Krise im Roten Meer / Operation Prosperity Guardian
Lange Reder, kurzer Sinn: Die Houthis waren und sind eine vertanene Chance für den Westen.

Daran hat sich seit 2015 nichts geändert und ich bin immer noch der gleichen Ansicht wie auch damals schon Michael Horton:

https://webcitation.org/6Y8EuhZfU?url=ht...-idea.html

Zitat:Military sources said that a number of regional special forces officers and officers at U.S. Special Operations Command (SOCOM) argued strenuously against supporting the Saudi-led intervention because the target of the intervention, the Shia Houthi movement — which has taken over much of Yemen and which Riyadh accuses of being a proxy for Tehran — has been an effective counter to Al-Qaeda.

Michael Horton, a Yemen expert close to a number of officers at SOCOM and a consultant to the U.S. and U.K. governments, picked up on this debate. Within days of the Saudi intervention’s start, he said in an email that he was “confounded” by the intervention, noting that many in SOCOM “favor the Houthis, as they have been successful in rolling back AQ [Al-Qaeda] and now IS [the Islamic State in Iraq and the Levant, or ISIL] from a number of Yemeni governorates” — something that hundreds of U.S. drone strikes and large numbers of advisers to Yemen’s military had failed to accomplish.

Later, in a telephone interview, Horton expanded on that. “These constant reports that the Houthis are working for the Iranians are nonsense, but the view is right out of the neocon playbook,” he said. “The Israelis have been touting this line that we lost Yemen to Iran. That’s absurd. The Houthis don’t need Iranian weapons. They have plenty of their own. And they don’t require military training. They’ve been fighting Al-Qaeda since at least 2012, and they’ve been winning. Why are we fighting a movement that’s fighting Al-Qaeda?”

But that’s not the view of McCain and other hawkish senators around him. They see Iran’s fingerprints all over whatever goes wrong in the region — a view that alarms Horton. “This is a guy who complained that we were Iran’s air force in Iraq,” he said. “Well, guess what? Now we’re Al-Qaeda’s air force in Yemen.”

Inzwischen stehen Al Quaida und auch der IS im Jemen noch sehr viel besser da, direkt genährt mit Geld und Waffen von den Ölarabern. Aber die Houthis sind hier die Bösen....

Und den Saudis geht es ja auch gar nicht um Pipelines direkt zum Indischen Ozean und auch sonst gibt es natürlich keinerlei sonstige Hintergründe, außer dem Kampf der ach so rechtmäßigen Regierung des Jemen für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte.

Wenn man aber nun den Jemen krampfhaft für den Krieg mit dem Iran nutzen will, wäre es immerhin noch sinnvoller und besser, einfach gleich direkt zum "Verteidigungs"-Krieg gegen den Iran aufzurufen, statt davon zu schreiben, dass man iranische Transportflugzeuge abschießt, iranische Schiffe kapert (wie war das mit Piraterie?) und auch sonst macht was man will, Hauptsache die Houthis werden klein gehalten, weil das ach so mächtige Israel dass alles überall kurz und klein hauen kann sich ach so sehr vor ihnen fürchtet, weil der Iran überhaupt hinter allem steckt. Wie hat Mattis das mal ausgedrückt? Es gibt nur 3 Probleme im Nahen Osten: den Iran, den Iran und den Iran. Na wenn das so ist, warum nicht gleich den offenen Krieg gegen das eigentliche Problem ?
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@QF
Zitat:Die Saudis und anderen Ölaraber et al sind also so schwach, dass sie die Eroberung von Mekka durch die Houthis nicht verhindern könnten, aber sie sind stark genug, mit mechanisierten Brigaden die Küstenebene einzunehmen und dann zu halten ?!
Mit unserer Unterstützung und Führung durchaus. Wobei ich Mekka natürlich nur plakativ in den Raum gestellt habe – eine ISIS ähnliche Kampagne eines dann staatlichen Akteurs in dem weite Teile des saudischen Südens überrannt werden ohne das die Bevölkerung dort groß Widerstand leistet und das Königshaus rechtzeitig treue Truppen heranführen kann wäre aber allemal denkbar. Nicht heute natürlich, aber nachdem der Jemen sich eine Dekade lang als iranischer Proxyakteur darauf vorbereiten hätte können durchaus.

