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Zitat:Weil die inneren Angelegenheiten eines Staates andere Staaten nichts angehen...
Bei diesem Satz stellen sich mir instinktiv schon die Nackenhaare auf. Nicht deswegen, weil der Satz an sich nicht richtig wäre - er ist sogar im Kern (bis zu einem gewissen Grad zumindest) durchaus gewichtig -, sondern weil genau dieser Satz abgrundtief missbraucht wurde, und zwar zumeist von irgendwelchen Diktaturen, die damit ihre expansionistischen Ziele absicherten.
Nach Ausbruch des Koreakrieges etwa hatte das US State Department in Moskau angefragt, ob man Kim nicht stoppen könne. Aus Moskau kam nur, dass dies eine innere Angelegenheit Koreas sei und man sich nicht einzumischen gedenke (!), obwohl Stalin zuvor Kim explizit den Angriff erlaubt und ihn mit Waffen ausgerüstet hatte. Das Krönchen des Lächerlichen setzte man sich beim Prager Frühling 1968 auf - auch hier forderten die Westmächte, dass die Intervention des Warschauer Paktes in der CSSR gestoppt werden solle. Tenor aus Moskau: Man wolle sich nicht in interne tschechische Vorgänge einmischen - während die halbe Welt im TV sehen konnte, wie Sowjettanks durch Prag rasselten...
Schneemann
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Zitat: Nein, das ist nicht das Völkerrecht. Und überzogener Legalismus ist eines der wesentlichen Merkmale überregulierter Kriegsführung (also ritualisierter Kriegsführung). Zudem wird das vermeintliche Recht hier meist auch nur vorgeschoben als bequeme Ausrede und steht dahinter einfach die Kriegsunfähigkeit.
Aus welchem logischen Grund hätte man den in Mali in einen Krieg ziehen sollen ? Wir haben weder wirtschaftliche noch andere Interessen dort . Also gibt es keinen Grund . Anders die Franzosen , da ging es rein um wirtschaftliche Interessen .
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Wobei man es meiner Meinung nach nicht auf "wirtschaftliche Interessen" der Franzosen reduzieren kann. Der Maghreb ist für Europa generell ein wichtiges Terrain, deutlich wichtiger als der Irak oder der Hindukusch. Bereits Ende der 1980er und v. a. dann in den 1990ern - auch im Kontext des algerischen Bürgerkrieges - wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass Nordafrika eine Art Unterleib Europas ist und dass das Mittelmeer als "Barriere" nicht ausreichen wird, weswegen ein Augenmerk auf diese Region für Europa sehr gewichtig sei.
Das Problem ist und war eher, dass man mit relativ wenig Engagement sich dort tummelte - ob dies nun an fehlendem Geld oder fehlendem Material, Kurzsichtigkeit, "Kriegsunfähigkeit" (wie hier schon besprochen hinsichtlich der Kultur des Krieges) oder Desinteresse lag, sei dahingestellt -, während zugleich islamistische Gruppen und neuerdings auch irgendwelche Putschistenregime und russische Söldner sich ihre privaten Reiche errichten. Und dies ist für Europa i. d. T. ein Bedrohungsmoment...
Schneemann
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(12.07.2024, 14:40)Schneemann schrieb: Der Maghreb ist für Europa generell ein wichtiges Terrain, deutlich wichtiger als der Irak oder der Hindukusch. Bereits Ende der 1980er und v. a. dann in den 1990ern - auch im Kontext des algerischen Bürgerkrieges - wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass Nordafrika eine Art Unterleib Europas ist und dass das Mittelmeer als "Barriere" nicht ausreichen wird, weswegen ein Augenmerk auf diese Region für Europa sehr gewichtig sei.
Schneemann
Stabile Regierungen wie die in Libyen hat man aus demokratischen Sendungswahn oder Dummheit heraus demontiert. Dafür haben allerlei Islamisten aus der Region in der EU freundlicherweise Asyl bekommen usw. hätte man sich komplett rausgehalten Stände Nordafrika wesentlich besser da. Selbst Mursi hat man ja noch gehyped gegen die ach so "bösen säkulären Militärs" in Ägypten.
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Das sehe ich ebenso . Unser Flüchtlingsproblem ist ja auch nicht einfach so entstanden . Der größte Teil der menschennkommt doch aus Ländern wo wir uns eingemischt haben . Und auch die Wege der Flüchtlinge sind doch durch uns selbst geebnet worden .
