Sechster Nahostkrieg
Traurig ja, aber der Bericht verschweigt die Operationsbasis der Hamas, die Gefangenenlager, die Waffenlager und die Fernmeldetechnik im Keller ebendieses Krankenhauses , welche wohl kaum ohne Wissen des Chefarztes dort waren oder ?
Immer beide Seiten der Medaille sehen !
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Es gibt hier keine zwei Seiten einer Medaille - sondern allein die Frage, ob etwas im Sinne der Gesamtstrategie funktional ist oder nicht. Die Israelis töten keineswegs alle Hamas Angehörigen und entfernen diese auch nicht allesamt von ihren jeweiligen Stellen / Funktionen, insbesondere was die zivilen Anteile der Hamas angeht.

Das Vorgehen gegen dieses Krankenhaus und besagten Arzt also mit Zugehörigkeit zur Hamas oder im vorliegenden Fall sogar nur mit dem Wissen um Hamas Aktivitäten legitimieren zu wollen, ist deshalb an der Sache vorbei. Wer in Gaza wusste nicht von jeweiligen Hamas Aktivitäten und was hätten die Menschen dort überhaupt dagegen machen sollen?!

Jeder wusste dort was vor sich geht, anders wäre es auch so für die Israelis gar nicht in diesem Ausmaß aufklärbar gewesen. Das legitimiert nichts und legalisiert nichts.

Aber Recht, Moral und Ethik sind hier für die Bewertung des israelischen Vorgehens ohnehin irrelevant wie beschrieben. Es verbleibt also nur die Frage, ob die Zerstörung des Krankenhauses bzw. dessen Unbrauchbarmachung funktional ist oder nicht.

Und ob sie das ist hängt allein von der Frage ab, was das strategische Ziel der Israelis ist.

Wollte man tatsächlich die Hamas vollständig besiegen und auslöschen (was man in Wahrheit gar nicht will !) dann wäre das Vorgehen gegen das Krankenhaus falsch bzw. nicht funktional. Weil es die Besiegung der Hamas in Wahrheit erschwert. Im Zuge jedweder denkbarer COIN Strategie ist es nicht sinnnvoll, Krankenhäuser unbrauchbar zu machen.

Daraus dass dies aber dennoch stattfindet, lässt sich nun umgekehrt durchaus einiges auf die tatsächlichen strategischen Ziele der Israelis schließen, welche sie natürlich nicht öffentlich verkünden. Aber aus solchen Handlungen lässt sich durchaus ableiten, dass die Vernichtung der Hamas ebensowenig geplant ist wie eine Befreiung der Palästinenser in Gaza noch irgendeine andere Form von langfristiger Koexistenz.
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Im Endeffekt sagen wir also das gleiche, so ein Schritt wird nur gemacht wenn der Nutzen größer als der Imageschaden ist. In diesem Konflikt muss Logik vor ethischen Entscheidungen stehen, sonst würden die Israelis nicht seit ihrer Gründung sämtlichen arabischen Staaten rundum, immer wieder in den Hintern treten, sobald sie frech werden ( wobei das frech werden ja immer nur durch den Kommiblock später Russland entfacht und am laufen gehalten wurde).
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So ein Schritt kann auch dann erfolgen, wenn man unfähig ist, aus Inkompetenz also, was noch eine weitere Erklärung ist.

Oder weil man vor allem langfristig gesehen zutiefst falsche Ziele verfolgt, nämlich die Gewinnung von Staatsgebiet / Siedlungsraum. Oder weil man in Wahrheit auf eine teilweise ethnische Säuberung von Gaza hinaus will.

Desweiteren können ethische Entscheidungen auch logisch sein bzw. die rein logisch-rational besser Alternative. Es hängt halt von den Umständen und der Zielsetzung ab.

Eine Betrachtung frei von Moral und Ethik dient also nur dazu, die Sache so kalt und rational wie mögilch analysieren zu können, ohne seinen Blick durch solche Einschränkungen trüben zu lassen. Und dann sieht man, dass Israel hier eben entweder:

1. Inkompetent ist (nur weil jemand früher / bisher fähig war, heißt das ja nicht, dass er dies für alle Zeiten sein wird)

oder

2. eine geheime strategische Agenda verfolgt, die von der abweicht welche offiziell verfolgt wird.