Zitat: Man muss auch die dort lebende Zivilbevölkerung (rigoros) kontrollieren und klein halten, man benötigt langgezogene Sicherungssysteme, man hat dann dort einen Guerillakrieg aus der Zivilbevölkerung heraus am Hals usw.
Hat man nicht. Die Küstenbewohner dort sind nichtmal Zaiditen oder irgendwie größer mit en Houthis verbandelt. Wenn dort die jemenitische Regierung wieder einrückt geht das Leben weiter wie zuvor. Auch nicht, wenn dann saudische bzw. panarabische Truppen leere Räumen kontrollieren und das einsickern von Houthis aus den Bergen verhindern. Davon ins eigentliche Kerngebiet der Houthis einzumarschieren spreche ich nicht. Es ist mir persönlich völlig egal ob die da in den Bergen hocken, es geht darum ihnen ihre Seeverbindungen abzuschneiden indem man ein überschaubares Gebiet erobert. Das übrigens deutlich kleiner ist als die Gebiete, die die Houthis im Bürgerkrieg bereits verloren haben.
Zitat: Deine Ansicht, dass sich die Sunniten und Schiiten im Jemen zusammen tun können, kann ich ebenfalls nicht ansatzweise teilen.
Ich bin jetzt nicht der ultimative Experte was das innerislamische Verhältnis im Jemen anbelangt, aber ich habe absolut nicht den Eindruck, dass sich der Bürgerkrieg irgendwie dahingehend entwickelt hat, dass sich Zaiditen und Schafiiten völlig unversöhnlich gegenüberstehen und sich gegenseitig ausradieren wollen. Zaidismus ist alles andere als deckungsgleich mit dominanteren Lesarten des Schiitentums und seit jeher wesentlich kompatibler mit der im Jemen vorherrschenden Form des Sunnismus.
Es ist hier nicht davon auszugehen, dass nach einem kolportierten Sieg der Houthis Säuberungsaktionen oder dergleichen starten würden. Man wird viel eher wie bisher nebeneinander herleben und vor allen Dingen, die Houthis würden sich einen schei* um irgendwelche radikalen Holdouts in irgendwelchen Bergen kümmern und eben nicht die Fehler der jemenitischen Regierung wiederholen. Die würden die Zentren des Landes lose kontrollieren und wenn irgendwo eine Ecke auf Teilautonomie machen will wird deswegen nicht der nächste Bürgerkrieg ausbrechen.
Zitat: Es ist etwas völlig anderes da in den Bergen zu sitzen, oder gegen die dann massiv geförderte Al Quaida im Jemen COIN zu betreiben während man zugleich die ganze verhungernde Bevölkerung durchbringen muss. Im übrigen wäre das dann der tatsächlich geeignete Zeitpunkt weitere Lebensmittelhilfen dorthin abzustellen.
Ok also dein Ansatz wäre: Wir lassen die Houthis gewinnen und die legitime Regierung absetzen. Dafür fördern wir dann massiv Al Quaida um sie zu beschäftigen und stellen die Lebensmittelhilfen ein. Ich sag es mal so. Wenn du recht hättest und die Houthis würden nach der Machtübernahme plötzlich Ruhe geben wollen - nachdem wir diese Kampagne gegen sie fahren machen die vereint als Nation alles gegen uns was den Iranern gerade vorschwebt.
Mein Vorschlag wäre ihnen einfach ihre Häfen wegzunehmen und sie in ihrem eigenen Saft schmoren zu lassen. Es kann uns gleich sein wer in Sanaa „regiert“, solange sie keine Möglichkeiten haben die Schifffahrt im Roten Meer zu stören.
Zitat: In der inzwischen vorherrschenden israelischen Strategielosigkeit aber kann man natürlich einfach alles zu Nägeln deklarieren und dann einfach auf alle feinen kleinen Nägel mit dem gleichen Vorschlaghammer einprügeln. Denn das ist das einzige was ich aus all deinen Beiträgen heraus lese: geht nicht, weil geht nicht, deshalb Bomben drauf werfen, Flugzeuge abschießen, die Küste abriegeln, noch mehr Bomben, und dann immer einfach weiter so, weil geht nicht anders. Das ist so unelegant.
Du brauchst eine Axt um den Baum zu fällen, eine Nadelfeile wird es nicht tun.
Ich halte aber meinen Vorschlag bzw. Vorschläge überhaupt nicht für unelegant. Ich fordere keinen Gewaltmarsch nach Sanaa oder ein neues Afghanistan. Ich schaue auf die Karte und sehe ein sehr überschaubares Gebiet, dass man den Rebellen wegenehmen müsste um ihre Relevanz für uns perspektivisch auf nahezu null zu reduzieren. Erreichbar wäre das schon mit einer klitzekleinen Bombardierungskampagne und einer einfachen Seeblockade an der Meerenge. Ich sehe weiterhin genügend Akteure innerhalb und außerhalb des Jemens, die entsprechend befähigt und unterstützt diese paar Kilometer Küstenstreifen wie den Rest der jemenitischen Küste auch noch unter ihre Kontrolle bringen können. Das ist kein Hexenwerk, das ist keine Strategielosigkeit und das ist kein Commitment auf zwanzig Jahre oder für mehrere westliche Brigaden. Das ist allenfalls einige wenige Oktaven mehr als wie dort eh seit vielen vielen Jahren ergebnislos vor uns hinspielen. Die einfache Wahrheit aber ist: Mit ein klein wenig mehr Einsatz könnte der Bürgerkrieg im Jemen im Sinne der legitimen Regierung beeinflusst werden, dass die Houthis für uns kein relevanter Faktor mehr sind.
Das will ich erreichen. Überschaubarer Aufwand und vollkommen im legalen Bereich. Du dagegen schlägst vor den Jemen einem iranischen Proxy auszuliefern, Al Quaida hochzurüsten und eine Hungerkampagne zu starten. Ich verstehe nicht was daran besser sein soll.
Und ich verstehe auch nicht, warum hier immer Israel ins Spiel gebracht werden muss. Die Houthis sind für den internationalen Warenverkehr gerade ein sehr, sehr viel größeres Problem als Israel mit denen hat.
Zitat:Daran hat sich seit 2015 nichts geändert und ich bin immer noch der gleichen Ansicht wie auch damals schon Michael Horton: Military sources said that a number of regional special forces officers and officers at U.S. Special Operations Command (SOCOM) argued strenuously against supporting the Saudi-led intervention because the target of the intervention, the Shia Houthi movement — which has taken over much of Yemen and which Riyadh accuses of being a proxy for Tehran — has been an effective counter to Al-Qaeda.
Schau dir mal den Frontverlauf in 2015 an… https://www.youtube.com/watch?app=deskto...Fb2-c&t=0s
Es war ein entscheidender Fehler die Intervention der Saudis nicht kompromisslos zu unterstützen. Hätten wir das damals getan hätte die Jemenitische Regierung die Westküste genauso zurückerobern können wie den Süden und die Houthis wären für uns heute kein relevanter Faktor mehr. Stattdessen aber musste es Ausgleich und Kompromiss sein und dafür blockieren die Houthis jetzt einen der wichtigsten Schifffahrtswege der Welt.
Zitat: Es gibt nur 3 Probleme im Nahen Osten: den Iran, den Iran und den Iran. Na wenn das so ist, warum nicht gleich den offenen Krieg gegen das eigentliche Problem ?
Zumindest steckt hinter den drei wichtigsten Problemen der Region der Iran… wir sind konfliktunfähig, wir haben nicht die Kraft für einen offenen Krieg gegen den Iran. Die Lösung (wobei wir darüber auch schon diskutiert haben) ist aber einfach, dass Land mit intelligenten Sanktionen zu belegen, über alle möglichen Kanäle die Opposition im Iran zu stärken und auf einen inneriranischen Regimechange bzw. einen Bürgerkrieg dort hinzuwirken. Dazu bräuchte es mal *zehn Jahre* stringente Politik in Washington ohne ständige Rapprochement Fantasien und dann wäre der Drops gelutscht. Aber freilich, auch wieder so eine strategielose und unelegante Lösung, sicher sinnvoller sich wieder von den Mullahs über den Verhandlungstisch ziehen zu lassen und ansonsten Zurückhaltung zu üben. Wird prima funktionieren, genauso wie mit Israel vs Hamas. Bis es halt mal wirklich weh tut.
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Um deinen letzten Satz aufzugreifen: der Iran und die Hamas sind eben nicht das gleiche. Aber dessen ungeachtet wäre die von dir beschriebene Vorgehensweise gegen den Iran durchaus auch eine solche Strategie welche ich hier explizit meine. Nur: das wird nie stattfinden. Es ist genau so wenig realistisch wie meine Ausführungen bezüglich des Gazastreifens etc. also will ich hier mal dein übliches: Geht nicht, weil geht nicht - Argument gegen die verwenden. Geht nicht, weil wird niemand je tun.

Um aber vom Iran zurück konkret zum Jemen zu kommen:

Auch wenn die Houthis aktuell Schiffe angreifen, sind sie in Wahrheit kein Sicherheitsproblem für Europa, sondern vor allem anderen eines für Israel. So wie auch der Iran für Europa kein Problem darstellt. Israelische Sicherheitsinteressen und Europäische Sicherheitsinteressen sind eben nicht deckungsgleich. Die Ölaraber hingegen sind ein Sicherheitsproblem für uns und sie sind in ihrer schizophrenen Janusköpfigkeit de facto unsere Feinde, während der Iran nicht grundsätzlich der Feind Europas ist. Wir lassen uns aber praktisch nach belieben von Israel und seinen Gefolgsleuten in den USA für deren politische Interessen einspannen.

