(Kalter Krieg) Vietnamkrieg
#31
Beim Recherchieren über die gute alte C-130 habe ich u. a. auch die englische Wiki bissle durchgeforstet. Dabei bin ich, im Hercules-Artikel (Link: https://en.wikipedia.org/wiki/Lockheed_C...s#Military), über einen Satz gestolpert, der mich neugierig gemacht hat.

Zitat:
Zitat:Another little-known C-130 mission flown by Naha-based crews was Operation Commando Scarf, which involved the delivery of chemicals onto sections of the Ho Chi Minh Trail in Laos that were designed to produce mud and landslides in hopes of making the truck routes impassable.[citation needed]
Chemikalien, die auf den Ho Chi Minh-Pfad abgeworfen wurden, um Erdrutsche zu verursachen? Das höre ich zum ersten Male und finde es ziemlich interessant. Leider ist im Artikel natürlich keine Fussnote hinterlegt (siehe [citation needed]), was vieles spekulativ erscheinen lässt. Leider ergab meine Suche nach Operation Commando Scarf auch nicht wirklich passable Treffer (höchstens: Operation Commando Hunt).

Abgesehen davon, dass mir etwas schleierhaft ist, wie Chemikalien denn Erdrutsche verursachen sollen können (spekulativ meinerseits - vllt. eine Art Bodenverflüssiger?), wollte ich fragen, ob hier irgendwer weitere Infos zu diesen Hercules-Einsätzen hat.

Danke.

Schneemann.
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#32
Die haben im Prinzip alles ausprobiert was auch nur irgendwie denkbar war. Spezifisch zur Erzeugung von Spezialschlamm damit die Fahrzeuge der NVA stecken bleiben kenne ich tatsächlich eine Quelle: In dem folgenden Buch wird darüber berichtet:

The Secret War Against Hanoi: The Untold Story of Spies, Saboteurs, and Covert Warriors in North Vietnam

Die in dem unten vernetzten Wiki Artikel genannten Informationen stammen aus diesem Buch. Mehr als in dem Wiki Artikel steht da aber auch nicht drin.

Zudem weiß ich das die SOG Assessment Aufträge für diese Versuche hatte um festzustellen ob sie Wirkung zeigen. Man wollte auf diese Weise den zunehmenden Lkw Verkehr in Laos unterbinden. Es wurden ja immer mehr Versorungsgüter für den VC und die NVA per Lkw nach Süden transportiert, und die Massenbombardierungen waren nicht in der Lage das Straßennetz dort nachhaltig auszuschalten, entsprechende Bombardierungs-Assessment Missionen durch die SOG ergaben, dass die Straßen teilweise wenige Stunden nach der Bombardierung wieder hergerichtet waren.

Die Idee war auch weniger Erdrutsche zu verursachen, sondern bodenlosen Schlick in dem die Fahrzeuge stecken bleiben.

Hier auch noch was dazu:

https://parallelnarratives.com/tag/mcnamara-line/

https://parallelnarratives.com/science-a...d-vietnam/

Soweit die SOG das nach dem Einsatz der Chemikalien nachprüfen konnte war die Wirkung nicht ausreichend. Ebenso noch hier etwas dazu:

Zitat:Testing on the second operation, "Project Commando Lava", began on 17 May: scientists from Dow Chemical had created a chemical concoction that, when mixed with rainwater, destabilized the soil and created mud. The program drew enthusiasm from its military and civilian participants, who claimed that they were there to "make mud, not war." In some areas it worked, depending on the makeup of the soil. The first mission was flown from Udorn Royal Thai Air Base by three C-130A aircraft from the 41st Tactical Airlift Squadron, Naha Air Base, Okinawa, Japan.

