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(04.10.2024, 17:08)Quintus Fabius schrieb: Ich habe mich heute Mittag mit eine paar Ukrainern unterhalten. Ohne ihnen unsere These ansatzweise darzulegen fragte ich lediglich, warum die Ukrainer so wenig Kriegsverbrechen begehen. Die Antworten im wortwörtlichen Zitat:
1. Wir sind keine Russen. 2. Wir sind doch keine Russen! 3. So was zu machen ist Russisch. 4. Das unterscheidet uns von den Russen.
Es ist geradezu verblüffend, wie sehr diese Antworten im wortlaut unsere These belegen, dass die Ukrainer sich in ihrer Ethnogenese gerade eben dadurch abheben wollen, ihr Nicht-Russisch-Sein belegen, indem sie konträr zu allem handeln was als russisch klassifiziert wird, und entsprechend begehen sie keine Kriegsverbrechen, weil dies sie ja als Russen ausweisen würde.
Kurios und ebenso eigentümlich ist es, wie wenig Kriegsverbrechen durch die Ukraine begangen werden. Denn das sind geradezu extrem wenig im Vergleich zu dem was sonst immer üblich ist. Da begingen ja westliche Einheiten in Afghanistan teilweise mehr Verbrechen (australische SAS etc). Es ist absolut auffällig, wie sauber die Ukraine kämpft - und unnormal ! In jedem Krieg müsste es eigentlich mehr Verbrechen geben, und dass Fehlen dieser auf ukrainischer Seite ist daher eine erstaunliche Abweichung vom Normalzustand.
Aber die Ukrainer wollen halt keine Russen sein, und so ergibt sich das anscheinend wirklich aus der rigiden Abstoßung von allem was ukrainischer Sicht Russisch-Sein ausmacht. Ein Volk in seiner Ethnogenese und seinem Versuch einer Selbstdefinition auf diese Weise zu sehen, ist wirklich hochinteressant.
Das ist die interessanteste Argumentation, die ich je in meinem ganzen Leben gelesen habe. Ich staune.
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Zum ukrainischen Vorstoß auf Kursk:
Das von Präsident Wladimir Putin ausgegebene Ziel der Rückeroberung der Oblast Kursk bis zum 01.10.24 wurde offenkundig verfehlt; der russische Gegenstoß hat sich bei Ljubimowka ( hier) festgefahren. 'Soldat + Technik' sieht keine signifikanten Veränderungen, der russische Fokus habe sich auf Wuhledar verlagert. Die Zeitschrift bemerkt sarkastisch, dass Putin, der nach wie vor auf die "Anerkennung neuer Realitäten" durch die Ukraine dringe, dabei wohl eher nicht an die Situation in Kursk gedacht habe. Sie sieht aber auch Risiken für die Verhandlungsposition der Ukraine; ein Gebietstausch würde Putins Ansehen erheblich schmälern und könnte deshalb undurchführbar sein. ( Quelle)
Zum ukrainischen Vorstoß auf Kursk, part deux, und zur Gesamtlage:
Das 'Institute for the Study of War' geht davon aus, dass die Ukrainer noch geraume Zeit auf russischem Gebiet stehen werden. Russland bräuchte möglicherweise 15-20 Brigaden, um die ukrainische Offensive abzuweisen, müsste diese aber dem Feldheer in der Ukraine entnehmen. Demnach hätte Kursk den operativen Handlungsspielraum der Russen erheblich eingeengt und die Bildung von Reserven erschwert.
Die Denkfabrik konstatiert, dass die russische Führung sich weiter auf propagandistisch wertvolle Punktziele konzentriere und keine ersichtliche Langfristplanung zeige. Der Kreml stehe nun vor der Wahl, entweder in der Ukraine mit dem Druck nachzulassen, oder weitere Männer zum Wehrdienst einzuberufen, auf die Gefahr hin, dass der wachsende Unmut in der Bevölkerung sich in entsprechenden Reaktionen entlädt. ( Quelle)
Zur Lage der russischen Armee (quasi als Antwort auf die Einschätzung der ukrainischen Lage durch Kurt):
Igor Girkin alias Strelkow, einer der Architekten des Krieges von 2014, hat sich wieder aus dem Straflager zu Wort gemeldet. ( Link) Er spricht von einer "Wette auf Trump", die für Russland noch die Wende bringen könne, doch das sei nicht ausgemacht. Gelinge es nicht, den Krieg heuer zu beenden, würden die nächsten 12 Monate zu einer "schweren Prüfung" für Russland werden. Er sieht sogar die Möglichkeit eines Umsturzes.
"Der Stil der Führung und Verwaltung, sich auf Imitation zu konzentrieren", so Girkin, habe dazu geführt, "dass die russische Föderation zwar 'auf dem Papier' in jeder Hinsicht beeindruckend aussieht, auch militärisch; doch tatsächlich erwies sich ein (mitunter sehr) beträchtlicher Teil unserer Macht als hohl. Nun übersteigen die Erfordernisse des Krieges bei weitem die Kapazität unseres militärisch-industriellen Komplexes."
Der Krieg habe "längst alle Bestände an neuen Waffen aufgefressen", moniert Girkin, mehr noch: "Das Gleiche gilt für die Ressourcen an ausgebildeten Menschen, mit denen seit zweieinhalb Jahren umgegangen wird, als seien sie unendlich und unerschöpflich – während der Krieg bereits jene restlos vertilgt hat, auf die die Wirtschaft halbwegs schmerzlos verzichten konnte."
Girkin weiter: "Die Armseligkeit (bzw. das völlige Fehlen) von strategischem Denken und die Unzulänglichkeit der taktischen Planung haben bereits zum Verlust der Initiative und zum strategischen bzw. taktischen Stillstand geführt, bis hin zu einem amöbenhaften Reagieren auf äußere Reize – d.h. die Rädchen im Getriebe von Militär und Industrie drehen sich erst, wenn die Probleme existenzbedrohend gefährlich werden."