Die Angriffe auf Schiffe sind relativ neu und kommen nicht aus dem luftleeren Raum. Die Houthis haben viele Jahre lang keine Schiffe angegriffen und zu diesem Zustand könnte man sehr leicht zurück kommen.

Zitat:Es kann uns gleich sein wer in Sanaa „regiert“, solange sie keine Möglichkeiten haben die Schifffahrt im Roten Meer zu stören.

Hier und heute aber stören sie die Schifffahrt im Roten Meer und das werden sie auch weiterhin tun, wenn man ihnen die Küste wegnimmt, denn es ist völlig unrealistisch dass die Ölaraber diese wirklich kontrolliern werden und ebenso völlig unrealistisch, dass man iranische Flugzeuge über dem Jemen abschießt.

Zitat:Ich sag es mal so. Wenn du recht hättest und die Houthis würden nach der Machtübernahme plötzlich Ruhe geben wollen - nachdem wir diese Kampagne gegen sie fahren machen die vereint als Nation alles gegen uns was den Iranern gerade vorschwebt.

Nein würden sie nicht, und zwar aus einem einfachen Grund: weil sie dazu dann gar nicht mehr die Möglichkeit hätten, weil sie mit internen Problemen derart beschäftigt wären, dass sie für äußere Angelegenheiten praktisch keine Kapazitäten mehr hätten. Und die Houthis sind eben keine bloßen Marionetten der Iraner.

Zitat:Ich schaue auf die Karte und sehe ein sehr überschaubares Gebiet, dass man den Rebellen wegenehmen müsste um ihre Relevanz für uns perspektivisch auf nahezu null zu reduzieren. Erreichbar wäre das schon mit einer klitzekleinen Bombardierungskampagne und einer einfachen Seeblockade an der Meerenge. Ich sehe weiterhin genügend Akteure innerhalb und außerhalb des Jemens, die entsprechend befähigt und unterstützt diese paar Kilometer Küstenstreifen wie den Rest der jemenitischen Küste auch noch unter ihre Kontrolle bringen können. Das ist kein Hexenwerk, das ist keine Strategielosigkeit und das ist kein Commitment auf zwanzig Jahre oder für mehrere westliche Brigaden. Das ist allenfalls einige wenige Oktaven mehr als wie dort eh seit vielen vielen Jahren ergebnislos vor uns hinspielen. Die einfache Wahrheit aber ist: Mit ein klein wenig mehr Einsatz könnte der Bürgerkrieg im Jemen im Sinne der legitimen Regierung beeinflusst werden, dass die Houthis für uns kein relevanter Faktor mehr sind.

Wer soll hier uns sein ? Die Houthis haben über eine Dekade lang keine Schiffe angegriffen. Deine Strategie führt aber eben nicht dazu, dass sie dies nicht weiter tun würden und es ist heillos unrealistisch, dass man im Auftrag der sogenannten jemenitischen Regierung ,welche überhaupt gar keine Legitimation mehr hat nun iranische Flugzeuge abschießen würde und zudem jedes Schiff kapern würde (Piraterie!) welches die Küste des Jemen ansteuert. Deine ganze Strategie zielt meiner Auffassung nur darauf Israels Interessen zu bedienen, diese sind aber nicht gleich den Interessen der EU, und insbesondere nicht gleich den Deutschen Interessen.

Und meiner rein persönlichen Meinung nach sind die Ölaraber eben nicht in der Lage dieses Küstengebiet zu halten, weil es für sie durchaus ein Hexenwerk wäre.

Zitat: ich verstehe auch nicht, warum hier immer Israel ins Spiel gebracht werden muss. Die Houthis sind für den internationalen Warenverkehr gerade ein sehr, sehr viel größeres Problem als Israel mit denen hat.

Weil alles hier nur Israel dient, in dessen Kampf gegen den Iran. Die Houthis könnte man sehr leicht dazu bringen, die Angriffe auf die Schifffahrt einzustellen, dass ist nur eine Frage dessen was sie dafür kriegen. Die machen das ja nicht weil sie irrationale Akteure sind, sondern im Gegensatz zu den Ölarabern und sunnitischen Fanatikern von Al Quaida und IS sind sie rationale Akteure. Deine ständige Aussage, dass die Schiiten eine Weltuntergangssekte von Gotteskriegern seien ist einfach falsch. Die Ölaraber sind vor allem für Europa das viel größere Problem. Wenn du dir die Flagge der Houthis ansieht, dann wird sofort allein daraus klar und offensichtlich, dass es hier allein um jüdische Sicherheitsinteressen geht und um nichts anderes und die Schifffahrt nur ein sehr bequem vorgeschobenes Pseudoproblem ist.

Zitat:Es ist hier nicht davon auszugehen, dass nach einem kolportierten Sieg der Houthis Säuberungsaktionen oder dergleichen starten würden. Man wird viel eher wie bisher nebeneinander herleben und vor allen Dingen, die Houthis würden sich einen schei* um irgendwelche radikalen Holdouts in irgendwelchen Bergen kümmern und eben nicht die Fehler der jemenitischen Regierung wiederholen. Die würden die Zentren des Landes lose kontrollieren und wenn irgendwo eine Ecke auf Teilautonomie machen will wird deswegen nicht der nächste Bürgerkrieg ausbrechen.

Inzwischen werden im Jemen ganze Provinzen von der Al Quaida kontrolliert und fördern die Ölaraber dort die Al Quaida und den IS und beide steigen immer weiter auf. Die sogenannte Regierung des Jemen ist zunehmend nur noch ein Feigenblatt für einen sunnitischen Terrorstaat, direkt finanziert von den Ölarabern. Und deine Strategie würde nur dazu führen, einen rational agierenden Akteur gegen eine wirkliche Weltuntergangsssekte auszutauschen und dann hättest du halt in Zukunft statt der Houthis einen IS / Al Quaida Staat der die Schifffahrt angreift.

Als ob die Angriffe auf die Schiffe aufhören würden, wenn Al Quaida und IS im Jemen siegen, und exakt das ist es, worauf deine Strategie hinaus laufen würde.

Am unverständlichsten aber ist mir, dass du der Ansicht bist, Al Quaida und IS könnten mit den Houthis koexistieren. Es gibt wenig was derart diametral konträr zueinander steht. Die kämpften schon 2015 in eliminatorischer Absicht gegeneinander, und tun dies auch heute noch.

