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Ein rasant um sich greifendes Phänomen ist, dass KI anfängt die menschliche Geschichte im Netz umzuschreiben.
Insbesondere werden Unmengen von Photographien von KI gefertigt und als echte historische Bilder ins Netz gespült:
https://www.youtube.com/watch?v=cqrHmjGD1ds
Da KI aber auch zunehmend Bücher schreibt, Arbeiten von Schülern und Studenten, und selbst für wissenschaftliche Arbeiten immer weitergehender benutzt wird, gelingt es auf diese Weise der KI bzw. auch deren Hintermännern auf äußerst subtile Weise immer weitergehender die Darstellung und das Verständnis der Geschichte immer weitergehender zu verfälschen.
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Umso wichtiger wird es sein, dass man Bibliotheken und Archive erhält und fördert. Denn die alten Wälzer, die man dort findet, können nicht verändert werden, allenfalls ihre verfilmten bzw. digitalisierten Ausführungen, die man im Netz finden kann.
Notwendig wäre es aber auch, das Gespür darüber und das Interesse hierfür zu wecken. Aber wer geht gerne heutzutage noch in Bibliotheken oder hat noch ein Bücherregal, das diesen Namen verdient?
Wenn diese Entwicklung so weiter geht, könnte es sein, dass man irgendwann den radikalen Schritt gehen muss, dass sämtliche Internetquellen nicht mehr als verwertbar und als Beleg angesehen werden können bzw. dürfen. D. h. der harte Schritt zurück rein zu gedruckt vorliegenden Quellen. Es gibt bereits solche (noch zaghaften) Gedanken im universitären Umfeld - aller Digitalisierung zum Trotz.
Schneemann
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Das ist hochinteressant, denn Geschichte wird ja nicht nur erzählt, sie wird verstanden durch die Quellen, die wir nutzen – und diese Quellen wählen wir ja aufgrund ihrer Nachvollziehbarkeit. Das ist unsere Brücke in unsere Vergangenheit. Und ebendiese Brücke wird durch algorithmische Verzerrung untergraben.
Um Geschichte überhaupt begreifen zu können, nutzt man Quellen, und diese wiederum werden aufgrund ihrer Nachvollziehbarkeit ausgewählt. Eine algorithmische Verzerrung untergräbt das. Der aktive Prozess von Entdeckung, Verstehen und Interpretieren wird jetzt zu einem passiven Akt des Konsums. Das isoliert den Menschen von seiner eigenen Vergangenheit. Was sich jetzt ausbreitet ist die digitale Amnesie.
Was mit der Verzerrung von Informationen beginnt, endet mit einem Bruch in der Beziehung des Menschen zu seiner eigenen Geschichte. Schon jetzt diskutiert er Inhalte, die von Maschinen generiert wurden, deren Herkunft er nicht mehr erkennen kann, und die ihm in ihrer Form keine Möglichkeit zur Hinterfragung lassen.
Ich habe erst kürzlich jemandem geschrieben: Leg Dir Bücher zu und wisse, daß Wissenschaftsgläubigkeit die dümmste Religion ist.
PS: Verfälschte schreibt man mit t. 🙃
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Allerdings hat die Digitalisierung viele Dokumente auch für die große Mehrheit erst zugänglich gemacht oder bezahlbar .
Bei Nara Rollen (US Beuteakten z.B. Kriegstagebücher der Wehrmacht)welche vor der Digitalisierung ein teures Hobby waren sind dadurch bezahlbar geworden oder stellenweise sogar kostenlos .
Russland begann vor einigen Jahren ebenfalls mit deutscher Hilfe die deutschen Beuteakten zu digitalisieren und stellte diese kostenlos der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Von beiden Seiten sind trotzdem bisher noch nicht alle Akten veröffentlicht und so bleibt deren Inhalt weiter unter Verschluss.
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In meinen Augen müssen zwei Dinge unterschieden werden, zum einen die "Geschichtsfälschung" als plumpes Geschäftsmodell, und zum anderen eine solche aus ideologischen Motiven. Ersteres habe ich bewusst in Gänsefüßchen gesetzt, weil das Motiv nicht eine Geschichtsfälschung selbst ist, sondern die Generierung von Beiträgen, die möglichst häufig geklickt, geteilt und kommentiert werden sollen. Der Inhalt spielt dabei für den Ersteller keine Rolle, wobei der direkt absurderweise inzwischen in der Regel selbst eine KI ist - die Technologie melkt den Menschen. Natürlich besteht gerade aufgrund dieser Eingängigkeit die Gefahr von massiv veränderten Geschichtswahrnehmungen gerade in der breiten Bevölkerung, etwas, das aber auch in anderen Bereichen zutreffend ist und schon seit Jahrzehnten beispielsweise von der Boulevardpresse oder den berühmt-berüchtigten Clickbait-Artikeln bedient wird (und davor auch schon auf andere Art und Weise). Gleichzeitig sollte das auf die eher "akademische" (und damit meine ich nicht nur die strikt institutionelle Wissenschaft, sondern jede tiefergehende Betrachtung) Forschung keinen großen Einfluss haben. Vielleicht taugt es sogar, Scharlatane zu entlarven.
Etwas anderes ist die Geschichtsfälschung aus ideologischen Motiven, die es unbewusst sowieso immer gab und geben wird, die aber auch bewusst ein bewährtes Mittel war und ist und durch den Einsatz von KI lediglich vereinfacht wird. Es geht nicht um ein neues Phänomen, sondern um eine Fortschreibung der Geschichte der Geschichtsfälschung mit wesentlich effizienteren und effektiveren Mitteln.
Ein großes Problem ist meiner Ansicht nach, dass gerade im Geisteswissenschaftlichen Bereich zwischen diesen beiden Varianten zwangsweise eine Wechselwirkung auf den höheren Ebenen gibt. Da ist die Gefahr aufgrund der Zugänglichkeit so groß wie nie zuvor, dass wir hier aktiv Wissen verlieren.
Nebenbei bemerkt, da es ja hier erwähnt wurde: "alte Schinken", Bibliotheken oder allgemein Bücher, die vor der KI existierten, sollten mit Blick auf das Potenzial für (ganz objektive) Falschinformationen und natürlich auch zweifelhafte Interpretationen nicht überschätzt werden. Nicht nur sind auch diese nicht Fälschungssicher, die Motivation, Mittel und nicht zuletzt die menschlichen Unzulänglichkeiten gab es schon immer, und sie führten eben schon immer bewusst oder unbewusst zu Verfälschungen.
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Gutes Beispiel dazu was deutschen Generäle nach dem 2.Wk zu Papier gebracht haben. Ein reinwaschen oder Schmutz verteilen oder einfach Schuldzuweisungen gehört da auch schon zur geschichtsfälschung.
Allerdings bleibt diese sowieso nicht aus , da der Sieger die Geschichte schreibt .
Selbst nach 80 Jahren Kriegsende wird der dreck der begangenen Taten immer noch nicht gleich verteilt.