Sechster Nahostkrieg
Zitat:Israel verkündet Tötung von führendem Hamas-Militär
01. August 2024, 13:20 Uhr

Einen Tag nach dem gewaltsamen Tod von Hamas-Anführer Ismail Hanija im Iran hat Israel die Tötung von Hamas-Militärchef Mohammed Deif bekanntgegeben...
Link:
https://www.mdr.de/nachrichten/welt/poli...f-100.html

Der nächste Kopf. Wenngleich er wohl schon vor einigen Tagen rollte. Aber in diesem Fall bestätigt Israel es offiziell... warum mit Verzug?
Zitieren
Zitat:Iran, its proxies will meet to discuss retaliation against Israel, say sources
...
Representatives of Iran's Palestinian allies Hamas and the Islamic Jihad, as well as Yemen's Tehran-backed Houthi movement, Lebanon's Hezbollah and Iraqi resistance groups will attend the meeting in Tehran, said the sources, who declined to be named due to the sensitivity of the issue.

"Iran and the resistance members will conduct a thorough assessment after the meeting in Tehran to find the best and most effective way to retaliate against the Zionist regime (Israel)," said a senior Iranian official, with direct knowledge of the meeting.

Another Iranian official said Supreme leader Ayatollah Ali Khamenei and senior members of Iran's elite Revolutionary Guards will attend.

"How Iran and the resistance front will respond is currently being reviewed ... This will certainly happen and the Zionist regime (Israel) will undoubtedly regret it," General Mohammad Baqeri, Iran's armed forces chief of staff, told state TV on Thursday.
...
https://www.msn.com/en-in/news/other/ira...r-BB1r1v4Q
Zitieren
Die NYT hat eine ganz eigene Idee wie man Haniyeh umgebracht hat:

Zitat:Ismail Haniyeh, a top leader of Hamas, was assassinated on Wednesday by an explosive device covertly smuggled into the Tehran guesthouse where he was staying, according to seven Middle Eastern officials, including two Iranians, and an American official.

The bomb had been hidden approximately two months ago in the guesthouse, according to five of the Middle Eastern officials. The guesthouse is run and protected by the Islamic Revolutionary Guards Corps and is part of a large compound, known as Neshat, in an upscale neighborhood of northern Tehran.
https://www.nytimes.com/2024/08/01/world...=url-share
Zitieren
Auch n-tv geht jetzt von einer eingeschmuggelten Bombe aus (-Link-) und bezieht sich dabei auf den Artikel aus der NYT:
Zitat:Hamas-Führer Ismail Hanija wurde einem Medienbericht zufolge im Iran durch einen Sprengsatz getötet. Dieser sei heimlich in das Teheraner Gästehaus geschmuggelt worden, in dem sich Hanija aufhielt. Das berichtete die "New York Times" unter Berufung auf mehrere Beamte aus dem Nahen Osten, darunter zwei Iraner. Auch ein US-Beamter gehört demnach zu den Quellen.
Die Bombe sei vor etwa zwei Monaten in dem Gästehaus versteckt worden, hieß es weiter. Das Gästehaus wird vom Korps der Islamischen Revolutionsgarden betrieben und geschützt. Es liegt in einem gehobenen Viertel im Norden der iranischen Hauptstadt. Hanija, Auslandschef der Terrorgruppe Hamas, hielt sich im Iran auf, um an der Amtseinführung des neu gewählten Präsidenten Massud Peseschkian teilzunehmen.
Zitieren
Beide hier genannte Thesen - eine Bombe im Zimmer wie auch ein ATGM-Anschlag - sind zwar möglich, aber ich erachte sie dennoch als relativ unwahrscheinlich, wenn man sich die Zielperson anschaut und wenn die Sicherheitsvorkehrungen nicht gänzlich vernachlässigt wurden.

Hanija war nicht irgendwer, sondern der Kopf der Hamas. Dass er bei den Israelis ziemlich weit oben steht auf der Abschussliste dürfte jedem klar gewesen sein.