Nehmen wir einmal an deine Besetzung der Küstenebene würde funktionieren und die Ölaraber könnten diese halten und kontrollieren (unrealistisch) und man schießt iranische Flugzeuge ab und kapert neutrale Schiffe und begeht damit Piraterie und schnürt so den Nachschub für die Houthis ab. Dann heißt das nicht, dass ab da keine Angriffe auf Schiffe mehr erfolgen, sondern allenfalls das es weniger Angriffe auf Schiffe gibt, denn trotz all dieser Maßnahmen würden weiterhin irgendwie Waffen zu den Houthis gelangen, sei es aus Eigenproduktion, sei es weil die korrupten Strukturen der sogenannten Jemenitischen Regierung sie ihnen weiterverkaufen. Aber dann wird der Jemen über kurz oder mittel zum nächsten IS / Al Quaida Staat und dann wirst du dem Problem gegenüberstehen, dass dann sunnistische Extremisten die Schiffe angreifen werden, und dass vom Jemen aus dann auch sonst Terrorismus überall hin exportiert wird.

Deine Strategie würde also nur zur Entstehung eines weiteren IS Kalifates führen, finanziert und gerüstet von den Ölarabern und im Gegensatz zur aktuellen iranischen Unterstützung der Houthis wäre diese sunnitische Unterstützung nicht einmal mehr einschränkbar, da sie über nicht kontrollierbare Landgrenzen verlaufen würde.
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@QF

Bei dir ist eigentlich alles immer „nicht das gleiche“, wenn es um diese Region geht. Das ist auch nicht falsch, es gibt immer irgendwelche Unterschiede, aber es gibt halt auch ein gemeinsames religiöses, ideologisches und gerne auch pankulturelles Mindset das vergleichbare Akteure ihn sehr ähnlichen Bahnen handeln lässt. Entsprechend sind Analogien zur Analyse nicht nur möglich, sondern nötig.

Zitat: Auch wenn die Houthis aktuell Schiffe angreifen, sind sie in Wahrheit kein Sicherheitsproblem für Europa, sondern vor allem anderen eines für Israel.

Israel kann auch seinen Außenhandel auch vollständig über die Mittelmeerhäfen abwickeln, so entscheidend ist Eilat da nicht. Die wenigen Raketen die es aus dem Jemen bis nach Israel schaffen sind ebenfalls gut beherrschbar. Zumal an dieser Front auch ziemlich Ruhe eingekehrt ist, nachdem man mal einen Luftangriff geflogen ist. Könnten wir ja auch mal versuchen…

Ein Sicherheitsproblem im engeren Sinne ist der Jemen für Europa sicherlich nicht. Allerdings ist es halt ein gewaltiges Wirtschaftliches Problem wenn die Handelsroute über das Rote Meer auf absehbare Zeit dicht bleibt und beim nächsten Konflikt wieder dicht sein wird. Schau dir mal an was in der Handelsschifffahrtsbranche seit Monaten abgeht. Gibt Lieferverzögerungen und Verspätungen ohne Ende, die Transportkosten gehen durch die Decke. Da Transportverträge oft im Voraus auf Monate geschlossen werden dauert es etwas bis die Preise auf den Markt breitflächig durchschlagen, aber die Folge wird jetzt in den kommenden Monaten unweigerlich deutlich steigende Verbraucherpreise, sprich Inflation sein. Plus verringertes Wirtschaftswachstum, sprich hierzulande Rezession. Kann man natürlich ignorieren und wieder 3%+ bei der Kerninflation in 2025 für ganz dufte finden.

Tatsächlich ist aber fast egal was jetzt passiert. Da schlucken wir halt auch noch. Entscheidend ist, dass es bei der nächsten Krise in der Region wieder so kommen wird. Und bei der nächsten und der übernächsten. Und es jedes Mal schlimmer werden wird wenn wir sie gewähren lassen. Dann ist der Suez-Kanal halt mal wieder komplett zu und nicht nur bei so -50% wie gerade. Und das nicht nur über Wochen sondern Monate wenn es sein muss.

Zitat:Hier und heute aber stören sie die Schifffahrt im Roten Meer und das werden sie auch weiterhin tun, wenn man ihnen die Küste wegnimmt, denn es ist völlig unrealistisch dass die Ölaraber diese wirklich kontrolliern werden und ebenso völlig unrealistisch, dass man iranische Flugzeuge über dem Jemen abschießt.

Die Houthis greifen nur aus Gebieten an die sie im Moment kontrollieren. Aus den Gebieten in denen die Regierung die Macht hat erfolgen keine Angriffe. Wenn man die Huths aus den letzten 160km Küstenstreifen vertreibt und die Küste halbwegs patrouilliert ist nun wirklich nicht zu erwarten, dass die da weiterhin mit Anti-Schiffsraketen rumturnen können. Und selbst wenn sie es tun – der springende Punkt ist sie vom Nachschub abzuschneiden. Wenn sie keine Häfen mehr kontrollieren bekommen sie Raketen mit relevanten Reichweiten nur noch in homöopathischen Dosen und etwaige Angriffe fallen unter die Relevanzschwelle.

Zitat:Nein würden sie nicht, und zwar aus einem einfachen Grund: weil sie dazu dann gar nicht mehr die Möglichkeit hätten, weil sie mit internen Problemen derart beschäftigt wären, dass sie für äußere Angelegenheiten praktisch keine Kapazitäten mehr hätten. Und die Houthis sind eben keine bloßen Marionetten der Iraner.
Die haben eigentlich schon jetzt mit dem Bürgerkrieg genug zu tun und spielen dennoch Marionetten der Iraner und lassen sich ohne Not auf einen Konflikt mit Israel und der westlichen Welt ein. Insofern… dein Ansatz wäre also die Houthis den Bürgerkrieg gewinnen zu lassen und das Land dann anschließend so sehr zu destabilisieren in dem man Al Quaida pusht und eine Hungersnot auslöst, dass die Houthis vollauf mit dem nächsten Bürgerkrieg beschäftigt sind. Das ist hanebüchen in meinen Augen. Wird nie stattfinden ™ und würde grandios schief gehen.

Zitat:Wer soll hier uns sein ? Die Houthis haben über eine Dekade lang keine Schiffe angegriffen.
Die Houthis waren auch sehr mit ihrem Bürgerkrieg beschäftigt bis wir auf die glorreiche Idee gekommen sind den Konflikt möglichst einzufrieren anstatt die Regierung des Jemens soweit siegen zu lassen, dass wir diese Ecke der Welt wieder ignorieren können. Und iranische Nachrüstung der Houthi-Rebellen läuft auch noch nicht sonderlich lange. Insofern hat sich die Situation durch unsere Ignoranz in den letzten zehn Jahren halt zum Schlechteren entwickelt.
Wir können sie weiter ignorieren und ganz fest darauf hoffen, dass irgendwie wieder alles gut wird und die Iraner das mit ihrem Nachschub schon sein lassen werden. Wird sicher funktionieren. Oder aber wir nehmen mal zu Kenntnis, dass sich die Iraner hier den nächsten Proxy heranzüchten und auch diesen so mit Waffen zuknallen, dass diese Angriffe zu jeder sich bietenden Gelegenheit stattfinden werden. Genau solange bis diese Herrschaften mal wirklich was auf die Finger bekommen und man ihnen ihre neuen Spielzeuge wegnimmt.

