(Zweiter Weltkrieg) Unternehmen Barbarossa
#46
@Rudi
Zitat:Natürlich, Argumente austauschen kann man ewig. Deswegen frage ich Dich, kannst Du Deine Aussagen belegen, hast Du Quellen dafür ? Ich habe ja nun etliche Belege geliefert, das würde ich nun auch erwarten.
Natürlich, ich habe selbst (wobei ich mich hinsichtlich der Weltkriege eher für Marinethemen interessiere) eine recht umfangreiche Buchsammlung dazu, angefangen beim spanischen Bürgerkrieg. Ganz interessant zu dem Thema sind John O'Connells The Effectiveness of Airpower in the 20th Century und Beevors The Battle for Spain. Zur Thematik Reichweite auch lesenswert (aber teils anderweitig etwas oberflächlich) Patrick Laureaus Polikarpov I-15. Bezogen auf "Barbarossa" selbst habe ich bspw. Carells Unternehmen Barbarossa (wobei er ja bekanntermaßen die revisionistische Schiene verfolgt und eine entsprechende Biographie hat, liest sich aber recht flott), Piekalkiewiczs Die Schlacht um Moskau (die Vorgeschichte ist hier aber eher dünner, es beginnt quasi nach 15 Seiten schon der eigentliche Konflikt, die historischen Presseberichte und die Lageeinschätzungen sind aber empfehlenswert), Glantzs Stumbling Colossus (er widerspricht der These, übrigens sehr detailliert, aber teils wenig lesefreundlich), Kershaws Stalinism and Nazism (sehr entschiedener Widerspruch, ich finde Kershaw aber teils auch eher weniger lesefreundlich, man muss sich teils durchwühlen; generell aber sehr sachlich). Roberts Planning for War ist hierbei auch interessant, liegt mir aber nur im Hefter und leider mit einigen fehlenden Seiten vor, da es eine ältere Kopie aus der Unibibliothek ist.
Zitat:Das wird jetzt zunehmend unsachlich. Den Operationsplan als eine Bierdeckel-Randnoziz zu bezeichnen, hat schon etwas hilfloses.
Leider nein. Denn genau jetzt sind wir am entscheidenden Punkt. Wir haben Argumente ausgetauscht, und uns dabei gedreht, sind aber immer näher an den Kulminationspunkt herangerückt. Und nun, in der Mitte des Kreises angekommen, erfolgt die entscheidende Frage - die Frage nach der "smoking gun", die "Gretchenfrage" quasi. Und diese lautet eben: Wo sind die Angriffsbefehle, wo ist der gegengezeichnete Marschbefehl, wo ist die "Stalin'sche Führerweisung" zum Losschlagen?

Es gibt sie nicht...

Ich war aber etwas unfair zu dir und muss mich entschuldigen, da ich ein wenig manipulativ vorging. Ich hatte diese Art von Diskussionen (bzw. ähnliche) schon vor zehn, zwölf Jahren geführt - wobei es damals an der Uni u. a. um die Vorgeschichte des Balkanfeldzuges ging und die Behauptung, dass der Staatsstreich in Belgrad im März 1941 von der Sowjetunion final gesteuert worden sei, um den Beitritt des Landes zum Dreimächtepakt zu verhindern.

Und es drehte sich da schon seinerzeit vieles um technische, logistische oder planungsspezifische Fragen. Anfangs zumindest. Aber wenn man dann irgendwann die Frage nach den Befehlen, nach den Anweisungen stellte, brach der Diskurs oft steil ab. Es gab dann ferner fast immer die Entwicklung, dass das Gegenüber indigniert und teils beinahe beleidigt reagierte, so als wie wenn die Frage unzulässig, geradezu "häretisch" sei. Und deine Reaktion, dass das "unsachlich" sei, interpretiere ich ähnlich.

Aber es ist leider die entscheidende Frage.

Schneemann
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#47
(08.03.2023, 00:19)Quintus Fabius schrieb: Bleiben wir mal beim Punkt Flugzeuge:

Wenn ich für die Verteidigung eine Vorwärtsstrategie verfolge, und ich stehe sagen wir gemittelt 20 bis 40 km von der Grenze entfernt (was für die Mehrheit der Flugzeuge gar nicht der Fall war, die standen schon etwas weiter weg, wenn auch immer noch in "Grenznähe"), dann habe ich bei einer Reichweite von 300 km eine Operationstiefe von bis zu um die 100 km über die Grenze. Nicht gerade viel für eine weitreichende Operation in die Tiefe wie sie von sowjetischer Seite angedacht wurde. Entsprechend benötigst du eine ausreichende Infrastruktur vorne, damit die angedachte Angriffsoperation als Reaktion auf einen deutschen Angriff durchgeführt und aus der Luft unterstützt werden kann. Deshalb der entsprechende Ausbau dieser Infrastruktur "vorne" und die Belegung dieser Flugplätze als Reaktion auf die zunehmende deutsche Truppenkonzentration.

Alleine am ersten Tag hat die Wehrmacht 1.800 sowj. Flugzeuge vernichtet. Selbst die alten Jäger aus Mitte der 30iger wie I-15 und I-16 hatten eine Reichweite von 700 km und mehr, die neueren 1.000 km. Die "älteren" Bomber auch schon über 1.000 km und die neueren teilweise über 2.000 km. Ich hätte weiter oben von Radius und nicht von Reichweite schreiben müssen. Selbst bei einer offensiven Defensivdoktrin stell ich die Flugzeuge niemals in einen 40km Streifen, wie gesagt, teilweise im Wirkungsbereich der deutschen Artillerie.

Deine obigen Thesen halte ich nicht für überzeugend.

Und es gab keinen Defensivplan, sondern nur den Operationsplan v. 15.5., der eindeutig offensiv angelegt war. Und zu diesem Operationsplan paßt eben auch die Aufstellung der sowj. Luftwaffe. Das ist in sich absolut schlüssig.



(08.03.2023, 00:19)Quintus Fabius schrieb: Zur Frage der Chronologie:

Die deutsche Führung plante den Angriffskrieg gegen die Sowjetunion nachweislich schon 1940 ausführlichst.

Es gab lange vor der sowjetischen Truppenkonzentration an der Grenze ganz konkrete deutsche Kriegsplanungen mit dem Ziel eines Angriffskrieges gegen die Sowjetunion. Lies einfach die Originalquellen, und Berichte derjenigen welche selbst dabei waren und direkt in diese Planungen involviert waren.

Das ist doch alles unstrittig und durch den in der Tat erfolgten Angriff auch bewiesen.


(08.03.2023, 00:19)Quintus Fabius schrieb: Verbleibt natürlich die Frage, wozu dann der sowjetische Aufmarsch stattfand, und meiner rein privaten Ansicht nach (These) könnte es durchaus die Idee der Sowjets gewesen sein, einen Präventivkrieg zu führen, also einen Präventivangriff durchzuführen. Wozu es nicht mehr kam, weil die Deutschen ihnen mit dem Angriff zuvor kamen. Meiner Meinung nach könnte es also das Ziel der Sowjetunition gewesen sein, einen Präventivangriff zu führen. Das würde die entsprechende Dislozierung der Kräfte noch perfekter erklären.

Und genau das ist auch meine Meinung.



(08.03.2023, 00:19)Quintus Fabius schrieb: Selbst wenn dies der Fall gewesen ist, so wäre der deutsche Angriffskrieg dennoch immer noch kein Präventivkrieg, sondern das war schon 1940 als Angrifskrieg ganz konkret geplant und der Angriffskrieg gegen die Sowjetunion spukte eigentlich als politische Absichtserklärung bereits seit der Machtergreifung und in diffuser Form sogar schon davor in den Köpfen der führenden Nationalsozisalisten herum.

Es ist daher falsch, von einem deutschen Präventivkrieg zu sprechen. Die Kräftedislozierung der Sowjets ist dafür keinerlei (indirekter) Beleg. Allenfalls ist sie ein Indiz für einen etwaig von der Sowjetunion geplanten Präventivkrieg. Der deutsche Angriffskrieg stand aber schon vor dieser sowjetischen Truppenkonzentration an der Grenze eindeutig fest und verlief völlig unabhängig von jedweder sowjetischen militärischen Planung.

Das sehe ich nicht ganz so. Beide totalitären Systeme planten lange den Krieg gegeneinander. Diese Auseinandersetzung wurde als unausweichlich angesehen. Entsprechende Aussagen gibt es nicht nur von Hitler, sondern auch von Stalin. Und damit ist es dann doch ein Präventivkrieg. Wenn ich von einem Angriff ausgehe und deshalb zuerst angreife, dann ist es ein präventiver Angriff. Genauso hätte das auch die Sowjetunion für sich in Anspruch nehmen können, hätte sie am 1.6. in den deutschen Aufmarsch hinein angegriffen. Voraussetzung für einen Präventivangriff ist nicht, daß ich dem Gegner nur wenige Tage oder Wochen zuvorkomme. Und es reicht die Überzeugung, daß er mich angreifen wird, unabhängig von seiner Motivation. Bespr. greift er mich ebenfalls nur aus der Überzeugung an, selbst angegriffen zu werden.

Beides waren Systeme, die sich nicht an Regeln gehalten haben. Auch die Sowjets haben regelmäßig ihre Nachbarn überfallen.



(08.03.2023, 00:19)Quintus Fabius schrieb: Beschließend noch eine weitere recht brauchbare Quelle für dich diesbezüglich:

https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-16439

Das zieht sich übrigens so durch alle deutschen Originalschriften dieser Zeit, dass man davon ausging, die Sowjetunion rasch niederringen und besiegen zu können. Allein schon aus dieser Einschätzung heraus zeigt sich klar, dass hier kein Präventivkrieg geplant war, sondern von 1938 an ein absolut astreiner Angriffskrieg. Darüber diskutieren zu wollen ist recht müssig.

Es wäre daher viel interessanter darüber zu diskutieren, ob die Sowjets ihrerseits 1941 einen Präventivkrieg planten ! Das würde vieles was man da festgestellt hat erklären.