On the previous day, three airmen from the squadron had scouted the target area south of Tchepone in a two-engine CIA aircraft piloted by a civilian employee. The pilot had failed to load enough fuel and was forced to refuel at a Laotian base on the return trip to Udorn. Since U.S. armed forces personnel were never officially acknowledged as being in Laos, the American ambassador to Laos became enraged that U.S. personnel had been spotted in uniform at the Laotian refueling field.

The following day, the three aircraft departed from Udorn filled with tons of a mixture of nitrilotriacetic acid and sodium tripolyphosphate stuffed into cloth bags designed to break apart on impact. The aircraft flew above 5,000 feet (1,500 m) until near the target area, then descended to treetop level for the run into the target, flying in trail formation with 1,000 feet (300 m) between aircraft. Two A-1E Skyraider aircraft provided air cover. The target itself was a road cut sharply into a hillside on a long traverse.

The drop itself went as planned, with good coverage over the road for about 800 metres (1⁄2 mi). Later in the day, rain activated the "soap" and the initial reports were that the entire road had washed into the valley. That night, at a party at one of the local CIA watering holes, the C-130 crews and the CIA operatives celebrated the successful mission. Two other missions were flown by the same aircrews, operating out of Cam Ranh Air Base in South Vietnam. The targets on those two missions were at the north end of A Shau Valley, in South Vietnam, but were unsuccessful.

The crews had been told that the North Vietnamese would rush hundreds of personnel to the drop site and remove the "soap" before the rainfall that was required to activate the chemicals. On the last mission, the third aircraft, commanded by Captain John Butterfield, was seriously damaged by ground fire. Although the plane managed to land at Chu Lai, it was a total loss because of a warped wing spar. For his actions on that day, Butterfield received the Silver Star medal. It was decided that the experiment had not justified the risk, and the project was cancelled.

https://en.wikipedia.org/wiki/Ho_Chi_Min..._the_trail

So weit ich es wie schon geschrieben aus SOG Quellen weiß gab es noch mehr solcher Einsätze als die hier genannten, aber die Erfolge so weit man sie vor Ort durch RT überprüfen konnte waren mager, auch wenn der beschriebene erste Einsatz konträr dazu sehr erfolgreich war.

Ein Problem war da noch die Strutur des Straßennetzes des Ho Chih Minh Trails. Das war nicht eine Straße, sondern ein endloses Netzwerk von miteinander verbundenen Parallelstraßen. Schaltete man eine Straße an einer Stelle aus, fuhren die Lkw entsprechend einfach auf Ausweichstrecken und trotz aller Bemühungen gelang es eigentlich nie das gesamte Straßennetz irgendwo tatsächlich zu kappen. Dazu hätte es einer vollständigen Bodeninvasion bedurft.

Und noch was dazu:

https://www.globalsecurity.org/military/...o-lava.htm

Und beschließend: war die Ausbringung dieser Chemikalien natürlich nicht gerade umweltfreundlich um mich mal vorsichtig auszudrücken und die Nordvietnamesen welche das Zeug wegschaufeln durften sind vermutlich größtenteils an Krebs krepiert.
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#33
Ich habe beim Herumsuchen noch etwas anderes dazu gefunden: Die Erdrutsche, so der Plan, sollten auch in Verbindung mit starken Regenfällen verursacht werden. Hierfür sollte u. a. eine Mischung aus Magnesium- und Calciumchlorid und/oder Silberiodid ausgebracht werden, um entsprechende Regenfälle zu bewirken. Dafür kamen auch C-130 zum Einsatz. Interessant übrigens in dem Zusammenhang ist "Fon Luang" in Thailand, bei dem künstlicher Regen erzeugt wurde durch die Ausbringung von entsprechenden Chemikalien. Hierbei, auch interessant, kamen sowohl C-130 als auch C-123 (die Maschine kennt man je von der Ausbringung von Entlaubungsmitteln bei den "Ranch Hand"-Flügen) zum Einsatz - erstmals um 1969, also inmitten des Vietnamkriegs.

