Bürgerkrieg in Syrien
#91
(06.12.2024, 21:04)Quintus Fabius schrieb: Was soll aus Syrien werden?
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Meiner Überzeugung nach sollte man Syrien als einen einzigen Nationalstaat auflösen, und stattdessen die verschiedenen Gruppen dort in voneinander getrennten eigenen Staaten fassen. Es entstünde entsprechend ein Alawitenstaat, ein Staat für die sunnitischen Araber und ein Kurdenstaat.
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Eine mögliche Lösung wäre es, dass drei innenpolitisch voneinander getrennte Staaten außenpolitisch gemeinsam unter dem Namen Syrien weiter vertreten werden, so dass man die getrennten Gebiete de jure weiter unter einem Staat führt, zumindest rein außenpolitisch.

Aber ohne ernsthaftes militärisches Eingreifen von außen - durch uns - wird das Ende dort einfach nur maximaler Völkermord und die Flucht weiterer Massen von Syrern nach Europa sein.
Ich stimme dir absolut zu. Insgesamt glaube ich, dass man die Region - und auch Teile Afrikas - mittelfristig nur dadurch in den Griff bekommen kann, dass dort kleinere, selbst verwaltete Einheiten unterhalb der völkerrechtlich festgeschriebenen Landesgrenzen zugelassen werden, weil diese dort einfach nicht die Realität abbilden, aber zugleich ein Aufweichen dieses völkerrechtlichen Minimalkompromisses ein Fass ohne Boden werden würde.
Das könnte mMn sogar soweit gehen, dass eine solche Lösung für Syrien auch den Libanon und den Irak umfasst.

Nur wird das erforderliche militärische Eingreifen von Außen unter Trump nur selektiv dort geschehen, wo er einen guten Deal erwartet oder persönlich gekränkt wird.
Somit bliebe das eigentlich an uns Europäern hängen... wird also leider nicht passieren.
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#92
Ergänzend zu den Ausführungen von KheibarShekan:

Zitat:Hauptanlass dieser Entwicklung dürfte sein, dass die SAA von Tag 1 dieser Rebellen-Offensive wie ein Kartenhaus zusammengefallen und in Teilen übergelaufen ist, damit quasi keinerlei relevante Gegenwehr zu leisten scheint. Zu Beginn der Offensive scheint die Kommunikation der SAA zusammengebrochen. Es gibt auch Berichte über gespoofte Nachrichten, die zu einem Rückzug auffordern und von Einheiten, die von Tag 1 übergelaufen sind. Das System ist nicht mehr zu retten.

Der Grund ist meiner Ansicht nach vor allem die extreme Unfähigkeit, die extreme Kriminalität und extremste Grausamkeit des Assad-Regimes. Die haben seit ihrem "Sieg" im Bürgerkrieg das Land dermaßen ruiniert und wurden zu einer derartigen Qual für alle Syrer in den von ihnen besetzten Gebieten, dass einfach niemand mehr bereit ist, für diesen verbrecherischen Versagerclan weiter zu kämpfen. Selbst alawitische Einheiten weichen aktuell primär zurück und kämpfen nicht, dass ist wirklich neu.

Zitat:Die HTS hat genauso wie Assad keine relevanten Ressourcen, in den Gebieten die sie voraussichtlich kontrollieren werden. Daher bin ich gespannt, wie die den Laden ruhig halten oder gegen wen sie die entstehende Gewalt dann weiter kanalisieren.

Da man der Bevölkerung intern nichts bieten kann, wird man entsprechend das nach außen lenken, die Feinde und Verräter im Inneren für die Zustände verantwortlich machen und die entstehende Gewalt also im Völkermord an den Alawiten kanalisieren. Und dann zugleich oder kurz darauf an den verbleibenden Christen, Schiiten, Drusen usw. So ein gemeinsamer Völkermord ist zudem ein ungemein verbindendes Element.

Zitat:Im Schatten dieser Entwicklung könnte man die arabische Bevölkerung aus Palästina in ebendiese osmanischen HTS/FSA Gebiete "umsiedeln" und Gaza sowie die Westbank dafür gleichzeitig offiziell annektieren.

Ein interessanter Gedanke.
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#93
Zum aktuellen Stand:

Angeblich wurde Daraa weitgehend kampflos eingenommen. Das ist umso bemerkenswerter, als dass dort Einheiten aus Alawiten standen. Auch die Provinz ist praktisch über Nacht vollständig an die Rebellen gefallen.

Dasselbe in Suwaida wo die syrischen Regierungstruppen anscheinend zu den Rebellen übergelaufen sind.

Zudem stehen die Rebellen aktuell bereits IN Homs.