Es hätte ja auch fast gereicht. Und wäre nicht Griechenland dazwischen gekommen, wäre Moskau gefallen. Aber das ist alles müßig im nachhinein. Die Sowjets planten auch, und nicht esrt seit 1941, einen Angriffskrieg. Auch die vorherigen Operationspläne waren genauso offensiv angelegt.

Die kurze Zeit der Öffnung der Archive in den 90igern hat schon erstaunliches zutage gebracht. Gewißheit wird erst eine erneute Öffnung der Archive bringen, die aktuell unter Putin nicht absehbar ist.

Mir ging es darum, der aufgestellten Behauptung, die Frage wurde bereits in den 80igern entschieden und seitdem wird darüber nicht mehr diskutiert, zu widerlegen. Und die Behauptung, die Rote Armee war kampfunfähig, unvorbereitet, defensiv eingestellt und wurde von dem Angriff überrascht, zu widerlegen.

Wer das glauben möchte, wird das weiter glauben, unabhängig von dem, was ich, oder besser u.a. Schwipper, vorbringt, weiterglauben.

Ich denke, in diesem Strang wurde einiges vorgebracht, was nicht alle kannten und trägt zu einem Erkenntnisgewinn bei.

(08.03.2023, 11:27)Schneemann schrieb: @Rudi
Natürlich, ich habe selbst (wobei ich mich hinsichtlich der Weltkriege eher für Marinethemen interessiere) eine recht umfangreiche Buchsammlung dazu, angefangen beim spanischen Bürgerkrieg. Ganz interessant zu dem Thema sind John O'Connells The Effectiveness of Airpower in the 20th Century und Beevors The Battle for Spain. Zur Thematik Reichweite auch lesenswert (aber teils anderweitig etwas oberflächlich) Patrick Laureaus Polikarpov I-15. Bezogen auf "Barbarossa" selbst habe ich bspw. Carells Unternehmen Barbarossa (wobei er ja bekanntermaßen die revisionistische Schiene verfolgt und eine entsprechende Biographie hat, liest sich aber recht flott), Piekalkiewiczs Die Schlacht um Moskau (die Vorgeschichte ist hier aber eher dünner, es beginnt quasi nach 15 Seiten schon der eigentliche Konflikt, die historischen Presseberichte und die Lageeinschätzungen sind aber empfehlenswert), Glantzs Stumbling Colossus (er widerspricht der These, übrigens sehr detailliert, aber teils wenig lesefreundlich), Kershaws Stalinism and Nazism (sehr entschiedener Widerspruch, ich finde Kershaw aber teils auch eher weniger lesefreundlich, man muss sich teils durchwühlen; generell aber sehr sachlich). Roberts Planning for War ist hierbei auch interessant, liegt mir aber nur im Hefter und leider mit einigen fehlenden Seiten vor, da es eine ältere Kopie aus der Unibibliothek ist.
Leider nein. Denn genau jetzt sind wir am entscheidenden Punkt. Wir haben Argumente ausgetauscht, und uns dabei gedreht, sind aber immer näher an den Kulminationspunkt herangerückt. Und nun, in der Mitte des Kreises angekommen, erfolgt die entscheidende Frage - die Frage nach der "smoking gun", die "Gretchenfrage" quasi. Und diese lautet eben: Wo sind die Angriffsbefehle, wo ist der gegengezeichnete Marschbefehl, wo ist die "Stalin'sche Führerweisung" zum Losschlagen?

Es gibt sie nicht...



Und es drehte sich da schon seinerzeit vieles um technische, logistische oder planungsspezifische Fragen. Anfangs zumindest. Aber wenn man dann irgendwann die Frage nach den Befehlen, nach den Anweisungen stellte, brach der Diskurs oft steil ab. Es gab dann ferner fast immer die Entwicklung, dass das Gegenüber indigniert und teils beinahe beleidigt reagierte, so als wie wenn die Frage unzulässig, geradezu "häretisch" sei. Und deine Reaktion, dass das "unsachlich" sei, interpretiere ich ähnlich.

Aber es ist leider die entscheidende Frage.

Schneemann

Tut mir leid, da machst Du Dir das zu einfach. Man kann ja auch nicht die Judenvergasungen leugnen, nur weil es keinen von Hitler unterschriebenen Befehl dazu gibt.

Und Igor Bunitsch (und inszwischen weitere russ. Historiker) berichten genau von diesem Befehl des Volkskommissrs für Verteidigung der UdSSR v. 11.6.41. Dort steht: "Die Stäbe der Militärbezirke (Fronten) ... haben zum 1.7.1941 zur Durchführung von Angriffsoperationen bereit zu sein...

Allerdings mit dem Schönheitsfehler der fehlenden Quellenangabe, was aber durchaus zum Schutz seiner Quelle verständlich sein kann. Und dann gibt es genau die Folgebefehle, Direktiven usw. die man nach so einem Befehl erwarten würde und die liegen im Original vor. Ich habe sie weiter oben aufgeführt. Einen von Stalin unterzeichneten Befehl hat es vllt. nie gegeben oder der schlummert mit Geheimhaltungsvermerk noch im Archiv.

Natürlich ist das ganze ein Indizienprozeß. Aber mit so vielen überzeugenden Indizien mittlerweile, die auch alle in sch schlüssig sind, das ein Urteil möglich ist.

(08.03.2023, 11:27)Schneemann schrieb: Ich war aber etwas unfair zu dir und muss mich entschuldigen, da ich ein wenig manipulativ vorging. Ich hatte diese Art von Diskussionen (bzw. ähnliche) schon vor zehn, zwölf Jahren geführt ...

Das sei Dir verziehen, kein Problem. Aber Danke für Deine Worte, die nicht selbstverständlich sind.
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#48
Rudi:

Zitat:Selbst bei einer offensiven Defensivdoktrin stell ich die Flugzeuge niemals in einen 40km Streifen, wie gesagt, teilweise im Wirkungsbereich der deutschen Artillerie.

Und selbst wenn ich unmittelbar vor einem Angriffskrieg stehe stelle ich Flugzeuge mit einer so hohen Reichweite wie du sie hier anführst eben nicht in einen 40 km Streifen unmittelbar an der Grenze ! Auch für einen Angriffskrieg sollte man die Flugzeuge nicht so weit nach vorne stellen und selbst im Kalten Krieg hätten die Sowjets dies im Falle eines Angriffskrieges in Ostdeutschland nicht getan. Auch die Wehrmacht positionierte ihre Luftwaffe nicht (!) so, weder beim Angriff auf die Sowjetunion noch beim Angriff auf Frankreich.

Dass die Flugzeuge also so nahe an der Grenze standen, ist ein Beleg für alles mögliche, aber nicht für einen unmittelbar bevorstehenden sowjetischen Angriffskrieg. Am ehesten noch könnte man von Inkompetenz ausgehen. Um es noch mal zu betonen: die Deutschen stellten ihre Flugzeuge bei ihren Angriffskriegen auch nicht so auf und auch die Sowjets stellten später ihre Flugzeuge beim Angriff auf die Japaner in der Mandschurei nicht so auf.

Die Aufstellung der Flugzeuge in diesem Streifen musste daher andere Gründe haben, als den eines Angriffskrieges, denn auch bei einem Angriffskrieg macht es keinerlei Sinn seine Luftwaffe derart Grenznah derart geballt zu exponieren. Es sei denn: man geht davon aus, dass der Gegner nicht wissen kann wo die Flugzeuge sind, weil man jede feindliche Aufklärung durch Agenten usw ausschließen kann:

Ein wesentlicher Grund für den Erfolg der Luftwaffe gegen die Flugfelder und gegen die sowjetischen Flugzeuge war ja vor allem auch die deutsche Höhenaufklärung. Man wusste exakt wo welche Flugfelder liegen und wieviele Flugzeuge dort wie genau aufgestellt und / oder versteckt waren. Die Sowjets wussten von dieser umfangreichen Höhenaufklärung durch deutsche Spezialflugzeuge nichts, was sie wussten war, dass der Feind keine Spione und Agenten im Grenzgebiet einsetzen konnte, dafür war das Sicherheitsnetz von NKWD und anderen Organen am Boden viel zu engmaschig und zu leistungsfähig und normale Aufklärungsflüge konnten nicht festgestellt werden.

Daher ging man meiner Meinung nach (These) davon aus, dass die Deutschen über die genauen Standorte der Flugzeuge nicht Bescheid wissen konnten. Entsprechend war und ist die deutsche Aufklärung aus großer Höhe mit Spezialflugzeugen der entscheidende Faktor für dieses Pearl Harbour Szenario gegen die sowjetischen Flugplätze / Flugzeuge gewesen, und nicht deren Positionierung so nahe an der Front.

Im übrigen wären sie damit einem deutschen Luftangriff auch dann zum Opfer gefallen, wenn sie weiter hinten stationiert gewesen wären, mit der Ausnahme, dass sie dann davon gekommen wären, hätte man sie wirklich tief im Land stationiert.

Was man nicht hat, weil die sowjetische Doktrin dies so nicht vorsah und weil man davon ausging, dass die deutsche Aufklärung die Dislozierung der Flugzeuge nicht kennen konnte. Die Sowjetunion war am Boden de facto ein schwarzes Loch, so groß war die Paranoia und so extrem agierten die Sicherheitsorgane, insbesondere der NKWD (die Große Säuberung und der Höhepunkt der Verfolgungshysterie in der Sowjetunion waren da ja gerade erst wenige Jahre her).

Zitat:es gab keinen Defensivplan, sondern nur den Operationsplan v. 15.5., der eindeutig offensiv angelegt war.

Der aber zu einem Zeitpunkt beschlossen wurde, als der deutsche Angriff bereit beschlossen und geplant war. Also kann man diesen Operationsplan allenfalls als einen Plan für einen Präventivkrieg ansehen.

Man könnte also die These vertreten, dass die Sowjetunion einen Präventivkrieg plante ! Als Reaktion auf einen nahenden deutschen Angriffskrieg.

Zitat:Und die Behauptung, die Rote Armee war kampfunfähig, unvorbereitet, defensiv eingestellt und wurde von dem Angriff überrascht, zu widerlegen.