Ich vermute, dass möglicherweise eine Kombination zum Einsatz kam - einerseits wurden Bodenverflüssiger ausgebracht, andererseits noch zusätzlich künstliche Regenfälle verursacht, um dementsprechend Erdrutsche oder Schlammlawinen auszulösen. Eine spezifische Quelle habe ich zwar nicht gefunden, aber es würde Sinn ergeben, wenn man diese Faktoren zusammenzieht. Ökologisch eine ziemliche Sauerei war es natürlich dennoch...

Schneemann.
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#34
Wurde beides tatsächlich kombiniert eingesetzt, aber andererseits regnet es dort ja auch so durchaus regelmässig und viel.

Das primäre Ziel waren aber gar nicht Erdrutsche, sondern tatsächlich die Unbrauchbarmachung der Straßen welche von tausenden Lkw genutzt wurden mit dem Ziel genau diesen Lkw Verkehr zum erliegen zu bringen, was durch Bombardierungen vorher so nicht gelang. Es sollte also weniger ein Erdrutsch über die Straße gehen (den hätten die Viets schnell weggeschaufelt) sondern es sollte der Boden selbst unbrauchbar fürs Befahren gemacht werden. Wo das gelang war der seifenartige/geleeartige Schlamm anscheinend tatsächlich kaum zu beseitigen.

Die Viets kompensierten das indem sie ständig noch mehr Paralellstraßen bauten und durch noch einen genialen Trick: sie packten einfach die Versorgungsgüter in Fässer und ließen diese kleine Flüsse entlang schwimmen. So wurde auch Treibstoff transportiert. Zum Ende des Krieges wurden sogar Pipelines quer durch den Dschungel angelegt, die für all diese Bemühungen erforderliche Arbeitskraft und die Opfer welche das durch Klima, Gelände, Krankheiten, Mangelversorgung usw. kostete sind unvorstellbar.

Die SOG klärte übrigens das Fasstransportsystem auf und griff es bei Gelegenheit sehr erfolgreich an. Dabei gelang es in einem Fall in einer Filmreifen Aktion Fässer mit Treibstoff mit Spezialsprengladungen zu versehen und diese dann nachdem sie in einem geheimen Zentrallager angekommen waren mitsamt diesem komplett in die Luft zu sprengen. Selbst diese Wassertransportstrecken des Ho Chih Minh Trails wurden übrigens dann gesichert und teilweise scharf bewacht, was natürlich weitere epische Schießereien mit SOG Trupps zur Folge hatte.

Dieses Versorgungsnetz zu sichern, zu unterhalten und auszubauen verschlang unglaubliche Kräfte und band erhebliche Teile der nordvietnamesischen Armee. Der dafür betriebene Aufwand und die immensen Opfer dafür werden bis heute kaum verstanden und nicht ansatzweise berücksichtigt (außer in Vietnam selbst natürlich).
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#35
Eine der interessantesten miltärischen Operationen der SOG in Vietnam war die bis heute umstrittene Operation Tailwind.

Dabei wurde eine sogenannte Hatchet-Force der SOG (de facto eine bis an die Zähne und darüber hinaus bis zum geht nicht mehr mit Waffen, Munition, Wirkmitteln und Minen vollgemüllte Kompanie)

[Bild: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/e...ilwind.jpg]

tief in Laos gegen dort befindliche NVA Einheiten eingesetzt. In Artikeln im Netz dazu wird behauptet, es seien 16 Green Berets und 110 Montagnards gewesen, tatsächlich waren es 15 Amerikaner und 120 Montagnards, but who cares.

Bis heute halten sich dazu Gerüchte, die von einem Einsatz von Sarin-Gas durch die US Truppen gegen die Vietnamesen sprechen, davon dass der Einsatz (auch) der Auslöschung einer Gruppe von US Deserteuren diente und diese tatsächlich von den Kämpfern der SOG abgeschlachtet wurden und dass es dabei zu extremsten Kriegsverbrechen gegen Zivilisten kam. Tatsächlich nachweisbar ist der massive Einsatz von CS Gas, was sich als militärisch durchschlagend erwies da der Gegner damit völlig überfordert war. Die ganze Mission zeigt daher einmal mehr klar auf, wie immens wertvoll militärisch CS Gas sein kann.