Auch nach zweieinhalb Jahren gebe es keine langfristige Perspektive, so Girkin, das sei aber "nicht verwunderlich", denn: "An allen wichtigen Stellen, außer vielleicht (teilweise) im Verteidigungsministerium, sitzt immer noch das alte, "zuverlässige" Personal, das auf wundersame Weise an der Macht geblieben ist. Entweder wird überhaupt nicht nach einem Ausweg gesucht (was nur logisch ist, schließlich würde das eine Intelligenz und Kompetenz erfordern, die dem "zuverlässigen" Personal fehlt), oder wir sind einfach unfähig, ihn zu sehen."
Girkin schließt mit den Worten: "Die Gelegenheit zur Fehlerkorrektur, die uns die Inkompetenz und Attrition unserer Feinde im Westen und der sogenannten Ukraine freundlicherweise gewährt hat, ist nicht einmal vertändelt worden – sie wurde schlicht übersehen. Und jetzt ist das Zeitfenster zu. Die allgemeine systemische militärisch-politische Krise wird sich sehr bald in eine militärisch-wirtschaftliche Krise verwandeln.
Vielleicht nach dem Vorbild von 1917; dann wird die Ermüdung der Bevölkerung durch einen sinnlosen und (in Bezug auf die Ziele) unverständlichen Krieg alles überlagern. Ohne wirkliche strategische Veränderungen und Maßnahmen (also nicht wie jetzt, nur nach dem Vorbild von Trischkins Kaftan) werden wir mit äußerst unangenehmen, an Qualität und Quantität wachsenden Folgen für das ganze Land konfrontiert sein."
Deutlicher konnte er nicht sagen, dass Russland seine Unterschicht verheizt … Nebenbei, wer Krylows Fabel nicht kennt: Trischkin fürchtet, für die Löcher in den Ärmeln seines Kaftans ausgelacht zu werden, also flickt er sie mit Stofffetzen, die er unten an seinem Kaftan abschneidet.
Zur geostrategischen Lage:
Die russische Regierung hat einen Versuch der Kontaktaufnahme durch Bundeskanzler Olaf Scholz zurückgewiesen. Regierungssprecher Dimitri Peskow sagte, es gebe nichts zu bereden. Gleichwohl betonte er die Dialogbereitschaft seines Landes. ( Quelle)
Zu Ereignissen im Westen mit möglichen Auswirkungen auf die Unterstützung der Ukraine:
Mehrere tausend Menschen haben in Berlin gegen weitere Unterstützungsleistungen protestiert. Allgemeine Aufrufe zum Frieden und für Diplomatie mischten sich mit politisch radikalen Botschaften, etwa der Forderung, die Ukraine müsse " genauso befriedet werden wie vor 79 Jahren". Als der SPD-Politiker Ralf Stegner, selbst Kritiker der Unterstützungsleistungen, in seinem Redebeitrag von einem Angriffskrieg Russlands und dem Recht der Ukrainer auf Selbstverteidigung sprach, wurde er von den Kundgebungsteilnehmern ausgebuht und ausgepfiffen. ( Quelle)
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Die 72. Brigade der Ukraine teilt Details der Evakuierung aus Vuhledar
https://www.pravda.com.ua/eng/news/2024/10/3/7477947/
Einsatz einer ODAB-1500 in Woltschansk, Region Charkow
https://youtu.be/6fVnxSf7bLM?si=rzEzV5KSXmh4lUnG
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(04.10.2024, 17:50)Hinnerk2005 schrieb: Das ist die interessanteste Argumentation, die ich je in meinem ganzen Leben gelesen habe. Ich staune. Lese ich da eine Spur Sarkasmus?
Ganz so unerhört oder naiv, wie Du anzudeuten scheinst, ist der Gedanke nicht. Die britische Gesellschaft zeigte während des Zweiten Weltkriegs ähnliche Impulse. Man versuchte, gegen die Diktatur und die Verbrechen Nazideutschlands eine demokratische-moralische Wagenburg zu bilden – sowohl um Selbstvergewisserung zu betreiben ("why we fight"), als auch um die wenigen Demokratien der damaligen Zeit auf die eigene Seite zu ziehen, v.a. die USA. Das blieb auch nicht ohne Folgen.
In Deutschland hält man ja wegen Bomber-Harris und der relativen Strenge bei den Entnazifizierungsverfahren in der britischen Besatzungszone die Amerikaner für das freundliche Gesicht der Westalliierten, aber wie man bei Uta Gerhardt ('Soziologie der Stunde Null') nachlesen kann, führten die Briten von allen Kriegsparteien den "saubersten" Krieg, und es kam in der britischen Besatzungszone zu den wenigsten Übergriffen auf deutsche Zivilisten.
An der Heimatfront äußerte sich der Anspruch, moralischer zu sein, z.B. in einem Protest der anglikanischen und katholischen Kirche gegen den (damals freilich legalen) Bombenkrieg gegen deutsche Städte. Keine Kleinigkeit, wenn man bedenkt, dass die Bischöfe im (damals noch mächtigen) Oberhaus saßen.
(04.10.2024, 17:08)Quintus Fabius schrieb: Aber die Ukrainer wollen halt keine Russen sein, und so ergibt sich das anscheinend wirklich aus der rigiden Abstoßung von allem was ukrainischer Sicht Russisch-Sein ausmacht. Ein Volk in seiner Ethnogenese und seinem Versuch einer Selbstdefinition auf diese Weise zu sehen, ist wirklich hochinteressant. Stimmt. Ich würde übrigens vermuten, dass die russische Propaganda hier überhaupt erst als Stichwortgeberin bzw. Geburtshelferin fungiert hat. Wenn etwa Patriarch Kyrill behauptet, die Ukrainer würden den Teufel anbeten und die Herzen ihrer gefallenen Feinde verspeisen, bleibt das natürlich nicht ohne Wirkung. Die Wirkung kann man in den Social Media-Beiträgen aus der Schlammzone sehen: Spott, Unglauben, Abgrenzung. Auf symbolischer Ebene sehr verständlich, Du kannst keinen einfacheren psychologischen Sieg über Deinen Gegner erringen, als ihm nicht den Gefallen zu tun, seinen Lügen über Dich zur Wahrheit zu verhelfen. Ein Serotonin-Boost zum Nulltarif.