Das ist eine Frage, die man nochmal völlig getrennt davon betrachten sollte. Durch die große Säuberung, der Tod immens vieler fähiger Offiziere, und durch militärische Inkompetenz verantwortlicher Stellen in der Sowjetunion waren wirklich viele Verbände der Roten Armee mehr potemkinsche Großkampfverbände als wirklich ernsthaft einsetzbare Truppen. Ob sie defensiv oder offensiv eingestellt waren lasse ich mal bewusst offen, denn das ist für die Frage der Einsatzbereitschaft völlig irrelevant. Man kann einer Potemkinschen Einheit genau so die Offensive wie die Defensive befehlen, sie ist zu beidem nicht fähig.

Dass die Sowjets von dem Angriff weitgehend überrascht wurden beweist sich meiner Meinung nach schon dadurch, dass sie bis zum Schluss weiter ihre offensive Aufstellung einnahmen und ihre Truppen in Grenznähe konzentrierten. Hätten sie von dem bevorstehenden Angriff gewusst, so hätte jede Logik geboten dies sofort zu stoppen und Verteidigungsvorbereitungen zu treffen. Du selbst hast ja hier schon mehrfach geschrieben, dass sogar bereits vorgenommene Verteidigungsmaßnahmen wie die Vorbereitung der Zerstörung von Infrastruktur zurück genommen wurden. Wie kannst du also zugleich annehmen, die Sowjets wären nicht überrascht gewesen? Ebenso zeigen die immensen deutschen Erfolge gleich zu Beginn des Krieges, dass die Überraschung geglückt war.

Ich würde es daher so formulieren: die Rote Armee war in noch festzulegenden Anteilen kampfunfähig, mehrheitlich unvorbereitet, sie wurde von dem Angriff überrascht. Alle diese Aspekte sind völlig unabhängig von der Frage einer offensiven oder defensiven Aufstellung oder Zielsetzung.

Zitat:Wer das glauben möchte, wird das weiter glauben, unabhängig von dem, was ich, oder besser u.a. Schwipper, vorbringt, weiterglauben.

Schwipper ist nur eine Person. Und daher würde ich ihn nicht so hoch gewichten. Ganz allgemein lese ich lieber Originalquellen oder Schriften von Personen die unmittelbar beteiligt waren.

Aber halten wir mal ein paar Fakten fest:

Der sowjetische Operationsplan den du hier anführst wurde beschlossen, als der Angriffskrieg des Deutschen Reiches bereits beschlossen und ausgeplant war. Er kam also nach dem Beschluss der Deutschen die Sowjetunion anzugreifen. Damit kann dieser Operationsplan allenfalls als ein Plan für einen sowjetischen Präventivkrieg verstanden werden.

Die Dislozierung der Flugzeuge ergibt auch dann keinen Sinn, wenn man einen Angriffskrieg führen will. Selbst für einen Angriffskrieg sollte man die Flugzeuge nicht derart konzentriert derart weit vorne aufstellen. Entsprechend belegt diese Aufstellung absolut rein gar nichts.

Der Erfolg der Luftwaffe gegen die sowjetischen Flugplätze resultierte primär aus der Höhenaufklärung welche die Sowjets nicht verstanden bzw. welche ihnen entgangen ist. Die Deutschen hätten daher auch tiefer in der Sowjetunion befindliche Flugplätze aufklären können. Eine Aufstellung der sowjetischen Flugzeuge tief im Raum des Landes aber widersprach der sowjetischen Militärdoktrin.

Der Angriffskrieg auf die Sowjetunion war eigentlich schon beim Angriff auf Polen das eigentliche Ziel der NS Führung. Eigentlich war geplant, nach dem Fall Polens dann alsbald in die Sowjetunion einzufallen, wobei die Kriegserklärung der Westmächte dem dann einen Strich durch die Rechnung machte. Die Zielsetzung der NS Führung war trotzdem weiterhin der Angriffskrieg gegen die Sowjetunion.

Und dies nicht primär aus sinnvollen militärischen Gründen - die es durchaus gab - sondern vor allem aus ideologischen Gründen (jüdischer Bolschweismus, Lebensraum usw.) Dass es davon unabhängig einige sinnvolle militärische Gründe für den Angriff auf die Sowjets gab, auch um einen irgendwann späteren sowjetischen Angriff zuvor zu kommen, gar keine Frage. Das war aber eben nicht die primäre Überlegung auf deutscher Seite!

Schlussendlich ist das Bild welches sich mir bietet dieses:

Die Deutschen planten einen Angriffskrieg auf die Sowjetunion. Und zwar schon lange bevor die Sowjets ihrerseits irgendwelche Pläne für einen Krieg gegen das Deutsche Reich begannen.

Die Sowjets planten eventuell (wahrscheinlich?) einen Präventivkrieg gegen das Deutsche Reich in der Gewissheit, dass die Deutschen über kurz oder lang einen Angriffskrieg gegen sie führen werden.
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#49
(08.03.2023, 17:40)Quintus Fabius schrieb: Rudi:


Und selbst wenn ich unmittelbar vor einem Angriffskrieg stehe stelle ich Flugzeuge mit einer so hohen Reichweite wie du sie hier anführst eben nicht in einen 40 km Streifen unmittelbar an der Grenze ! Auch für einen Angriffskrieg sollte man die Flugzeuge nicht so weit nach vorne stellen und selbst im Kalten Krieg hätten die Sowjets dies im Falle eines Angriffskrieges in Ostdeutschland nicht getan. Auch die Wehrmacht positionierte ihre Luftwaffe nicht (!) so, weder beim Angriff auf die Sowjetunion noch beim Angriff auf Frankreich.

Haben sie aber, da sind wir uns einig. Es gibt dafür nur einen logischen Grund. Man möchte als erster zuschlagen. Und das sah der Operationsplan ja auch vor. Man greift als erster in den Bereitstellungsraum an und baut dann den Erfolg aus.

Um die Flugplätze in Grenznähe aufzuklären, brauchten wir keine Höhenaufklärung.



(08.03.2023, 17:40)Quintus Fabius schrieb: Das ist eine Frage, die man nochmal völlig getrennt davon betrachten sollte. Durch die große Säuberung, der Tod immens vieler fähiger Offiziere, und durch militärische Inkompetenz verantwortlicher Stellen in der Sowjetunion waren wirklich viele Verbände der Roten Armee mehr potemkinsche Großkampfverbände als wirklich ernsthaft einsetzbare Truppen. Ob sie defensiv oder offensiv eingestellt waren lasse ich mal bewusst offen, denn das ist für die Frage der Einsatzbereitschaft völlig irrelevant. Man kann einer Potemkinschen Einheit genau so die Offensive wie die Defensive befehlen, sie ist zu beidem nicht fähig.

Dass die Sowjets von dem Angriff weitgehend überrascht wurden beweist sich meiner Meinung nach schon dadurch, dass sie bis zum Schluss weiter ihre offensive Aufstellung einnahmen und ihre Truppen in Grenznähe konzentrierten. Hätten sie von dem bevorstehenden Angriff gewusst, so hätte jede Logik geboten dies sofort zu stoppen und Verteidigungsvorbereitungen zu treffen. Du selbst hast ja hier schon mehrfach geschrieben, dass sogar bereits vorgenommene Verteidigungsmaßnahmen wie die Vorbereitung der Zerstörung von Infrastruktur zurück genommen wurden. Wie kannst du also zugleich annehmen, die Sowjets wären nicht überrascht gewesen? Ebenso zeigen die immensen deutschen Erfolge gleich zu Beginn des Krieges, dass die Überraschung geglückt war.

Ich würde es daher so formulieren: die Rote Armee war in noch festzulegenden Anteilen kampfunfähig, mehrheitlich unvorbereitet, sie wurde von dem Angriff überrascht. Alle diese Aspekte sind völlig unabhängig von der Frage einer offensiven oder defensiven Aufstellung oder Zielsetzung.

Wenn sie teilweise kampfunfähig, unvorbereitet und überrascht gewesen wäre, hätte es nicht den unerwartet harten Widerstand gegeben, der wiederum die Deutschen überrascht hat und bereits nach wenigen Stunden einsetzte.

"Am Nachmittag (des 22.6.) wurde der sowjetische Widerstand westlich von Wladimir-Wolynski an der Panzerstraße Nord jedoch härter und die Infanteriedivisionen des III. motorisierten Armeekorps kamen nicht mehr voran. Außerdem traten sowjetische Schützen- und Panzereinheiten zum Gegenangriff an und brachten die deutsche 298. Infanterie-Division in Bedrängnis. Die Panzerkräfte des III. motorisierten Armeekorps mussten daher von ihrem operativen Vorstoß nach Osten absehen und zunächst in die Abwehrkämpfe bei Wladimir-Wolynski eingreifen."

Einige Stunden nach Angriffsbeginn hatten die sowjetischen Verteidiger den Schock des deutschen Überfalls allerdings überwunden. Das Kriegstagebuch der 262. Infanterie-Division, die entlang der Panzerstraße Süd auf Rawa-Russkaja vordrang, vermerkte: „Der Feind hat sich an allen bisher von der Division erreichten Punkten gesetzt und leistet erbitterten Widerstand.“

"Am Nachmittag (des 22.6.) traten sowjetische Verbände nordwestlich von Rawa-Russkaja mit Panzerunterstützung zum Gegenstoß an und durchbrachen die Linien der 262. Infanterie-Division. Die deutschen Soldaten gerieten in Panik und wichen nach Norden zurück. Dadurch entstand eine breite Lücke zwischen der 262. und der benachbarten 24. Infanterie-Division, in die umgehend eine bislang in Reserve gehaltene Division eingeschoben werden musste.35 Zwar nutzte die Rote Armee diesen taktischen Erfolg nicht weiter aus, aber dem IV. Armeekorps gelang es an diesem Tag weder, Rawa-Russkaja einzunehmen, noch die Panzerstraße Süd zu öffnen."