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Es ist so langsam nur mehr schwer nachvollziehbar, dass wir alle 2-3 Wochen die gleichen Themen ellenlang durchsprechen, nur um dann wieder am Startpunkt zu stehen und sich schlagwortartigen 1,5-Satz-Konstrukten gegenüberzusehen, die völlig konträr zur eigentlichen conclusio stehen und die wieder bzw. erneut die alten (inkorrekten) Floskeln enthalten.
@lime
Zitat:Stabile Regierungen wie die in Libyen hat man aus demokratischen Sendungswahn oder Dummheit heraus demontiert.
Es ist etwas ermüdend. Ich bitte um Verständnis, aber das Thema Gaddafi und Libyen werde ich hier nicht mehr durchdiskutieren, wir haben es erst vor einigen Wochen bis ins Detail durchgesprochen und es waren weder demokratischer Sendungswahn noch Dummheit entscheidend, dass die suboptimale Entwicklung so abgelaufen ist, wie sie dann ablief.
@alphall31
Zitat:Unser Flüchtlingsproblem ist ja auch nicht einfach so entstanden . Der größte Teil der menschennkommt doch aus Ländern wo wir uns eingemischt haben .
Das ist ebenso falsch. Das Flüchtlingsproblem wäre so oder so entstanden, da schlichtweg die Demographie in den betreffenden Ländern, v. a. im nahöstlichen und nordafrikanischen bzw. auch schwarzafrikanischen Raum, ein massives Bevölkerungswachstum bei jungen Menschen bedingte. Und irgendwelche korrupten Potentaten - die in vielen Fällen von der alten Sowjetunion noch hochgerüstet worden waren oder aktuell auch noch von Moskau unterstützt werden - haben zwar jahrzehntelang den Deckel draufhalten können, aber irgendwann bricht sich die Perspektivlosigkeit, gepaart auch mit einem Erstarken der Religiosität (besonders im islamischen Raum) und teils tribalistischen Hassmomenten, eben ihre Bahnen. D. h. es war keine Frage nach dem "ob", sondern nur eine Frage nach dem "wann", bis es zu einer Flüchtlingskrise kommen würde.
Und es gab bereits in den 1990ern und davor genügend Studien, die davor warnten, dass diese brodelnde Masse irgendwann zum Problem werden wird. Aber man hat sich - gerade auch in Europa - eben an die sinistre Hoffnung geklammert, dass es schon irgendwie gutgehen wird und dass man von den drohenden und sich abzeichnenden Umwälzungen halbwegs verschont wird bzw. dass die Herrschaften Generäle und Diktatoren zwischen Dakar und Kabul eben doch noch die Lage im Griff behalten werden. Spätestens ab 2011 ist uns diese Wir-stecken-den-Kopf-in-den-Sand-Haltung dann um die Ohren geflogen - und dies unabhängig davon, wo oder wann wir mal interveniert hatten.
Schneemann
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Zitat:Das ist ebenso falsch. Das Flüchtlingsproblem wäre so oder so entstanden, da schlichtweg die Demographie in den betreffenden Ländern, v. a. im nahöstlichen und nordafrikanischen bzw. auch schwarzafrikanischen Raum, ein massives Bevölkerungswachstum bei jungen Menschen bedingte. Und irgendwelche korrupten Potentaten - die in vielen Fällen von der alten Sowjetunion noch hochgerüstet worden waren oder aktuell auch noch von Moskau unterstützt werden - haben zwar jahrzehntelang den Deckel draufhalten können, aber irgendwann bricht sich die Perspektivlosigkeit, gepaart auch mit einem Erstarken der Religiosität (besonders im islamischen Raum) und teils tribalistischen Hassmomenten, eben ihre Bahnen. D. h. es war keine Frage nach dem "ob", sondern nur eine Frage nach dem "wann", bis es zu einer Flüchtlingskrise kommen würde.