Das gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass die Ukrainer nicht viele Pfunde haben, mit denen sie wuchern könnten. Die Russen haben von allem mehr als die Ukrainer, mehr Land, mehr Menschen, mehr Geld, mehr Macht, mehr alles. Die heutige Ukraine hat aber jetzt etwas, was Putins Russland nicht hat, und was Russland insgesamt seit den Tagen Peters des Großen meist vergeblich gesucht hat: den Respekt der Staaten, die nach den arrogant-paternalistischen Standards des zweiten Jahrtausends als zivilisatorische Crème de la Crème gelten.
Das schrieb ja schon Solschenizyn: Die russische Geschichte ist auch eine der verschmähten Liebe zu Europa. Russland hat einen Provinzkomplex, es leidet darunter, an der Peripherie Europas zu liegen und von Kulturnationen wie Frankreich immer als zweitklassig angesehen worden zu sein. Kein Land hat krampfhafter versucht, europäischer als Europa selbst zu sein; der selige Solschenizyn ging so weit, den Bogen zu schlagen von den radikalen Reformen Peters (kompletter Umbau des Staates, Einführung der französischen Sprache und Sitten) bis hin zu den heutigen Oligarchen, die in allen Dingen den britischen Hochadel kopieren würden.
Dass der ukrainische Staat das Verhalten seiner Soldaten durchaus aktiv in eine positive Richtung zu lenken versucht, kann man, denke ich, an ihrem Umgang mit russischen Kriegsgefangenen ablesen. Da folgt man klar der Prämisse von Hanns Scharff ("kill them with kindness") und versucht, das größtmögliche Gegenteil der russischen Propaganda zu sein, damit sich Russen möglichst ohne Widerstand ergeben, in der Gefangenschaft möglichst viel preisgeben, und nach der Heimkehr möglichst viel Gutes über die Ukraine zu erzählen haben.
Ich müsste hier schon einige Erfahrungsberichte mit GUR-Befragern verlinkt haben, das findet in teils absurd freundschaftlicher Atmosphäre statt; da wird Wodka gebechert, die Gefangenen dürfen ihre Familien anrufen, und in den Gefangenenlagern kriegen sie gut zu essen und können Mortal Kombat zocken.
Das wirksamste Mittel gegen in Kriegsverbrechen mündende Tendenzen dürfte aber der Aspekt des Volkskrieges sein. Abermals – man kann natürlich erwidern, dass prinzipiell jeder Mensch dazu in der Lage ist, andere zu zu töten; aber die höchste Neigung zur Delinquenz findet man statistisch gesehen nun mal bei jungen Männern um die zwanzig; und umso homogener eine Männergruppe ist, umso größer ist ihr Aggressionspotential (wer das für Humbug hält, einfach mal eine Abschlussklasse und einen Trupp gleichaltriger Fußball-Ultras vergleichen …)
Die heutige ukrainische Armee ist sozial wesentlich heterogener als die russische. Es gibt auch mehr Ältere und mehr Frauen. Die Ukrainer haben bis zum Sommer ja überhaupt nur die vor 1999 Geborenen eingezogen, und in der Territorialverteidigung liegt der Altersdurchschnitt sogar bei über vierzig Jahren. Ein gesetzter Familienvater aus Kiew mit drei Kindern, der in den Krieg ziehen muss, ist natürlich mental anders drauf als ein 19-jähriger Baschkire, der sich aus dem Knast heraus für die "SMO" verpflichtet.
Da hätte der höhere Altersdurchschnitt der ukrainischen Armee wenigstens mal sein Gutes.
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Wir reden von einem Volk das jubelnd die Wehrmacht zu erst als Befreier wahrgenommen haben - ist dann natürlich nicht lange so geblieben. Dieses Ukrainer sind ja praktisch Russen ist schlicht russische Propaganda.
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(05.10.2024, 04:39)muck schrieb: Lese ich da eine Spur Sarkasmus?
(...)
Danke, dass du meinen Kommentar so gelassen aufgenommen hast.
Natürlich ist an deiner Argumentation etwas dran. Meine Überlegungen kommen aber aus einer anderen Richtung und sind i.w. Plausibilitätsargumente.
1. Vor Ort findet ein ausgewachsener Krieg an einer ca. 1.100 km langen Front mit vermutlich ungefähr einer Million Soldaten auf beiden Seiten statt.
Jedes Bild, jedes Video, das aus dieser Region zu uns dringt ist Teil der kriegerischen Auseinandersetzung im Informationsraum, an der wir (!) direkt (!) beteiligt sind.
Wie oben gesagt dringen erheblich mehr Bilder und Berichte von ukrainischer Seite zu uns durch. Wenn man dann noch die Ukrainer fragt, ob sie genaus viele / brutale Kriegsverbrechen begehen wie ihre russischen Gegner dann dürfte das ein sehr verfälschtes Bild geben.
Worauf ich hinaus will ist, dass wir gar nicht wissen können wer wie viele Kriegsverbrechen begeht oder begangen hat. Dazu müsste die gesamte Region befriedet sein und erst im Nachgang könnte man versuchen ein ansatzweise objektives Bild der Geschehnisse zu rekontruieren.
Ich erinnere daran wie kompliziert es war den Zweiten Weltkrieg oder spätere Konflikte aufzuarbeiten. Selbst heute tauchen immer wieder einmal neue Erkenntnisse aus den Archiven aus.
2. Die Entmenschlichung des Feindes hat in Kriegszeiten naturgemäß Konjunktur. In der Ukraine werden russische Soldaten permanent entmenschlicht. Sie werden als "Orks" usw. abgewertet. Das ist verständlich, dürfte aber automatisch zu einer niedrigeren Hemmschwelle führen diese gegnerischen Soldaten nach Gefangennahme zu misshandeln, zu foltern etc.
3. Aus meiner naiven Sicht unterscheidet sich "der Ukrainer" wenig "vom Russen" in seiner Mentalität. Ja, das ist sehr kurz gegriffen mag aber reichen um darzulegen, dass die Ukrainer eben auch keine Waisenknaben sind.
4. Der Krieg hat jetzt über 24 Monate auf dem eigenen Territorium der Ukrainer stattgefunden, da gebt es natürlich kaum Möglichkeiten zu Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung. Sind ja die eigenen Leute. keiner weiß wie die ukrainischen Soldaten sich verhalten würden, wenn sie längere Zeit in Russland größere Räume erkämpft hätten.
