(Land) Mittlere Kräfte
Mittlere Kräfte als Infanterie / oder umgekehrt Infanterie als Mittlere Kräfte haben meiner Meinung nach drei Themenfelder in welchen sie durchaus viel Sinn machen:

1 Ein begrenzter Einsatz von Massenvernichtungswaffen, insbesondere von taktischen Nuklearwaffen und chemischen Waffen

2 COIN im Ausland / IKM

3 COIN im Inland / Bürgerkriegsszenarien

Und man sollte diese Aspekte nicht zu sehr unterschätzen. Die Wahrscheinlichkeit einer russischen Terror- / Guerillakampagne im Baltikum ist größer als die eines vollumfänglichen Angriffs auf das Baltikum etc.

Um noch die Ausführungen von Pmichael aufzugreifen:

Drohnen in ihrer derzeitigen Form in Ukraine sind halt nicht besser als Artillerie. Hier wird wieder versucht das Rad neu zu erfinden, nur weil aus Mangelwirtschaft und generell veralteter Artillerie. Aber was konkret kann eine dutzend Drohne mit 20Km Reichweite besser als ein RCH155 - eigentlich nichts.

Ja absolut richtig. Die sind nicht besser als Artillerie - das heißt aber nicht im Umkehrschluss, dass sie schlecht wären. Denn die Artillerie ist der Gott vieler Schlachtfelder. Und dem folgend könnte man die Frage aufwerfen, ob der Gros der Drohnen die Wirkung erzielen sollen nicht ohnehin der Artillerie unterstellt werden sollte.

Denn die Artillerie hat ohnehin schon am meisten / längsten Erfahrungen mit kleineren Drohnen, mit Aufklärung durch Drohnen, mit indirektem Wirken und der Zusammenarbeit von Drohne und Geschütz - welche ja die in Wahrheit wesentlichste Kombination ist. Deshalb wäre es meine Idee, Drohnen in großer Stückzahl mit der Zielsetzung auch selbst zu wirken der Artillerie zu unterstellen, statt sie in eigenen Drohnen-Einheiten zu konzentrieren. Das leitet gleich zu noch einem Punkt über:

Wenn man über die Wirkung von Drohnen in der Ukraine spricht, dann wird immer nur über die von Drohnen selbst zerstörten Fahrzeuge, Panzer, getöteten Feinde gesprochen. Was dabei aber untergeht ist, wieviele der durch Artillerie zerstörten Fahrzeuge, Panzer, Soldaten etc vor allem deshalb vernichtet werden konnten, weil sie durch Drohnen aufgeklärt wurden. Das reicht von der Raketenartillerie bis hin zum einfachsten Kommando-Mörser, überall steigern Drohnen durch ihre Aufklärung die Leistung immens.

Die Wirkung von Drohnen ist also keineswegs nur auf ihre eigene Wirkung hin begrenzt, ganz im Gegenteil ! Darüber hinaus leistet vor allem anderen die Aufklärung durch Drohnen fortwährend elementare Beiträge für die Gefechtsführung. Und selbst wenn diese Drohnen ausfallen, der EloKa zum Opfer fallen, abgeschossen werden, öffnet das noch Möglichkeiten. Teilweise werden sie inzwischen sogar explizit mit diesem Zweck entsandt, eine feindliche Reaktion zu provozieren. Die Vernichtung der Drohne durch den Feind ist dabei sogar schon das eigentliche Ziel um damit sozusagen gewaltsame Aufklärung zu betreiben und dem folgend wirken zu können.

Diese Leistungen von Drohnen - die querschnittlich viel wesentlicher sind als Angriffe auf Kampfpanzer durch die Drohnen selbst - gehen einfach viel zu sehr unter.

Und gerade mittlere Kräfte sind im besonderen Maße auf eine solche verbesserte Aufklärung angewiesen, und als Infanterie-Brigaden sogar noch mehr. Entsprechend gibt es gar keinen Widerspruch zwischen mittleren Kräften und mehr organischen Drohnenverbänden innerhalb dieser, ganz im Gegenteil !!

Der Mangel an Absitzstärke, der Mangel an Infanteristen in diesen Brigaden bedeutet darüber hinaus, dass diese quantiativ unzureichende Infanterie ohnehin am besten durch viele Drohnen ergänzt wird, gerade eben um diesen Mangel auszugleichen und die begrenzte Infanterie angesichts der drohenden hohen Verlust durchhaltefähig im Gefecht zu halten.