Und es gab bereits in den 1990ern und davor genügend Studien, die davor warnten, dass diese brodelnde Masse irgendwann zum Problem werden wird. Aber man hat sich - gerade auch in Europa - eben an die sinistre Hoffnung geklammert, dass es schon irgendwie gutgehen wird und dass man von den drohenden und sich abzeichnenden Umwälzungen halbwegs verschont wird bzw. dass die Herrschaften Generäle und Diktatoren zwischen Dakar und Kabul eben doch noch die Lage im Griff behalten werden. Spätestens ab 2011 ist uns diese Wir-stecken-den-Kopf-in-den-Sand-Haltung dann um die Ohren geflogen - und dies unabhängig davon, wo oder wann wir mal interveniert hatten.
Dieser demographische Effekt großen Bevölkerungswachstums sehen wir signifikant und vorrangig in Zentralafrika. Und zwar unabhängig von der Religion, und der Orientierung des lokalen Diktators in Richtung westlicher oder russischer Dominanz. Ja das ist ein Problem aus Armut und Ungleichverteilung und auch Zentralafrika müsste aufgrund seiner Ressourcen nicht so arm sein. Jeder westliche Regierungsvertreter, selbst Donald Trump, ist ein armer Straßenpenner, verglichen mit dem Reichtum afrikanischer Eliten.
Global gesehen sind von den Flüchtlingen über 60% schon mal IDP, als intern Vertriebene. Die bleiben in ihrem Land, gewinnen durch ihre Flucht aber auch nichts, außer ihr eigenes Leben.
Die Minderheit, Ca. 45 Mio., der Flüchtlinge zieht es in andere Länder.
Zu den für Flüchtlinge besonders attraktiven Ländern zählen die Türkei (4 Mio. Syrer), Iran (4 Mio. Afghanen) und Pakistan (1,5 Mio. Afghanen). Das sind wirtschaftlich ganz besonders reizvolle Orte, insbesondere für Menschen die mit Nichts anfangen.
Wirtschaftliche Aspekte oder demographischer Druck, ist hier bei der großen Mehrheit von Flüchtlingen, statistisch betractet offenbar eben nicht vorrangig. Die machen sich in Islamabad keinen Lenz auf Staatskosten, oder gehen dahin weil es da weniger Jungs und Mädels gibt? Ganz bestimmt nicht.
Auch waren Libyen und Syrien keine besonders bevölkerungsreichen Staaten mit Ernährungsproblemen o.Ä., noch gab es ein signifikant hohes Bevölkerungswachstum in diesen Ländern. Unter den amtierenden Diktatoren waren die Wachstumsraten mit staatlicher Kontrolle rückläufig.
Und zum Thema 1990er. Flüchtlingsbewegungen nach Europa waren zwischen 1990 und 2000 deutlich rückläufig, nahmen anschließend erst rasant zu und es lässt sich auch eingrenzen woher größere Wellen gekommen sind. Vorwiegend Syrer, Afghanen, Ukrainer. Das sind Fakten. Nach Deiner These müssten hier lauter demographisch verdrängte Schwarzafrikaner rumlaufen. Die gibt es auch, aber welchen Anteil machen die denn aus? In Europa und speziell in Deutschland waren es bis in die 90er noch Jugoslawen (Vertrieben/Bürgerkrieg), Kurden (Verfolgt/Bürgerkrieg) und Libanesen (Bürgerkrieg). Ein Großteil der Bewegung bestand aus Wirtschaftsflüchtlingen aus Ost- und Südeuropa, also jenen Staaten die sich in Flüchtlingsfragen zu 0% solidarisch innerhalb der EU zeigen.
In Europa ist das Problem, insbesondere für z.B. Deutschland und UK zu einem signifikanten Problem geworden, weil die Verteilung innerhalb von Europa völlig ungerecht und ungleich ist.
Wenn man die syrischen und afghanischen Flüchtlinge auf die EU Staaten nach einem fairen Schlüssel verteilt hätte, wären diese für einzelne Staaten auch mit der Welle der letzten 10/15 Jahre nicht so wirklich ins Gewicht gefallen.