1. Wenn man sich anschaut, wie bislang manche Terrorpaten getötet wurden, so wäre es logisch, dass seine Unterkunft vorab inspiziert wird - Schlafzimmer, Bad, Laptops, Handy etc. -, ob nicht irgendwo doch ein Sprengkörper platziert wurde. Yahya Ayyasch etwa wurde 1996 mit einer Handy-Bombe getötet, vermutlich vom Schin Bet. Auch die Aktion in Doha 2010 ist den Palästinensern wie den Persern sicher bekannt. Und es gibt sogar Gerüchte, dass die Palästinenser nach dem Giftanschlag auf Chaled Meschaal eingehende Speisen für ihre obersten Anführer teils vorkosten lassen. Anzunehmen, dass man eine derart hochstehende Person wie Hanija einfach wo einquartiert, ohne dass man irgendwie das Gebäude inspiziert, ist unwahrscheinlich.

2. Ein ATGM-Anschlag wäre denkbar, aber auch recht schwer ausführbar. Wenn man sich die Lage des Gebäudes anschaut, so müsste man deutlich näher als 8 km herangehen - eher max. 3 bis 4 km -, man müsste auch einige Hügel und Bäume im Umfeld berücksichtigen. Und man muss den Pick-Up samt Werfer auf einer Straße oder zumindest einem befahrbaren Weg platzieren, von wo man aus das Haus gut einsehen kann (was aber seine Entdeckung auch wiederum erleichtert - WENN es Beobachter gibt). Es wäre in jedem Fall zu auffällig, wenn die Perser nur halbwegs ihre Ohren und Augen offen haben - z. B. weil sie mit einem Scharfschützen-Anschlag rechnen -, schlicht weil man annehmen muss, dass Hanija gut überwacht und geschützt wird. Es wäre zwar denkbar, dass man den Wagen als IRGC-Fahrzeug deklariert und deswegen dort herumkurvt, aber hochgradig unsicher bzgl. Entdeckung wäre es dennoch (zumal das betr. Gebäude wohl als Unterkunft für privilegierte Gäste galt und das Areal unter Aufsicht des IRGC stand). Zudem wäre dann die Frage, ob man nach dem Abschuss nicht eher zu Fuss als mit dem Wagen flüchtet, da dieser recht leicht verfolgt werden könnte.

Kann aber natürlich auch sein, dass man den "Gast" (und das Gastrecht wird bekanntlich in Iran durchaus hoch angesetzt) als solchen als "sakrosankt" angesehen hat - nach dem Motto Hier in Teheran passiert eh nichts! -, ihn irgendwo halbwegs luxuriös einquartiert und lediglich einen Leibwächter vor die Türe gestellt hat und der Rest war dann eine Mischung aus Arroganz und dem gleichen persischem Schlendrian, der kürzlich den Präsidenten samt Außenminister mit einem Hubschrauber in ein nebliges Gebirge hat starten lassen...

Schneemann
Zitieren
(02.08.2024, 09:24)Schneemann schrieb: 2. Ein ATGM-Anschlag wäre denkbar, aber auch recht schwer ausführbar. Wenn man sich die Lage des Gebäudes anschaut, so müsste man deutlich näher als 8 km herangehen

Ich habe die Berichte zu Hinweisen bzw. dem Vorgehen in diesem Fall noch nicht so verfolgt. Finde interessanter DASS es dieses Attentat gegeben hat. Aber die ATGM Theorie fasziniert mich insofern, weil sie technisch spannend ist. Völlig theoretisch entkoppelt davon gesprochen ist das nämlich nicht so unmöglich, wie Du meinst:

Zitat:- eher max. 3 bis 4 km -, man müsste auch einige Hügel und Bäume im Umfeld berücksichtigen.

Die "Long Range" Versionen von Spike und Almas haben eine mehr als doppelt so hohe Reichweiten, wie hier von Dir genannt. Das reduziert die Signatur und erhöht die Optionen des Schützen schon einmal, in Radien und Flächen gedacht, ganz erheblich. Sichtlinie des Bedieners ist nicht erforderlich. Die Rakete macht das Bild aus der Vogelperspektive, fliegt über Hügel. Erwiesenermaßen werden die Waffen im militärischen Kontext bevorzugt aus dem Wald hinter Hügeln verschossen.