5. Als ich neulich gelesen habe, dass die ukrainischen Soldaten im Kursker Raum sich so vorbildlich verhalten würde und sogar den Müll mitnehme, wusste ich, dass ich einen Propagandaartikel vor mir habe.
Ich nehme eben alles nur mit Vorsicht wahr, was mir vorgesetzt wird. Dazu gehört auch die These der absenten Kriegsverbrechen der Ukrainer.
In 30 Jahren wissen wir vielleicht mehr.
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Zur Lage der russischen Armee:
Nahe von Tschassiw Jar hat die russische Luftwaffe eine ihrer eigenen hochmodernen Drohnen vom Typ Suchoi Su-70 abgeschossen. Die Begründungen variieren. Während die Luftwaffe erklärt, die Drohne habe nicht mehr auf Befehle reagiert und sei sicherheitshalber abgeschossen worden, um einen unkontrollierten Absturz zu vermeiden, spekuliert der Z-Blogger 'Fighterbomber' über einen unabsichtlichen Abschuss. Zum Unglück der Russen stürzte die Drohne über ukrainischem Gebiet ab und kann nun untersucht werden. Da die Su-70 als unbemannte Begleiterin der Su-57 vorgesehen ist und Technologien mit ihr teilt, befürchtet 'Fighterbomber' nun, dass Ukraine und NATO in die Lage versetzt sein könnten, in Zukunft Su-57 zu bekämpfen. ( Quelle) Falls aus der abgestürzten Drohne noch Erkenntnisse gewonnen werden können, wäre dies ein harter Schlag für die Russen.
Zur Lage in Russland:
Der Z-Blogger Jegor Guzenko (Kampfname 'Dreizehnter', ~ 300.000 Follower) ist in Nowopawlowsk auf der Krim verhaftet worden. ( Quelle) Der Nationalist Guzenko, der mehrere Jahre in der Ukraine kämpfte, hatte sich auf seinem Kanal als Kritiker der Armeeführung hervorgetan und unter anderem über den Mangel an Munition geklagt. Die Behörden werfen ihm "Rowdytum" vor. Guzenko sagt, dass er in der Haft zusammengeschlagen wurde.
Der November naht, ich nehme mal an, dass in den kommenden Wochen so einige Z-Blogger mit der Staatsmacht aneinander geraten werden.
Kriegsverbrechen:
Im besetzten Enerhordar ist der Leiter des Werksschutzes des Kernkraftwerks Saporischschja, Andriy Korotkyj, durch eine Autobombe getötet worden. Der ukrainische Geheimdienst GUR hat augenscheinlich die Verantwortung für den Mord übernommen, indem er Aufnahmen der Explosion veröffentlichte und mit den Worten kommentierte, dass alle Kriegsverbrecher damit rechnen müssten, für ihre Taten bestraft zu werden. ( Quelle)
Korotkyj, der auch für die Putin-Partei Einiges Russland installierter Vorsitzender des Stadtrates war, ist seit 2022 in der Ukraine u.a. wegen Beihilfe zum Mord, Beihilfe zur Freiheitsberaubung und Hochverrat zur Fahndung ausgeschrieben gewesen; Angaben von Flüchtlingen zufolge soll er pro-ukrainische KKW-Mitarbeiter an die Besatzungstruppen verraten und sich an gewaltsamen Repressalien beteiligt haben.
Mögliches Kriegsverbrechen:
Seit Ende August kommt es im Fluss Sejm zu einer Umweltkatastrophe. Auf ukrainischer Seite wurden in Grenznähe hohe Schadstoffwerte festgestellt, die zu einem wiederholten Fischsterben und zu einer gefährlichen Verunreinigung des Grundwassers in der Oblast Sumy geführt haben. Als wahrscheinlichste Verursacher gelten u.a. eine russische Zuckerfabrik in Tjotkino gleich hinter der Grenze. Die ukrainische Regierung beschuldigt Russland, den Fluss absichtlich zu verunreinigen. ( Quelle) Der Sejm ist auf ukrainischer Seite derzeit für die Lebensmittelerzeugung, den Fischfang und das Baden gesperrt. Man versucht mit Pumpen, den Sauerstoffgehalt zu erhöhen, um das Fischsterben zu beenden.
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@Pimchael
Zitat:Wir reden von einem Volk das jubelnd die Wehrmacht zu erst als Befreier wahrgenommen haben
Das ist durchaus korrekt. Es gibt genügend Berichte von deutschen Divisionen, die (zunächst) mit Brot und Salz in Dörfern begrüßt wurden. Der Hintergrund war, dass man die Deutschen tatsächlich als Befreier ansah, denn die Moskowiter Bolschewisten hatten - gerade im Rahmen der Kulakenvernichtung und der Kollektivierung (was ja jene berüchtigte Hungersnot ["Holodomor"] in der Ukraine in den frühen 1930ern mit Millionen Toten auslöste) - gerade in der Südukraine fürchterlich gewütet. Dass hinter den ersten deutschen Verbänden dann bereits die Todeskommandos und Einsatzgruppen folgten, wussten die Ukrainer so noch nicht.
Umgekehrt kann man auch sagen, dass der Antibolschewismus der Deutschen - bezogen auf die besetzten Gebiete Osteuropas - mit seine besten Chancen in der Ukraine hatte, in ihrer vom "slawischen Untermenschentum" geprägten rassistisch-antisemitischen Verblendung konnten und wollten die deutschen Eroberer das aber nicht sehen (oder wollten es nicht wahrhaben, gerade auch in den Führungsstäben nicht, wo man die Berichte über die freundliche Begrüßung der Wehrmacht gerne unter den Tisch kehrte, weil es nicht ins gewünschte Bild passte).
Schneemann
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Die Deutschen wurden übrigens auch in Russland beim ersten Antreffen von den Russen sehr oft jubelnd / als Befreier begrüßt. In den ersten Kriegsmonaten ergaben sich auch deshalb so viele russische Soldaten (es gab ja da in kurzer Zeit ungeheure Massen von Kriegsgefangene), weil sie keineswegs Anti-Deutsch waren, sondern darauf hofften, dass Deutschland gewinnt und die Sowjetunion zugrunde geht. Die Deutschen als Befreier zu sehen war tatsächlich bei vielen Kriegsgefangenen der ersten Monate eines der wesentlichen Motive für ihre Aufgabe.