Entweder ist Israel also unfähig - oder seine Strategie verfolgt Ziele welche nach allgemeiner (ethisch-moralischer) Wertung "böse" sind. Weshalb sie nicht öffentlich gemacht werden. Israel ist also folglich inkompetent oder böse oder beides.
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Da sind Terroristen also werden sie getötet. Ganz einfach und unkompliziert.

Der Raid auf das Krankenkaus hat den Druck auf die Hamas in Jabalya massiv erhöht. Das Ergebnis:
IDF eliminates dozens of armed Hamas terrorists attempting to flee Jabalya
https://www.jpost.com/israel-news/article-835374

Das Geschehen in Gaza ist vom strategischen Gesamtzusammenhang entkoppelt. Die Armee ist dort und vernichtet den Feind wo man ihn findet ohne das dahinter größere Ziele stehen. Der Krieg köchelt im Moment vor sich hin und wird sich erst nach der Amtseinführung Trumps in die eine oder andere Richtung weiterentwickeln.
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Zitat:Die Armee ist dort und vernichtet den Feind wo man ihn findet ohne das dahinter größere Ziele stehen.

Und exakt das ist ja im Kern mein Vorwurf. Also wäre Punkt Nummer 1. hier die Grundlage des israelischen Handelns: nämlich Inkompetenz. Israel ist also Inkompetent oder Inkompetent und Böse. Und beides ist auch für Israel selbst langfristig gesehen nur ein Schaden, auch wenn dies diejenigen welche meinen jetzt Morgenluft zu wittern nicht wahrhaben wollen.

Man sollte eben keinen Krieg führen, wenn dies kein größeres Ziel hat.
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Diese Ableitung ist absurd weil sie einen Zusammenhang postuliert der einfach nicht exisitert. Der Auftrag lautet den Feind zu bekämpfen. Die 162. erfüllt in Jabalya diesen Auftrag.

Die (recht erfoglreiche) Bekämpfung des Feindes führt dazu, dass sich die Gesamtsituation für den Feind weiter verschlechtet und er (minimal gesehen) in den laufenden Verhandlungen weitere Zugeständnisse wird machen müssen bzw. (maximal) zerschlagen wird.
Alles weitere wird man sehen. Der Krieg befindet sich aktuell nicht in einem Moment in dem entscheidende strategische Weichen gestellt werden. Das heißt aber nicht, dass man die Operationen zurückfahren sollte. Im Gegenteil, je mehr Druck desto besser.
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(30.12.2024, 15:25)Quintus Fabius schrieb: Man sollte eben keinen Krieg führen, wenn dies kein größeres Ziel hat.
(30.12.2024, 15:56)Nightwatch schrieb: Diese Ableitung ist absurd weil sie einen Zusammenhang postuliert der einfach nicht exisitert. Der Auftrag lautet den Feind zu bekämpfen. Die 162. erfüllt in Jabalya diesen Auftrag.
Mir erscheint es so, als hättet ihr da beider Recht. Quintus mit Blick auf die politische Führung und Nightwatch bezüglich der militärisch Handelnden.
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(30.12.2024, 16:28)Broensen schrieb: Mir erscheint es so, als hättet ihr da beider Recht. Quintus mit Blick auf die politische Führung und Nightwatch bezüglich der militärisch Handelnden.

Israel hat das als verhältnismäßig geltende Maß in einer Vegeltungs- oder Geiselbefreiungs- oder auch Zerstörungsmission gegen eine feindliche Miliz maßlos überzogen. Es zieht den Krieg in die Länge, entzieht dem Volk systematisch kollektiv die Grundlagen für die nackte Existenz und das nicht um primär die Hamas, den Angreifer, zu zerstören, sondern palästinensisches Zivilleben in Gaza als Solches. Das hat entweder eben diesen größeren Plan, oder ist planlos und damit lediglich durch sadistische Auswüchse/Rache erklärbar. Ich glaube das meinte er.
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Broensen schrieb:Mir erscheint es so, als hättet ihr da beider Recht. Quintus mit Blick auf die politische Führung und Nightwatch bezüglich der militärisch Handelnden.
Der Punkt ist zunächst einfach, dass derartiges militärisches Geschehen und politisches Handeln zur Beendigung des Krieges nicht im Zusammenhang stehen.
Und weitergehend würde ich QF auch im Hinblick auf die politische Ebene widersprechen; der Umstand, dass es unter den gegebenen Umständen keine schnelle bzw. ausreichend schöne Lösung zur Beendigung des Krieges gibt und die israelische Führung on des gegebenen Handlungsrahmens nicht die Ziele verfolgt die manchen vorschweben mögen ist kein Indikator für Inkompetenz oder Böshaftigkeit.
Es geht nun vielmehr darum abzuwarten bis sich die Gesamtumstände ändern und mit der Anwendung militärischer Gewalt dafür zu sorgen das dies auch geschieht.