Und nein, nichts von meiner Strategie wäre Piraterie, illegal oder sonst etwas. Der Jemen hat eine legitime Regierung. Die mögen keine demokratische Legitimation haben, aber das spielt hinsichtlich der internationalen Anerkennung ihres Status keine Rolle. Und da sie nun mal die Regierung sind können sie uns oder irgendwelche Anrainer ganz offiziell einladen sie zu unterstützen ihre Luft- und Seegrenzen zu unterstützen. Auch gegen Akteure die vollkommen widerrechtlich Waffen an die Houthi-Rebellen schmuggeln wollen. Es ist mir schleierhaft was daran kontrovers sein soll.

Zitat:Weil alles hier nur Israel dient, in dessen Kampf gegen den Iran. Die Houthis könnte man sehr leicht dazu bringen, die Angriffe auf die Schifffahrt einzustellen, dass ist nur eine Frage dessen was sie dafür kriegen.

Genauso wie man mit den Iranern alles verhandeln kann, es ist auch immer nur eine Frage was sie dafür kriegen. Und wenn sie dann das Verhandlungsergebnis ignorieren und trotzdem weiterhin unverblümt ihr Ding durchziehen konnte dies ja keiner ahnen und es gibt keine Veranlassung auch dem nächsten vermittlungswilligen Schachspieler nicht knietief in den Hintern zu kriechen. Immer das gleiche. Wie oft wollen wir das eigentlich ausprobieren, bis wir verstehen, dass wir damit jedes Mal auf die Schnauzte fallen und man mit radikalen Islamisten nicht verhandeln kann?

Freilich, man kann sich halt auch vor der Realität verschließen und behaupten, dass die megageilen Perser in radikaler Schiitischer Ausführung kein Problem sind und alles gut wird wenn halt nur, was, das israelische Problem final gelöst ist?! Ich weiß nicht wo du mit diesen Behauptungen a la „rationale Akteure“ und „allein jüdische Sicherheitsinteressen“ hinwillst. Die religiösen Fanatiker und leider Gottes aktuellen Machthaber im Iran sind eine Weltuntergangssekte deren obersten Ziel es ist, das Paradies auf Erden und die Rückkehr ihres Messias mit einem Vernichtungskrieg gegen Israel und den Westen einzuleiten. Das mag entrückt und uns völlig fremd sein ist aber der Kern ihrer Ideologie und Ausgangspunkt ihres Handelns.

Bei den Houthis ist es nicht viel anders. Wenn du es schon erwähnst, deren Kredo lautet: Allah is the Greatest, Death to America, Death to Israel, A Curse Upon the Jews, Victory to Islam.

Das liest du und kommst dann bei Zitat „offensichtlich, dass es hier allein um jüdische Sicherheitsinteressen geht“ raus? Ernsthaft?! Das ist ein unverhohlener globaler Machtanspruch ein radikalen Ideologie aus der zivilisatorischen Steinzeit.
Das ist mitnichten nur das übliche Bestreben halt mal Israel vernichten zu wollen (wo sind wir btw eigentlich hingekommen, dass wir das jetzt irgendwie als Folklore abtun können?). Hier geht es weiterhin um der Kampf gegen alle Juden weltweit (im Jemen sind ihre Säuberungen btw praktisch abgeschlossen von 50.000 auf vielleicht noch 5), den Kampf gegen Amerika (und man mag ihnen paranoid unterstellen, dem Westen allgemein) und den Triumph des Islams ua über das Christentum und die westlich-abendländische Werteordnung. Wahrlich sehr sympathische Gestalten, genau auf der gleichen Wellenlänge unterwegs wie der Todeskult in Teheran. Spricht nichts dagegen sich mit denen zu arrangieren und gut zu stellen, die wollen ja nur die nervenden Israelis ein wenig piesacken, das müssen die schon abkönnen, Hauptsache es ist Ruhe.

Für mich ist das eine abstoßende, defätistische und selbstverlogene Herangehensweise. Kein Wunder das die uns auf der Nase herumtanzen.

Und daran ändert der Umstand, dass die Ölaraber in der Masse kaum weniger verstrahlt sind nichts. Tatsächlich möchte ich mit beiden nichts am Hut haben. Völlig gleich ob jetzt sunnitische oder schiitische Weltuntergangssekte. Aber wenigstens sind die sunnitischen Verrückten nicht in Regierungsverantwortung wie die Mullahs im Iran. Mit dem Haus Saud oder den Haschimiten kann man sich arrangieren, genauso mit der Ägyptischen Militärdiktatur. Auch wenn da genug völlig gegen unsere Interessen läuft.

Zitat:Am unverständlichsten aber ist mir, dass du der Ansicht bist, Al Quaida und IS könnten mit den Houthis koexistieren. Es gibt wenig was derart diametral konträr zueinander steht. Die kämpften schon 2015 in eliminatorischer Absicht gegeneinander, und tun dies auch heute noch.

Der IS im Jemen existiert effektiv überhaupt nicht mehr, das haben die doch schon vor Jahren selbst eingeräumt. Hinsichtlich Al Quaida ist mein Stand, dass sich Houthis und AQAP seit zwei Jahren überhaupt nicht bekämpfen. AQAP kämpft dagegen gegen die Jemenitische Regierung und ihre Verbündeten, wie die Houthis auch. Zudem sind die Aktivitäten der Truppe wenigstens um eine Größenordnung zurückgegangen, woher du die Aussage nimmst, das die ganze Regionen kontrollieren sehe ich nicht. Die pfeifen ziemlich aus dem letzten Loch, sind schon heute kein größerer Faktor mehr und wären es unter einer Houthi Herrschaft auch nicht.

Btw man könnte da fast auf die Idee kommen, dass die US Drohnenkampagne so erfolglos nun auch nicht gewesen ist. Aber das ist ja gerade nicht en vogue.

Zitat:Aber dann wird der Jemen über kurz oder mittel zum nächsten IS / Al Quaida Staat und dann wirst du dem Problem gegenüberstehen, dass dann sunnistische Extremisten die Schiffe angreifen werden, und dass vom Jemen aus dann auch sonst Terrorismus überall hin exportiert wird.

Nein, der Krieg im Jemen wird einfach weitergehen ohne das die Houthis die Möglichkeit haben sich mit iranischen Waffen auszustatten und Handelsschiffe anzugreifen. Die Rebellen werden weiterhin in den Bergen hocken und die Regierung wird weiterhin zu schwach sein um sie zu besiegen. Und Al Quaida wird weiterhin eine absolute Nebenrolle spielen die wir getrost ignorieren bzw. zum Zeitvertreib weiterhin mit Drohnen beschäftigen können.