Unabhängig davon war der Einsatz spektakulär erfolgreich, es wurden Unmengen an NVA Soldaten getötet und verletzt (sehr viel mehr als in dem Wiki Artikel dazu angegeben) und es wurden Geheimdokumente der Nordvietnamesen erbeutet, unvorstellbares Chaos angerichtet und immense Mengen an nordvietnamesischen Material vernichtet. An eigenen Verlusten hatte man gerade mal 3 Montagnards. Jeder einzelne der Amerikaner wurde dabei angeschossen oder mehrfach angeschossen und dass die Verluste derart gering waren lag vor allem an einem Sanitäter, welcher dafür im Jahr 2017 die Medal of Honor erhielt, obwohl er schon unmittelbar nach dem Einsatz dafür vorgeschlagen worden war.

Aus Geheimhaltungsgründen jedoch bekam er seine mehr als verdiente Auszeichung erst 2017 von Präsident Trump verliehen. Aus dem Text der Verleihung der Medal of Honor:

Zitat:Zwischen dem 11. und 14. September 1970 wurde die Kompanie von Sergeant Rose ohne Unterbrechungen von einer stark bewaffneten und zahlenmäßig weit überlegenen feindlichen Streitmacht tief in feindlich kontrolliertem Gebiet angegriffen. Feindliche B-40-Raketen und Mörsergranaten regneten herab, während der Gegner das Gebiet mit Handfeuerwaffen und Maschinengewehrfeuer besprühte, viele verwundete und alle zwang, in Deckung zu gehen.

Sergeant Rose trotzte dem Kugelhagel und sprintete fünfzig Meter zu einem verwundeten Soldaten (Anmerkung: Kein Amerikaner, sondern ein Montagnard). Dann benutzte er seinen eigenen Körper, um den Verletzten während der Behandlung seiner Wunden vor weiteren Verletzungen zu schützen. Nachdem Sergeant Rose den Verletzten stabilisiert hatte, trug er ihn durch die von ständigem Feindfeuer beherrschte Kampfzone in Deckung.

Als der Feind den Angriff noch intensivierte, setzte sich Sergeant Rose ständig dem feindlichen Feuer aus, während er sich furchtlos von Verletzten zu Verletzten bewegte und lebensrettende Hilfe leistete.

Eine B-40-Rakete schlug nur wenige Meter von Sergeant Rose entfernt ein, warf ihn von den Füßen und verletzte seinen Kopf, seine Hand und seinen Fuß. Seine Verletzungen ignorierend, kämpfte sich Sergeant Rose auf die Beine und leistete weiterhin Hilfe für die anderen verletzten Soldaten ohne sich um seine Verletzungen zu kümmern.

Während eines Rettungsversuchs setzte sich Sergeant Rose erneut dem feindlichen Feuer aus, als er versuchte, verwundetes Personal auf den schwebenden Hubschrauber zu heben, der aufgrund ungeeigneten Geländes nicht landen konnte.

Die Medevac-Mission wurde aufgrund des intensiven feindlichen Feuers abgebrochen und der Hubschrauber stürzte einige Meilen entfernt aufgrund des feindlichen Feuers ab, dass ihn während der versuchten Extraktion beschädigt hatte.

In den nächsten zwei Tagen setzte sich Sergeant Rose weiterhin dem feindlichen Feuer aus, um die Verwundeten zu behandeln, die schätzungsweise die Hälfte der Angehörigen der Kompanie ausmachten. Am 14. September startete der Feind während der Evakuierung des Unternehmens per Helikopter eine groß angelegte Offensive.