KheibarShekan schrieb:Israel hat das als verhältnismäßig geltende Maß in einer Vegeltungs- oder Geiselbefreiungs- oder auch Zerstörungsmission gegen eine feindliche Miliz maßlos überzogen.
Der Krieg kann bis zur Tötung oder bedingungslosen Kapitulation des letzten feindlichen Kombattanten geführt werden, auch wenn bis dahin alles zehnmal in Schutt und Asche gelegt wurde. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist nur auf den Einzelfall bezogen bei der rechtlichen Beurteilung hinsichtlich ziviler Verluste relevant.

Wenn die Gegenseite sich in ihrer nackten Existenz gefährdet sieht (wofür es keine objektive Grundlage gibt) oder die Sinnlosigkeit des Widerstandes erkennt steht es ihr frei die Kapitulation anzubieten.
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(30.12.2024, 17:50)KheibarShekan schrieb: Israel hat das als verhältnismäßig geltende Maß in einer Vegeltungs- oder Geiselbefreiungs- oder auch Zerstörungsmission gegen eine feindliche Miliz maßlos überzogen.
"Vergeltung" darf nicht Intention militärischen Handelns sein. Es muss immer ein auf die Zukunft gerichteter Zweck vorliegen. Das ist auch einer der Punkte, die ich der israelischen Armee vorhalte, dass sie eben selbst von Vergeltung spricht. Auch wenn das natürlich menschlich nachvollziehbar ist, eine Armee darf sich nicht von solchen Motiven leiten lassen.
Zitat:Es zieht den Krieg in die Länge, entzieht dem Volk systematisch kollektiv die Grundlagen für die nackte Existenz und das nicht um primär die Hamas, den Angreifer, zu zerstören, sondern palästinensisches Zivilleben in Gaza als Solches.
Da ist immer die Frage nach Intention und Wirkung zu stellen. Ist das beabsichtigt oder ein Nebeneffekt? Ist es ein Mittel zum Zweck und wenn ja: zu welchem Zweck?
Zitat:Das hat entweder eben diesen größeren Plan, oder ist planlos und damit lediglich durch sadistische Auswüchse/Rache erklärbar.
Das kann man so vereinfacht nicht darstellen. Das Fehlen eines "größeren Plans" im Sinne einer langfristig ausgerichteten Strategie ist nicht gleichbedeutend mit einer Planlosigkeit und noch weniger ist eine solche ausschließlich durch niedere Absichten zu begründen.

Die israelische Armee kann auch ohne eine übergeordnete politische Strategie und Zukunftsperspektive geordnet und systematisch -also keineswegs planlos- vorgehen. Und im Rahmen dessen kann alles, was du als "Zerstörung palästinensischen Zivillebens als Solches" bezeichnest, durchaus Teil eines militärischen Plans zur Erreichung bestimmter militärischer Ziele sein. Und ich gehe auch davon aus, dass das so ist. Denn die israelische Armee ist eben mehr als ein Handwerkzeug Netanjahus. Nur hilft es es halt nicht, wenn diese militärischen Aktionen und die damit erlangten Erfolge nicht in eine Gesamtstrategie eingebunden werden und dadurch erst ihren eigentlichen Sinn erhalten, abseits des rein militärischen Erreichen von definierten Zielen.

Daher kritisiere ich die israelische Führung durchaus hart, unterstelle jedoch keinesfalls der israelischen Armee oder gar "den Israelis" oder "Israel" als Ganzes, aus sadistischen o.ä. verachtenswerten Motiven zu handeln.

Somit haben mMn sowohl Quintus, als auch Nightwatch im Kern Recht mit ihren Aussagen.
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Inkompetenz bedarf nicht einmal der Rache, auch wenn solche Emotionen natürlich oft ein wesentlicher Grund für das eigene Versagen sind.