"Bereits am Morgen des 23. Juni war klar, dass der erhoffte operative Ansatz der Heeresgruppe Süd gescheitert war. Es war nicht gelungen, die sowjetischen Grenzstellungen rasch zu durchbrechen und die Panzer zur Verfolgung des weichenden Gegners einzusetzen, bevor die Rote Armee ihre Kräfte in Grenznähe zu Gegenstößen konzentrieren konnte. Das Kriegstagebuch der 6. Armee hielt über ein Telefongespräch zwischen dem Armee-Oberbefehlshaber Generalfeldmarschall Walter von Reichenau und dem Chef des Generalstabs der Heeresgruppe Süd fest: „Der Feind stellt sich und wehrt sich überall mit Angriffen. Es muss daher jetzt zuerst die Grenzschlacht durchgefochten werden in der auch, wenn nötig, Panzerverbände eingesetzt werden müssen.“

"Am selben Tag trafen zum ersten Mal größere deutsche und sowjetische Panzertruppenteile aufeinander. Bei Radechow, einem Verkehrsknotenpunkt etwa 30 Kilometer östlich der deutsch-sowjetischen Grenze, traten Teile der sowjetischen 10. Panzer-Division zum Gegenangriff an und stießen auf die Angriffsspitze der deutschen 11. Panzer-Division (XXXXVIII. motorisiertes Armeekorps)."

Es kam dann zu der großen Panzerschlacht bei Dubno.

"Als die mechanisierten Korps der Roten Armee am 2. Juli ihre letzten Gegenangriffe bei Dubno abbrachen und sich befehlsgemäß nach Osten zurückzogen, hatte die Panzergruppe Kleist noch immer keine operative Bewegungsfreiheit erlangt."

"Die sowjetischen Gegenangriffe bei Dubno konnten den deutschen Vormarsch auch deshalb so lange verzögern, weil die Panzergruppe Kleist und die 6. Armee mit einer offenen Südflanke vorstoßen mussten. Das IV. Armeekorps der 17. Armee, der rechte Nachbar von Reichenaus Verbänden, lag noch tagelang vor Rawa-Russkaja fest. Bei den anderen Korps sah es zunächst günstiger aus. Das Kriegstagebuch der 17. Armee vermerkte am 24. Juni: „Angriff der Armee schreitet auf ganzer Front mit Ausnahme des äußersten linken Flügels trotz außerordentlich zäher Verteidigung und starker Gegenangriffe fort. Auch beim Gegner wird heldenmütig und mit Hingabe gekämpft.“

"Am 26. Juni führten die sowjetischen Kräfte westlich von Lemberg weitere Gegenangriffe durch und machten keine Anstalten, sich zurückzuziehen."

"Erst fünf Wochen später gelang es der Heeresgruppe Süd, bei Uman namhafte sowjetische Kräfte abzuschneiden. Bis die dortige Kesselschlacht endgültig beendet war, vergingen jedoch weitere zehn Tage."
Roman Töppel, „Auch beim Gegner wird heldenmütig und mit Hingabe gekämpft.“ Die Grenzschlacht im Südabschnitt der Ostfront, 22. Juni bis 2. Juli 1941, in: Portal Militärgeschichte, 21. Juni 2021

Also ganz so richtig paßt das nicht zu der Einschätzung: "...die Rote Armee war in noch festzulegenden Anteilen kampfunfähig, mehrheitlich unvorbereitet, sie wurde von dem Angriff überrascht.
...mehr potemkinsche Großkampfverbände als wirklich ernsthaft einsetzbare Truppen"

(08.03.2023, 17:40)Quintus Fabius schrieb: Schlussendlich ist das Bild welches sich mir bietet dieses:

Die Deutschen planten einen Angriffskrieg auf die Sowjetunion. Und zwar schon lange bevor die Sowjets ihrerseits irgendwelche Pläne für einen Krieg gegen das Deutsche Reich begannen.

Die Sowjets planten eventuell (wahrscheinlich?) einen Präventivkrieg gegen das Deutsche Reich in der Gewissheit, dass die Deutschen über kurz oder lang einen Angriffskrieg gegen sie führen werden.

"Bei aller Fragwürdigkeit der sowjetischen Politik im Vorfeld des deutschen Überfalls hat man in Moskau die Zeit sehr wohl genutzt, um sich auf eine militärische Auseinandersetzung mit Deutschland vorzubereiten. Dabei waren die sowjetischen Rüstungsausgaben im Übrigen schon in den dreißiger Jahren ebenso hoch wie die Deutschlands gewesen.18 Nun aber, seit dem Abschluss des Nichtangriffspaktes, lief die sowjetische Kriegsvorbereitung auf Hochtouren. So wurde der Arbeiterschaft im Interesse besserer Nutzung ihrer Arbeitskraft durch Gesetz vom 26. Juni 1940 das Recht auf Kündigung und auf freie Arbeitsplatzwahl genommen. Zudem wurden Disziplinverstöße unter harte Strafen gestellt, während zugleich die Arbeitszeit erheblich verlängert wurde. Am 19. Oktober 1940 wurden die Arbeitskräfte endgültig mobilisiert: sie durften nun auch gegen ihren Willen an andere Arbeitsplätze versetzt werden.19

Zugleich nahm die Personalstärke der Roten Armee in rasantem Tempo zu. Sie vervierfachte sich zwischen Januar 1937 und Januar 1941 von 1,1 Millionen auf 4,2 Millionen und erreichte im Juni 1941 fast 5,4 Millionen.20 Das gleiche gilt für die Rüstungsproduktion: Sie stieg allein 1940 gegenüber 1939 um ein Drittel.21 Dank dieser Anstrengungen verfügte die Rote Armee bei Kriegsbeginn über ein riesiges Waffenarsenal, darunter z. B. mehr Panzer als alle anderen Armeen der Welt zusammen.22 Diese Steigerung beruhte zum Teil auf dem Bau neuer, zu einem großen Teil aber auch auf der »Umprofilierung« bestehender Fabriken, die nun, wie die Traktorenwerke von Stalingrad und Čeljabinsk, statt Traktoren Panzer produzierten. Selbstverständlich waren unter diesen Panzern viele veraltet, aber inzwischen wurden fast nur noch die neuesten Typen produziert, die sich den deutschen bei Kriegsbeginn als überlegen erwiesen.

Die Artillerie- und Flugzeugproduktion wurde in ähnlicher Weise forciert. Insbesondere die vernachlässigte Herstellung von Kampf- und Bombenflugzeugen wurde seit Beginn des Krieges in Europa um nahezu jeden Preis erhöht: Nachdem 1939 die Errichtung von neun Flugzeug- und sieben Motorenwerken begonnen worden war, wurden 1940 noch einmal sieben Metall verarbeitende Betriebe auf die Herstellung von Flugzeugen »umprofiliert«. Das ergab eine Ausweitung der Produktionskapazität um 70 Prozent. Welche Bedeutung der Produktion dieser modernen Waffen beigemessen wurde, ergibt sich aus einer Direktive vom

16. November 1940, wonach die Fabriken ihre Produktionsziffern täglich an das ZK, d. h. an Stalin zu melden hatten. Zulieferer und Eisenbahn hatten sich ebenfalls dieser Prioritätensetzung zu unterwerfen. Der für seinen Verfolgungseifer aus den Jahren des Terrors 1937/38 berüchtigte Lev Mechlis hatte auf dem neu geschaffenen Posten eines Volkskommissars für Staatskontrolle die Einhaltung dieser Direktiven zu überwachen. Aufgrund dieser Maßnahmen explodierte die Produktion geradezu. Vom 1. Januar 1939 bis zum 22. Juni 1941 wurden fast 18 000 Flugzeuge an die Rote Armee ausgeliefert, davon 3 700 der neuesten Modelle, die ebenfalls den deutschen nicht nachstanden."

"Es kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass die sowjetische Wirtschaft am Vorabend des 22. Juni 1941 eine »mobilisierte Wirtschaft«, eine »Kriegswirtschaft in Friedenszeiten« war, wie Jacques Sapir es genannt hat.26 Und selbst wenn nicht alle Ausrüstung dem neuesten Stand entsprach und die »Säuberungen« der Jahre 1937/38 das Offizierskorps der Roten Armee dezimiert und »enthauptet« hatten, so stellte diese bei Kriegsbeginn dennoch eine Streitmacht dar, die die Deutschen an sich nicht zu fürchten hatte."

"Auf »welchen Krieg« sich die Sowjetunion derart vorbereitete, ist seit dem Ende der Sowjetunion in Russland umstritten. Viktor Suvorov hat mit seiner These, dass Stalin einen Angriffskrieg gegen Deutschland geplant habe und Hitler ihm mit einem Präventivkrieg um wenige Wochen zuvorgekommen sei, heftige Kontroversen ausgelöst. Er hat keineswegs nur Widerspruch und Anfeindungen, sondern, anders als unter professionellen deutschen Historikern, auch viel Zustimmung gefunden. Die Zustimmung gilt allerdings lediglich den Stalin unterstellten Angriffsplänen, ..."

https://www.kommunismusgeschichte.de/art...sche-krieg
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#50
Ich möchte mal etwas vollkommen unfundiertes, nur auf Eurer Diskussion basierendes in den Raum stellen:

Folgendes scheint gegeben zu sein:

- Ein Krieg Hitler/Stalin war zu erwarten, das war beiden Seiten bewusst.
- Die sowjetische Verteidigungsdoktrin war die des Gegenangriffs.
- Ihre Truppen befanden sich im Aufbau bzw. ordneten sich gerade neu.
- Die Truppendislozierung der Sowjets war (zu) sehr offensiv ausgerichtet.
- Außer dieser Dislozierung gibt es kaum Belege für eine unmittelbare Angriffsabsicht Stalins.

Für mich legt das den Schluss nahe, dass man sich auf sowjetischer Seite noch mit dem Aufbau der eigenen Streitkräfte beschäftigte, dabei aber bereits Vorbereitungen traf, um einen Präventivschlag vornehmen zu können, WENN sich ein Angriff der Deutschen abzeichnen sollte. Man war also bereits darauf eingestellt, anzugreifen, hatte das aber zu diesem Zeitpunkt vermutlich noch nicht konkret beschlossen, weil man erst später damit rechnete.
Die übermäßig weit vorgezogenen Flugfelder können ja eigentlich nur bedeuten, dass man auf sowjetischer Seite glaubte, man könne so massiv zuschlagen, dass diese nicht ernsthaft gefährdet wären und man so schnell voran kommen würde, dass diese vorgeschobene Position notwendig wäre. Zu einem solchen Angriff fehlte aber offensichtlich noch die Kraft.