Zitat:Und man muss den Pick-Up samt Werfer auf einer Straße oder zumindest einem befahrbaren Weg platzieren, von wo man aus das Haus gut einsehen kann (was aber seine Entdeckung auch wiederum erleichtert - WENN es Beobachter gibt).

Der Schütze kann den Starter mit Dreibein alleine tragen. Ist viel handlicher als TOW. Für die Rakete muss er evtl. ein zweites mal laufen. Evtl. gibt's dabei einen Helfer.
Ein weiterer Komplize muss das Ziel in Sichtweite ggf. mit Fernglas auskundschaften und dessen Position im Haus durchgeben.

Das nur theoretisch in Bezug auf den möglichen Einsatz von ATGM für solche Attentate. Wenn es am Ende viel einfacher ist eine Bombe unter dem Bett oder einem Kanaldeckel zu platzieren, das Essen mit Nowitschok zu vergiften, oder was auch immer... dann wählt man natürlich diesen entsprechenden Weg wenn es nur um die Eliminierung der Person mit allen sich dreht. Das führt mich wieder zu dem Punkt, dass das Mittel eigentlich relativ egal ist. Wobei..

Hätte es dabei nicht geknallt, sondern wäre er tatsächlich vergiftet worden, wäre es viel schwieriger gewesen eine Reaktion darauf zu geben oder vorherzusehen. Eine "Explosion" in Teheran, war wohl schon auch nicht ganz unwichtig bei der Aktion, bzw. der Wahl der Mittel und Wege.

Zitat:Kann aber natürlich auch sein, dass man den "Gast" (und das Gastrecht wird bekanntlich in Iran durchaus hoch angesetzt) als solchen als "sakrosankt" angesehen hat - nach dem Motto Hier in Teheran passiert eh nichts! -, ihn irgendwo halbwegs luxuriös einquartiert und lediglich einen Leibwächter vor die Türe gestellt hat und der Rest war dann eine Mischung aus Arroganz und dem gleichen persischem Schlendrian, der kürzlich den Präsidenten samt Außenminister mit einem Hubschrauber in ein nebliges Gebirge hat starten lassen...

Stimmt schon. General Soleimani ist bspw. fast ausschließlich in ungepanzerten Fahrzeugen unterwegs gewesen mit ein paar Leibwächtern in unmittelbarer Begleitung. Ahmadinejad sowieso in seinem Peugeot Privatfahrzeug. Hat sich auch keiner von abbringen lassen. Und die Moral von der Gschichte ist, dass Soleimanis Ermordung durch Hellfire/Paveway auch ein Panzer nicht verhindert hätte. Wo ein Wille, da ein Weg.
Die Frage ist am Ende wer es wagt. In der Regel gewinnt ein staatlicher Akteur durch gezielte Attentate nichts auf dem Feld. Man raubt der Gegenseite charismatische Führungskräfte, aber die sind organisatorisch auch nur jeweils Head of XY gewesen. Jede Regierung, Firma, Fußballmannschaft fängt das ab. Die Frage ist auch wie sehr Haniyeh nach dem Verlust eines Großteils seiner Familienmitglieder überhaupt noch voll bei Kräften mental gewesen ist. Wissen wir nicht. Spekulation.

Israel + USA haben innerhalb von 24std einmal den kompletten Rundumschlag gegen ihre Gegner geführt. Nicht im Sinne eines großen Militärschlags, sondern um an dieser Stelle die Kriegsbereitschaft der Gegenseite zu hinterfragen. Bevor man sich den Libanon vorknöpft. Wie groß ist das Geschehen?

Im Iran wird die Verlegung von Flugabwehr beobachtet. Das Verteidigungsministerium hat die Bevölkerung heute "aufgrund der aktuell angespannten Situation" ausdrücklich davor gewarnt Kriegsgerät zu filmen oder zu fotografieren.

