Piraterie
(18.01.2022, 20:17)aramiso schrieb: Überlebende sind natürlich zu bergen. Wenn sie nicht schwimmen können, ist das tragisch, aber meiner Meinung nach kein Grund von einem Angriff abzusehen.

Du meintest, dass man die Boote nicht boarden, sondern einfach versenken sollte. Sofern man dabei Rücksicht auf Leib und Leben nimmt spielt der Unterschied halt praktisch keine Rolle. Entweder wehren sich die Menschen darauf (wie im Artikel beschriebenen Fall), dann werden sie auch mit Waffengewalt aufgehalten (und gegebenenfalls eben auch das Boot versenkt), oder sie ergeben sich direkt, dann muss man sie von Bord schaffen. Das Boot wird dann in der Regel auch jetzt schon versenkt.
Das eigentliche Problem beginnt aber so oder so erst danach. Denn was passiert mit den Menschen, nachdem man sie an Bord geholt und auf das eigene Schiff gebracht hat? Die Nationalität ist in der Regel nicht feststellbar, die Anrainernationen wollen sie nicht, vor ein eigenes Gericht stellen wollen wir nicht. Ergo muss man sie loswerden, und dann kommt es zu der absurden Situation, dass man sie eben, wie im Artikel beschrieben, wieder in ein Boot setzt.

(19.01.2022, 01:56)Quintus Fabius schrieb: Deshalb ja meine Aussage, dass westliche Kriegsschiffe vor Ort das Problem schlechter lösen und es besser wäre, man würde auf den zivilen Schiffen in gefährdeten Gewässern einfach bewaffnete Kräfte mitfahren lassen.

Wie ich hier schon mal sagte, das eine schließt das andere ja nicht aus, und der kombinierte Ansatz hat vor Somalia durchaus funktioniert. Die Ausgangslage dort war aber in vielerlei Hinsicht eine andere, und das macht die Sache im Golf von Guinea eben so problematisch. Letztlich reicht es auch nicht, die Piraterie an sich abzustellen, weil diese Teil von kriminellen Netzwerken sind, die viel weiter reichen (wie du ja selbst auch erwähnt hast).

Zitat:Piraterie wird im weiteren so lange existieren wie man entweder 1. sie mit "niederster" Gewalt auslöscht (und genau so und nicht anders ist die Piraterie im 19 Jahrhundert von den Weltmeeren weitestgehend entfernt worden) oder 2. indem man sie un-ökonomisch macht.

Die niederste Gewalt darg keine Option sein, und das "un-ökonomisch machen" ist halt nicht so einfach. Zumindest nicht, wenn man unsere eigenen Kosten in Relation dazu stellt. Insofern muss man die im Verhältnis irreal hohen Kosten in Kauf nehmen, das ist der gesellschaftliche Preis, den wir zu zahlen haben. Das gilt ja für die Kriminalität als ganzes, deren Kostenstrukturen in der Regel immer günstiger sind, egal ob es um Piraten vor Afrika oder irgendwelche Banden hier gilt.

Zitat:Und insofern sie sich in Europa selbst aufhalten (und auch das ist der Fall, dass die wahren Hintermänner in London leben während ihre unter Drogen stehenden Piraten vor der Küste Afrikas irgendwelche Schiffe aufbringen) die Vermögenswerte dieser Hintermänner zu beschlagnahmen und zwar auf den bloßen Verdacht schon hin, wobei dann die Beweislast für die Rechtmässigkeit des Vermögens von den Betroffenen selbst erbracht werden muss.

Da will ich den Gesetzestext sehen, der das ermöglicht, ohne willkürlich zu sein.

Zitat:Es erstaunt mich immer, wie man zwischen illegitimer und legitimer Gewalt so fein unterscheidet. Es ist legitim von einer Drohne aus nach Belieben irgendwelche Zivilisten in einem Land mit dem man nicht im Krieg ist zu ermorden und dabei nebenbei auch noch ein paar Frauen und Kinder zu zerfetzen und ihnen Gliedmaßen durch die Explosion abreißen zu lassen - aber es ist natürlich völlig illegitim Teilmantelmunition zu verwenden oder einen islamistischen Terroristen der sich ergeben will einfach sofort zu exekutieren, denn das wäre ja ein Kriegsverbrechen.

Also ich glaube nicht, dass du viele Menschen finden wirst, die ersteres als legitim und letzteres als illegitim bewerten. Ich sehe jedenfalls zwischen beiden Szenarien keinen Unterschied, weder ersteres noch letzteres ist meines Erachtens gesellschaftlich tragbar.

Zitat:Daher sollte man sich eher fragen, was praktisch funktioniert.

Die Geschichte ist voll von Dingen, die praktisch funktioniert haben, aber sicherlich nichts sind, was ich mir für eine moderne Gesellschaft wünsche. Mir ist klar, dass man diese Probleme auf zwei verschiedenen Ebenen betrachten kann, entweder als reinen Überlebenskampf, oder als Kampf von Wertesystemen. Für mich geht es definitiv noch um letzteres, und meiner Ansicht nach sollten wir innerhalb dieses Rahmens alle legitimen Register ziehen um dafür zu sorgen, dass er nicht zu ersterem eskaliert.
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