Aber im Fazit bleibt für mich stehen, dass die Frage "Präventivkrieg oder nicht?" davon abhängt, wie eng man "präventiv" auslegt. Man befand sich in einer Situation der gegenseitigen Angriffsabsicht, wodurch theoretisch jeder Angriff sowohl als Präventivkrieg, als auch als Angriffskrieg gewertet werden könnte. Denn der Angriff des Gegners stand ja nahezu sicher bevor. Nur der Zeitpunkt dafür war nicht bekannt.
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#51
Nach dem Winterkrieg wurden die Luftstreitkräfte in mehreren Schritten neu organisiert, dazu gehörte auch ein Neubauplan für die Infrastruktur, der mit der ersten Phase im Herbst 1940 startete und dem bis Frühling weitere drei Phasen folgten. Insgesamt sollten so im ganzen Land bis Ende 1941 etwa 800 zusätzliche Plätze entstehen und bestehende Plätze verbessert werden. Schon die erste Stufe konnte nicht eingehalten werden, sowjetische Quellen sprechen von 254 bis 261 nachgewiesenen Neubauten bis Juni 1941, davon Zweidrittel (etwa 180) in den vier westlichen Militärbezirken (also Baltischer, Westlicher, Kiewer und Odessaer). Diese Fokussierung ergab sich aus der Ausgangslage. So gab es in den vier genannten Militärbezirken vor dem Neubauplan ganze 148 dauerhaft verwendbare Flugplätze, benötigt wurden für die Umsetzung der Neustrukturierung fast 200 infrastrukturell ausgebaute Plätze allein für die tatsächlich aufgestellten Regimenter (und über 300 für die eigentlich geplante Zahl an Regimentern). Hintergrund dieser Zahlen sind die Forderungen nach insgesamt stets drei zugewiesenen Flugplätzen pro Regiment (ein gut ausgebauter Heimat- sowie je einen für den Dauerbetrieb tauglichen Einsatz- und und einen behelfsmäßigen Ausweichflugplatz), zusätzlich zu den Behelfsflugplätzen, von denen im Wechsel einzelne Regimentsteile zeitlich begrenzt operieren sollten. Es gab bis zum deutschen Angriff keine Priorisierung beim Bau von Flugplätzen in Grenznähe.

Neben der Gesamtbetrachtung der Infrastrukturentwicklung ist auch die Dislozierung der Einheiten interessant. So waren in den genannten vier Bezirken im Juni 1941 nominell 39 Bomberregimenter, 44 Jagdregimenter und 6 gemischte Regimenter stationiert, tatsächlich befanden sich davon aber 14/17/3 in der Umrüstung auf modernere Maschinen und waren nicht einsatzbereit.
Um diese Zahlen einzuordnen, im Sommer 1940 besaßen die Luftstreitkräfte insgesamt 163 Regimenter, zusätzlich wurde Anfang 1941 beschlossen weitere 106 Regimenter aufzustellen. Bereits zu dem Zeitpunkt war absehbar, dass die Neuaufstellung und Umrüstung auf moderne Muster sich deutlich bis in der Jahr 1942 hinziehen wird.
Es war also rein nominell gerade einmal knapp die Hälfte der tatsächlich verfügbaren Regimenter und weniger als ein Drittel der insgesamt geplanten Regimenter in den vier westlichen Bezirken stationiert. Zudem waren kaum moderne Muster dort tatsächlich einsatzbereit, der Großteil der Maschinen bestand aus dem Jagdflugzeug I-16 und dem leichten Bomber SB-2, beides veraltete Muster, über die Stalin in der hier ja auch schon erwähnten Rede am 5. Mai sinngemäß sagte, dass diese gegen Deutschland nicht gefechtsfähig waren.

Stalin war der Zustand der eigenen Luftstreitkräfte durchaus bewusst, er selbst hat auf die Entwicklung und den Bau moderner, konkurrenzfähiger Maschinen bestanden. Im Laufe des Jahres 1941 liefen diese tatsächlich zu, die Angriffsflugzeuge Il-2 und Pe-2 waren ein deutlicher Schritt nach vorne, ebenso die Jak-1, die anders als etwa die für Fronteinsätze angedachte LaGG-3 und die vor allem für die Luftverteidigung der Städte abgestellte MiG-3 ein würdiger Gegner für die deutschen Jagdflieger sein konnte. Zum Zeitpunkt des Angriffs und auch im weiteren Verlauf des Jahres 1941 waren die Stückzahlen aber viel zu gering, um tatsächlich einen Unterschied zu machen. Auch dies war Stalin bekannt, der ja tatsächlich auch versucht hat auf diplomatischem Wege einen Krieg möglichst lange hinaus zu zögern.

Ja, Fakten lügen nicht, aber man darf sie auch nicht nur selektiv betrachten. Die Sowjetunion rüstete für den Krieg, und es dürfte unbestritten sein, dass man diesen im Zweifel auch begonnen hätte - je nach Entwicklung im Westen etwas früher oder später. Aber es spricht doch sehr viel dafür, dass wir hier eher von 1942 oder 1943 sprechen, und nicht von Juli 1941.

Falls Interesse besteht, trotz des Alters empfehle ich noch immer "Red Phoenix" von Hardesty, auch wenn man die Zahlen mit aktuellen Quellen gegenprüfen sollte. Hier empfehlt sich etwa "Lend-Lease and Soviet Aviation" von Kotelnikow oder auch "Air Battle over the Baltic" von Timin. Aus den genannten Werken sowie den Aufsätzen von deZeng stammen die von mir genannten Zahlen. Wie gesagt habe ich zu wenig Zeit um das jetzt ausführlich zu diskutieren, aber ich wollte aufgrund der letzten Beiträge mal eine andere Perspektive in die Diskussion einbringen.
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#52
Rudi:

Zu den von dir genannten Produktionszahlen noch ein Punkt: die Deutschen unterschätzten die Mengen an Systemen auf sojwetischer Seite heillos und gingen durchgehend von einem wesentlich schwächeren Gegner aus.

Und umgekehrt überschätzten die Sowjets aufgrund der Massen an Einheiten und Systemen die eigene Stärke und unterschätzten ebenfalls heillos die Deutschen als Gegner.

Bezüglich der Flugzeuge nochmal weil du anscheinend auf mein Hauptargument in keinster Weise eingehst:

Und lassen wir mal die Frage was für einen Krieg die Sowjetunion tatsächlich plante komplett beiseite und gehen wir mal - rein theoretisch (!) - davon aus, dass tatsächlich ein Angriffskrieg geplant. Mal rein theoretisch ! sei es so, wie du es postulierst.

Auch dann (das ist mein Hauptargument) macht eine solche Frontnahe Aufstellung keinerlei Sinn. Auch für einen Angriffskrieg ist sie schlicht und einfach falsch und nur nachteilig. Man kann diese Aufstellung daher als schwerwiegenden strategischen Fehler identifizieren, sich fragen was für Gründe dieser Fehler hatte, aber man kann aus diesem strategischen Fehler weder eine Angriffs- noch eine Verteidigungsintention ableiten.

Es war schlicht und einfach nur falsch und sinnlos, völlig gleich was die strategische Intention bezüglich der Kriegsführung war.

Zitat:Um die Flugplätze in Grenznähe aufzuklären, brauchten wir keine Höhenaufklärung.

Doch, benötigt man. Denn in der Sowjetunion schaffte man es als Agent / Aufklärer nicht mal über die Grenze, und selbst wenn, kehrte man nicht zurück oder kam allenfalls ein paar Kilometer weit. Das Problem hatten übrigens nicht nur die Deutschen, auch die Japaner machten im Osten die genau gleichen Erfahrungen. Die Sowjetunion war komplett dicht.

Natürlich hätte man mit einer erheblich ausgeweiteten Aufklärung dann trotzdem die Lage der Flugplätze heraus finden können - ABER: das geht wieder an meinem eigentlichen Argument vorbei, denn damit wäre die Überraschung dahin gewesen und mein primäres Argument bezüglich der Höhenaufklärung war und bleibt, dass dieses wesentlich für die Überraschung und für die großen Erfolge der ersten Angriffe war.

Zitat:Wenn sie teilweise kampfunfähig, unvorbereitet und überrascht gewesen wäre, hätte es nicht den unerwartet harten Widerstand gegeben, der wiederum die Deutschen überrascht hat und bereits nach wenigen Stunden einsetzte.

Ich schrieb dass ein Anteil (!) kampfunfänig war, nicht dass alle kampfunfähig waren. Und wären sie vorbereitet gewesen und nicht überrascht, wären die Deutschen gar nicht so voran gekommen wie sie es dann taten. Im Verhältnis zum möglichen Potential des Widerstandes war der Widerstand nämlich gering. Unerwartet hart ja, aber im Verhältnis zu dem was hätte sein können gering.

Tatsächlich waren die Deutschen an vielen Stellen wiederum selbst überrascht was die Sowjets alles hatten und wie stark die sowjetischen Truppen waren, die man sich als eine Art hilflose Opfer vorgestellt hatte.

Zitat:Also ganz so richtig paßt das nicht zu der Einschätzung: "...die Rote Armee war in noch festzulegenden Anteilen kampfunfähig, mehrheitlich unvorbereitet, sie wurde von dem Angriff überrascht.

Doch, die von dir genannten Berichte passen absolut dazu. Denn wenn die Rote Armee hier eben nicht mehrheitlich unvorbereitet gewesen wäre und nicht überrascht worden wäre, dann wäre der Widerstand angesichts dessen was real da war noch wesentlich stärker gewesen und hätten die Deutschen keine derartigen Erfolge erzielen können. Der Grund warum überhaupt am Anfang derartige Erfolge möglich waren, liegt schlicht und einfach an der strategischen Überraschung, dass man de facto in die gerade eben ablaufende sowjetische Vorwärts-Aufstellung hinein stieß, dass zum Zeitpunkt des Angriffs viele neue Waffensysteme gerade erst zuliefen und viele Verbände in der Umrüstung waren und schlussendlich auch daran, dass die Sowjets aufgrund der Überraschung und mangelnden Vorbereitung ihre Abwehr nicht koordinieren konnten.