Israel verlegt Patriot in den Norden.
Zitieren
Riesige Massendemonstrationen und Trauerbekundungen für Haniyah in Sanaa. Zehntausende Iraner bei Trauerfeier in Teheran. Für einen sunnitisch-arabischen Führer wohlgemerkt.
Die Vertreter Palästinas, Syriens und Irans sind bei der Anrufung des Sicherheitsrats wg. der US-israelischen Eskalation in Nahost symbolisch, Schild neben Schild, zusammengerückt.
Ägypten hat den israelischen Bombenanschlag als Zeichen des mangelnden Interesse Israels an einer politischen Lösung bezeichnet. Die waren ja auch bei den Verhandlungen dabei und können das im Kontext beurteilen. In der Tonlage bzw. in der Wortwahl recht scharfe Worte gegen Israel u.a. aus Tunesien, Algerien, Pakistan, Türkei, sogar China und Russland. Selbst Jordanien sieht sich genötigt, das Attentat zu verurteilen und unterstützt den iranischen Antrag einer Sondersitzung der Organisation Islamischer Staaten (OIC).

Die USA hatten am Tag Haniyahs Ermordung ebenfalls überraschend umfangreichere Luftangriffe mit mehreren Toten und materiellen Verlusten in Syrien und Irak durchgeführt. Das Land verlegt zum Schutz Israels und eigener Truppen derzeit Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge in den Nahen Osten. Zeitgleich mit den nächtlichen Bombenangriffen hat CVN-71 den taktischen Rückzug angetreten und den Persischen Golf durch die Straße von Hormuz verlassen. Da wo sie aktuell stehen (südlicher Bereich Golf von Oman/Arabische See), ist der Träger außerhalb der Reichweite der üblichen Operationsgebiete iranischer Raketenschnellboote und der konventionellen Seezielflugkörper, haben dabei aber selbst weiterhin noch hinreichend Reichweite um an der iranischen Küste und darüber hinaus zu wirken, sind allerdings dort eingerahmt von mehreren leistungsfähigen Frühwarnradaren sowie U-Booten. Dieses Setting ist geografisch bedingt, soweit bekannt und aus iranischer Sicht ein US Angriffs-Setup.

Der Iran kann sich einer kriegerischen Auseinandersetzung nur noch schwer entziehen und wird diese gegen Israel und Verbündete in den kommenden Tagen, Wochen, Monaten auch aktiv führen müssen.
Israel hat Fabriken in einer Distanz von <40km zur libanesischen Grenze geschlossen.
Zitieren
Zitat:Riesige Massendemonstrationen und Trauerbekundungen für Haniyah in Sanaa. Zehntausende Iraner bei Trauerfeier in Teheran. Für einen sunnitisch-arabischen Führer wohlgemerkt.
Die Vertreter Palästinas, Syriens und Irans sind bei der Anrufung des Sicherheitsrats wg. der US-israelischen Eskalation in Nahost symbolisch, Schild neben Schild, zusammengerückt.
Ägypten hat den israelischen Bombenanschlag als Zeichen des mangelnden Interesse Israels an einer politischen Lösung bezeichnet. Die waren ja auch bei den Verhandlungen dabei und können das im Kontext beurteilen. In der Tonlage bzw. in der Wortwahl recht scharfe Worte gegen Israel u.a. aus Tunesien, Algerien, Pakistan, Türkei, sogar China und Russland. Selbst Jordanien sieht sich genötigt, das Attentat zu verurteilen und unterstützt den iranischen Antrag einer Sondersitzung der Organisation Islamischer Staaten (OIC).
Da könnte man nun schon fragen, wem die Ermordung Hanijas genutzt hat? Ich meine, es ist bislang immer noch unklar, wer genau hinter der Tat steckt, wie sie genau ablief und welches Komplott ggf. dahintersteckt (wer kann einen Sprengsatz mitten im engmaschig überwachten Gästehaus des IRGC platzieren, wo eine stark gefährdete Person, von deren Gefährdung man wusste, untergebracht war?), aber es ist ersichtlich, dass die Tötung des Hamas-Chefs die arabischen bzw. sunnitischen Staaten zumindest recht stark hinter der iranischen Position vereinigt bzw. "auf Linie bringt". Das war zuvor entweder gar nicht oder nur sehr bedingt der Fall.