Aber selbst wenn du recht hättest: Es ist eben kein Ansatz aus Angst vor dem Tod Selbstmord zu begehen. Ein schiitisches Kalifat ins Leben zu rufen um ein sunnitisches Kalifat zu verhindern hilft uns keinen Meter weiter.
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Gehen wir es mal vom Anfang an, nämlich dem Beginn deiner Kausalkette. Der Iran wird deiner Ansicht nach von einem Todeskult geführt, der eine Weltuntergangssekte ist und dieser Todeskult beherrscht tatsächlich alle wesentlichen Stellen und dominiert diese Führung. Desweiteren sind auch alle Verbündeten, insbesondere die Hisbollah und die Houthis ein gleich gestrickter Todeskult und wollen ebenso als Weltuntergangssekte das exakt gleiche.

Und von dieser Wahrnehmung aus baust du dann deine Kausalkette auf und ja, wenn diese Einschätzung von dir so stimmt, und der Iran ist ein irrationaler Spieler der einfach nur als Kult den Weltuntergang will, dann ist jede deiner Schlußfolgerungen richtig. Denn deine Kausalkette ist ja von diesem Ausgangspunkt aufgebaut und von diesem aus betrachtet logisch, richtig und vernünftig. Wäre ich der gleichen Ansicht, was den Ausgangspunkt angeht, hätte ich sicherlich eine sehr ähnliche oder sogar eine identische Kausalkette was die daraus folgenden Strategien, Notwendigkeiten und Handlungen angeht. Gar keine Frage, alles was du schreibst ist richtig, wenn denn der Ausgangspunkt so ist, wie du es beschreibst.

Wir kommen halt nur gerade eben hier deshalb nie zusammen, weil ich diesen Ausgangspunkt anzweifle und die Führung des Iran eben nicht als eine tatsächlich real vom Weltuntergang besessene Sekte von Fanatikern wahrnehme, und das iranische Regime für mich eben kein irrational agierender Todeskult ist. Deshalb muss natürlich auch jede Kritik von mir an deinen Schlußfolgerungen völlig ins Leere gehen - da ja die Grundlagen auf denen diese Schlußfolgerungen gezogen werden bei uns so verschieden sind.

Deshalb werden wir da weiterhin einen grundsätzlichen Dissens haben, solange ich das iranische Regime halt nur als einen hinter aller Propaganda und allen Äußerlichkeiten recht konventionellen Feind sehe und die Houthis ebenso.

Einig sind wir uns auf jeden Fall, dass unsere Konflikt- und Kriegsunfähigkeit ungeachtet aller Umstände und in jedem denkbaren Szenario hier das größte Problem darstellt. Da bin ich völlig bei dir, es fehlt einfach völlig an der Fähigkeit ernsthafte substanzielle organisierte Gewalt anzuwenden, und auch jede andere Lösung als die deine setzt diese Fähigkeit in jedem Fall zwingend voraus, da auch ein rationaler Spieler nur dann in unserem Sinne beeinflusst werden kann, wenn hinter allem was wir tun auch real Substanz ist.

Ich bin daher völlig unabhängig von der Frage ob der Iran ein rationaler oder ein irrationaler Gegner ist ganz genau so der Ansicht, dass es vor allem anderen unser Mangel an (militärischer) Substanz ist, welcher hier Lösungen verbaut, unabhängig von der Frage was für einen Gegner man hier vor sich hat und was für eine Strategie man fährt. Selbst eine (rein theoretisch!) friedliche Lösung würde von unserer Seite wesentlich mehr Substanz benötigen um auch nur ansatzweise eine Chance zu haben.

Ansonsten werden wir aufgrund unterschiedlicher Grundannahmen hier auch weiterhin einen durchgehenden Dissens haben. Wobei ich mich hier auch selbstkritisch hinterfragen muss, inwieweit meine recht konstante eher pro-schiitische / pro-iranische Haltung selbst überhaupt rational ist und inwieweit meine durchgehende erhebliche Ablehnung arabisch-sunnitischer Strukturen nicht auf irrationalen Faktoren beruht. Da muss ich mich selbst durchaus mehr hinterfragen, wozu ja gerade eben solche Diskussionen wie die hier erfolgte sehr nützlich sind.

Vorübergehend beschließend also vielen Dank für deine Ausführungen diesbezüglich.
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Jub, wir hatten das Thema ja auch schon hier:
https://www.forum-sicherheitspolitik.org...#pid240358

Ansonsten verstehe ich deine Position schon. Ich würde auch liebend gerne eine grundsätzliche Annäherung an die iranischen Völker und insbesondere die Perser sehen. Hätte ich die Wahl würde ich sie jederzeit den Arabern vorziehen. Aber diese Wahl haben wir halt nicht, solange in Teheran ein expansiver Endzeitkult das sagen hatten. Entsprechend lautet die einzig vernünftige Devise Regimechange, aber leider halt nicht mit dieser US-Regierung und auch nicht mit der nächsten, egal wer gewählt wird. Und so taumelt die Region halt weiter Richtung Katastrophe.
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Als neu gegründeter Siedlerstaat sich zu erdreisten aus dem völkerrechtlich illegal einseitig annektierten Jerusalem heraus die Zusammenarbeit, Innen- und Außenpolitik von Kairo, Konstantinopel, Bagdad, Ghom, Mekka und Sanaa nach seinen Zielen zu definieren ist nicht gerade ein bescheidener Grundansatz. Das ist einer, wenn man ihn verfolgt, der sehr viel mehr Macht und Gewalt aber vor allem auch kulturellen Respekt und diplomatisches Geschick voraussetzt, als der Zwergstaat das selber ausüben kann. Das Selbstverständnis man könne selbst tun und lassen was man will, während man zur Durchsetzung dieses Selbstverständnisses auf die massive Hilfe Dritter angewiesen ist, die halt nicht hinreichend kommt, weil die anderen zu schwach sind, finde ich ziemlich stumpf und bedient ja wirklich sämtliche Klischees auf einmal. Der Frosch hat sich in einen Topf mit Wasser gesetzt, der auf einer Herdplatte steht und meint er ist der Chef weil es wärmer wird.
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(04.09.2024, 11:50)Nightwatch schrieb: ....
Ein Sicherheitsproblem im engeren Sinne ist der Jemen für Europa sicherlich nicht. Allerdings ist es halt ein gewaltiges Wirtschaftliches Problem wenn die Handelsroute über das Rote Meer auf absehbare Zeit dicht bleibt und beim nächsten Konflikt wieder dicht sein wird.....
wir können den Ausfall wahrscheinlich noch verkraften - der Weg um Afrika rum dauert halt etwas länger.
Aber ein massives wirtschaftliches Problem dürfte Ägypten haben. Denn mit der Schließung der Handelsroute über das Rote Meer entfallen die Einnahmen aus dem Suez-Kanal. Der Betreiber, der ägyptische Staatsbetrieb Suez Canal Authority (SCA), nahm 2021 über 5 Milliarden US-Dollar ein, durchschnittlich etwa 300.000 US-Dollar pro Durchfahrt.[6] Für das Jahr 2023 wurden über 10 Milliarden US-Dollar Umsatz erwartet (zitiert von hier mit Quellenangaben dort).
Das ist ein massiver Anteil an den Devisen- und Staatseinnahmen.
Zitat:Die Angriffe der Huthi-Miliz auf die Frachtschifffahrt im Roten Meer hat erhebliche Auswirkungen auf die Geschäfte Ägyptens am Suezkanal. Die Umsätze sind nach Angaben von Staatschef Abdel Fattah al-Sisi um 40 bis 50 Prozent zurückgegangen.
Quelle 2024-02 und
Zitat:Die Einnahmen aus dem Suezkanal gingen im letzten Geschäftsjahr um 23 Prozent zurück
Quelle 2024-07