Aber in einem Großteil der europäischen Staaten leben quasi gar keine Syrer, oder Afghanen. In ebendiesen Ländern stehen aber nigelnagelneue Brücken, Tunnel, Eisenbahnstrecken, Stromtrassen, Autobahnen und renovierte Innenstädte, welche mit insbesondere deutschem Steuergeld finanziert wurden. Darüber hinaus sind jahrzehntelang aus Bulgaren, Polen, Rumänien, Ungarn, Slowakei, .. aus 100% wirtschaftlichen Gründen Wanderarbeiter oder Auswanderer nach Deutschland gekommen und haben die Einnahmen aus dieser Arbeit nach hause geschickt. Aber 0 Solidarität dieser Länder. Insbesondere Westeuropa ist durch oder mit der EU in den letzten 30 Jahren in eine politische Unfähigkeit verfallen. Das sind die Folgen, die wir in Deutschland spüren. Nicht "wir schaffen das", "die EU schafft das", hätte man als europäische Führungsnation propagieren und politisch vertreten müssen. Man hat sich komplett ausverkauft und von den eigenen Verbündeten auf der Nase herumtanzen und auslutschen lassen.
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(13.07.2024, 13:27)Schneemann schrieb: @lime
Es ist etwas ermüdend. Ich bitte um Verständnis, aber das Thema Gaddafi und Libyen werde ich hier nicht mehr durchdiskutieren, wir haben es erst vor einigen Wochen bis ins Detail durchgesprochen und es waren weder demokratischer Sendungswahn noch Dummheit entscheidend, dass die suboptimale Entwicklung so abgelaufen ist, wie sie dann ablief.
Schneemann
Es betrifft ja nicht nur Gadaffi. Auch Assad, Saddam usw. wären zu benennen. Allesamt waren sie besser als das was nach den westlichen Intervention entstanden ist, die am Ende nur Islamisten verschiedenster Richtungen gestärkt oder gar gleich an die Macht gebracht hat.
Auch deshalb wird der Westen in Afrika immer mehr als der große Looser gesehen, der nur den eigenen Wertetransport im Sinn und im Kampf gegen den Islamismus nichts mehr zu bieten hat, außer maximal faule Kompromisse. Rußland und China stoßen nicht umsonst in genau diesen Raum vor den der Westen durch seine mehr als dusslige Politik selbst preisgegeben hat, obwohl man vorher einen sehr guten Stand hatte.
Ich wage mal eine Prognose in 10-20 Jahren wird die neu gebildete Allianz der Sahel-Staaten die Ecowas als dominierende Allianz in Nord- und Zentralafrika ablösen.
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(13.07.2024, 16:59)lime schrieb: Es betrifft ja nicht nur Gadaffi. Auch Assad, Saddam usw. wären zu benennen. Allesamt waren sie besser als das was nach den westlichen Intervention entstanden ist, die am Ende nur Islamisten verschiedenster Richtungen gestärkt oder gar gleich an die Macht gebracht hat. Schonmal drüber nachgedacht, ob der Westen vielleicht einfach nur bei dem Versuch gescheitert ist, die ohnehin zusammenbrechenden Systeme durch demokratische zu ersetzen? Zusammengebrochen wären diese Autokratien auch ohne westliche Intervention, es sei denn, man hätte sie von westlicher Seite massiv unterstützt dabei, ihre eigene Bevölkerung zu unterdrücken. Ob das für die Migrationsbewegungen so viel hilfreicher gewesen wäre, würde ich infrage stellen.
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Zitat:Das ist ebenso falsch. Das Flüchtlingsproblem wäre so oder so entstanden, da schlichtweg die Demographie in den betreffenden Ländern, v. a. im nahöstlichen und nordafrikanischen bzw. auch schwarzafrikanischen Raum, ein massives Bevölkerungswachstum bei jungen Menschen bedingte. Und irgendwelche korrupten Potentaten - die in vielen Fällen von der alten Sowjetunion noch hochgerüstet worden waren oder aktuell auch noch von Moskau unterstützt werden - haben zwar
Syrien , Türkei , Afghanistan , Irak und Iran machen über 70% der Asylanträge aus die in letzten zwei Jahren gestellt wurden. Mit über 30% kommt aus Syrien der größte Teil . In drei von den fünf Ländern haben wir Militäreinsätze durchgeführt . Mit dem irakkrieg hat der Westen die ganze Region destabilisiert . Ohne diesen hätte es auch keinen Islamischen Staat gegeben .
Somalia und Eritrea machen 2% aus an Flüchtlingen aus afrikanischen Staaten.