Und dieser ganze Aufruhr wegen eines toten Terroristen lässt zudem das Gefühl aufkommen, dass es völlig egal ist, wer hinter dem Attentat steckt - denn es hat seinen "strategischen" Zweck erfüllt, völlig egal ob nun der Mossad tatsächlich die Fäden zog oder nicht. Gleichwohl sollte man aber wegen eines Attentats, dessen Hintergründe immer noch dezidiert unklar sind, nicht Hals über Kopf einen Konflikt lostreten, von dem man nicht wissen kann, wie er ausgeht. Man sollte sich also davor hüten, in der Tötung Hanijas eine Art von Sarajewo-1914-Moment sehen zu wollen...

Schneemann
Zitieren
Laut ZDF-Nachrichten gerade eben wurde der Angriff auf Haniya lt. iranischer Stellen mit einem Kurzstrecken-FK durchgeführt.

Maskirovka oder Tatsache? Eine Bombe würde ein sehr schlechtes Licht auf die Garden werfen, da wäre der Raketenangriff das geringere Übel und man könnte das Gesicht wahren.
Können Experten anhand der Schäden Bombenwirkung und Raketeneinschlag auf Grund von TV-Bildern differenzieren?
Zitieren
Ich halte die Bombengeschichte für Quatsch.
Das ist zu komplex; man muss irgendwen anheuern die Bombe unbemerkt unterzubringen, der Sprengsatz muss dann über Monate unentdeckt bleiben und am Ende muss man noch Glück haben, dass die Zielperson im richtigen Bett nächtigt.
Ich vermute man hat die Geschichte bewusst der NYT gesteckt um den wahren Hergang zu verschleiern und intern ein wenig Unruhe zu stiften.

Wenn es die Israelis gewesen sind spricht nichts gegen ein Team mit Lieferwagen und Spike NLOS.
Zitieren
Zitat:Gleichwohl sollte man aber wegen eines Attentats, dessen Hintergründe immer noch dezidiert unklar sind, nicht Hals über Kopf einen Konflikt lostreten, von dem man nicht wissen kann, wie er ausgeht. Man sollte sich also davor hüten, in der Tötung Hanijas eine Art von Sarajewo-1914-Moment sehen zu wollen...

Ich würde das genau umgekehrt sehen. Gerade eben weil man nicht weiß wie die ganze Sache ausgehen wird, gerade eben deshalb halte ich die Tötung Hanijas für einen möglichen Sarajewo 1914 Moment. Denn damals haben die auch nicht vorhergesehen was dann daraus erwächst.
Zitieren
(03.08.2024, 11:52)Schneemann schrieb: Da könnte man nun schon fragen, wem die Ermordung Hanijas genutzt hat?

Die Ermordung dient jedem, dem ein Waffenstillstand weniger dienlich ist, als eine weitere Eskalation und Ausweitung. Keine der Parteien vertritt hier in sich geschlossene Meinungen zu dem Thema, aber diese Interessensträger gibt es nach meiner Einschätzung innerhalb jeder der möglichen Kriegsparteien. Zündelei. Die Ermordung Haniyahs verzögert bzw. vergiftet die Verhandlungsoptionen mit der Hamas über einen Geiseldeal und Waffenstillstand. Ist schon etwas absurd, dass der Mossad mit höchstem Person nur zwei Tage nach der Ermordung des gegnerischen Verhandlungsführers zu ebensolchen Verhandlungen mit der Hamas in Kairo antanzt. Was soll dabei heraus kommen? Die Ermordung und die Geschichten über die Durchführung in Teheran in einem Sicherheitsbereich der IRGC dienen auch jedem, der den iranischen Staatsapparat verunsichern möchte, um zu signalisieren: Wir treffen JEDEN ÜBERALL. In der Summe der Motive sehr dienlich für Netanjahu, das genau so zu tun und hat ja auch funktioniert. Chapeau.