Ägypten hat zum Ausgleich von anderen Staaten Devisen erhalten, um die ägyptische Wirtschaft und den Staat zu stabilisieren - z.B. Geld aus dem 35-Milliarden-Dollar-Deal, den Ägypten Ende Februar mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) abgeschlossen hat. Auch EU beteiligt sich mit 7,4 Milliarden Euro an der Stabilisierung der ägyptischen Wirtschaft. Dieser "Geldregen" ist aber beileibe nicht bedingungslos. Daraus folgt die Erwartung auf "politisches Wohlverhalten" - und seitens der Saudis wohl auch auf Beteiligung oder Unterstützung militärischer Operationen.

(04.09.2024, 18:28)Nightwatch schrieb: .... Ich würde auch liebend gerne eine grundsätzliche Annäherung an die iranischen Völker und insbesondere die Perser sehen. ...
wenn man von kulturellen Verbindungen ausgeht, und schaut, wie ausgeprägt etwa die Frauenrechte im Iran einerseits und Saudi Arabien andererseits sind - oder wo demokratische Ansätze rudimentärer sind - dann kann ich diese Präferenz durchaus nachvollziehen.
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Das ist ja gerade die Ironie an dem ganzen Konflikt mit dem Iran, dass eigentlich alle Seiten lieber mit den Iranern zusammen arbeiten würden als mit den Ölarabern, dass aber der Iran aufgrund ideeller Werte nicht dazu bereit ist sich einzuordnen und sich in Feindschaft sieht, obwohl das Potential für eine dauerhafte friedliche Koexistenz eigentlich größer ist. Da sieht man mal wieder, wie entgegen jedem Sinn zwei Systeme im Konflikt miteinander liegen und es nicht schaffen aus diesem auszubrechen, obwohl sie eigentlich natürlichere Alliierte sind als die unnatürlichen Alliierten der Gegenseite.
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Der Westen ist kulturell insbesondere im Bereich Erdöl derart aufgeschlossen und interessiert, dass derartige Offerten auch nach der xten Finte durchaus noch verlockend klingen. Der Iran hat aber in Wahrheit nur genau so lange keinen Konflikt mit dem Westen, wie er die wirtschaftlichen Interessen großer amerikanischer und saudischer Multis in hinreichendem Umfang glaubhaft schädigen kann und seinen eigenen Laden gegen das Einsetzen kontrollierbarer Marionetten schützen kann. Das sind die Punkte, auf die es am Ende nur ankommt für die Politik und für den Frieden mit dem Iran. Egal wie westlich der iranische Lebensstil ist, wird ansonsten Krieg über das Land hineinbrechen. So wie über alle anderen Krieg hereinbricht, die eben nicht in der Lage sind, Tankschiffe mit eben diesem kulturell so wertvollen Erdöl zu versenken. Die Fähigkeit Gewalt auszuüben ist für den Iran mindestens ebenso überlebensnotwendig, wie für den Westen. Daher benötigt der Iran auch glaubhafte Mittel zum Bau von Atombomben und Raketen. Und das wird das erste sein, was man dem Iran nehmen wird, um die "Beziehungen zu verbessern".
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(06.09.2024, 01:34)KheibarShekan schrieb: .... Der Iran hat aber in Wahrheit nur genau so lange keinen Konflikt mit dem Westen, wie er die wirtschaftlichen Interessen großer amerikanischer und saudischer Multis in hinreichendem Umfang glaubhaft schädigen kann und seinen eigenen Laden gegen das Einsetzen kontrollierbarer Marionetten schützen kann. ....
@KheibarShekan
Ich denke, die Wahrheit sollte etwas anders beschrieben werden:

"Der Westen" - allen voran die den US-Ölmultis verbundene US-Regierung - kann solange mit dem Iran oder auch mit Saudi Arabien kooperieren, solange diese Staaten die finanziellen und wirtschaftlichen Interessen der US-Ölmultis nicht tangieren.
Sobald deren Interessen gefährdet sein könnten, geht es von westlicher Seite aus mit den Beziehungen "den Bach runter". Da werden die entsprechenden Regierungen dann "verteufelt", völlig egal, wie autoritär die vorhergehenden - dem Westen gegenüber freundlichen - Machthaber ihr Volk unterdrückt haben.

Und so gesehen dienen die Militärlieferungen an die Ölstaaten auch nicht deren eigener Sicherheit, sondern der Sicherheit der (US-) Öl- und Gasinvestitionen im jeweiligen Land.
Genauso, wie militärische Interventionen "des Westens" nicht etwa überwiegend humanen Zielen dienen, sondern primär wohl darauf ausgelegt scheinen, Zugriff auf entsprechende fossile Energielager zu erhalten.
Der Jemen ist daher wohl solange für Interventionen nicht interessant, solange dort keine großen fossilen Energieträger gefunden werden. Erst jetzt - mit den ersten Angriffen auf Tankschiffe - werden die energiehungrigen westlichen Mächte zunehmend nervös.

Der Gedanke weiter entwickelt führt dazu, dass mit zunehmender Entwicklung alternativer, nachhaltiger oder regenerativer Energieversorgung (Gezeiten, Sonne, Wasser, Wind ...) die fossilen Energien immer unbdeutender werden, und damit das Risiko weiterer Kriege "Blut für Öl" sinkt.
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Insgesamt betrachtet kann man mit leichtem Schwerpunkt davon ausgehen, das zeigen auch innenpolitische Aspekte, dass mit den auch extremistischen Ausprägungen des Schiitentums seitens anderer Kulturkreise (ich nenne nun bewusst nicht spezifisch den Westen) eher umgegangen werden kann aus westlicher Warte als mit den sunnitischen oder gar wahhabitischen Extremismen. Gleichwohl aber muss man sich darüber im klaren sein, vermutlich schreibe ich dies zum gefühlt 25-mal, dass dies nicht entscheidend ist.

Das vorherrschende System in Iran will leider den Konflikt - nicht zwingend mit dem Westen (das ist sicher richtig), aber mit Israel. Und nun könnte man fragen, welche Optionen denn bestünden? Ich vermute sehr stark, dass die gegenwärtigen Herrscher in Teheran, sollte denn Israel (als Gedankenmodell) ein Friedensangebot an den jetzigen Iran senden mit den Inhalten und Angeboten zwecks Beendigung des jetzigen kalten und teils warmen Krieges mit den Aspekten...