Sergeant Rose kehrte, nachdem er verwundetes Personal in den ersten Satz von Extraktionshubschraubern geladen hatte, unter feindlichem Feuer in den äußeren Perimeter zurück, trug Verletzte und brachte verwundetes Personal in sicherere Positionen, bis sie evakuiert werden konnten. Dann kehrte er zum Perimeter zurück, um den Feind abzuwehren, bis der letzte Extraktionshubschrauber eintraf. Als der letzte Hubschrauber geladen war, begann der Feind, die Stellungen der Kompanie zu überrennen, und der Marine-Türschütze des Hubschraubers wurde in den Nacken geschossen.

Sergeant Rose führte sofort eine kritische medizinische Behandlung an Bord des Hubschraubers durch und rettete das Leben des Marines. Der Hubschrauber mit Sergeant Rose stürzte mehrere hundert Meter von der Entnahmestelle entfernt ab und verletzte Sergeant Rose und das Personal an Bord noch mehr.

Trotz seiner zahlreichen Verwundungen in den letzten drei Tagen zog und trug Sergeant Rose weiterhin bewusstlose und verwundete Personen aus den brennenden Trümmern und leistete weiterhin Hilfe für die Verwundeten, bis ein weiterer Rettungshubschrauber eintraf.

Sergeant Roses außergewöhnlicher Heldenmut und seine Selbstlosigkeit über die Pflicht hinaus waren entscheidend, um in diesem Zeitraum von vier Tagen zahlreiche Leben zu retten.

Interessantererweise gibt es ein Photo von Rose direkt nach seiner Rückkehr in Süd-Vietnam, eine Rarität da solche Photos normalerweise ohnehin vollständig verboten waren:

[Bild: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/c...d_1970.jpg]
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#36
Zu einem der am meisten unterschätzten Flugzeugmuster seiner Zeit:

https://www.youtube.com/watch?v=PiJHa3oe43s
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#37
Bezüglich dieser Wettergeschichte und der Bodenverflüssigung bin ich durch Zufall noch über einen ganz profanen Wiki-Artikel gestolpert (wenn ich anfangs nur gewusst hätte, wo man suchen muss):

https://en.wikipedia.org/wiki/Operation_Popeye

Schneemann
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#38
@Quintus
Zitat:Solche Domino-Theorien haben sich insgesamt geschichtlich gesehen meist als falsch erwiesen.
Sicher? Genau genommen war die Domino-Theorie in Südostasien gar nicht so falsch. Mitte der 1950er - nach dem "Fall" Chinas 1949 und dem Koreakrieg - war das große Zittern am Potomac, quasi nach dem Motto, wenn wir in Vietnam nicht aktiv werden, dann fällt ganz Südostasien dem Kommunismus anheim. Man wurde aktiv, ging rein, scheiterte, zog sich zurück. Und siehe da: Nach 1975 war nicht nur Vietnam geeint unter den Kommunisten, sondern es waren gleich auch noch Laos und Kambodscha kommunistisch bzw. stalinistisch. Und in Indonesien konnte gerade noch, im Kontext eines fürchterlichen Blutbades, die Machtübernahme verhindert werden. So ganz falsch lag man also nicht, auch wenn diese Theorie sich später (nach 1990) verflüchtigte.

Schneemann
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#39
1. Das systematische Massenmorden in Indonesien, welches dort den Kommunisten endgültig das Genick brach endete 1966. Das war etliche Jahre vor Ende des Vietnamkrieges.

2. In Laos wären die Kommunisten nicht an die Macht gekommen, hätte es nicht 1970 das unheilvolle Eingreifen der USA dort gegeben. Und der Umsturz in Laos führte zugleich (im gleichen Jahr) dann zum rasanten Aufstieg der Roten Khmer, welche vorher so gut wie keine Kämpfer gehabt hatten und am Jahresende bereits bei ca 50.000 Mann standen.