Zitat:Ich meine, es ist bislang immer noch unklar, wer genau hinter der Tat steckt

Wirklich?

Zitat:Und dieser ganze Aufruhr wegen eines toten Terroristen lässt zudem das Gefühl aufkommen, dass es völlig egal ist, wer hinter dem Attentat steckt - denn es hat seinen "strategischen" Zweck erfüllt, völlig egal ob nun der Mossad tatsächlich die Fäden zog oder nicht.

Egal wer dahinter steckt ist es keinesfalls. Die Frage ist sogar im Kern, welcher Akteur einen solchen Angriff wagt, weil es zutiefst ungerecht wäre, wenn Gegenschläge in die falsche Richtung verteilt werden. Das wäre ja dann sonst ein sogenannter "False Flag". Den tödlichen Raketeneinschlag auf von Israel besetzten syrischen Golan halte ich für eine mögliche False Flag Aktion. Die Tötung Haniyahs in Teheran dient dem Ansehen der IRGC irgendwie nicht. Schon gar nicht in einem IRGC Haus. Das wären dann aus staatlicher Sicht eher subversivere Kreise, wie die staatsfeindlichen Volksmujaheddin, sunnitische Extremisten der Jundallah oder IS, ggf. kurdische Separatisten. Aber IRGC in einem IRGC Haus als False Flag. Ne. Es ist relativ offensichtlich wer dahinter steckt.

Zitat:Gleichwohl sollte man aber wegen eines Attentats, dessen Hintergründe immer noch dezidiert unklar sind, nicht Hals über Kopf einen Konflikt lostreten, von dem man nicht wissen kann, wie er ausgeht. Man sollte sich also davor hüten, in der Tötung Hanijas eine Art von Sarajewo-1914-Moment sehen zu wollen...

Die Iraner sind gar nicht interessiert an einem offenen Krieg. Krieg hilft der iranischen Wirtschaft nicht und das hat eigentlich Fokus. Der frisch gewählte Präsident aus dem Lager der Reformer ist ohne näheren Bezug zu den Streitkräften eigentlich auch nicht der Richtige für einen Krieg. Der kann die Wirtschaft beleben, Kontakte in den Westen verbessern, irgendwie so. In der aktuellen Situation können sich die Iraner von Israel aber nicht auf eigenem Territorium auf der Nase herumtanzen lassen. Nicht nachdem man bereits kürzlich Israel erklärt hat wo die roten Linien liegen, nicht während Allianzpartner erheblichen Blutzoll bezahlen. Es ist unmöglich das auszusitzen und das war auch der iranischen Führung unmittelbar klar. Ein eigenes Bombenattentat mit besten Grüßen wäre zwar irgendwie cleverer und gegenüber dem Mossad wahrscheinlich sogar abschreckender, aber reicht vom Signalling in der aktuellen Lage definitiv nicht aus. Mit Sicherheit ist das auch die Kalkulation des Attentäters.
Zitieren
(03.08.2024, 16:08)Quintus Fabius schrieb: Denn damals haben die auch nicht vorhergesehen was dann daraus erwächst.

Die Sarajevo-Attentäter wollten der kuk-Monarchie schaden als Schritt zur serbischen Unabhängigkeit.

Der Plan ging auf, auch wenn der Weg konkret so nicht geplant war.

Israel will und wird alle Personen töten, die den 7. Oktober planten.

Mehr steckt nicht hinter Teheran.

Und was wird passieren?

Garnichts. der Rauch wird sich legen, weil diejenigen die könnten, nicht wollen (Israel), und diejenigen die wollen würden, nicht können (Iran; Hisbollah).
Zitieren
(03.08.2024, 21:05)KheibarShekan schrieb: Den tödlichen Raketeneinschlag auf von Israel besetzten syrischen Golan halte ich für eine mögliche False Flag Aktion.

Das ist einfach nur lächerlich. Israel hat mehr als genug Gründe Hisbollah, Hamas und den Iran beliebig anzugreifen ohne eigene Kinder in die Luft zu sprengen.

