(20.08.2024, 16:54)alphall31 schrieb: Nur von einem Haufen studierter wird auch niemals ein vernünftiger traditionserlass zu erwarten sein . Diese haben ja nicht mal erkannt das jedes gewerke seine eigenen Traditionen sucht. Nur weil eine kaserne nach jemand benannt wird muss die Truppe ihn nicht für traditionswürdig halten.
Vielleicht können wir solche Pauschalisierungen unterlassen?
Dass die deutsche Gesellschaft in puncto NS-Vergangenheit sensibel ist, ist nun wahrlich nichts Neues und im Prinzip auch richtig so, wobei natürlich mitunter Überreaktionen stattfinden. Doch zeigt das Beispiel, dass die Feldjäger gegen die Kritik des Antisemitismusbeauftragten und weiter Teile der Medien ihr "Suum Cuique" behalten durften, worauf es ankommt. Denn da gab es in Boris Pistorius jemanden, der bereit war, das auf seine Kappe zu nehmen und öffentlich zu vertreten. Und so jemand war und ist Ursula von der Leyen gerade nicht. Will sagen: Das ist Politik. Nichts als Politik. Und der Traditionserlass wurde auch nicht von "Studierten" geschrieben, sondern von Offizieren und ranghohen Unteroffizieren, die, wie leider so viele in der Bundeswehr, es vor allem der nächsthöheren Entscheidungsebene rechtmachen wollten.
(20.08.2024, 16:54)alphall31 schrieb: Nein das haben wir nicht hinter uns gelassen
Mir ist aufrichtig unklar, wie Du zu dieser Einschätzung kommst.
Die Kriege im Irak und in Afghanistan haben überall in Europa Männer hervorgebracht, die vor 100 Jahren als Helden verehrt worden werden (z.B. in Großbritannien allein vier Träger des Victoria Cross). Wo sind diese Männer jetzt?
Oder, um mal ein profaneres Beispiel zu nehmen: Es gab in Norwegen eine Soldatin, die 2008/2009 als Bordschützin auf dem CV90 eingesetzt war und Schlagzeilen machte, weil sie ihren Job wohl so gut machte, dass über 20 Taliban nicht mehr aufstanden. Wobei die norwegischen Tabloids damals vor allem auf ihr Aussehen abstellten. Jetzt mal das Geschlecht beiseite lassend, vor hundert Jahren hätte man gesagt: Da hat jemand seinem Land treu gedient, tapfer gekämpft, die Feinde seiner Nation niedergedrungen, das ganze verquaste Brimborium … Wo ist es heute?
So weit ich weiß, litt die Frau nach ihrer Heimkehr an PTBS und hat sich zwischenzeitlich umgebracht. Hat niemanden gekümmert. Und das in einer Zeit, in der die Gesellschaft so sensibel zu sein behauptet, dass Teenager in den Schulen sitzen und behaupten dürfen, sie seien Katzen, und nur fauchen, wenn der Lehrer sie etwas fragt.
Auf Youtube gibt es ein lehrreiches Video, bei Gelegenheit schicke ich Dir den Link, wie französische Soldaten in Mali im Feuerkampf mehrere Islamisten töten. Zurück in der FOB lässt der Zugführer seine Leute antreten, spricht zu ihnen und sagt, dass sie keinen Grund zur Freude und zum Feiern hätten, es sei immer tragisch, wenn Menschen stürben.
Als in Dänemark der Dokumentarfilm 'Armadillo' über ISAF-Soldaten herauskam, wo sich in einer Sequenz ein Soldat darüber freut, dass es ihm gelungen ist, mehrere Taliban mit einer Handgranate zu töten, war die Aufregung riesig und wochenlang nicht mehr aus den Nachrichten zu kriegen.
Westeuropa ist postheroisch und, bis zu einem gewissen Grad, postsoldatisch. Und das meine ich ganz wertfrei, als Zustandsbeschreibung.
(20.08.2024, 16:54)alphall31 schrieb: Das beste Beispiel ist die nicht Würdigung zum zehn jährigen Jubiläum zur Stiftung des ehrenkreuzes .
Naja. Ich wüsste nicht, dass es zu zehn Jahren Victoria Cross oder zehn Jahren Medal of Honor irgendwelche Feierlichkeiten gegeben hätte, und das in Zeiten, die im Gegensatz zu heute geradezu militaristisch waren.
(20.08.2024, 16:54)alphall31 schrieb: Das Gegenteil haben wir mit dem Hype um die Tötung bin Ladens.
Huch? Wo hat denn irgendwer in Deutschland deswegen einen "Hype" betrieben? Das Thema war 2011 kurz in den Nachrichten, und ist dann im radioaktiven Wasser vor Fukushima binnen zwei Wochen wieder abgesoffen.
(20.08.2024, 16:54)alphall31 schrieb: Sind die verleihungsbestimmungen nicht erfüllt . Er hat in einem bew Gefechtsstand seinen Verband geführt.
Also, da habe ich von Beteiligten anderes gehört. Etwas ganz anderes.
Aber
selbst wenn Du Recht haben solltest, tut das für das Beispiel eigentlich nichts zur Sache, denn ich bezog mich ja auf die
Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit.
Die Öffentlichkeit weiß (oder, wie Du behauptest, glaubt zu wissen): Sembritzki ist kampferfahren, mit Ehrenkreuz für Tapferkeit und Einsatzmedaille Gefecht dekoriert, hat ein Bataillon im Gefecht geführt, war später Brigadekommandeur und Stabschef der US-Armee.
Subjektiv ist das einer, den die Gesellschaft um Rat ansuchen sollte, wenn sie den Ukrainekrieg verstehen will.
Demgegenüber haben wir z.B. Oberst a.D. Ralph Thiele, ohne Gefechts- und fast ohne Führungserfahrung, der meist für Administration und Lehraufgaben verwandt wurde. Er kommentiert für 'Focus' und 'ZDF' den Ukrainekrieg. Macht ständig falsche Vorhersagen (z.B. sagte er am 26.02.22, die Ukraine würde binnen weniger Tage unterliegen, und sagte am 09.08.24 eine ukrainische Niederlage vor Kursk in "ein paar Tagen" voraus), und rät den Ukrainern andauernd zur Aufgabe.
Warum wird also ausgerechnet Thiele überall herumgereicht, warum fallen ihm seine falschen Vorhersagen nicht auf die Füße? Ich glaube: Weil er den Skeptizismus und das Unbehagen gegenüber allem Militärischen bedient, die heute in vielen westeuropäischen Ländern, vor allem aber in Deutschland vorherrschen.
Wohlgemerkt, ich will hier nicht irgendwelche Namen durch den Dreck ziehen, das soll auch kein persönlicher Angriff sein, sondern ich halte die geschilderte Diskrepanz für ein Symptom, etwas, das man berücksichtigen muss, wenn man sich fragt, warum in Sachen Verteidigung in Deutschland gerade so viel im Argen liegt.