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(13.07.2024, 19:37)Broensen schrieb: Schonmal drüber nachgedacht, ob der Westen vielleicht einfach nur bei dem Versuch gescheitert ist, die ohnehin zusammenbrechenden Systeme durch demokratische zu ersetzen? Zusammengebrochen wären diese Autokratien auch ohne westliche Intervention, es sei denn, man hätte sie von westlicher Seite massiv unterstützt dabei, ihre eigene Bevölkerung zu unterdrücken. Ob das für die Migrationsbewegungen so viel hilfreicher gewesen wäre, würde ich infrage stellen.
Ohne Intervention des Westens wären alle Drei bzw. ihre "Thronfolger" noch an der Macht. Da wäre gar nichts zusammen gebrochen. Die saßen fest im Sattel. Und bei Assad hat man es nicht einmal geschafft trotz voller Unterstützung des Westens für seine Gegner. Auch auffällig dass überall wo der Westen in Nordafrika und Arabien interveniert hat die Muslimbruderschaft und deren Derivate davon profitiert haben. Da kann ich kaum noch an einen Zufall glauben, da es sich stringent wie ein roter Faden durch alle betroffenen Staaten zieht.
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@lime
Zitat:Es betrifft ja nicht nur Gadaffi. Auch Assad, Saddam usw. wären zu benennen. Allesamt waren sie besser als das was nach den westlichen Intervention entstanden ist, die am Ende nur Islamisten verschiedenster Richtungen gestärkt oder gar gleich an die Macht gebracht hat. [...]
Ohne Intervention des Westens wären alle Drei bzw. ihre "Thronfolger" noch an der Macht. [...] Da wäre gar nichts zusammen gebrochen. Die saßen fest im Sattel. [...]
1. Wie gesagt: Das Thema Gaddafi möchte ich hier nicht mehr ellenlang austreten - es sei aber darauf hingewiesen, dass die westliche Intervention erst dann eintrat (übrigens mit UN-Beschluss), als im Kontext des arabischen Frühlings es massive Proteste und Menschenrechtsverletzungen durch das Regime im Lande gab. Und ob Gaddafi sich hätte durchsetzen können bzw. es keine jahrelang schwelende Bürgerkriegslage gegeben hätte - mit ein paar zehntausend Opfern und Flüchtlingsbewegungen nach Europa - muss sehr stark infrage gestellt werden (das hatte ich explizit kürzlich hier [ https://www.forum-sicherheitspolitik.org...543&page=3] auch erläutert).
2. Assad hatte das gleiche Problem. Hier werde ich gerne aber etwas detaillierter. Assad hatte eine Revolte im Land, und zwar eine, die im Kern bzw. in Teilen nicht neu war und die auch absehbar war. Das Problem im Land war und ist eben, dass eine vergleichsweise kleine, wenngleich auch weitgehend säkulare Gruppe (hauptsächlich die Alawiten) die Macht seit über 60 Jahre in Händen hält und dass diese Gruppe, auch aus (verständlicher) religiöser Angst heraus, den Deckel auf der "islamischen Erneuerung" zu halten versucht. Als die Lage dann entsprechend gärte, ging das Regime wie üblich mit brachialer Gewalt dagegen vor - nur war dieses Mal die Lage nicht so leicht in den Griff zu bekommen wie 1982 und bei der Vernichtung von Hama. Dies lag schlicht auch daran, dass die Bevölkerung Syriens sich von 1982 bis 2011 - auch wenn KheibarShekan interessanterweise meinte, es habe kein "signifikant hohes Bevölkerungswachstum" in Syrien gegeben -, d. h. in knapp 30 Jahren, von ca. 9,5 Mio. Menschen auf mehr als 22 Mio. Menschen mehr als verdoppelt hatte und dass 60% davon unter 25 Jahren alt waren und unter zunehmender Perspektivlosigkeit litten. Kein Regime wird dies auf Dauer durchhalten können. Spätestens dann, als die ersten Meldungen über den brutalen crackdown des Regimes durchsickerten, warnte der BND übrigens (2011) davor, dass die Lage in Syrien sich weiter verschärfen und dass hieraus massive Flüchtlingsströme entstehen könnten. Die damalige Bundesregierung hat das eher verdrängt und fiel dann 2014/15 aus allen Wolken, als plötzlich hunderttausende nach Europa drängten.