Kriegsführung sollte stattdessen einer rein maschinellen, mechanistischen, nicht-menschlichen Logik folgen.

Werter Nightwatch:

Zitat:Der Auftrag lautet den Feind zu bekämpfen. Die 162. erfüllt in Jabalya diesen Auftrag.

Bezeichnend dass du hier nicht mal von der Hamas sprichst als konkretem Feind, sondern nur unkonkret vom Feind im allgemeinen.

Den "Feind" zu bekämpfen ist aber kein Selbstzweck und darf auch kein Selbstzweck sein und es auch nicht werden. Nun postulierst du im Endeffekt eine Art magisches Denken:

Zitat:Die (recht erfoglreiche) Bekämpfung des Feindes führt dazu, dass sich die Gesamtsituation für den Feind weiter verschlechtet und er (minimal gesehen) in den laufenden Verhandlungen weitere Zugeständnisse wird machen müssen bzw. (maximal) zerschlagen wird.

Wenn dies das Ziel wäre, so stellt sich die Frage, warum Israel mit all seiner Militärmacht derart wenig erfolgreich gegen die Hamas ist (im Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln, dem Zeitaufwand und dem sonstigen Aufwand einschließlich des politischen Flurschadens und der noch gar nicht kalkulierbaren Fernwirkungen).

Die Idee den Feind zu bekämpfen damit der Feind schwächer wird, bis er irgendwann einknicken muss, war die gleiche Idee welche die USA in Vietnam verfolgt haben. Die Israelis haben aber nicht mal ansatzweise aktuell das Niveau das selbst die USA dort hatten, sondern es wird einfach vor sich hin gekämpft, ohne Sinn, ohne Zweck und ohne Verstand.

Während man intentional zugleich die Hamas als Organisation in der Zivilbevölkerung weiterbestehen lässt und dies mit voller Absicht. Von wegen maximale Zerschlagung, dass ich nicht lache.

Wenn man eine solche Stadt-Guerilla tatsächlich maximal zerschlagen will, dann ist die zivile Organisation dieser Guerilla das primäre und wichtigste Ziel. Demgegenüber ist die militärische Organisation sogar weniger relevant.

Israel dreht dies nun genau um, kämpft sinnfrei gegen die irrelevanten Überreste der militärischen Organisation, lässt aber eben genau jene klandestine zivile Organisation nicht nur in Ruhe, sondern ermöglicht dieser intentional die Palästinenser weiter zu unterdrücken und die Kontrolle aufrecht zu erhalten.

Das Gestümper in Gaza als erfolgreiche Bekämpfung des Feindes darzustellen entbehrt nicht einer gewissen Verkennung der Umstände. Angesichts der eingesetzten Mittel, der aufgewendeten Zeit und der eigenen Möglichkeiten ist der Erfolg im Verhältnis um gesamten Regieaufwand nicht sonderlich überzeugend.

Aber wie schon geschrieben: meiner Ansicht nach soll er auch gar nicht zu groß sein, damit man sich daraus ergebenden Umstände für sich strategisch nutzen kann.

Zitat:Der Krieg befindet sich aktuell nicht in einem Moment in dem entscheidende strategische Weichen gestellt werden.

Was für ein Krieg ? Das abschlachten von Wehrlosen ist kaum als Krieg zu bezeichnen. Das Geschehen in Gaza ist aktuell eigentlich unterhalb eines ernsthaften militärischen Horizontes.

Aber genau deswegen, weil man den Feind bereits dermaßen abgenutzt hat, genau deshalb ist dieser Konflikt aktuell an der entscheidenden strategischen Weiche angelangt. Exakt das ist jetzt der Moment wo die israelische Strategie - wenn Israel denn überhaupt eine hat - die entscheidende Weiche nimmt.

Tatsächlich aber glaubt Israel, so mein sich zunehmend verfestigender Eindruck - das die Gunst der Stunde und der aktuellen Umstände es ihnen ermöglicht vollständig andere Ziele real werden zu lassen.

Und das halte ich für Hybris. Und Hybris ist aktuell der wesentlichste Vorwurf welchen ich Israel in diesem Kontext mache. Es springen ja schon die ersten rum die da quäken, der 7 Oktober sei in Wahrheit ein Gottesgeschenk weil man dem folgend endlich zuschlagen konnte und nun gewonnen hätte.