Diese historische Chance hat man jedoch nicht nur nicht erkannt, man hat sie durch das was man dann getan hat dermaßen aktiv vernichtet, dass es einfach nur erstaunlich ist. Der ganze Krieg wurde von Anfang als Vernichtungskrieg geplant, und schließlich verstanden das selbst die Russen welche die Sowjetunion hassten. Man zwang die Russen praktisch gesehen dazu, alles zu geben und bis zum äußersten zu kämpfen, weil nach kürzester Zeit klar war, dass der Krieg auf die Zerstörung Russlands und die weitgehende Vernichtung der Russen hinaus laufen sollte.
Entsprechend hat man auch die Millionen von Kriegsgefangenen in ungeheuren Massen ermordet, verhungern lassen usw. insgesamt etwas über 3 Millionen russische Kriegsgefangene wurden mehr oder weniger systematisch vernichtet.
Spezifisch in Bezug auf die Ukrainer in dieser Zeit könnte man übrigens noch auf das in Deutschland weitgehend unbekannte Wolhynien-Massaker verweisen, in welchem die Ukrainer in diesem Gebiet Völkermord an den dort lebenden Polen verübten. In diesem Kontext eine Filmempfehlung:
https://www.youtube.com/watch?v=x8_AsqGoii4
Ist ein polnischer Film, aber nicht zuletzt dahingehend interessant, dass in diesem polnischen Werk die Deutschen keineswegs die Bösewichter sind, und nicht einmal die Ukrainer nur einseitig gezeichnet werden. Der Film bemüht sich um außerordentliche historische Korrektheit und eine differenzierte Darstellung aller Gruppen in dieser Zeit. So retten hier deutsche Wehrmachtssoldaten eine Polin vor den Ukrainern, und werden andere Ukrainer von ihren eigenen Landsleuten ermordet weil sie Polen schützen wollen usw. In der Ukraine ist es übrigens verboten den Film zu sehen oder auch nur zu besitzen.
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(04.10.2024, 17:08)Quintus Fabius schrieb: Ich habe mich heute Mittag mit eine paar Ukrainern unterhalten. Ohne ihnen unsere These ansatzweise darzulegen fragte ich lediglich, warum die Ukrainer so wenig Kriegsverbrechen begehen. Die Antworten im wortwörtlichen Zitat:
1. Wir sind keine Russen. 2. Wir sind doch keine Russen! 3. So was zu machen ist Russisch. 4. Das unterscheidet uns von den Russen.
Es ist geradezu verblüffend, wie sehr diese Antworten im wortlaut unsere These belegen, dass die Ukrainer sich in ihrer Ethnogenese gerade eben dadurch abheben wollen, ihr Nicht-Russisch-Sein belegen, indem sie konträr zu allem handeln was als russisch klassifiziert wird, und entsprechend begehen sie keine Kriegsverbrechen, weil dies sie ja als Russen ausweisen würde.
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Aber die Ukrainer wollen halt keine Russen sein, und so ergibt sich das anscheinend wirklich aus der rigiden Abstoßung von allem was ukrainischer Sicht Russisch-Sein ausmacht. Ein Volk in seiner Ethnogenese und seinem Versuch einer Selbstdefinition auf diese Weise zu sehen, ist wirklich hochinteressant. ich denke nicht, dass man eine neue Ethnogenese unterstellen kann.
Die Ukraine um Kiew war schon seit Jahrhunderten - angefangen bei den Rus oder Warägern - in engem Austausch insbesondere mit Polen. Die Grenzen zwischen Polen und der Ukraine waren immer wieder verschoben. Die polnisch-ukrainische Beziehungen sind also über Jahrhunderte hin durch eine (gegenseitigen) Beeinflussung geprägt. Erst nach 1650 mit dem Vertrag von Hadjatsch begann der Aufstieg der Russischen Sprache in der ausserhalb des Vertragsgebietes liegenden Ost-Ukraine, während im polnischen Teil die schon lange anhaltende "Polonisierung" weitergeführt wurde.
[Bild: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/c...u_1658.png]
Noch zur Zeit des Siebenjährigen Krieges war der ganze westliche Teil der heutigen Ukraine staatlich gesehen polnisches Gebiet
[Bild: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/c...8-1766.png]
Die russischen Grenzen wurden erst unter Katharina II ("die Große") im Zuge der polnischen Teilungen weiter nach Westen (und Süden) verschoben - wobei Gebiete wie Wolhynien oder Gallizien, die früher im Zentrum Polens lagen, nun die westlichen Grenzregionen der Ukraine wurden:
[Bild: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/c...german.png]
(die letzte große Westverschiebung der Grenze erfolgte infolge des von den Deutschen angezettelten zweiten Weltkrieges)
Die ganze Zeit über entstand als Gegenbewegung eine ukrainische Ethnogenese - einerseits eine Abgrenzung gegenüber Polen und Russen, die andererseits aber auch viele Elemente der beiden großen Nachbarn aufnahm. Letzteres vor allem auch, weil mit der Westverschiebung der Grenze ein erheblicher Teil der Bevölkerung mit polnisch-westeuropäischer Orientierung ansässig blieb.
Die Integration der Ukraine in der Sowjetunion ist - wie die von Estland, Lettland und Litauen - eine Folge von Eroberungen zu unterschiedlichen Zeiten, also kriegerischen Ereignissen, und damit erzwungen.
Mit der Auflösung der Sowjetunion wurden die "slawischen Geschwisterstaaten" Russland, die Ukraine und Weißrussland - unabhängig. Im Falle der Ukraine nach einer Volksabstimmung, die in allen (!) Bezirken - auch im Donezk und auf der Krim - eine Mehrheit für die Unabhängigkeit ergab. Die heutigen Ukrainer hatten also bereits zu diesem Zeitpunkt das Bewusstsein, trotz (vielfach noch) gemeinsamer Sprache anders zu sein als "die Russen".