- dass man alle Siedler aus der Westbank zurückholt,
- dass man dort einen palästinensischen Staat zu implementieren sucht,
- dass man Jerusalem zur offenen Stadt erklärt,
- dass man Kernisrael auf die Grenzen von 1967 reduziert...

...nicht annehmen werden. Ich hatte es schon mal geschrieben: Der Konflikt ist künstlich und willentlich erzeugt. Würde man dieses Angebot in Iran erhalten, könnte man es gar nicht annehmen, denn man würde die psychologisch-propagandistisch über mehr als 40 Jahre hinweg aufgebauten Feindbilder gefährden und zudem eines der Standbeine der eigenen "Daseinsberechtigung" (nicht auf Iran an sich bezogen, aber auf die Herrschaft der Mullahs) gefährden. Man könnte gar nicht darauf eingehen - weil man sich völlig desavouieren und aller Glaubwürdigkeit berauben würde.

Vermutlich würde es entweder heißen - als propagandistische Ausflucht -, dass dies a) ein gemeines Intrigenspiel der USA sei oder aber man b) ein "Israel" nur in den Grenzen von 1947 (also vor der Staatsgründung) akzeptieren könne. Da dies wiederum für die Israelis unannehmbar wäre, hätte man allen Grund den Konflikt fortzuführen.
Zitat:Der Gedanke weiter entwickelt führt dazu, dass mit zunehmender Entwicklung alternativer, nachhaltiger oder regenerativer Energieversorgung (Gezeiten, Sonne, Wasser, Wind ...) die fossilen Energien immer unbdeutender werden, und damit das Risiko weiterer Kriege "Blut für Öl" sinkt.
Interessanterweise geistert diese Formulierung "Blut für Öl" als dezidiert antiamerikanisches Vokabular seit 1991 hartnäckig durch den Äther. Wenn ich dies aber höre und nachhake, woran die Person (ohne spezifisch zu werden), die dies äußert, dies festmacht, so folgt meistens ein sehr unklares Herumlavieren und ein zwielichtiges Spekulieren über die Interessen der US-Öl-Multis und den "gemeinen" Kapitalismus in den USA. Ohne klare Details, versteht sich. Muss auch nicht sein, Uncle Sam war's halt eben...wird dadurch aber nicht wahrer...
Zitat:...wie ausgeprägt etwa die Frauenrechte im Iran ...
Jetzt kriege ich aber gleich Tränen in den Augen ob dieser erschütternden, überzeugten, famosen, heroischen, geradezu feminin toleranten Politik der herrschenden Clique in Iran...

Bevor ich nun etwas derber werde...nun...lasst uns bitte zur Krise im Roten Meer zurückfinden. Lieben Dank.

Schneemann
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Israel fallen lassen ist keine Option und deshalb kann es keine Zusammenarbeit mit dem Iran geben, bevor dieser seine feindseelige Haltung gegenüber Israel nicht aufgibt. Damit würde man gleich den nächsten kapitalen Fehler begehen, nachdem sich der Westen nun schon genug Böcke geleistet hat.
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Schneemann:

Meinem Verständnis nach schreibt Erich hier nur über den Vergleich zwischen Iran und Saudi-Arabien und Fakt ist, dass Frauen im Iran mehr Rechte haben als in Saudi-Arabien, allgemein auch gebildeter und selbstständiger sind, gerade eben deshalb ja der ständige Konflikt dort weil man die Einschränkungen gerade eben deshalb weniger hinnehmen will.

Deshalb schreibst du meiner Ansicht nach hier an der Aussage ziemlich vorbei.

Zitat:Das vorherrschende System in Iran will leider den Konflikt - nicht zwingend mit dem Westen (das ist sicher richtig), aber mit Israel.

Aus iranischer Perspektive (also aus Perspektive des aktuellen iranischen Regimes) ist man in der Defensive und muss ständig um das eigene Überleben kämpfen. Und da ist durchaus etwas dran. Man kämpft hierbei an zwei Fronten: außenpolitisch wie innenpolitisch und natürlich benutzt man dann außenpolitische Feindbilder um innenpolitisch mehr Unterstützung für die eigene Sache zu mobilisieren. Und ja, das iranische Regime ist inzwischen abhängig von diesen Feindbildern bzw. dem auswärtigen Feind.

Man will aber nicht per se den Konflikt, sondern man muss diesen aufgrund der Umstände führen. Deshalb will man ihn auch auf einem bestimmten Niveau und eben nicht die totale Eskalation, die man ja schon mehrfach längst haben können, wenn man denn wirklich ein Todeskult mit Weltuntergangssehnsüchten wäre.

Am liebsten wäre dem Iran eine Feindschaft auf einem gewissen geringen Niveau, mit immer weiterem gegenseitigen vor die Schienbeine treten und am allerliebsten wenn diese primär über Stellvertreterkriege geführt wird. Der Westen bzw. Israel sind aber meiner Ansicht nach gegenüber dem Iran in diesem Spiel zu aggressiv - wohlgemerkt: das ist nur meine rein private Meinung, weil sie sich vom Iran viel mehr bedroht fühlen als dies der Iran selbst vorsieht. So stehen sich beide Seiten in einer Wahrnehmung von eigener Defensive und feindlicher Aggression gegenüber, ohne hieraus ausbrechen zu können.
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(06.09.2024, 22:45)Quintus Fabius schrieb: Schneemann:

Meinem Verständnis nach schreibt Erich hier nur über den Vergleich zwischen Iran und Saudi-Arabien und Fakt ist, dass Frauen im Iran mehr Rechte haben als in Saudi-Arabien, allgemein auch gebildeter und selbstständiger sind, gerade eben deshalb ja der ständige Konflikt dort weil man die Einschränkungen gerade eben deshalb weniger hinnehmen will.
...
so ist es; nimm Beispielsweise heraus,
- wo Frauen selbstständig beruflich tätig werden können
- wo Frauen selbst und unabhängig reisen (Auto fahren) dürfen
- wo sich Frauen freier und unabhängiger politisch engagieren können
...
wobei die Differenzen sehr grob gekleistert möglicherweise auch der vorherrschenden religiösen Ideologie geschuldet sind.
Ich vergleich - wie gesagt sehr grob gekleistert - oft
= die hierarchische theologische Struktur im Iran mit der hierarchischen Struktur der katholischen Kirche und dem dortigen "päpstlichen Lehramt",
= die dezentrale und eher vielfältige Struktur der Sunniten mit den evangelischen Kirchen (Interpretation der Schrift = des Koran durch die jeweiligen Prediger oder Imame) und
= die stark fundamentalistische Ausprägung der Wahabiten mit dem evangelikalen Fundamentalisten.

Btw.:
@Schneemann:
Kannst Du mir meinen Rollator in den Jemen bringen lassen? Der steht noch irgendwo in der Sahel-Zone und vielleicht mach ich im Jemen doch noch etwas Stunk ...
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