Israel verkennt die Fernwirkungen seiner aktuellen Handlungen, welche sich als schwerwiegender strategischer Fehler heraus stellen werden.

Das heißt aber nicht, dass man die Operationen zurückfahren sollte. Im Gegenteil, je mehr Druck desto besser.

Operation ist nicht gleich Operation. Ich stimme dir sogar zu, dass man jetzt, an dieser in Wahrheit entscheidenden Weichenstellung die Operationen intensivieren müsste, aber man benötigt andere Operationen, eine andere Form der Kriegsführung und andere Zielsetzungen.

Den Feind abnutzen ist kein Selbstzweck und magisches Denken dass eine Abnutzung den Feind am Ende vollständig besiegt führen hier auch nicht weiter, insbesondere nicht wenn - wie es aktuell geschieht - Israel bewusst den Feind als Zivilorganisation weiterbestehen lässt, also genau denjenigen Teil welcher besiegt werden muss, wenn dies denn die Zielsetzung wäre.

Umkehrschluss: Israel will die Hamas gar nicht besiegen, die Hamas soll weiter die Palästinenser unterdrücken und weiter ins Verderben führen, bis man den Gazastreifen dann Stück für Stück ethnisch säubern und mit Juden besiedeln kann. Auf nichts anderes läuft das hinaus.

Nun kann dann zwar jubilierend erklären, man habe ja schließlich am Ende doch noch gewonnen, aber die ethnische Säuberung und Besiedelung von Gaza ist in Wahrheit auf der strategischen Ebene kein Sieg, ganz im Gegenteil.

Broensen:

Zitat:Mir erscheint es so, als hättet ihr da beider Recht. Quintus mit Blick auf die politische Führung und Nightwatch bezüglich der militärisch Handelnden.

Die taktische Ebene ist irrelevant wenn die Strategie darüber nicht stimmt oder nicht vorhanden ist. Es spielt dann gar keine Rolle, wie brilliant irgendein Bataillon operiert, oder wie hervorragend die Soldaten kämpfen oder was weiß ich nicht alles. Stimmt die Strategie darüber dermaßen nicht wie das hier der Fall ist, entwertet dies jedweden taktischen Erfolg.

Ein allgemeiner Auftrag im Sinne von: so gehet hin und kämpfet und kämpfet immer weiter ist daher das schlechtestmögliche, der schlechteste und vor allem langsamste Weg zum Ziel. Armeen sollten in jedem Krieg so kurz wie möglich kämpfen. Kriege sind immer zeitkritisch.

Und entsprechend ist diese Art der israelischen Offensiv-Verzögerung entweder nichts anders als Unfähigkeit oder Böswilligkeit oder beides. Weil sie entweder völlig sinnfrei ist, oder andersherum einen perfiden Plan verfolgt, also eine völlig andere politische Agenda. Deshalb schrieb ich von einer geheimen Agenda.

Oder die Israelis sind einfach nur Stümper auf der stragischen Ebene.
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(30.12.2024, 19:11)Quintus Fabius schrieb: Bezeichnend dass du hier nicht mal von der Hamas sprichst als konkretem Feind, sondern nur unkonkret vom Feind im allgemeinen.

Den "Feind" zu bekämpfen ist aber kein Selbstzweck und darf auch kein Selbstzweck sein und es auch nicht werden. Nun postulierst du im Endeffekt eine Art magisches Denken:

Broensen hat schon Recht das hier Ebenen unsinnig vermischt werden. Für die Einheit im Feld ist der Kampf gegen den Feind natürlich Selbstzweck, was auch sonst?!

Was diskutieren wir hier? Irgendein Manöver einiger Bataillone der 162. Division in Jabalya. Aus diesem Geschehen irgendetwelche Schlüsse hinsichtlich der strategischen Kompetenz der politischen Führung ableiten zu wollen ist grober Unfug.
Ich wage da mal zu behaupten, dass die Aktion es in der Befehlskette es kaum zum IDF Southern Command geschafft hat, geschweige denn auch nur in die Nähe der politischen Ebene.
Da wurde schlicht das ausgeführt was momentan einfache Vorgabe ist: Druck aufrecht halten, die Hamas wo immer man militärisch relevante Strukturen ausfindig machen kann angreifen und zerschlagen.
Nichts von dem was aktuell geschieht hat aktuell eine größere oder gar unmittelbare strategische Relevanz. Das Kriegsgeschehen ist in limbo bis sich die großpolitischen Verhältnisse neu geordnet haben.