Darüber hinaus verschärfte sich die Lage in Syrien nicht deswegen, weil der Westen interveniert hätte, sondern sie verschärfte sich, weil er anfangs nichts tat. Bereits 2011/12 wurde in Europa diskutiert, ob man die Rebellen in Syrien - die zu diesem Zeitpunkt noch in der Mehrheit nicht islamistisch waren - unterstützen sollte. Man hat sich dagegen entschieden. Ob aus Ohnmacht, politischem Unwillen oder schlichter Ignoranz sei dahingestellt. Interessant in diesem Kontext war indessen auch, dass man sich auf den Präzedenzfall Libyen berief (!) - denn dort hatten die Westmächte einen UN-Beschluss, im Falle Syriens konnte man damit nicht rechnen, weswegen man also völkerrechtlich ungedeckt hätte eingreifen müssen. Ob dies nun ein vorgeschobenes Argument zwecks dem Kreieren von einer Ausrede zum Nichthandeln war, muss ebenso offen bleiben. Stattdessen aber sprangen die Golfaraber und die Emirate dann in die Bresche und haben - wenig verwunderlich - v. a. dann die Gruppen finanziert und hofiert, die dem salafistischen und wahhabitischen Geist nacheiferten. Es war dann die Stunde des Erstarkens radikaler, teils fundamentalislamistischer Kräfte, die ab 2013 zunehmend zum Problem wurden, die die säkular ausgerichteten Rebellen in den Hintergrund drängten und die auch das Regime immer mehr bedrängten. Dass Assad bzw. seine Satrapen sich dann doch halten konnten liegt fast ausschließlich an russischer (ab 2015) und iranischer Unterstützung - ob es zum Wohle des Landes ist, lasse ich bewusst offen. Von einer wie auch immer gearteten westlichen Intervention, die die Lage von Assad erst so schlecht habe werden lassen, kann allerdings nicht gesprochen werden.
3. Saddam. Zweifelsohne der wunde Punkt. Der US-Angriff war klar entgegen des Völkerrechtes - und er hat nebenbei auch den Westen stark entzweit (Stichwort: "Koalition der Willigen", Händchenhalten von Schröder und Chirac mit Putin etc.). Bleibt die Frage, ob der Irak mit oder ohne Saddam besser gefahren wäre? Vermutlich wäre das Land stabiler gewesen über die kommenden Jahre, aber eben zum Preis der Gewaltherrschaft des "Tyrannen vom Tigris". Ob es keine konfessionelle Gewalt gegeben hätte, so wie 2004 bis 2015, muss offen bleiben. Denn auch im Irak gibt es das große Problem der Demographie - und es wäre die Frage gewesen, wie lange der alternde Saddam (Jahrgang 1937) noch den Deckel hätte draufhalten können, wenn er 2003 nicht gestürzt worden wäre? Vielleicht acht oder zehn Jahre? Und was wäre danach gekommen? Man entsinne sich, dass es ehemalige Offiziere von Saddams Geheimdiensten waren, die den IS mit ins Leben gerufen haben. Es muss unklar bleiben, aber eines ist gewiss: Im Irak haben alle Regierungswechsel meistens eine Blutspur nach sich gezogen...
Abgesehen davon haben die USA mit ihrem Sturz von Saddam zwei weitere (oft übersehene) Aspekte zumindest tendenziell mitbedingt...
a) der Einfluss des Iran wurde gestärkt, denn Saddam war zwar ein Blutsäufer, aber er war ein säkularer Tyrann, der sunnitische Fundamentalisten genauso hasste wie die schiitischen Eiferer (und er war es ja auch gewesen, der in den 1980ern dem Gottesstaat Khomeinis die Zähne ziehen wollte). Kurz: Er war der Hauptbremsklotz für die Regierungsübernahme der Schiiten in Irak und die Eröffnung der "Landbrücke" von Iran nach Syrien - nachdem er gestürzt worden war und nach einer Phase der Wirrnis konnten (entsprechend der Bevölkerungsmehrheit) die Schiiten in Irak die Regierung stellen. Dies wiederum erleichterte es Teheran, dem bedrängten Verbündeten Assad in Syrien Unterstützung zukommen zu lassen.
b) die Anstrengungen im Krieg gegen den Terror wurden bedingt durch die Kräftedivergierung auf Irak signifikant geschwächt und damit auch das Engagement des Westens in Afghanistan. Nach 2004 verlor Washington Afghanistan immer mehr aus den Augen, da die Lage in Irak zunehmend entglitt. Vor dieser Entwicklung, ja dieser Kräfteverzettelung gab es genügend Warnungen, gerade auch von den Europäern. Der desaströse Abzug aus Kabul 2021 ist mit eine Fernwirkung des Irakkrieges von 2003.
