(22.11.2025, 23:29)Broensen schrieb: Diese zwei Sätze sind widersprüchlich. Wenn die Abverkäufe in der Krypto-inhärenten Volatilität begründet sind, dann sind das doch Krypto-spezifische Gründe.
Die Höhe der Abverkäufe erklärt sich aus der kryptoinhärenten Volatilität. Die Ursachen und schlussendliche Auslöser der Abverkäufe liegen dagegen regelmäßig nicht im Kryptobereich.
Diese letzte Woche hatte man im Markt im Nachgang zu den Nividia-Zahlen eine (bislang sehr normale) Korrektur nachdem die (US) Märkte zuletzt All-Time-Highs zu einem gewissen Plateau hin ausgebildet hatten. Die Kursentwicklung bei Bitcoin lief dabei über das Kalenderjahr und insb. seit der trumpschen Zollkorrektur im April mit etwas größerer Volatilität sehr parallel zur allgemeinen Entwicklung der (US) Märkte.
Insofern darf es überhaupt nicht verwundern, dass wenn der Markt insgesamt korrigiert auch Bitcoin unter Druck kommt. Denn: Bitcoin (und der restliche Cryptomarkt sowieso) ist entgegen der Behauptungen der letzten Fantasten in meinen Augen ein reines und aktuell überspieltes Risk-On Asset. Kein sicherer Hafen oder gar das neue Gold sondern (großartige) Spielwiese in Zeite hoher Liquidität solange die Musik läuft und die Party weitergeht.
Und momentan ist halt fraglich ob die Party so weitergeht wie bisher und wir alsbald neue Höchstwerte sehen. Warum? Momentan ist viel Unsicherheit im Markt. Man hat im Jahresverlauf eine schöne Ralley zu neuen All-Time-Highs hingelegt. Getrieben war diese Entwicklung (nach der realwirtschaftlich eigentlich belastenden Zollpolitik Trumps die im April eingepreist wurde) ziemlich singulär von den Entwicklungen in der Tech-Branche, sprich LLMs und AI.
Hinter diesen Entwicklungen steht mittlerweile ein (in meinen Augen wenigstens quartalsmäßig betrachtet ungerechtfertigtes) Fragezeichen ob sich die sehr hohen Investitionen der Tech-Giganten in relevant hohe Revenue-Ströme ummünzen lassen werden oder ob dem ganzen Komplex AI momentan schlicht Business Case fehlt.
Das mag man bewerten wie man will, jedenfalls steht die Frage nach einer AI-Bubble im Raum und sorgt(e) im Vorfeld der Quartalszahlen von Nvidia für recht hohe Nervosität.
Nivida hatte aber geliefert, die fantastischen Wachstumsraten übertrafen die Erwartungen der Analysten nochmals relativ deutlich. Und wenig überraschend stiegen die Märkte darauf am Donnerstag auch um den ein oder anderen Prozentpunkt bevor das Sentiment mit Eröffnung der US-Märkte dreht und es fast binnen weniger Minuten sehr tief nach unten ging.
Insofern kann man vielleicht sagen, dass der Markt einen Auslöser für eine Korrektur suchte, Nivida den eigentlich nicht geliefert hat und der Markt dann trotzdem korrigierte.
Warum? Weil das Top der letzten Wochen und die Unsicherheit im Markt nicht primär aus der Medial gepushten AI-Bubble resultieren, sondern aus dem Government-Shutdown in den USA und der sturen Zinspolitik der Fed.
Der Government-Shutdown hat dazu geführt, dass wichtige Kennzahlen zur US-Wirtschaft nicht veröffentlich wurden. Zusätzlich wurde den Markt technisch Liquidität entzogen bzw. vorenthalten.
Insbesondere ersteres sorgt für wachsende Unsicherheit am Markt, bestehende Fragezeichen werden durch fehlende Daten nur noch vergrößert. Die Daten die dann am Donnerstag kamen (Arbeitsmarktzahlen) konnte man negativ interpretieren.
Springender Punkt waren dann meines Erachtens aber die Einlassungen irgendeiner Fed-Regionalpräsidentin, die meinte Zinssenkungen im Dezember seien unwahrscheinlich. Als das über den Äther ging kannte der Markt keinen Boden mehr. Die Fed hat das dann übrigens gestern wieder eingefangen und prompt war wieder ein (vorläufiger?) Boden drin.
Auf die Idee zu kommen, dass sei alles irgendwie gesteuert wäre freilich vermessen. Das ist natüüürlich nicht der Fall.
Jedenfalls ist die weitere Entwicklung des Marktes von der Zinspolitik der Fed abhängig. Die Nvidia-Zahlen waren bullish genug, dass die Tech-Ralley noch weit in 2026 hinein laufen könnte.
Bleibt die aus, wird der (relative) Abwärtstrend weitergehen.
Die längerfristig gute Nachricht (für das Börsencasino) ist, dass sie nicht ausbleiben kann. Die USA müssen nächstes Jahr gigantisch hohe Schuldenbeträge neu finanzieren, bei einem Leitzins von 3.75% sprengt das schlicht den Haushalt. Jerome Powells Amtszeit als Fed-Chef endet dann im Mai und Trump wird jemanden einsetzen, der die Fiskalpolitischen Schleusen öffnet und zu einer expansiven Geldpolitik zurückkehrt.
Spätestens dann steigt auch wieder der Bitcoin.
Bis dahin? Buy and Hold. Wer die Schwankungen im Depot nicht aushält ist zu offensiv aufgestellt und sollte seinen Crypto-Anteil perspektivisch reduzieren.
[Auch von mir keine Anlageberatung]