3. Dadurch und durch die folgende Einmischung der USA in den kamodschanischen Bürgerkrieg kippte dann auch dort die Lage zugunsten der Kommunisten. Noch 1973 galt der Konflikt in Kambodscha übrigens als einer der nur von ausländischen Mächten geführt wird und wollte die gesamte Bevölkerung Kambodschas eigentlich nur ihre Ruhe. Da war aber noch nicht einmal der Vietnamkrieg zu Ende. Und die Roten Khmer kamen 1975 endgültig im ganzen Land an die Macht, de facto im gleichen Jahr als der Vietnamkrieg endete und nicht danach.

Wie man also sieht ist die Lage wesentlich komplexer, und abgesehen davon sollte man schon die Chronologie einhalten.
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#40
Zitat:1. Das systematische Massenmorden in Indonesien, welches dort den Kommunisten endgültig das Genick brach endete 1966. Das war etliche Jahre vor Ende des Vietnamkrieges.
Ja, korrekt, das war mein Fehler. Ich hatte irgendwie 1976 im Kopf statt 1966, keine Ahnung wieso...
Zitat:2. In Laos wären die Kommunisten nicht an die Macht gekommen, hätte es nicht 1970 das unheilvolle Eingreifen der USA dort gegeben. Und der Umsturz in Laos führte zugleich (im gleichen Jahr) dann zum rasanten Aufstieg der Roten Khmer, welche vorher so gut wie keine Kämpfer gehabt hatten und am Jahresende bereits bei ca 50.000 Mann standen.

3. Dadurch und durch die folgende Einmischung der USA in den kamodschanischen Bürgerkrieg kippte dann auch dort die Lage zugunsten der Kommunisten. Noch 1973 galt der Konflikt in Kambodscha übrigens als einer der nur von ausländischen Mächten geführt wird und wollte die gesamte Bevölkerung Kambodschas eigentlich nur ihre Ruhe. Da war aber noch nicht einmal der Vietnamkrieg zu Ende. Und die Roten Khmer kamen 1975 endgültig im ganzen Land an die Macht, de facto im gleichen Jahr als der Vietnamkrieg endete und nicht danach.
Zwar war das Hineinziehen dieser beiden Länder in den Vietnamkrieg sicher eine massive Eskalation seitens von Nixon, aber ich bin mir nicht sicher, ob dies entscheidend war für die spätere Machtübernahme der Kommunisten. Die Vietnamesen operierten bereits recht ungestört von Laos aus (und arbeiteten mit dem Pathet Lao eng zuzsammen) noch ehe die USA und die Südvietnamesen den Krieg dorthin ausweiteten. Und in Kambodscha tobte bereits ein Bürgerkrieg, wie du ja auch schreibst. Insofern: Ich denke, dass das Eingreifen der USA dort zwar den Umstand beschleunigte, dass beide Länder an die Kommunisten fielen, aber nicht grundlegend bewirkte - es hätte ohne das Eingreifen allenfalls 2-3 Jahre länger gedauert.

Schneemann
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#41
Nehmen wir mal als Beispiel Laos. Vor dem Sturz des Prinzen 1970 durch den CIA belief sich die Zahl der kommunistischen Kämpfer dort auf wenige tausend mit einer abnehmenden (!) Tendenz, dem folgend stieg sie innerhalb eines Jahres (!) - also bis Beginn 1971 auf ca. 50.000 oder mehr. Der bizarre Bombenkrieg der USA gegen beide Länder kam dann da noch dazu. Wer glaubt dass es auf die Frage welchem Lager die Bevölkerung zuneigt keinen Unterschied macht ob man mehr Bomben auf ein Winz-Land schmeißt als im ganzen Zweiten Weltkrieg insgesamt geworden wurden, der hat meiner Meinung nach einen zu weit von den Menschen dort entfernten Blickwinkel. Dazu noch die ganze wirklich miese Drogenschieberei und Förderung des Drogenanbaus durch die CIA und was sie dort noch alles für Schandtaten vor sich hinverbrochen haben.