Fazit: Ich gebe dir recht, dass bezogen auf deine Kritik an westlichen Interventionen der Sturz Saddams ein Problem gewesen sein könnte. Bzgl. Assad und Gaddafi widerspreche ich dir aber.
@alphall31
Zitat:Syrien , Türkei , Afghanistan , Irak und Iran machen über 70% der Asylanträge aus die in letzten zwei Jahren gestellt wurden. Mit über 30% kommt aus Syrien der größte Teil . In drei von den fünf Ländern haben wir Militäreinsätze durchgeführt . Mit dem irakkrieg hat der Westen die ganze Region destabilisiert . Ohne diesen hätte es auch keinen Islamischen Staat gegeben .
Genau genommen waren es nur zwei Einsätze (Irak und Afghanistan), Syrien und diesen halbgaren Ansatz mit der Anti-IS-Koalition kann man schwer gelten lassen. (Siehe auch die Erklärungen oben.) Darüber hinaus muss man auch ein wenig vorsichtig sein, was die Flüchtlingsthematik und die Auswirkung auf Deutschland angeht. Sicherlich gibt es einen entsprechenden Zulauf, aber von 6,5 Mio. afghanischen Flüchtlingen kamen vermutlich 0,5 Mio. nach Deutschland (8% aller Geflohenen) und von knapp 5,6 Mio. Syrern, die seit 2011 das Land verlassen haben, kamen wohl 1 Mio. nach Deutschland (ca. 17% aller Geflohenen). D. h. auch wenn wir jammern ob der illegalen Migration, so sind die reinen, direkten Auswirkungen auf Deutschland hinsichtlich der Kriege im Nahen Osten wiederum relativ überschaubar. Und in gewisser Weise gebe ich da KheibarShekan wiederum recht, wenn er darauf hinweist, dass die Masse der Geflohenen in den Ländern des Nahen Ostens verblieben ist - was auch zutrifft.
Die Frage, die sich stellt, ist aber eine andere: Wäre von auszugehen, wenn es keinerlei militärische Aktivitäten des Westens (bzw. generell keinerlei Interventionen) in den genannten Staaten gegeben hätte, dass wir dann nicht eine entsprechende Flüchtlingsproblematik gesehen hätten? Ich denke eher nicht...
Schneemann
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alphall31:
Zitat:Aus welchem logischen Grund hätte man den in Mali in einen Krieg ziehen sollen ? Wir haben weder wirtschaftliche noch andere Interessen dort . Also gibt es keinen Grund . Anders die Franzosen , da ging es rein um wirtschaftliche Interessen .
1. Die französischen wirtschaftlichen Interessen, insbesondere die Frage der Energieversorgung sind für Deutschland elementar wichtig. Denn ohne französische AKW würde der Zappelstrom in dieser BRD mit der Zeit ein erhebliches Problem darstellen. Zudem sind Frankreich und Deutschland in der EU in einem Wirtschaftsraum, was dazu führt, dass massive wirtschaftliche Probleme Frankreichs auch auf uns durchschlagen usw. Du musst dich mal von dieser rein nationalen Perspektive lösen - wir sind als EU Mitglied Teil eines hochkomplexen Gesamtsystems in welchem negative Auswirkungen auf Teile desselben immer auch negative Auswirkungen auf uns haben.
2. Ist die Sahelzone als Zugang zu den Nordafrikanischen Staaten von immenser geostrategischer Wichtigkeit für ganz Europa. Im Gegensatz zu dir haben dies selbst mexikanische Kartelle erkannt, welche ihre Drogen inzwischen über die Sahelzone nach Europa schmuggeln. Wer die Sahelzone kontrolliert, der kontrolliert diese Schmuggelrouten, auf denen von Drogen bis zu "Flüchtlingen" alles in Richtung Europa verläuft.
3. Führt eine zerfallende Sahelzone zu Druck auf die Länder nördlich davon, welche dann ebenfalls dadurch in Abwärtsspiralen geraten können, was ebenfalls in keinster Weise in unserem, also dem europäischen Interesse ist.