(30.12.2024, 19:11)Quintus Fabius schrieb: Wenn dies das Ziel wäre, so stellt sich die Frage, warum Israel mit all seiner Militärmacht derart wenig erfolgreich gegen die Hamas ist (im Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln, dem Zeitaufwand und dem sonstigen Aufwand einschließlich des politischen Flurschadens und der noch gar nicht kalkulierbaren Fernwirkungen).
Man ist überaus Erfolgreich für das Wenige was aktuell geschieht. Die Realität ist, dass die Front in Gaza seit der Operation gegen Rafah nicht größer bespielt wurde. Der Feldzug gegen die Hezbollah sowie der Einmarsch in Syrien hatten klare Priorität. Hinzu kommt, dass es ohne eine erneute Verschiebung der zivilen Bevölkerung und einer hohen Gefährdung der Geiseln keine zwingenden militärischen Ziele mehr gibt die abgearbeitet werden müssten.
Das könnte sich ändern wenn man im Streifen neue militärische Ziele definiert, aber wieder, die Großlage ist aktuell so das auf die neue US Regierung gewartet und bis dahin der Krieg nur am köcheln gehalten wird.

Das ist doch eine weitgehend normale Lage. Ich weiß nicht woher immer diese fixe Idee kommt alles gleich sofort und ganz schnell über die Bühne bringen zu wollen. Kriege sind in aller Regel halt nicht short & decisive sondern von Operativer Ebbe und Flut geprägt. Es ist völlig normal, dass es Phasen der relativen Aktivität und relativen Passivität gibt.

Aktuell steht die IDF nach einem erfolgreichen Feldzug gegen die Hezbollah immernoch mit Divisionsstärke in Libanon und Syrien. Es sieht nach jüngeren Meldungen nicht so aus, als würde man dort allzuschnell abziehen. In zwanzig Tagen eine neue, wesentlich freundlichere US Regierung. Recht konkrete Verhandlungen zu Geiselfreilassungen laufen. Insofern abwarten. Die geostrategischen Vorzeichen werden 2025 völlig andere sein als sie 2024 gewesen sind. Und das wird sich auch auf die Ziele in Gaza auswirken.


(30.12.2024, 19:11)Quintus Fabius schrieb: Die Idee den Feind zu bekämpfen damit der Feind schwächer wird, bis er irgendwann einknicken muss, war die gleiche Idee welche die USA in Vietnam verfolgt haben. Die Israelis haben aber nicht mal ansatzweise aktuell das Niveau das selbst die USA dort hatten, sondern es wird einfach vor sich hin gekämpft, ohne Sinn, ohne Zweck und ohne Verstand.
Und die Hamas hat mittlerweile nur noch ein Millionstel der Kampfkraft des Vietkongs? Ohne Nachschubmöglichkeit. Der Vergleich ist also doch ziemlich absurd.

(30.12.2024, 19:11)Quintus Fabius schrieb: Während man intentional zugleich die Hamas als Organisation in der Zivilbevölkerung weiterbestehen lässt und dies mit voller Absicht. Von wegen maximale Zerschlagung, dass ich nicht lache.

Wenn man eine solche Stadt-Guerilla tatsächlich maximal zerschlagen will, dann ist die zivile Organisation dieser Guerilla das primäre und wichtigste Ziel. Demgegenüber ist die militärische Organisation sogar weniger relevant.

Israel dreht dies nun genau um, kämpft sinnfrei gegen die irrelevanten Überreste der militärischen Organisation, lässt aber eben genau jene klandestine zivile Organisation nicht nur in Ruhe, sondern ermöglicht dieser intentional die Palästinenser weiter zu unterdrücken und die Kontrolle aufrecht zu erhalten.
Ja, das hatten wir schon mehrfach und müssen wir nicht nochmals diskutieren. Niemand in Israel, weder Regierung, noch Opposition, noch Militär, noch Bevölkerung möchte die Verwaltung des Gazastreifens übernehmen.
Man möchte seine Bürger zurück und von den Palästinensern in Ruhe gelassen werden.