Die aktuellen Kämpfe haben erneut massive Fluchtbewegungen verursacht. Die UN spricht aktuell von um die 370.000 Menschen welche auf der Flucht sind. Zudem wird erwartet, dass die Zahl der Flüchtlinge in Kürze bereits bei um die 1,5 Millionen liegen wird.

Assads Familie ist derweilen nach Russland geflohen. Das Wall Street Journal berichtet dass sich seine Frau und Kinder aktuell in Moskau aufhalten. Sein Schwager und dessen Familie sind die VAE geflüchtet.

Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtet derweilen, dass syrische Regierungstruppen aktuell aus Homs fliehen.

Der Iran dementiert derweilen aktuell Berichte, dass er sein diplomatisches Personal aus Syrien abgezogen hätte. Die Botschaft sei weiter voll funktionsfähig.

Hochinteressant ist der Wechsel der Begrifflichkeiten im Iran. Bisher sprach man im iranischen Fernsehen immer von Terroristen. Seit heute wird stattdessen der Begriff bewaffnete Widerstandsgruppe verwendet.
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#94
Zitat:Im Schatten dieser Entwicklung könnte man die arabische Bevölkerung aus Palästina in ebendiese osmanischen HTS/FSA Gebiete "umsiedeln" und Gaza sowie die Westbank dafür gleichzeitig offiziell annektieren.
Das könnte tatsächlich eine Lösung sein, um den Nahostkonflikt endlich zu entschärfen. Zumal die Palästinenser damit nicht nur aus den Lagern geholt werden könnten, sondern auch einen eigenen Staat hätten (ja eine wirkliche staatliche Eigenständigkeit entwickeln könnten), der diesen Namen dann auch verdient und der kein durchlöchertes Gebilde ist wie auf der Westbank.

Es wäre aber unabdingbar, dass es Sicherheitsgarantien für diesen Staat gibt - aus dem Westen, von den Russen, von den Israelis, den Türken und den Arabern und auch von den Iranern. Und es müsste von vorneherein klar sein, dass jedweder Versuch einer Einflussnahme durch Extremisten unterbleiben muss - und daran sollten sich dann bitte auch gewisse Kräfte in Teheran und Ankara halten -, sonst haben wir in zehn, fünfzehn Jahren das gleiche Problem in den ehem. syrischen Gebieten wie aktuell in Gaza.

Schneemann
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#95
Der "Sultan" hat vermutlich ganz andere Ideen und wird mit seinen Vasallen wohl eher den Palästinensern zu Hilfe kommen wollen, auch wenn die HTS aktuell noch was anderes behauptet. Damit wird er sich in der gesamten arabischen Welt für die Zukunft einen Namen machen wollen.
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#96
Das wird in keinster Weise eine Lösung sein, sondern das Problem ebenfalls nur weiter steigern und schlussendlich fällt Syrien ohnehin bereits hier und jetzt Islamisten in die Hände die dem IS näher stehen als anderen "gemäßigteren" Islamistengruppen.

Es ist daher schon geradezu aberwitzig von Sicherheitsgarantien zu schreiben, dass eine Einflussnahme durch Extremisten zu unterbleiben habe, Syrien fällt hier und jetzt an eben solche.

Und wir werden wesntlich schneller als nur in 10 Jahren das gleiche Problem von Richtung Syrien in Richtung Israel haben wie jetzt vor dem Krieg von Gaza aus. Und Palästinenser in großer Zahl in Syrien würden dies wie ein Brandbeschleuniger nur nochmals deutlich voran treiben.

Denn die Sache ist höchst einfach: die HTS kann den Syrern auch nichts geben und muss daher für die innere Stabilität schlicht und einfach den Konflikt nach außen suchen. Und dann gegen Israel zu agieren wird genau das einigende Moment sein, welches man benutzen wird. Entsprechend wird das was jetzt in Gaza und im Libanon ist sich in Syrien wiederholen, nur in viel größerem Maßstab.

Aber ist ja kein Problem: muss Israel einfach nur noch mehr US Bomben erhalten und noch mehr Rasenmähen. Irgendwann wird das viele Blutvergießen ja dann zweifelsohne funktionieren und stabile friedliche Verhältnisse herbeibomben .....
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#97
Bilder aus Sam

https://x.com/ConflictTR/status/18653432...%2Fpage-29

Einheiten aus Ostsyrien innerhalb der SNA bereiten sich auf den Aufschwung nach Deir ez-Zor vor.
https://x.com/OmerOzkizilcik/status/1865...%2Fpage-29

Mit anderen Worten, kann man davon ausgehen das die gesamte militärische Präsenz des Regimes sich auf der Autobahnachse M-5 zwischen Homs und Damaskus und der Küstenlinie Latakia-Tartus sich befindet und sie alles andere evakuiert haben? Mit der Einnahme Homs wäre Damaskus auch von russischen Kräften getrennt .
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#98
(07.12.2024, 13:14)alphall31 schrieb: Mit anderen Worten, kann man davon ausgehen das die gesamte militärische Präsenz des Regimes sich auf der Autobahnachse M-5 zwischen Homs und Damaskus und der Küstenlinie Latakia-Tartus sich befindet und sie alles andere evakuiert haben? Mit der Einnahme Homs wäre Damaskus auch von russischen Kräften getrennt .