Ich möchte dich übrigens noch einmal bitten, Zitate von anderen Seiten mit der quote Funktion abzugrenzen, damit man besser sieht wo dein eigener Text anfängt und aufhört und was von anderen Seiten hierher kopiert wurde.
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#53
(08.03.2023, 22:02)Quintus Fabius schrieb: Rudi:

Zu den von dir genannten Produktionszahlen noch ein Punkt: die Deutschen unterschätzten die Mengen an Systemen auf sojwetischer Seite heillos und gingen durchgehend von einem wesentlich schwächeren Gegner aus.

Und umgekehrt überschätzten die Sowjets aufgrund der Massen an Einheiten und Systemen die eigene Stärke und unterschätzten ebenfalls heillos die Deutschen als Gegner.

(01.03.2023, 23:59)Rudi schrieb: Die Rote Armee unterschätzte den Gegner nicht, wie Du schreibst, sondern sie überschätzte ihn. Im Operationsplan vom 11.3.41 ging sie von 200 Verbänden aus (real am 21.6. 120), 10.000 Panzern (tatsächlich 3.332), 10.000 Flugzeugen (real 2.253).

Ich bleibe dabei, da unterliegst Du einem Irrtum. Hast Du denn eine Quelle für Deine Annahme ? Wie gesagt, im OP v. 11.3.41 werden die deutschen Verbände deutlich überschätzt.


(08.03.2023, 22:02)Quintus Fabius schrieb: Bezüglich der Flugzeuge nochmal weil du anscheinend auf mein Hauptargument in keinster Weise eingehst:

Und lassen wir mal die Frage was für einen Krieg die Sowjetunion tatsächlich plante komplett beiseite und gehen wir mal - rein theoretisch (!) - davon aus, dass tatsächlich ein Angriffskrieg geplant. Mal rein theoretisch ! sei es so, wie du es postulierst.

Auch dann (das ist mein Hauptargument) macht eine solche Frontnahe Aufstellung keinerlei Sinn. Auch für einen Angriffskrieg ist sie schlicht und einfach falsch und nur nachteilig. Man kann diese Aufstellung daher als schwerwiegenden strategischen Fehler identifizieren, sich fragen was für Gründe dieser Fehler hatte, aber man kann aus diesem strategischen Fehler weder eine Angriffs- noch eine Verteidigungsintention ableiten.

Es war schlicht und einfach nur falsch und sinnlos, völlig gleich was die strategische Intention bezüglich der Kriegsführung war.

Es ist rund 80 Jahre zu spät, über den Sinn zu diskutieren. Sie haben das doch gemacht, da sind wir uns doch einig, oder ? Ich halte das auch nicht für besonders schlau. Aber für mich gibt es nur einen Grund dafür. Und um genau diesen Grund geht es. Man wollte als erster losschlagen und ist sich ziemlich sicher, nicht überrascht zu werden. Defensive Gründe kommen dafür nicht in Frage.

(08.03.2023, 22:02)Quintus Fabius schrieb: Doch, benötigt man. Denn in der Sowjetunion schaffte man es als Agent / Aufklärer nicht mal über die Grenze, und selbst wenn, kehrte man nicht zurück oder kam allenfalls ein paar Kilometer weit. Das Problem hatten übrigens nicht nur die Deutschen, auch die Japaner machten im Osten die genau gleichen Erfahrungen. Die Sowjetunion war komplett dicht.

Natürlich hätte man mit einer erheblich ausgeweiteten Aufklärung dann trotzdem die Lage der Flugplätze heraus finden können - ABER: das geht wieder an meinem eigentlichen Argument vorbei, denn damit wäre die Überraschung dahin gewesen und mein primäres Argument bezüglich der Höhenaufklärung war und bleibt, dass dieses wesentlich für die Überraschung und für die großen Erfolge der ersten Angriffe war.


Ich schrieb dass ein Anteil (!) kampfunfänig war, nicht dass alle kampfunfähig waren. Und wären sie vorbereitet gewesen und nicht überrascht, wären die Deutschen gar nicht so voran gekommen wie sie es dann taten. Im Verhältnis zum möglichen Potential des Widerstandes war der Widerstand nämlich gering. Unerwartet hart ja, aber im Verhältnis zu dem was hätte sein können gering.

Tatsächlich waren die Deutschen an vielen Stellen wiederum selbst überrascht was die Sowjets alles hatten und wie stark die sowjetischen Truppen waren, die man sich als eine Art hilflose Opfer vorgestellt hatte.


Doch, die von dir genannten Berichte passen absolut dazu. Denn wenn die Rote Armee hier eben nicht mehrheitlich unvorbereitet gewesen wäre und nicht überrascht worden wäre, dann wäre der Widerstand angesichts dessen was real da war noch wesentlich stärker gewesen und hätten die Deutschen keine derartigen Erfolge erzielen können. Der Grund warum überhaupt am Anfang derartige Erfolge möglich waren, liegt schlicht und einfach an der strategischen Überraschung, dass man de facto in die gerade eben ablaufende sowjetische Vorwärts-Aufstellung hinein stieß, dass zum Zeitpunkt des Angriffs viele neue Waffensysteme gerade erst zuliefen und viele Verbände in der Umrüstung waren und schlussendlich auch daran, dass die Sowjets aufgrund der Überraschung und mangelnden Vorbereitung ihre Abwehr nicht koordinieren konnten.

Gut, darüber kann man lange diskutieren, einen Beweis wird man daraus nicht ableuten können. Mir geht es vielmehr um die die auch in diesem Stang gefallenen Einschätzungen, die Rote Armee war nicht kampffähig, nicht kampfbereit und völlig nichtsahnend und überrascht. Dazu paßt eben nicht der bereits nach wenigen Stunden der Überraschung schnell und hart aufgenommene Widerstand. Wenn man an den Frankreichfeldzug denkt, der nun von den Franzosen erwartet wurde, da sie uns den Krieg erklärten und wie schnell da der Widerstand gebrochen wurde, halte ich das schon für bemerkenswert.

Und hätten die Russen nicht in einer offensiven Stellung gestanden und wären von uns auf dem falschen Fuß direkt in ihren Bereitstellungsräumen überrascht worden, wäre der Widerstand erheblich heftiger gewesen. Zumal sie ja bereits am ersten Tag den größten Teil ihrer Luftwaffe (in den westlichen Militärbezirken) verloren haben. Nun stell Dir mal vor, die hätten 100-200km hinter der Grenze gestanden und wären nicht vernichtet worden, sondern hätten intensiv in die Kämpfe eingreifen können.

Mir geht es gar nicht um die rechtliche Einordnung. Ich finde es nicht schlimm, daß wir als erstes den Degen aus der Scheide gezogen haben. Zumal das ja auch von vielen Sowjetbürgern begrüßt wurde. Ich finde es allenfalls falsch, zumindest aus der Nachschau, obwohl ich die Gründe auch durchaus nachvollziehen kann. Ich verstehe nicht wirklich, warum so eine Angst herrscht, den Angriff einen Präventivangriff zu nennen ? Müßte man dann die nat.-soz. Herrschaft anders bewerten, wenn wir uns nicht des Verbrechens eines Angriffkrieges schuldig gemacht hätten ? Für meine Bewertung spielt das keine Rolle.

M.M.n. rechnete Stalin mit einem Angriff erst 1942. Das ist ja auch die herrschende Meinung. Deswegen hat er auch alle zahlreichen Hinweise auf den Angriff mißachtet. Eine Rolle spielten sicherlich auch die Briefe, die er und Hitler regelmäßig austauschten. Und die Überzeugung, Hitler wird sich nicht in einen Zweifrontenkrieg begeben.

Und ich glaube, daß Stalin im Juli selbst angreifen wollte und wir ihm tatsächlich nur kurz zuvor gekommen sind und dadurch das Glück hatten, die Rote Armee auf dem falschen Fuß zu erwischen. Und ich behaupte nicht, daß wir nur angegriffen haben, weil wir den sowj. Aufmarsch erkannten. So wie die Sowjetunion regelmäßig ihre Nachbarn überfallen hat, hatten sie kein Anrecht darauf, selbst von einem Angriff verschont zu werden. Und ich bin der festen Meinung, daß sie damit auch rechneten, lediglich der Zeitpunkt war ungewiß. Und sie haben sich entschlossen, dem zuvorzukommen, was allerdings nicht gelang.


(08.03.2023, 22:02)Quintus Fabius schrieb: Ich möchte dich übrigens noch einmal bitten, Zitate von anderen Seiten mit der quote Funktion abzugrenzen, damit man besser sieht wo dein eigener Text anfängt und aufhört und was von anderen Seiten hierher kopiert wurde.

Ich setze das doch in Anführungszeichen und nenne die Quellen. Übrigens bich einer der wenigen, der seine Argumente auch belegt. Wie soll ich das kennzeichnen ?
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#54
(09.03.2023, 22:51)Rudi schrieb: Ich verstehe nicht wirklich, warum so eine Angst herrscht, den Angriff einen Präventivangriff zu nennen ? Müßte man dann die nat.-soz. Herrschaft anders bewerten, wenn wir uns nicht des Verbrechens eines Angriffkrieges schuldig gemacht hätten ?

Natürlich ist es sinnvoll, vorsichtig mit Interpretationen umzugehen wenn diese zu revanchistischen und revisionistischen Zwecken verwendet werden, aber deswegen zu unterstellen, dass diese hier aus Angst wider besseren Wissens umgeschrieben werden ist wirklich harter Tobak, ein polemisches Scheinargument ohne sachliche Relevanz.