(30.12.2024, 19:11)Quintus Fabius schrieb: Was für ein Krieg ? Das abschlachten von Wehrlosen ist kaum als Krieg zu bezeichnen. Das Geschehen in Gaza ist aktuell eigentlich unterhalb eines ernsthaften militärischen Horizontes.

Aber genau deswegen, weil man den Feind bereits dermaßen abgenutzt hat, genau deshalb ist dieser Konflikt aktuell an der entscheidenden strategischen Weiche angelangt. Exakt das ist jetzt der Moment wo die israelische Strategie - wenn Israel denn überhaupt eine hat - die entscheidende Weiche nimmt.
Die entscheidenden Weichen werden im Frühjahr und Frühsommer mit der neuen US Regierung gestellt, nicht jetzt.

(30.12.2024, 19:11)Quintus Fabius schrieb: Tatsächlich aber glaubt Israel, so mein sich zunehmend verfestigender Eindruck - das die Gunst der Stunde und der aktuellen Umstände es ihnen ermöglicht vollständig andere Ziele real werden zu lassen.
Ja natürlich, Netanyahu räumt auf. Nach Hamas, Hezbollah und Assad sind jetzt die Houthis an der Reihe. Nächstes Jahr wird man sich Teheran widmen, zumindest wenn das mit der neuen US Regierung möglich ist.
Die genaue Ausgestaltung der Nachkriegsordnung in Gaza ist dagegen kaum relevant.

(30.12.2024, 19:11)Quintus Fabius schrieb: Und das halte ich für Hybris. Und Hybris ist aktuell der wesentlichste Vorwurf welchen ich Israel in diesem Kontext mache. Es springen ja schon die ersten rum die da quäken, der 7 Oktober sei in Wahrheit ein Gottesgeschenk weil man dem folgend endlich zuschlagen konnte und nun gewonnen hätte.
Man hat zumindest das herausgeholt was realistisch möglich erschien.
Recht viel besser hätte es außerhalb eines Westentaschenromans nach dem 7. Oktober kaum laufen können. Hamas zerstört mit minimalen Verlusten, Hezbollah ausgeknockt mit geradezu lächerlichen Verlusten, Syrien schlicht implodiert, dem Iran die Zähen gezogen, Moral hoch, Wirtschaft akzeptabel, freundlichste US Regierung überhaupt im Anmarsch.
Jetzt fehlt mit dem Mullah-Regime noch der entscheidende Dominostein und die strategische Situation Israels ist so positiv wie niemals zuvor in der Geschichte.

(30.12.2024, 19:11)Quintus Fabius schrieb: Israel verkennt die Fernwirkungen seiner aktuellen Handlungen, welche sich als schwerwiegender strategischer Fehler heraus stellen werden.
Das kann man auch nur behaupten wenn man alles ignoriert was geschehen wäre wenn es nicht so gelaufen wäre.

(30.12.2024, 19:11)Quintus Fabius schrieb: Umkehrschluss: Israel will die Hamas gar nicht besiegen, die Hamas soll weiter die Palästinenser unterdrücken und weiter ins Verderben führen, bis man den Gazastreifen dann Stück für Stück ethnisch säubern und mit Juden besiedeln kann. Auf nichts anderes läuft das hinaus.
Dafür gibt es keine politischen Mehrheiten, nicht in Ansätzen.
Der Punkt ist vielmehr, dass Netanyahu aktuell mit größeren Einsätzen spielt, die Geschehnisse in Gaza sind da schon seit Monaten eher eine Sideshow.
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Als ich seinerzeit in der Grundausbildung bei der Gebirgstruppe war, wurde bei den theoretischen Schulungen in den "Klassenzimmern" der Kaserne auch die Frage aufgeworfen, wie man sich denn verhalten solle, wenn der Gegner z. B. religiöse Gebäude, wie eine Kirche (es wurde nicht von Moscheen gesprochen, sondern man blieb im Jahre 2000/2001 im südlichen Bayern beim naheliegendsten Denkmodell), oder Krankenhäuser/Sanitätseinrichtungen als Deckung oder als Basis für seine Aktivitäten nutzt?