Im Gründungsvertrag der GUS - der zugleich die Auflösung der Sowjetunion besiegelte - haben sich die Staaten gegenseitig die Unantastbarkeit der jeweiligen Grenzen zugesichert. Seitens der Ukraine und Russlands gibt es mindestens zwei mir gerade präsenten Verträge, die das erneut besiegeln.
Wer mit Gewalt versucht, die neu gewonnene "Freiheit" zu beenden, muss und wird zwangsläufig auf Widerstand treffen. Ganz abgesehen davon, dass das Vertrauen in die "Vertragstreue" eines solchen Nachbarn nahezu gegen "Null" tendiert.
Eine Randbemerkung noch - logisch, dass nach langer "Fremdherrschaft" eine Nationalbewegung auch massiv Aufwind hat. Das sehen wir in den baltischen Ländern, in Polen, in Ungarn, bei der Trennung der ehemaligen Tschechoslowakei oder bei der Auflösung Jugoslawiens und auch in der Ukraine.
Die eigene - endlich errungene - Unabhängigkeit führt zu entsprechendem Nationalstolz und verfestigt das "Wir-Gefühl" der neu entstandenen, unabhängigen Nation.
Auch der Zionismus ist ja eine nationaljüdische Bewegung, weshalb sich viele Menschen jüdischen Glaubens stolz in einer Art "nationalzionistischem Hochgefühl" in Abgrenzung zu "den anderen" wiederfinden. Aber das ist ein anderes Thema.
Worauf es mir hier ankommt:
Das "Wir-Gefühl" nach endlich errungener Selbständigkeit in einem eigenen Staat darf mit dem Übel des Nationalsozialismus nicht verwechselt werden.
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Eine Studie über die Fehleinschätzung zum Ukraine -Russlandkrieg
https://www.csis.org/analysis/russia-ukr...ic-failure
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Die nicht auf Fakten basierende Überschätzung der russischen Fähigkeiten geht ja wie ein roter Faden durch die Jahrzehnte, ironischerweise genießt China das Gegenteil, wo Beispielhaft die Tatsache dass die Chinesen in der Lage sind Flugzeuge und Schiffe modernster Art zu entwickeln auf viel weniger Anerkennung stößt als die Russen mit den nicht durchentwickelten Armata und Su-57. Es mögen gewisse rassistische Beweggründe eine Rolle spielen aber zu viele Interessensgruppen haben doch ein Interesse an einem 'starken' Russland gehabt, man denke nur an die Frieden durch Handeln Gruppe innerhalb der CDU, FDP und große Teile der SPD, die im Zweifeln den Status Quo mit Russland erhalten haben.
Rein militärisch war es jedoch absurd, wie man Russland die Befähigung von NATO ähnlichen Präzisionsschläge zum Beginn des Krieges zugesprochen hat. Um eine Waffe wie Taurus im Arsenal zu haben muss eine Streitkraft erstmal die Gelder haben, das Industriepotential haben, entsprechende Einsatzdoktrien, und ein stetiger Prozess aus Erfahrungen aus vorigen Einsätze zu lernen, als diese Dinge fehlt es Russland entweder komplett oder zum großen Teilen.
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Ich würde die Frage der Kampfkraft nicht primär an den verfügbaren Waffensystemen festmachen. Als jemand, der selbst vor dem Krieg die Russen heillos überschätzt hat, war mir beispielsweise vor dem Krieg absolut klar, dass die russischen Systeme querschnittlich allesamt veraltet sind und die wenigen Prototypen moderner Systeme irrelevant bzw. unzureichend und die gesamte russische Armee technisch und auch sonst viel schlichter aufgestellt war. Trotzdem überschätzte ich die Russen extrem, denn die bloße Technik ist es nicht.
Die Masse des russischen Materials - und es kann ja angesichts der ungeheuren dokumentierten Verluste niemand bestreiten dass es diese Masse gab - die Bereitschaft selbst extremste Verluste zu ignorieren (welche ich so immer explizit vorher gesagt habe) - die Befähigung selbst nach extremsten Verlusten einfach völlig stumpf ignorant weiter zu kämpfen, sind alles erhebliche militärische Stärken.
Was den Russen also vor allem anderen fehlte ist eben nicht das Material, das jeweils neueste System etc. sondern das Können, die Befähigung, und vor allem die Führung. Was erstaunlich ist, da beispielsweise die Operative Ebene früher immer als eine große Stärke der Russen gesehen wurde, gleich wie schlecht sie ansonsten auf der taktischen Ebene waren. Aber selbst auf der operativen Ebene war eigentlich alles von Beginn an schier unfassbar schlecht.
Die konventionellen Fähigkeiten der russischen Armee waren und sind im Vergleich zu früher massiv degeneriert. Und damit meine ich nicht die verfügbaren Systeme, nicht den technischen Stand, sondern das Können in der Benutzung dieser Systeme und das militärische Können im allgemeinen.
Genau genommen hätte Russland in der Ukraine siegen müssen. Mit einer anderen Führung und unter bloßer Vermeidung der allergröbsten Fehler, hätte man die Ukraine klein kriegen müssen. Aber man war zu unfähig dazu. Am Material hat es auf jeden Fall nicht gelegen.
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Russland gehört zu den wenigen Staaten, die Rüstungstechnik der neuesten Generation - wie etwa Jet-Triebwerke, U-Boote usw. - entwickeln und herstellen können. Das mag nicht so ausgefeilt sein wie bei westlichen Systemen, aber die Geräte sind robust und "stecken was weg".
Das heißt nicht, dass diese Dinge in einer Massenproduktion sofort zur Ausrüstung der russischen Armee gehören. Der Bedarf des riesigen Landes ist auch riesig. Dazu kommt die schludrige Instandhaltung und Wartung,
Russlands Technik (und Strategie) ist auf Verbrauch ausgelegt. Defekte Panzer etwa werden nicht "aus dem Gefechtsfeld geborgen" (man vergleiche schon die Ausstattung mit Bergepanzern zwischen westlichen und russischen Einheiten), sondern sie bleiben liegen, bis die Front soweit vorgerückt ist, dass die liegen gebliebenen Kisten in Ruhe eingesammelt und repariert werden können. Wobei die Reparatur meiner Kenntnis nach durchaus kreativ erfolgen kann. Man kann da Schlendrian dazu sagen oder auch Improvisationstalent.