Es liegt nicht an der Angst, sondern daran, dass die tatsächlichen Kriegsgründe von deutscher Seite sehr gut dokumentiert sind und diese rein gar nichts mit irgendwelchen (vermeintlichen) sowjetischen Angriffsabsichten zu tun hatten (egal, wie man diese nun bewertet), insofern also schlicht kein Präventivangriff vorlag.
Wobei ich inzwischen nicht mehr nachvollziehen kann, um was es in der Diskussion überhaupt geht? Denn mal versuchst du hier russische Angriffsabsichten für bereits Mitte 1941 darzulegen, während du gleichzeitig klar stellst, dass diese nicht ursächlich für den deutschen Angriff waren. Dann geht es wieder darum, dass der deutsche Angriff ein Präventivkrieg war, was nur Sinn ergibt wenn dieser eben doch eine Reaktion auf die vermeintlichen Angriffsabsichten der Sowjetunion darstellte.

Und nochmal zur Dislozierung der Maschinen:
Zitat:Zumal sie ja bereits am ersten Tag den größten Teil ihrer Luftwaffe (in den westlichen Militärbezirken) verloren haben. Nun stell Dir mal vor, die hätten 100-200km hinter der Grenze gestanden und wären nicht vernichtet worden, sondern hätten intensiv in die Kämpfe eingreifen können.

Ein großer Teil der sowjetischen Luftwaffe hat weiter entfernt als die von dir angegebenen bis zu 40 km von der Grenze gestanden:
Flugfeld Adamy, 60 km zur Grenze, etwa 80 Jagdflugzeuge durch die Luftwaffe angegriffen
Flugfeld Alma-Tamak, 300 km zur Grenze, über 100 Jagdflugzeuge durch die Luftwaffe aufgeklärt
Flugfeld Baranowitz, 210 km zur Grenze, 63 ein- und zweimotorige Flugzeuge durch die Luftwaffe aufgeklärt und angegriffen
Flugfelder Berditschew, 230 bis 250 km zur Grenze, 71 Flugzeuge durch die Luftwaffe aufgeklärt
Flugfeld Beresa-Kartuska, 105 km zur Grenze, 40 Jagdflugzeuge durch die Luftwaffe aufgeklärt
Flugfelder Bialystok, 65 bis 75 km zur Grenze, 31 Flugzeuge durch die Luftwaffe vermeintlich zerstört/beschädigt
Flugfeld Bohozany, 85 km zur Grenze, 50 bis 60 Flugzeuge durch die Luftwaffe angegriffen
Flugfelder Bobruisk, 400 km zur Grenze, über 50 Maschinen durch die Luftwaffe angegriffen
Flugfelder Borispol, 390 km zur Grenze, über 100 Maschinen durch die Luftwaffe angegriffen
Flugfelder Brody, 80 km zur Grenze, 30 bis 40 Maschinen durch die Luftwaffe vermeintlich zerstört
Flugfelder Buschow, 135 km zur Grenze, über 80 Jagdflugzeuge angegriffen

Ich bin einfach mal die Listen durchgegangen (wie man sieht, ich bitte auch die uneinheitlichen Namen zu entschuldigen, deutsche, englische und russische Quellen, da kann manches durcheinander kommen) und könnte noch sehr lange so weiter machen (wenn ich die Zeit hätte würde ich dir auch eine komplette Liste geben, habe ich aber leider nicht). Natürlich gab es auch die sehr grenznahe Dislozierungen, beispielsweise die Flugfelder zur Verteidigung von Brest-Litowsk, die teilweise nur 10 km von der Grenze entfernt lagen (und mit kurzatmigen Jagdflugzeugen belegt waren). Auch da könnte ich durchaus einige weitere Beispiele bringen.

Beschränkt man die Betrachtung nur auf die grenznahen Dislozierungen, kann sehr schnell ein falsches Bild erzeugt werden. Tatsächlich aber lagen mehr Kräfte in einem Streifen von 80 bis 300 km zur Grenze als in dem Streifen von 1 bis 40 km. Die Quellen zu den Angaben findest du im vorherigen Beitrag, dort gibt es dann auch die weiterführenden Einzelquellen aufgeschlüsselt.

Ergänzend:
Die technische Diskussion zu den Flugzeugtypen ist hier zwar schon angerissen, allerdings in meinen Augen unter falschen Vorzeichen geführt worden. Denn man muss die Flugleistungen der Maschinen immer im Kontext des jeweiligen Auftrags und der Dislozierung betrachten. Unter ökonomischen Flugbedingungen erzielte Maximalreichweiten sind dafür etwa ohne belang, vielmehr muss bei Kampfflugzeugen und insbesondere bei Jagdflugzeugen die Patrouillen- und Kampfausdauer bei einer bestimmten Entfernung zur Einsatzbasis berücksichtigt werden, sowie die Zeit bis zum Erreichen der Einsatzräume. Wenn man diese Informationen berücksichtigt wird klar, warum insbesondere die I-16 (als Beispiel weil es sich um den mit abstand stückzahlstärksten Jäger im Juni 1941 in den westlichen Bezirken handelte) häufig deutlich näher an der Grenze bzw. an potenziellen feindlichen Zielen stationiert werden musste, um effektiv wirken zu können. Folgerichtig lagen die geplanten Einsatzräume der Maschinen, die nicht in Grenznähe stationiert waren, woanders. Oder es handelte sich zur Rotation vorgehaltene Einheiten. Auch dies muss man bei der Bewertung, welche Angriffsabsichten vorgelegen haben könnten, berücksichtigt werden.
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#55
Rudi:

Zitat:
Zitat:Ich möchte dich übrigens noch einmal bitten, Zitate von anderen Seiten mit der quote Funktion abzugrenzen, .....

Ich setze das doch in Anführungszeichen und nenne die Quellen. Übrigens bin ich einer der wenigen, der seine Argumente auch belegt. Wie soll ich das kennzeichnen ?

Mit der quote Funktion Wink

Zitat: im OP v. 11.3.41 werden die deutschen Verbände deutlich überschätzt.

Ihre bloße Anzahl wird höher genannt als sie es tatsächlich war. In der Bewertung ihrer Kampfkraft gingen die Sowjets hingegen davon aus, dass die Deutschen in ganz vielen Bereichen schwächer sind. Was ironischerweise ja in Bezug auf viele Systeme tatsächlich der Fall war, dass reicht von unterlegenen deutschen Panzertypen bis hin zu unterlegener deutscher Panzerabwehr (Stichwort Heeresanklopfgerät). Die Sowjets gaben sich auch der Illusion hin, dass die deutschen Arbeiter sich erheben würden und vieles mehr.

Und noch mal möchte ich erneut die Chronologie betonen: der von dir genannte sowjetische Operationsplan wurde zu einem Zeitpunjkt verfasst, da stand der deutsche Angriffskrieg auf die Sowjetunion längst fest. Man kann daher den deutschen Angriffskrieg nicht als Präventivkrieg bezeichnen, da er VOR den von dir genannten Operationsplänen der Sowjets beschlossen und geplant wurde.

Dieses Argument scheinst du irgendwie immer zu ignorieren. Wenn Seite A einen Krieg plant, und DANACH plant Seite B einen Krieg, kann die Kriegsplanung von A kein Präventivkrieg sein. So einfach ist das. Warum du das derart verweigerst und die Chronologie nicht beachtest, verstehe ich nicht.

Sie haben das doch gemacht, da sind wir uns doch einig, oder ? Ich halte das auch nicht für besonders schlau. Aber für mich gibt es nur einen Grund dafür. Und um genau diesen Grund geht es. Man wollte als erster losschlagen und ist sich ziemlich sicher, nicht überrascht zu werden. Defensive Gründe kommen dafür nicht in Frage.

Wir sind uns einig, dass viel zu viele Flugzeuge zu nahe an der Grenze standen. Ich würde das auch nicht steif an irgendwelchen Kilometerzahlen festmachen. Auch Verbände die 50 km oder 60 km von der Grenze entfernt stehen, stehen meiner Meinung nach zu nahe an der Grenze, und dies unabhängig davon ob hier eine offensive oder defensive Absicht verfolgt wird. Das spielt eben für die Frage der Intention gar keine Rolle.

Das ist meiner Ansicht nach der primäre Logikfehler bei dir in diesem Aspekt: du siehst etwas (Flugzeuge in Grenznähe), und ziehst daraus eine Schlussfolgerung und stellst damit einen Zusammenhang her, den es so aber in Wahrheit gar nicht gibt. Nur weil A richtig ist, bedeutet dies eben nicht, dass B richtig ist.

Es wäre ganz genau so möglich, dass man bei einer komplett und ausschließlich defensiven Strategie die Flugzeuge zu nahe an die Grenze stellt. Du gehst viel zu weitgehend davon aus, dass alles militärisch immer nur absolut richtig und logisch erfolgt, dem ist nicht so. Auch der aktuelle Krieg zeigt einmal mehr, wieviel extreme Fehler im Krieg Gang und Gäbe sind.

Das heißt übrigens jetzt keineswegs, dass ich eine offensive Aufstellung der Sowjets ausschließe. Das tue ich gar nicht. Rein persönlich halte ich es für möglich, dass die Sowjets tatsächlich einen Angriffskrieg planten und vorhatten anzugreifen.

ABER: auch das würde den deutschen Angriffskrieg eben nicht zu einem Präventivkrieg machen. Auch auf dieses Hauptargument von mir gehst du im Prinzip gar nicht ein. Nur weil Seite B einen Offensiven Angriffskrieg plant, bedeutet dies eben nicht, dass Seite A wenn sie angreift deshalb einen Präventivkrieg führt. Von dem was vorliegt ist es deutlich wahrscheinlicher, dass entweder beide Seiten unabhängig voneinander einen Angriffskrieg planten, oder noch wahrscheinlicher, dass die Sowjets auf einen Präventivkrieg hinaus wollten. Denn: Chronologie ! Der deutsche Angriffskrieg stand ja nach deinen eigenen Angaben welche du hier gemacht hast bereits fest und war beschlossen, BEVOR die von dir mit Datum hier genannten sowjetischen Operationspläne beschlossen wurden. Entsprechend können diese allenfalls eine Reaktion auf die deutschen Pläne gewesen sein, oder sie erfolgten unabhängig von diesen. Aber in keinem wie auch immer gearteten Fall waren die Pläne der Deutschen hier Präventive.