Die Auswirkungen der Handlungen der USA in beiden Ländern werden auch heute noch zweifelsohne von Historikern kontrovers diskutiert und man hat hier natürlich auch keine einheitliche Haltung. Nur damit für dich dahingehend Klarheit herrscht: ich gehöre rein persönlich "dem Lager an", welches davon ausgeht, dass die Handlungen der USA maßgeblich für die kommunistische Machtübernahme in beiden Ländern waren, und dass diese ansonsten so nicht stattgefunden hätte bzw. stattfinden hätte müssen.
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#42
Mal eine simple Frage zum Vietnamkrieg:

Warum gab es eigentlich nie eine groß angelegte Offensive auf den Norden in Kombination von USA+Südvietnam?
Mit 1,5 Millionen Südvietnamesen + 500k Amerikanern hätte man das doch eigentlich wuppen können?
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#43
Mein Tipp: Mögliche Einmischung Chinas, so wie in Korea.
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#44
(09.05.2022, 18:56)Facilier schrieb: Mal eine simple Frage zum Vietnamkrieg:

Warum gab es eigentlich nie eine groß angelegte Offensive auf den Norden in Kombination von USA+Südvietnam?
Mit 1,5 Millionen Südvietnamesen + 500k Amerikanern hätte man das doch eigentlich wuppen können?

Meines Erachtens war die Moral der Südvietnamnesen dafür viel zu schlecht. In Südvietnam operierte der Vietcong. In Nordvietnam gab es nichts Vergleichbares auf Seiten der USA. Die bittere Wahrheit damals war dass der Kommunismus mehr Herzen in Vietnam gewinnen konnte als der Kapitalismus.
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#45
Facilier:

Man ging für den Fall einer Invasion Nordvietnams von einem unmittelbaren Eingreifen der VR China und der Gefahr einer Eskalation mit der Sowjetunion aus. Dann wäre wie in Korea die Volksbefreiungsarmee sofort nach Nordvietnam einmarschiert und die Sowjets ließen auch regelmässig Signale ab, dass sie dann massiver in diesen Krieg einsteigen würden.

Bezüglich der Kriegschancen ohne ein Eingreifen Chinas:

Die südvietnamesische Armee wird heute allgemein unterschätzt. Vor allem im konventionellen Bereich waren die Südvietnamesen gar nicht so schlecht. Zusammen mit den US Truppen hätte man Nord-Vietnam problemlos schlagen und besetzen können.

Aber auch so hätte man in Nordvietnam sehr viel mehr tun können. Beispielsweise gab es durchgehend den Vorschlag, die Häfen Nordvietnams zu verminen und die wenigen Eisenbahnlinien und Eisenbahnbrücken Richtung Norden zu zerstören. Dies hätte den Nachschub der Vietnamesen empfindlich gestört und wäre immens viel effektiver gewesen als die ganzen Angriffe auf den Ho-Chi-Minh Pfad.

Tatsächlich wurde diese Möglichkeit seitens der Nord-Vietnamesen durchgehend befürchtet und seites deren Eliten als ein mögliches Kipp-Element gesehen, durch das der Krieg verloren gehen würde. Deshalb bedrängte man China und die Russen für diesen Fall Sicherheitsgarantien abzugeben, was sie aber nicht taten.

Die USA wiederum wollten beispielsweise eine solche Eskalation vorübergehend nicht, um den SALT I Vertrag mit den Sowjets nicht zu gefährden (diese ließen anklingen, dass dieser Vertrag scheitern würde, sollten die USA zu solchen Mitteln greifen) etc. Es gab also immer scheinbar gute Gründe dies nicht zu tun.

