Ukraine
Zitat:Man soll meine Kritik an der Ukraine auch bitte auf keinen Fall als eine Pro-Russische Position missverstehen. [...] Worauf ich also hier spezifisch hinaus wollte ist, dass die Ukraine für uns meiner Ansicht nach wertlos ist.
Ich hatte das nun nicht als prorussisch verstanden. Ich denke zwar auch, es macht keinen Sinn, wenn man ein zerrissenes Land wie die Ukraine in die NATO aufnehmen wollen würde, abgesehen davon aber kann man ein Land nie als einfach wertlos bezeichnen. Rein auf merkantile Aspekte heruntergebrochen: Wirtschaftlich wurde die Ukraine auch als Kornkammer der untergegangenen UdSSR angesehen, die über durchaus nennenswerte Rohstoffe im Schwerindustriebereich im Osten des Landes besitzt (Kohle, Mangan, Erz). Und mit der Krim besitzt sie auch einen gewissen strategischen Faktor.
Zitat:Die Ukraine gehört nicht zu uns, sie muss sehen wie sie alleine zurecht kommt. Die Ukraine nicht zu unterstützen und damit Russland de facto preis zu geben ist zudem mehr in unserem Interesse weil dies Russland mehr schadet und mehr schwächt als selbst wenn wir die Ukraine in die NATO aufnehmen würden.
Russland würde dennoch z. T. profitieren, genau wie umgekehrt der Westen. Die Masse der Menschen in der Ukraine ist ja nicht korrupt oder boshaft, eher ist es so, dass das Land stark zerrissen ist zwischen West und Ost.

Es gab in den 1990ern mal ein Buch, ein recht bekanntes wie umstrittenes, von Huntington - den vielbemühten "Kampf der Kulturen". Es enthält ein eigenes Kapitel (unter "Kernstaaten", S. 264 bis S. 268) zu Russland bzw. zur Ukraine. Ich habe es im Schrank und ein wenig darin geblättert. Die Krisen, die wir ab 2014 und teils davor schon sahen, werden hier quasi erklärt. Das Buch mag nicht immer richtig liegen (war ja gerade auch wegen der Thesen zum Islam bzw. dessen "blutigen Grenzen" sehr heftig umstritten), aber am Bsp. Ukraine kann man 25 Jahren später fast alles unterschreiben.

Das Buch zeichnet klar die Bruchlinie in der ukrainischen Bevölkerung anhand einzelner Rajone zwischen westlichen Progressiven (gen EU, NATO ausgerichtet etc.) und östlichen Traditionalisten (gen Russland ausgerichtet) anhand von Wahlergebnissen nach. Und das 1996. Und recht deutlich haben wir diese Linie(n) dann auch ab 2014 gesehen. Das Abbrechen des Donbass war quasi nur eine Frage der Zeit, nachdem in Kiew der Regierungswechsel 2014 stattgefunden hatte (was Moskau als "Putsch" ansieht, lt. den Aussagen des russ. Botschafters in Deutschland vor einigen Tagen in eine n-tv-Interviw), wenn man sich anschaut, dass bspw. in den 1990ern in Luhansk und Donezk - bei durchaus korrekt abgehaltenen Wahlen - grob 79% bis 88% der Wähler stets für die prorussischen Kandidaten gestimmt hatten. Hinzu kam, dass bereits in den 1990ern über die Zukunft der Krim gestritten wurde, und Russen wie Ukrainer schon damals meinten, ein Konflikt wäre denkbar (wohlgemerkt, vor 25 Jahren).

Und dieses Wissen haben natürlich die Russen genauso wie wir oder die USA. (Ich hatte es damals noch nicht, obgleich ich dieses Buch schon seit rund 20 Jahren habe, vieles habe ich damals aber vllt. auch nicht in der ganzen Tragweite erfasst.) Und in Moskau, wo man die EU-Pläne der Ukraine mit den seltsamsten Verschwörungstheorien untermalte, hat man auch sehr genau zur Kenntnis genommen, wie die US-Botschaft seinerzeit, als der ebenso korrupte wie moskautreue Günstling Janukowitsch den Machtkampf in Kiew verlor, Jubelrufe nach Washington gesendet hatte, wonach "man die Ukraine habe". Es gibt keine direkten Beweise, aber anscheinend soll dies der Grund gewesen sein für Putin, dann Gewalt anzuwenden...

Insofern: Zu uns gehören, tut die Ukraine zwar nicht, aber ein erheblicher Teil der Bevölkerung der westlichen Ukraine sieht sich zu uns gehörend. Und diesen Widerspruch müssen wir irgendwie auflösen, wenn wir wollen, dass die Krise gelöst wird. Die Frage ist allerdings, ob man mit dem Kreml, der nicht gerade für Selbstkritik bekannt ist, hier überhaupt zu einer Lösung gelangen kann bzw. Putin und seine Herrschaften dies wollen.

Schneemann
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Ukraine - von KaZaK - 23.11.2004, 20:26
RE: Ukraine - von Quintus Fabius - 01.02.2022, 21:38
RE: Ukraine - von Schneemann - 02.02.2022, 08:54
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RE: Ukraine - von Kongo Erich - 17.02.2024, 23:46
RE: Ukraine - von Kongo Erich - 15.03.2024, 11:17

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