Deshalb wurden wohl auch die alten Systeme nicht verschrottet sondern zwischengelagert. Und mit dem massenhaften Verbrauch an der ukrainischen Front leeren sich die Lager.
Das ist die technische Seite.
Die politische Seite ist, dass sich Russland im Verhältnis zu China zunehmend zum Juniorpartner entwickelt. Die Chinesen brauchen da gar nichts selbst zu tun. Russland wird infolge des Ukrainekrieges zunehmend von der Unterstützung durch die Chinesen abhängig. Denen fällt jetzt alles in den Schoß, was vor Jahren noch eifersüchtig gehütetes Privileg der Russen selbst war.
Gas- und Öllieferungen an China zum Vorzugspreis? Da muss Russland jetzt drum betteln ...
Somit ist es schlicht chinesisches Interesse, dass sich Russland an der Ukraine-Front weiter verausgabt. Je größer die neu gewonnene Abhängigkeit, desto mehr kann China an Dominanz gewinnen.
Allerdings hat China kein Interesse daran, dass der "neumongolische Satellit" zusammen bricht. Am liebsten wäre den Chinesen daher, wenn auch die Ukraine in gleicher Weise in die Knie geht. Jedenfalls so stark geschwächt wird, dass eine Bedrohung für Russland ausgeschlossen bleibt.
Die geschürte Furcht vor "Putins roter Linie" führt dann auch dazu, dass der Einsatz westlicher Wirkmittel auf russisches Territorium von den Lieferstaaten nicht gestattet wird. Dabei müssten gerade die westeuropäischen Länder ein starkes Interesse an einer starken Ukraine als "Pufferstaat" haben. Denn so "verteidigt die Ukraine die westeuropäischen NATO-Länder gegen Russland". Und das könnte auch in einem entsprechenden Assoziierungs- und Beistands- Abkommen (mit der Verpflichtung zur Bereitstellung ausreichender Waffensysteme durch die NATO) vertraglich normiert werden, ohne dass die Ukraine formales Mitglied der NATO würde.
Na ja, man muss nicht alles verstehen, was so an politischen Entscheidungen erfolgt.
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@Quintus Fabius & @Pmichael
Der unerschütterliche Glaube an die unabweisbare russische Überlegenheit hat meines Erachtens vier Ursachen:
- Politische Opportunität. Die Behauptung wurde in vielen Ländern von den unterschiedlichsten Akteuren verbreitet, weil sie sich wunderbar vielseitig einsetzen ließ. Russlands "Übermacht" rechtfertigte die Forderung, die Europäer müssten mehr für ihre Verteidigung tun. Sie rechtfertigte aber auch die Forderung abzurüsten, um dieses übermächtige Russland nicht zu provozieren. Sie rechtfertigte die Forderung, nach der Prämisse Wandel durch Annäherung Russland mit Geld und Liebe zu umarmen, statt ihm Paroli zu bieten.
- Chronische Unterschätzung der Ukraine. Timothy Snyder hat den Deutschen einen "kolonialen Blick" auf die Ukraine attestiert; und ich fürchte, der Vorwurf ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Auf der politischen Landkarte, die insbesondere Angela Merkel benutzt zu haben scheint, war Osteuropa ein weißer Fleck. Warschau und Prag haben sich ebenfalls jahrelang beschwert, dass Berlin nach Gutsherrenart mit Moskau über ihre Köpfe hinweg verhandele, aber das wollte in Deutschland niemand wahrnehmen. Ebenfalls auffällig ist, dass Berlin spätestens seit Dugin im Weltbild russischer Imperialisten so etwas wie Moskaus westliche Vizekönigin in einem von Russland beherrschten Eurasien werden sollte.
- Inkompetenz. Strategisches Denken ist in vielen europäischen Staaten, vor allem aber in Deutschland, schlicht inexistent. In Deutschland kann man schon als "Experte" gelten, wenn man sich wie Varwick ins Fernsehen setzt und Russlands Übermacht mit einem lapidaren Fingerzeig auf die Landkarte "beweist", nach dem Motto, guckt euch an, wie viel größer Russland als die Ukraine ist (als spielte das irgendeine Rolle). In Deutschland kann man, wie Vad, militärischer Berater des Regierungschefs werden und so viel offensichtlichen Quatsch über sein angebliches Fachgebiet erzählen, dass man von den Tatsachen desavouiert die Öffentlichkeit zu meiden beginnt.
- Propaganda und zumindest indirekte Einflussnahme auf Entscheider. Ein deutscher Marinechef wie Schönbach, der ständig bei irgendwelchen ominösen Kongressen in Petersburg logiert, fordert während der russischen Aufmarschphase ein "christliches Bündnis" Deutschlands mit Russland gegen China. Ein ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr wie Kujat, der zumindest zeitweise einem Kreml-nahen Thinktank angehörte, tingelt durch die Talkshows und macht mit unsachlichen Prophezeiungen von sich reden, die von ehemaligen Generalskameraden als Humbug bezeichnet werden. Bloßer Zufall?
(05.10.2024, 17:16)Hinnerk2005 schrieb: Worauf ich hinaus will ist, dass wir gar nicht wissen können wer wie viele Kriegsverbrechen begeht oder begangen hat. Dazu müsste die gesamte Region befriedet sein und erst im Nachgang könnte man versuchen ein ansatzweise objektives Bild der Geschehnisse zu rekontruieren.
Ich erinnere daran wie kompliziert es war den Zweiten Weltkrieg oder spätere Konflikte aufzuarbeiten. Selbst heute tauchen immer wieder einmal neue Erkenntnisse aus den Archiven aus. Dieser Vergleich ist meines Erachtens unpassend. Denn letztlich betreibst Du das, was Popper das Elend des Historizismus nannte: Du schließt induktiv aus der Vergangenheit auf die Zukunft, ohne die zwischenzeitlichen Veränderungen zu berücksichtigen. Und die sind fundamental.