Angeblich gab es ein Abkommen mit der syrischen Regierung, dass sie ihre Gebiete bis einschließlich Palmyra unter die Kontrolle der SDF stellt, was im Endeffekt bedeuten wird dass die SDF bald mehr als die Hälfte des syrischen Gebietes unter Kontrolle hat mit samt aller Ölfelder. Für die inzwischen aufständischen Drusen der Provinz Suweida wäre ein Anschluß an die SDF eigentlich nur logisch, da sie sich sicher nicht lieber unter der HTS leben wollen. Die Frage ist nur ob die HTS und SNA das auch so akzeptieren werden oder ob der Bürgerkrieg nahtlos weiter geht.
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#99
@Quintus
Zitat:Es ist daher schon geradezu aberwitzig von Sicherheitsgarantien zu schreiben, dass eine Einflussnahme durch Extremisten zu unterbleiben habe, Syrien fällt hier und jetzt an eben solche.
Es war ja nur eine optimistische Theorie. In der Praxis dürfte es alleine schon daran scheitern, dass sich niemand um Syrien scheren wird. Die Europäer ducken sich wieder weg, die Russen und die Iraner wollen lieber ihre Privatkriege andernorts führen und die Amerikaner werden unter Trump vermutlich ihre aktuell paar hundert Spezialkräfte in Ostsyrien (vermutlich um die 700?) noch weiter reduzieren oder gleich ganz abziehen.

Und wer bleibt dann noch? Golfaraber und die Türkei. Und die klatschen ja jetzt schon Applaus angesichts des gegenwärtigen Vormarsches sunnitischer Kräfte. Insofern: Ja, Syrien wird, zumindest größtenteils, an sunnitische Extremisten fallen.

Schneemann
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Für das Westjordanland kann ein Islamistenstaat im Norden keine Lösung sein. Für Gaza könnte es, gemeinsam mit einer Neuordnung im Westjordanland Teil einer Lösung sein, mehr aber auch nicht.

Ich sehe aber nicht, dass in Syrien vergleichbare Zustände wie in den Palästinensergebieten entstehen werden.
Israel hat gerade wieder bewiesen, dass sie in der Lage dazu sind, feindlichen Nachbarn zu widerstehen und sie bei Bedarf ausreichend zu schwächen, um wieder eine Zeitlang Ruhe zu bekommen - bzw. das, was Ruhe in dieser Region am nächsten kommt. Was Israel jedoch nicht hinbekommt, ist die Kontrolle über jene zu erlangen, die in den von Israel selbst beanspruchten Gebieten leben und mit dem Sonderfall Gaza umzugehen, also dem Problem, dass dort die Zivilbevölkerung nirgendwo hin fliehen kann, während man dort die Sicherheit Israels erkämpft. Beides ist in Syrien nicht der Fall. Wird dort jetzt eine islamistische Gruppe das Kommando übernehmen, führt das natürlich zu Repressalien und Terror gegenüber der Bevölkerung und sicher auch zu gesteigerter Feindschaft mit Israel, aber selbst den von Quintus als sicher angesehenen Völkermord an den Alawiten halte ich nicht für zwingend, zumindest nicht im größeren Ausmaß. Der Konflikt mit den Kurden am Euphrat dürfte nach einem Ende Assads vorerst bestimmend werden, ggf. auch in Verbindung mit dem Wiedererstarken iranischer Einflussnahme und ISIS-Aktivitäten sowie westlicher Beteiligungen. Ich halte es keinesfalls für ausgeschlossen, dass hier insbesondere Frankreich sein ehemaliges Mandatsgebiet wiederentdecket und dort aktiv eingreifen könnte, auch und gerade gegenüber türkisch unterstützten Islamisten.
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Syrische Soldaten haben sich in den Irak abgesetzt

https://x.com/NOELreports/status/1865410...%2Fpage-32
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(07.12.2024, 13:14)alphall31 schrieb: ....