Die Antwort war klar: Der Gegner delegitimiert damit den Schutz, den diese Einrichtungen normalerweise unbedingt genießen sollten, womit also Angriffe auf diese Gebäude/Einrichtungen vertretbar seien. Es wurde noch der Hinweis seitens der Lehrenden nachgeschoben, dass man natürlich verhältnismäßig vorgehen müsse. D. h.: Wenn man aus Handwaffen beschossen wird, schießt man nicht den Bau mit Haubitzen zusammen. Hat man nur den Verdacht, dass illegale Aktivitäten dort vorliegen, geht man rein bzw. muss man reingehen und bekämpft diejenigen dann gezielt, die man diesen Aktivitäten zuordnen kann.

Das war vor über 20 Jahren in einer deutschen Kaserne so. Wie es heute ist, kann ich nicht sagen.

Was nun die IDF angeht: Dass dieser Bau ein Komplex war, der der Hamas zuzurechnen ist bzw. in welchem es Unterstützer dieser Terrorgruppe gab, davon kann man wohl ausgehen. Wenn die IDF also reingegangen wäre und wenn sie dort die Zielpersonen ausgeschaltet hätte, dann wäre dies absolut i. O. gewesen. Weiterführende Verwüstungen an der Einrichtung, d. h. inkl. der Krankenhauseinrichtungen oder der Arznei-/Medizinbestände, hätten aber mit Ausblick auf die eh schon angespannte medizinische Versorgungslage vor Ort unterbleiben müssen.

Wobei man aber auch natürlich die Lage wiederum differenziert anzusehen hat und nicht eins-zu-eins übertragen kann und darf, da man jene Situation in einem braven Schulungsraum in einer deutschen Kaserne, wo die Wehrpflichtigen aus friedlichen und wohl auch meist wohlbehüteten Verhältnissen stammten, nicht mit dem jahrelangen Dauerstress im Anti-Terror-Kampf gleichsetzen kann, dem die Israelis ausgesetzt sind. Das soll nun keine Entschuldigung sein für die Zerstörung einer Klinik, aber ein vorsichtiger Erklärungsansatz.

Schneemann
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Werter Nightwatch:

Was Israel hier betreibt ist nichts als simple Höhenflucht, aus Hybris. Von einem Szenario in das nächste noch bevor man ansatzweise was wie man das erste zuende führen soll und das zerschlagene Porzellan als Sieg feiern, und weiter zum nächsten, noch größeren Ziel. Die Reinform von Hybris.

Dein steter Verweis auf das angeblich einzig und allein politisch möglich in Israel geht zudem völlig an den tatsächlichen Entscheidern in der Regierung und deren geheimer Agenda vorbei. Es gibt hier mehrere verschiedene Ebenen: das was die israelische Bevölkerung will, nämlich primär in Ruhe gelassen werden und dass was die Eliten in der Regierung um Netanyahu jetzt wollen: die Grundlagen für eine Hegemonie Israels über den ganzen Nahen Osten und eine israelische Großmacht, einschließlich Ausdehnung des eigenen Staatsgebietes. Denn anders erklärt sich das aktuelle Geschehen nicht, man glaubt es gäbe eine Gunst der Stunde.

Schneemann:

Zitat:Dass dieser Bau ein Komplex war, der der Hamas zuzurechnen ist bzw. in welchem es Unterstützer dieser Terrorgruppe gab, davon kann man wohl ausgehen.

Also bitte. Ganz Gaza ist ein Komplex der der Hamas zuzurechnen ist und in welchem es Unterstützer dieser Terroristen gibt.

Zudem interessiert mich hier in diesem Komplex weder Recht noch Moral noch Ethik. Wäre es dem Kriegsziel dienlich diese Klinik mit Weißem Phosphor niederzubrennen während noch alle drin sind, dann wäre dies zu tun. Ich lehne diesen und andere solche Angriffe ab, weil sie den Sieg nicht befördern, sondern ganz im Gegenteil nur dazu dienen, die Hamas in Gaza an der Macht zu halten, um damit die eigenen politisch-strategischen Ziele weiter verfolgen zu können.

Der Angriff dient also wie die meisten dieser Aktionen in der letzten Zeit nur dazu, durch indirekte Wirkung die eigene politische Agenda zu legitmieren.

Leider keine Zeit mehr, morgen ausführlicher.
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