Ohne Drohnen werden diese Infanterie-Brigaden sehr schnell verbluten und eben nicht mehr einsatzfähig sein. Nur durch Drohnen können sie überhaupt als Infanferie durchhaltefähig kämpfen !
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(27.01.2025, 16:53)Quintus Fabius schrieb: Mittlere Kräfte als Infanterie / oder umgekehrt Infanterie als Mittlere Kräfte haben meiner Meinung nach drei Themenfelder in welchen sie durchaus viel Sinn machen:

1 Ein begrenzter Einsatz von Massenvernichtungswaffen, insbesondere von taktischen Nuklearwaffen und chemischen Waffen

2 COIN im Ausland / IKM

3 COIN im Inland / Bürgerkriegsszenarien
Nichts davon entspricht dem, womit seitens der BW für die mKr argumentiert wird.

Das Grundprinzip ist ja noch nicht einmal unbedingt falsch. "Radmechanisierte" Infanteriebrigaden sind ein sinnvolles IKM-Mittel, dass auch im LV/BV-Kontext Verwendung finden kann. Das bestreite nicht mal ich. Die SCBTs waren im Kontext ihrer Zeit eine gute Idee, wenn auch mit einem schlechten Fahrzeug umgesetzt.

Ich würde auch bspw. den Briten sehr dazu raten, BOXER-Brigaden aufzustellen, weil sie dort mehr Sinn ergeben als sich krampfhaft an zunehmend unzureichenden Panzerkräften festzuklammern, die man nur unter hohem Aufwand in den Einsatz bekommen kann.

Es ist das konkrete Konzept der BW für die Strukturierung und Verwendung der mKr, das keinen Sinn ergibt.
Zitat:dem folgend könnte man die Frage aufwerfen, ob der Gros der Drohnen die Wirkung erzielen sollen nicht ohnehin der Artillerie unterstellt werden sollte.

Denn die Artillerie hat ohnehin schon am meisten / längsten Erfahrungen mit kleineren Drohnen, mit Aufklärung durch Drohnen, mit indirektem Wirken und der Zusammenarbeit von Drohne und Geschütz - welche ja die in Wahrheit wesentlichste Kombination ist. Deshalb wäre es meine Idee, Drohnen in großer Stückzahl mit der Zielsetzung auch selbst zu wirken der Artillerie zu unterstellen, statt sie in eigenen Drohnen-Einheiten zu konzentrieren.
Ich sehe da zwei unterschiedliche Formen des Einsatzes von Drohnen:

Zum Einen ist da der unterstützende, bei dem eine Kampf- oder Aufklärungseinheit sich der Drohne als Mittel zum Erreichen der eigentlichen Ziele bedient. Dafür müssen diese Drohnen direkt bei den zu unterstützenden Truppen aufgehängt sein und können somit nicht eigenständig organisiert werden.

Zum Anderen gibt es den Einsatz von Drohnen als eigenständiges Aufklärungssystem zwecks Zielfindung und ggf. auch Bekämpfung aus der Distanz. Das ist ureigenes Terrain der Artillerietruppe und gehört auch organisatorisch dort hin. Es ist kaum etwas anderes als eine moderne Form von Artillerie.

Und wenn wir dann mal Anti-Drohnen-Drohnen haben werden, dann gehören die sinnvollerweise zur Flugabwehr.

Die Drohne wird als Werkzeug überall Einzug halten, eine eigene Waffengattung stellt sie aber mMn nicht dar. Entsprechende Einheiten ergeben nur in der Entwicklungs- und Erprobungsphase Sinn, um konzentrierter an der Weiterentwicklung und den möglichen Verwendungen dieser Technologie arbeiten zu können.
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Broensen:

Zitat:Die SCBTs waren im Kontext ihrer Zeit eine gute Idee, wenn auch mit einem schlechten Fahrzeug umgesetzt.

Die SBCT waren von Shinseki aber ursprünglich auch komplett anders gedacht worden. Eigentlich sollten sie eine reine Interimslösung für das FCS sein, und sie sollten die bestehenden Einheiten organisch fließend in das FCS überführen.

Daraus wurde dann lediglich aufgrund des Global War against Terror / Irakkrieg das Konzept der SBCT wie wir es dann kennen. Eigentlich aber sollten die zum FCS überleiten, welches dann aber in den Jahren des globalen Antiterrorkampfes aus finanziellen Gründen und weil es seiner Zeit technisch zu weit voraus war beendet wurde.

Ironischerweise sollte das FCS weitgehend Drohnen in seine Strukturen integrieren, und die SBCT sollten dies urspünglich auch, nur war das damals mit der zur Verfügung stehenden Technologie noch zu teuer und zu aufwendig.

