woche bekannt geworden waren. Einem Bericht des in Toronto ansässigen Forschungsinstituts Citizen Lab zufolge sollen in den vergangenen Jahren mehr als 60 Parlamentarier, Unternehmer und Aktivisten aus dem Spektrum der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung mit der Spähsoftware Pegasus abgehört worden sein. Unter den abgehörten Mobiltelefonen war demnach auch das des amtierenden katalanischen Regionalpräsidenten Pere Aragonès sowie die seiner drei Vorgänger im Amt. [...]

Aragonès macht den spanischen Geheimdienst CNI für die Spähangriffe verantwortlich. Er verlangte von der Regierung in Madrid, mit der er seit seinem Amtsantritt einen Dialog aufzubauen versucht, Transparenz und Aufklärung. Sánchez schwieg zunächst zu den Vorwürfen, schickte dann am Sonntag aber seinen Präsidentschaftsminister Félix Bolaños zu Gesprächen nach Barcelona. [...]

Mit dem Maßnahmenpaket, das seit 1. April vorläufig in Kraft ist und nun gesetzlich verankert werden sollte, will Sánchez Wirtschaft und Bevölkerung entlasten. Sein "Crash-Plan" sieht Unterstützung von insgesamt 16 Milliarden Euro vor. [...] Dass das Entlastungspaket am Ende trotzdem knapp beschlossen wurde, hat Sánchez der baskischen nationalistischen Partei EH Bildu zu verdanken. Deren Fraktionsvorsitzende Mertxe Aizpurua begründete die fünf Ja-Stimmen, die ihre Partei der Regierung schenkte, damit, dass "die Bevölkerung nicht für die schweren Fehler der Regierung bezahlen" dürfe. Bemerkenswert ist diese Allianz, weil auf der Liste der Personen, die von Pegasus-Spähangriffen betroffen waren, auch zwei Abgeordnete von EH Bildu stehen. Ein zuverlässiger Partner sind die Basken für Sánchez auf Dauer nicht. Die Lösung des Konflikts mit Katalonien ist damit lediglich aufgeschoben.
https://www.sueddeutsche.de/politik/span...-1.5574783

Schneemann
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