Sicherlich wird es noch zu weiteren ukrainischen Kriegsverbrechen kommen, ich sehe aber keinen Grund für die Annahme, dass diese in nennenswerter Zahl hinter den Kulissen stattfänden. Stichwort Veränderungen: Jeder ukrainische Soldat hat ein Smartphone mit Kamera in der Tasche, in jedem Zug werden Go-Pros getragen, um Erlebnisse zu dokumentieren oder Trainingsmaterial für Rekruten aufzunehmen. Ein Großteil der ukrainischen Soldaten ist in den sozialen Medien präsent. Will sagen: Kein potentieller Täter ist unbeobachtet.
Die ukrainische Gesellschaft ist mittlerweile eine Mediengesellschaft, sie ist freier und kritischer als die russische, und die vergangenen 2,5 Jahre haben meines Erachtens gezeigt, dass eine effektive Zensur nicht zu leisten ist, weder auf Regierungsebene, noch auch nur auf irgendeiner Ebene der militärischen Hierarchie; denn es sind zu viele Griffe ins Klo bekannt geworden, die man bestimmt nicht aller Welt zeigen wollte.
Und was noch schwerer wiegt: Würden die Ukrainer regelmäßig Kriegsverbrechen begehen, würden die an Aufklärungsmitteln überlegenen Russen dies sehen und sowohl ihre eigenen als auch unsere Medien mit Beweisen überschwemmen. Dazu kommt es aber nicht. Ich folgere daraus, dass Schein und Sein im vorliegenden Fall durchaus zusammenpassen. (05.10.2024, 17:16)Hinnerk2005 schrieb: 2. Die Entmenschlichung des Feindes hat in Kriegszeiten naturgemäß Konjunktur. In der Ukraine werden russische Soldaten permanent entmenschlicht. Sie werden als "Orks" usw. abgewertet. Das ist verständlich, dürfte aber automatisch zu einer niedrigeren Hemmschwelle führen diese gegnerischen Soldaten nach Gefangennahme zu misshandeln, zu foltern etc. Nicht notwendigerweise. Abgesehen davon, dass meines Erachtens Belege dafür fehlen, dass die Ukrainer eine niedrige Hemmschwelle an den Tag legen, gehört eine solche Rhetorik bis zu einem gewissen Grad zum Soldatentum und dient auch der eigenen Selbstvergewisserung. Wenn etwa deutsche Soldaten in Afghanistan die Taliban als Indianer und die von ihnen kontrollierten Gebiete als Indianerland bezeichneten, ging das auch nicht mit Misshandlungen durch die "Cowboys" einher. Nicht einmal der offen rassistische Slang (z.B. "sand nigger") bei den Amerikanern hat zu einer (im historischen Vergleich) nennenswerten Zahl von Übergriffen auf die afghanische und irakische Zivilbevölkerung geführt. Kriegsverbrechen geschehen nicht deshalb, weil die Kombattanten einer Seite die Kombattanten der anderen Seite nicht mögen, sondern weil die militärische Führung es zulässt. (05.10.2024, 17:16)Hinnerk2005 schrieb: 3. Aus meiner naiven Sicht unterscheidet sich "der Ukrainer" wenig "vom Russen" in seiner Mentalität. Ja, das ist sehr kurz gegriffen mag aber reichen um darzulegen, dass die Ukrainer eben auch keine Waisenknaben sind. Ich bin anderer Ansicht. Weiter im Folgenden. (06.10.2024, 11:18)Kongo Erich schrieb: ich denke nicht, dass man eine neue Ethnogenese unterstellen kann. […] Der Begriff Ethnogenese greift hier vielleicht zu weit. Tatsächlich unterschieden sich die Ukrainer seit Jahrhunderten in vieler Hinsicht von den Russen, wie Du richtig sagst; doch hat sich ihre nationale Identität erst in den letzten dreißig Jahren herausgebildet, und insbesondere in den letzten zehn Jahren.
Ich würde hier den Vergleich zur deutschen Nationalstaatsbildung wagen. Die Bayern z.B. sahen sich ebenso als Deutsche wie die Preußen und sprachen dieselbe Sprache; das heißt aber nicht, dass sie auch nur mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede gehabt hätten. Mit den Preußen einen Staat zu machen, dazu waren sie lange nicht bereit, weil die preußische Übermacht in ihren Augen aus Deutschland Preußenland gemacht hätte.
Die ukrainische Gesellschaft ist ähnlich heterogen und war ähnlich zersplittert. Die katholischen Westukrainer verstanden unter dem Wort "Ukraine" etwas anderes als die kosmopolitischen Kiewer, die orthodoxen Russo-Ukrainer im Osten oder die moslemischen Tartaren im Süden.
Das Konzept der ukrainischen Nation war das gesamte 20. Jahrhundert hindurch ein Projekt, das (genauso wie in Deutschland oder bspw. auch in Italien ein Jahrhundert zuvor) eher Nationalisten und Intellektuelle interessierte als die breite Masse. Zur Angelegenheit der Masse wurde es nur sporadisch in der Auseinandersetzung mit der Sowjetunion und, in geringerem Maße, mit Polen.
Die (auch gewaltsamen) Exzesse der Nationalisten im Jahr 2014 sind in Europa zurecht kritisiert worden, aber es wurde vielfach übersehen, wie erfolgreich die Präsidenten Poroschenko und insb. Selenskyj diesen aggressiven Nationalismus wieder eingefangen haben.
Die Ukraine befand sich schon lange vor 2022 aus ihrer Sicht in einem Kampf um ihr Überleben, und es gelang Kiew in dieser Auseinandersetzung, diese heterogenen Kräfte hinter ein und denselben Karren zu spannen, indem man Ukrainisch-Sein neu definierte.
Das Suchen nach einem gemeinsamen Nenner führte auch zu Fehlgriffen wie institutionellen Ansätzen, die russische Sprache zu diskriminieren, aber spätestens mit der Wahl des Russo-Ukrainers Selenskyj war dieses Thema eigentlich gegessen. Seit 2014 und verstärkt seit 2019 dominiert in der Ukraine der Ansatz, die ukrainische Nation als Wertegemeinschaft zu definieren, die den von Putins Russland gelebten Werten entgegengesetzt sind.
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