Als man schließlich Anfang Mai 1972 die Häfen Nordvietnams doch verminte, geschah - nichts. Weder China noch die Sowjets griffen ein. Zu dieser Zeit begannen sich aber auch die Beziehungen zwischen China und den USA zu verändern. Das Ergebnis war für Nord-Vietnam katastrophal. Zwischen 80% und 90% des Nachschubs brachen vorübergehend weg.

Man stellte diesen also auf Eisenbahn um. Als die USA aber dann unter Nixon in der Opertion Linebacker auch die Brücken zerstörten und die Eisenbahnlinien mit Präzisionsmunition angriffen, hatte dies auf der Stelle einen erheblichen spürbaren Effekt auf die Kämpfe in ganz Südvietnam. Der Nachschub brach erneut um mindestens 70% ein, und die Südvietnamesischen Truppen begannen sich durchzusetzen.

Exakt dies brachte dann die Nordvietnamesen in Paris wieder an den Verhandlungstisch zurück ! Der Erfolg der Verminung und die Kappung der Eisenbahnlinien sowie der strategische Luftkrieg gegen Nordvietnam erzielten also eine erhebliche politisch-strategische Wirkung. Nord-Vietnam musste einlenken.

Auch strategisch-militärisch und operativ waren die Auswirkungen immens. Die gerade laufende Offensive der Nord-Vietnamesen nach Süd-Vietnam hinein wurde zerschlagen, die Nord-Vietnamesen komplett aus dem Land gedrängt, ca. 100.000 Soldaten der nordvietnamesischen Armee kamen ums Leben.

Der Vietcong wurde zu dieser Zeit ebenfalls praktisch gesehen ausgeschaltet (eine Entwicklung die mit Ende der Tet-Offensive begann) und genau genommen hatte man damit den Guerilla-Krieg in Süd-Vietnam gewonnen. Etwas was in vielen westlichen Darstellungen auch so gut wie keine Beachtung findet.

Die USA nutzten die Gunst der günstigen Umstände und zogen sich aus dem Krieg zurück. Entsprechend wurde im Januar 1973 das Pariser Abkommen unterzeichnet, und der Krieg endete, wobei aber beide Seiten (Süd- wie Nordvietnam das Abkommen noch im gleichen Jahr brachen und auch die USA die in diesem Abkommen und per Geheimdiplomatie gemachten Zusagen nicht einhielten.

Der Abzug der USA Armee und die verringerte und schließlich eingestellte Militärhilfe führten in Südvietnam zu einer massiven Wirtschaftskrise und Südvietnam konnte daher seine Streitkräfte nicht mehr unterhalten (es wurde beispielsweise kein Sold mehr gezahlt, die Soldaten fingen daher an zu plündern etc) und dem folgend kam es in Südvietnam zu einer rasanten wirtschaftlichen Abwärtsspirale und damit zur Ablehnung der Regierung durch die Bevölkerung. Dem folgend invasierten konventionelle nord-vietnamesische Truppen das Land und eroberten es bis zum 30. April 1975.

Eine interessante Fragestellung in dem Kontext ist, was Geschehen wäre, wenn die USA bereits viele Jahre zuvor, beispielsweise noch vor der Tet-Offensive die Häfen Nord-Vietnams vermint hätten und die Eisenbahnbrücken zerstört hätten?!

lime:

Zitat:Die bittere Wahrheit damals war dass der Kommunismus mehr Herzen in Vietnam gewinnen konnte als der Kapitalismus.

Genau genommen gab hier der vietnamesische Nationalismus den Ausschlag. Der Kommunsimus hatte es in Wahrheit gar nicht so leicht in Vietnam und musste auch erst an vielen Orten mit Terror, Gewalt, Morden, Unterdrückung usw. gegen die Mehrheit durchgesetzt werden. Es wird heute weithin nicht mehr verstanden, wie der Vietcong agierte und wie er sich in der Bevölkerung verbreitete und durchsetzte.
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