4. Ist die Flüchtlingsproblematik zu nennen. Die Sahelzone wird in den nächsten Dekaden Syrien, Afghanistan usw. als Quelle der sogenannten Flüchtlinge ablösen. Wir werden von dort überschwemmt werden und wenn der angesprochene Zerfall der Staaten nördlich davon stattfindet von dort ebenfalls.
5. Gibt es in der Sahelzone auch noch weitere Rohstoffe als nur Uran. Diese Rohstoffe sind für uns wesentlich und sollten daher uns zufließen und nicht anderen.
6. Ist dieses Gebiet zudem ein Markt, auf welchem wir Produkte absetzen könnten.
7. Ist gerade eben die Sahlezone aufgrund von Schmuggelrouten, organisierter Kriminalität, ethnischer Spannungen und Riße quer durch Volksgruppen, massivster Korruption und Inkompetenz der dortigen Kleptokratien ein idealer Nährboden für islamistische Terroristen und werden dort Terrorstaaten wie der IS entstehen und sich halten können. Und wo Flüchtlinge nach belieben nach Norden geschmuggelt werden können, können diese Ströme dann auch von diesen Terroristen infiltriert und benutzt werden. Die Sahelzone stellt allein schon daraus ein erhebliches Sicherheitsrisiko für ganz Europa dar.
Und es gäbe noch viele weitere Gründe, aber kurz und einfach zusammen gefasst: es wäre immens wichtig gewesen, die Sahelzone zu kontrollieren. Stattdessen hat man Frankreich allein gelassen, sich wie üblich arrogant, dummdreist und vor sich hinschwächelnd zurück gelehnt und den Bessermenschen gegeben, ohne irgend etwas zu erreichen.
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(14.07.2024, 10:14)Quintus Fabius schrieb: alphall31:
2. Ist die Sahelzone als Zugang zu den Nordafrikanischen Staaten von immenser geostrategischer Wichtigkeit für ganz Europa. Im Gegensatz zu dir haben dies selbst mexikanische Kartelle erkannt, welche ihre Drogen inzwischen über die Sahelzone nach Europa schmuggeln. Wer die Sahelzone kontrolliert, der kontrolliert diese Schmuggelrouten, auf denen von Drogen bis zu "Flüchtlingen" alles in Richtung Europa verläuft.
(...)
Und es gäbe noch viele weitere Gründe, aber kurz und einfach zusammen gefasst: es wäre immens wichtig gewesen, die Sahelzone zu kontrollieren.
Das ist Hybris.
Ein Gebiet wie die Sahelzone lässt sich nicht kontrollieren. Jedenfalls nicht mit akzeptablen Mitteln.
Der Migrationsdruck, hauptsächlich aus Zentralafrika über die Sahelzone nach Nordafrika und letztlich nach Europa ist durch die Bevölkerungsentwicklung in Afrika verursacht und davon, dass es einem Teil der Menschen besser geht.
Nämlich so gut, dass sie sich überhaupt auf den Langen Marsch nach Europa machen können.
Wir werden dieses Problem nicht in Afrika lösen, sondern nur in Europa.
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Wer sollte die Sahel-Zone kontrollieren?
Die nördlich liegenden arabischen Länder haben über Jahrhunderte hin die wenigen Karawanenwege durch die Sahare kontrolliert. Und damit wurde zugleich ein massiver Einfluss auf die Staaten südlich der Sahara in der Sahelzone ausgeübt. Timbuktu etwa war in das islamische Staats- und Gesellschaftssystem integriert.
Auch Mauretanien hat - mit traditionellen Methoden - erstaunliche Erfolge bei der Abwehr von Extremisten.
Dort zeigt sich aber auch die Problematik der Sahel-Zone:
durch den unbestreitbaren Klimawandel dehnt sich die Wüste immer mehr aus - und verdrängt die nomadisierenden Hirten, die in das Gebiet der ohnehin schon "klimageschädigten" Ackerbauern vordringen.
Dadurch entsteht ein Überlebenskampf bei allen Beteiligten.
Der lässt sich in Afrika selbst kaum lösen. Hier bedarf es globaler Anstrengungen, um die plötzlichen Klimaveränderungen zu dämmen und die Auswirkungen zu reduzieren.
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bissi an der Kehle kitzeln
NORAD detects, tracks and intercepts Russian and PRC aircraft operating in the Alaska ADIZ > North American Aerospace Defense Command > Press Releases
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