[quote]Mir geht es vielmehr um die die auch in diesem Stang gefallenen Einschätzungen, die Rote Armee war nicht kampffähig, nicht kampfbereit und völlig nichtsahnend und überrascht.

Das habe ich so nicht geschrieben. Ich schrieb, dass die Rote Armee in TEILEN nicht kampffähig war, in TEILEN nicht kampfbereit war und GETRENNT DAVON, dass sie überrascht wurde.

Zitat: Dazu paßt eben nicht der bereits nach wenigen Stunden der Überraschung schnell und hart aufgenommene Widerstand. Wenn man an den Frankreichfeldzug denkt, der nun von den Franzosen erwartet wurde, da sie uns den Krieg erklärten und wie schnell da der Widerstand gebrochen wurde, halte ich das schon für bemerkenswert.

Auch viele französische Einheiten kämpften durchaus hart und verbissen. Es gab sogar belgische Einheiten die umgehend zähen Widerstand leisteten und die bei einer nur geringfügig anderen Dislozierung bereits die gesamten deutschen Pläne zu Fall hätten bringen können. Der Angriff auf Frankreich ist sozusagen meine Spezialgebiet, dazu kann ich mal wirklich was aussagen. Der Widerstand der Franzosen wurde im Prinzip keineswegs schneller gebrochen als der der Sowjets. Hätte die Sowjetuninon nur die geographische Fläche (Größe) Frankreichs gehabt, so wäre sie ebenso schnell oder schneller erledigt gewesen. Nur die immense Größe des Kriegsraumes, die erheblichen Reserven tief im Raum und die Hilfe der USA retteten die Sowjetunion, nicht der Widerstand irgendwelcher Einheiten zu Beginn.

Und natürlich kann man auch bei einer völligen Überraschung auf der Stelle harten und verbissenen Widerstand leisten. Das geht in der Verteidigung rein theoretisch immer. Die entsprechenden Einheiten verteidigen dann einfach den Raum in dem sie stehen, also bereits sind.

Zitat:Nun stell Dir mal vor, die hätten 100-200km hinter der Grenze gestanden und wären nicht vernichtet worden, sondern hätten intensiv in die Kämpfe eingreifen können.

Wie Helios es gerade schon ausgeführt hat, wurden auch deutlich weiter hinter der Grenze sowjetische Flugfelder und Flugzeuge überrascht und vernichtet. Stichwort Höhenaufklärung.

Aber nehmen wir einmal rein theoretisch ein, der Schlag gegen die Flugzeuge am Boden wäre nicht erfolgt, aus welchen Gründen auch immer. Die sowjetischen Flugzeuge wären in der Luft gewesen und hätten intensiv in die Kämpfe eingegriffen. Dann wäre das Ergebnis kein anderes gewesen, die Flugzeuge der Sowjets wären vernichtet worden, zu unterlegen waren sie querschnittlich, zu gering die Kampferfahrung ihrer Piloten (nämlich fast gar keine) im Vergleich zu den Veteranen der Luftwaffe, zu schlecht war die Ausbildung im Vergleich. Das ganze hätte die Deutschen nur mehr Zeit gekostet, dass wäre schon alles gewesen.

Zitat:Ich verstehe nicht wirklich, warum so eine Angst herrscht, den Angriff einen Präventivangriff zu nennen ?

Wir nennen den Angriff auf die Sowjetunion nur und allein deshalb keinen Präventivkrieg, weil er keiner war.

Das hat mit Angst in keinster Weise irgendetwas zu tun. Wäre es ein Präventivkrieg gewesen, würden wir ihn so nennen. Es geht mir beispielsweise hier nur um die rein fachlich-militärisch korrekte Benennung, also den korrekten Begriff. Die moralisch-ethische Frage interessiert mich dabei genau so wenig wie die politische oder sonstige Beurteilung oder Bewertung.

Ein 120mm Mörser ist keine PALR. Obwohl man mit beidem Panzer zerstören kann, und obwohl man mit beidem eine MG Stellung zerstören kann. So einfach ist das.

Ich diskutiere hier also keineswegs weil es mir um irgendeine moralische Frage geht. Umgekehrt aber erwecken deine Ausführungen durchaus den Eindruck, dass es dir um eine moralische Frage geht, auch wenn du das bereits präventiv immer abstreitest.

Zitat: ich glaube, daß Stalin im Juli selbst angreifen wollte und wir ihm tatsächlich nur kurz zuvor gekommen sind und dadurch das Glück hatten, die Rote Armee auf dem falschen Fuß zu erwischen.

Das ist theoretisch möglich, es gibt Indizien dafür. ABER: das macht den deutschen Angriffskrieg trotzdem nicht zu einem Präventivkrieg, selbst wenn es so gewesen wäre. Die etwaigen / eventuellen Angriffsabsichten Stalins (sowjetischer Operationsplan) wurden erst NACH dem deutschen Entschluss zum Angriffskrieg beschlossen. Sollte es also einen solchen sowjetischen Angriffsplan gegeben haben, und dies nicht als bloßes theoretisches Planspiel des Generalstabes, sondern real, dann wäre der deutsche Angriff trotzdem kein Präventivkrieg. Dann müsste man allenfalls darüber diskutierren, ob der sowjetische Plan der eines Präventivkrieges war oder völlig unabhängig von jedweden deutschen Planungen verfasst wurde.

Zitat:So wie die Sowjetunion regelmäßig ihre Nachbarn überfallen hat, hatten sie kein Anrecht darauf, selbst von einem Angriff verschont zu werden.

Das ist eine rein moralisch-ethische Bewertung, was du doch sonst immer von dir weißt.

Zitat: ich bin der festen Meinung, daß sie damit auch rechneten, lediglich der Zeitpunkt war ungewiß. Und sie haben sich entschlossen, dem zuvorzukommen, was allerdings nicht gelang.

Möglich, aber selbst wenn dem so wäre, so macht das den deutschen Angriff trotzdem nicht zu einem Präventivkrieg.

Und von dieser deinen eigenen Aussage ausgehend müsstest du eigentlich die These vertreten, dass die Sowjets einen Präventivkrieg planten. Denn deine Aussagen bedeuten, dass es die Sowjets waren, welche hier präventiv angreifen wollten und dass der deutsche Angriffskrieg daher zu früh kam, bevor die Sowjets ihren Präventkrieg einleiten konnten.

Deine Ausführungen und deine Zitate und Quellen zeichnen eben nicht das Bild eines deutschen Präventivkrieges, sondern eigentlich ist die logische Schlußfolgerung aus deinen Quellen, dass die Sowjets einen Präventivkrieg führen wollten, und dabei auf dem falschen Fuß erwischt wurden.

Wie du aber aus den von dir selbst hier genannten Zitaten und Quellen den deutschen Angriffskrieg als Präventivkrieg verstehen kannst, entschließt sich mir nicht. Denn auch deine Zitate zeigen eigentlich ein anderes Bild und selbst manche deiner eigenen Aussagen belegen eigentlich nur, dass allenfalls die Sowjets einen Präventivkrieg vorhatten, nicht umgekehrt.
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#56
@Quintus
Zitat:Der Widerstand der Franzosen wurde im Prinzip keineswegs schneller gebrochen als der der Sowjets.
Nur ganz kurz hierzu: Das ist ein sehr gewichtiger Punkt, der gerne übersehen oder negiert wird. Ursächlich hierbei ist sicher auch teils die Historiographie, die die Ostfront als den Orlog schlechthin darstellt, während der Westfeldzug gerne mit Formulierungen wie "Blitzkrieg", "rascher Zusammenbruch", "Sinnlosigkeit der Maginotlinie" konnotiert wird.

Bei genauerem Hinschauen wird aber ersichtlich, dass die Wehrmacht keineswegs so ungeschoren aus dem Westfeldzug hervorging, grob beliefen sich die Ausfälle in den sechs Wochen von Anfang Mai bis Ende Juni 1940 aufsummiert auf beinahe 190.000 Mann, also rund 31.000 Mann je Woche. Bei "Barbarossa" beliefen sich die Verluste vom 22. Juni 1941 bis Mitte Dezember 1941 auf 750.000 Mann, d. h. auf Kampfwochen heruntergebrochen etwa 32.000 Mann je Woche.

Während aber der russische Widerstand immer als fanatisch und verbissen und die Witterung, die in Russland eine wesentlich extremere Gewichtung hatte als in Frankreich, als fürchterlich bezeichnet wird, wird die Kampfleistung der Westalliierten meistens als unzulänglich umschrieben. Dabei lagen die Ausfälle je Woche quasi gleichhoch - zumal die Ausfälle durch Erfrierungen in Frankreich marginal gewesen sein dürften. Rechnet man übrigens aus den deutschen Ausfällen die Verluste durch den Winter (geschätzt etwa 100.000 Frostgeschädigte bis Mitte Dezember 1941) heraus, dann waren die Wochenverluste in Frankreich sogar höher. Berücksichtigt man noch, dass der Kampf auf 1.800 Kilometern Frontbreite begonnen wurde (und danach die Frontlänge sogar zunahm, da Russland sich nach Osten trichterförmig verbreitert), wird ersichtlich, dass die Rote Armee 1941 nicht so kampfstark war, wie teilweise suggeriert wird - sie fügte den Deutschen sogar querschnittlich je Woche weniger Verluste zu als die Westalliierten 1940.

Schneemann
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#57
Ich bin gerade beim Herumstöbern bei YouTube zufällig über dieses Footage gestolpert: Aufnahmen vom Vorrücken der deutschen HGr. Nord auf Schaulen und Jonava in Litauen im Jahre 1941.

Man muss es natürlich filtern, es sind NS-PK-Aufnahmen (und auch die martialische Intonierung sollte man bitte tunlichst ausblenden), dennoch fand ich manche Details überraschend. So etwa, ab 03:45 Min., den Einsatz einer 37-mm-Pak - ich war überrascht, welch enormen Rückstoß selbst dieses recht kleine Kaliber doch hat. Auch die Aufnahmen zu den Straßenkämpfen in Libau, ab ca. 10:45 Min., sieht man nicht oft.
https://www.youtube.com/watch?v=tL_H8X5B0i0&t=724s

Schneemann
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