Einheiten aus Ostsyrien innerhalb der SNA bereiten sich auf den Aufschwung nach Deir ez-Zor vor.
https://x.com/OmerOzkizilcik/status/1865...%2Fpage-29

Mit anderen Worten, kann man davon ausgehen das die gesamte militärische Präsenz des Regimes sich auf der Autobahnachse M-5 zwischen Homs und Damaskus und der Küstenlinie Latakia-Tartus sich befindet und sie alles andere evakuiert haben? Mit der Einnahme Homs wäre Damaskus auch von russischen Kräften getrennt .
die (kurdisch gestützte) SNA scheint inzwischen deutlich über den Euphrat nach Westen vorgestoßen,
https://www.flugzeugforum.de/data/attach...773500.jpg

während Einheiten der FSA von Süden her Damaskus in die Zange genommen haben
https://www.flugzeugforum.de/data/attach...0bc781.jpg

Für mich sieht das inzwischen nach einer "Vierteilung" Syriens aus:
Im Norden greifen die türkisch unterstützten sunnitischen Kräfte weiter aus und versuchen, über Homs nach Süden bis Damaskus vor zu stoßen
Im Osten gewinnt die SNA immer mehr Boden auch über den Euphrat hinaus
Im Süden wird die FSA über Damaskus hinaus vordringen und bald der türkisch gestützten Rebellenbewegung gegenüber stehen
Im Westen könnten sich zwischen Latakia und Tartus die Regierungstruppen im gebirgigen Hinterland und unter dem Schutz russischer Luftwaffe sowie von Hizbollah-Einheiten halten - im Alawitischen Kerngebiet
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Um Homs wird aktuell heftig gekämpft. Hier scheinen noch einige Einheiten der Regierungsarmee Widerstand zu leisten. Ein Gros der Rebellen aber hat die Stadt anscheinend einfach passiert und ist weiter nach Süden vorgedrungen. Hier und jetzt sollten angeblich Rebellen in Homs kämpfen.

Laut Sky News Arabia haben die syrischen Regierungseinheiten ab ungefähr 19 Uhr begonnen sich aus Homs zurück zu ziehen. Auf jeden Fall stehen bereits Rebellen mitten in der Stadt. Angeblich wird auch über eine Übergabe von Homs verhandelt.

Gerüchten zufolge hat Assad mehrere arabische Staaten um Unterstützung gebeten, aber diese wurde ihm vollständig verweigert. Auch die Türkei hat Assad um Hilfe gebeten, was von Erdogan abgelehnt wurde.

Aktuell stehen die ersten Rebellen in den Vororten von Damaskus. Angeblich (Gerüchte) wird schon von einer friedlichen Übergabe der Stadt gesprochen. Anderen Quellen zufolge sind die Rebellen bis auf 10 - 20 km an Damaskus heran gerückt und beginnen gerade die Stadt einzukreisen.

Ägypten hat Assad angeblich angeboten zunächst mal dorthin ins Exil zu gehen.

Die syrische Regierungsarmee verweigert praktisch fast überall den Kampf, sondern löst sich schlicht und einfach auf.

Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte mit, dass sich syrische Regierungstruppen auch aus Damaskus bzw. aus ihren Stellungen um Damaskus herum zurück ziehen.

Zudem nehmen die Rebellen aktuell den syrischen Teil der Golanhöhen ein und stehen damit an der Grenze zu Israel. Gesichert ist dort heute Nachmittag die Stadt Quneitra kampflos an die Rebellen gefallen.
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Es gab wohl Verhandlungen in Doha heute .
Die russische Luftwaffe unterstützt anscheinend nur noch die PKK
Homs ist wohl offiziell befreit

https://x.com/AJABreaking/status/1865490...%2Fpage-33


Von Seiten der Rebellen wird alles was sich finden lässt eingesetzt

https://x.com/CasualArtyFan/status/18654...%2Fpage-33
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Der Film mit der Vorderladerkanone ist aber uralt, den gab es schon vor vielen Jahren.

Gerüchte:

Homs ist angeblich tatsächlich an die Rebellen gefallen. Die Regierungstruppen haben sich anscheinend weitestgehend aus Homs zurück gezogen bzw. sie haben sich weitgehend aufgelöst.

Der Iran evakuriert nun doch sein Personal aus Syrien.

Nach US Angaben könnte das Assad Regime binnen der nächsten Tage vollständig fallen.

Und angeblich ist Assad verschwunden und in Damaskus nirgends mehr auffindbar, auch wenn die syrische Regierung noch behauptet, er sei weiter dort.

Im Homs gibt es derweilen Freudenfreiern bei denen aktuell die Plakate von Assad herunter gerissen und vernichtet werden.

Und die UN jammern herum, dass die Israelis an der Grenze zu Syrien (Golanhöhen) aktuell irgendwelche überkommenen Verträge brechen würden:

https://edition.cnn.com/2024/11/13/middl...index.html
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