Zitat:Es ist das konkrete Konzept der BW für die Strukturierung und Verwendung der mKr, das keinen Sinn ergibt.

Ja natürlich. Wie schon oft geschrieben sind wir ja in wenigem derart gleichermaßen einer Ansicht.

Zitat:Und wenn wir dann mal Anti-Drohnen-Drohnen haben werden, dann gehören die sinnvollerweise zur Flugabwehr.

Und die Flugabwehr gehört aus einer Vielzahl von Gründen am sinnvollsten weitgehend ebenfalls zur Artillerie (beispielsweise weil Artillerie wie Flugabwehr beide Radar verwenden etc).

Meiner Meinung nach müsste und sollte man die Artillerietruppe immens verstärken und zur wesentlichsten Truppengattung der Landstreitkräfte machen.

Ich würde in diesem Kontext sogar vollständige Artillerie-Brigaden aufbauen, welche aber zudem auch noch eigene Sicherungs- und Kampfeinheiten beinhaltet haben. Simpkins hatte schon vor Dekaden dafür allerlei konkrete sehr interessante Konzepte.

Zitat:Die Drohne wird als Werkzeug überall Einzug halten, eine eigene Waffengattung stellt sie aber mMn nicht dar........Bekämpfung aus der Distanz. Das ist ureigenes Terrain der Artillerietruppe und gehört auch organisatorisch dort hin. Es ist kaum etwas anderes als eine moderne Form von Artillerie.

Exakt so sehe ich das ebenfalls. Alle Einheiten benötigen organisch und dezentral gelenkt eigene Drohnen, aber der Gros der Drohnen welche selbst wirken sollen, sollte der Artillerie unterstellt werden.

Und das leitet alles gut über zu der Frage, wie die Artillerie mittlerer Kräfte aufgestellt werden sollte.

Mittlere Kräfte benötigen meiner Ansicht nach mehr Artillerie (prozentual / anteilig) und wenn man die Drohnen welche auch selbst wirken sollen als Teil dieser sieht, dann hätte man genau diese verstärkte Artillerie, allein schon durch den Zuwachs aufgrund der Drohneneinheiten. Zugleich aber wären diese leichter, schneller, mobiler auf der operativen und strategischen Ebene, was ja gerade eben der Sinn mittlerer Kräfte wäre.

Wenn man also Drohnen als Artillerie betrachtet, dann stellen sie gerade eben eine Lösung für das "Artillerie-Problem" / die "Artillerie-Lücke" der mittleren Kräfte dar, schließen diese und bilden zugleich das gerade eben für mittlere Kräfte so wesentliche Drohne - Geschütz Gespann zur Verfügung.
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Was alles wieder zu dem Punkt führt, an dem mKr eben keine Infanteriebrigaden sein sollten, sondern im Kern einen weitreichenden Aufklärungs/Wirkverbund bilden, dessen Bodenkampfkomponente mehr der Aufklärung dient, als dem Halten von Gelände. Seine Infanteriekomponente wäre also lediglich in diesem Rahmen und somit nur als absitzende Aufklärungskomponente vorzusehen und die Brigade würde sich nicht um sie herum organisieren, sondern um die Artillerie- und Aufklärungskräfte.
Diese mKr-Brigaden würden den russischen Infanteriewellen asymmetrisch mit technisch bedingtem Informationsvorsprung und weitreichender Effektivität entgegentreten, statt mit unzureichenden symmetrischen Mitteln. Und sie wären zugleich auf Divisionsebene eine hervorragende Ergänzung zu sKr-Brigaden.
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Ja, man könnte die mittleren Kräfte durchaus so aufstellen. Sie wären dann die von Simpkins schon in den 80er Jahren angedachten hochmobilen Artillerie-Brigaden (Strike Brigades) welche eben nicht nur aus Artillerie bestanden, sondern aus einem Verbund von mehreren Systemen, von Geschützen über Flugabwehr bis hin zu einem organischen "Panzergrenadier"-Regiment pro Artillerie-Brigade. Wobei sich die Brigade eben nicht um dieses herum organisiert, sondern um die Artillerie, besagtes Regiment also nicht der Kern der Brigade ist, sondern eine ihrer organischen Unterstützungseinheiten.

So aufgestellt wären solche mittleren Kräfte auch meiner Ansicht nach eine wertvolle Ergänzung der baltischen Streitkräfte, ebenso auch der polnischen.
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