(03.08.2024, 15:48)Nightwatch schrieb: Wenn es die Israelis gewesen sind spricht nichts gegen ein Team mit Lieferwagen und Spike NLOS.

Das Problem dabei ist wie man eine israelische ATGM in den Iran bringt und wenn der Angriff mit einer israelischen ATGM durchgeführt wird kann Israel auch gleich zugeben wer es war. Also wenn man eine ATGM in den Iran bringt sollte man eine Neutrale nehmen um den Gegner zu verwirren. Noch besser wäre es aber eine iranische ATGM zu verwenden, auch wenn es wahrscheinlich noch schwieriger ist so eine zu kriegen.

Aus den obigen Gründen halte ich die Bombenoption durchaus für realistisch, da es quasi unmöglich ist nachzuvollziehen wer der Urheber war. Bomben kann man auch in Installationen in Gebäude verstecken. Wenn dazu der Gegner zu selbstsicher ist und nicht jedes Mal alles prüft kann das funktionieren. Wenn man so etwas macht wird man die Prüfroutinen des Gegners kennen und es nur dann versuchen wenn diese löchrig sind.

Man kann die Bombenoption aber auch bewusst gestreut haben. Damit kann sich niemand in der iranischen Führung sicher sein nicht der (oder die) Nächste zu sein. Ich glaube nicht, dass wir da jemals die Wahrheit erfahren werden.
Zitieren
@KheibarShekan
Zitat:Wir treffen JEDEN ÜBERALL. [...]
Das kann durchaus auch ein Argument sein. Allerdings...
Zitat:Wirklich?
Ja. Denn es gibt bislang nur Vermutungen und Spekulationen hinsichtlich der Täter. Und natürlich rufen alle sofort: Der Mossad war's!, obgleich es bislang keine Belege oder zumindest klare Indizien gibt. Auch ich neige zwar dazu anzunehmen, dass die Israelis zumindest die Hände im Spiel hatten, aber ich will mich dennoch nicht festlegen. Vieles ist hier noch zu vage. Und es würde mich nicht überraschen, wenn in zwei Monaten wieder was anderes herauskommt.
Zitat: Den tödlichen Raketeneinschlag auf von Israel besetzten syrischen Golan halte ich für eine mögliche False Flag Aktion.
Die Israelis schießen eher selten mit Raketen durch die Gegend, wenn sie nicht gerade zielgerichtet einen terroristischen Anführer in seinem Wagen oder Compound treffen wollen, und solcherlei Ziele fanden sich dort auf dem Golan nicht. Zudem erinnert das Einschlagsfeld (quasi kein Krater, viele Brandspuren) frappierend an den Angriff auf das al-Arabi-Krankenhaus in Gaza bzw. auf dessen Parkplatz im Oktober 2023, wo alle Welt auch erst lauthals und völlig unkritisch - darunter auch namhafte Medienhäuser im Westen - behauptete, die IDF wäre es gewesen...

@Kos
Zitat:Aus den obigen Gründen halte ich die Bombenoption durchaus für realistisch...
Ich weniger. Die Bombe soll ja angeblich bereits Wochen oder gar Monate zuvor platziert worden sein. Dies setzt voraus, dass...

a) man ganz genau sichergehen können muss, wann Hanija vor Ort nächtigt und das bitte auch im richtigen Zimmer tut,
b) man sehr verlässliche Zeitzünder bzgl. Akku etc. hat, die eben nicht nur Tage abbilden, sondern Monate,
c) die Iraner bitteschön den "Techniker" beim Bomben-Einbau in ihrem Gästehaus nicht entdecken,
d) die Iraner bitteschön keine weiteren Renovierungen am Haus vornehmen und die Bombe nicht versehentlich finden,
e) das IRGC nicht ab und an mal mit einem Sprengstoffhund durch die "hohen Hallen" läuft...

Das sind also - nur auf die Schnelle, was mir so einfiel - Punkte, die so unsicher hinsichtlich Berechenbarkeit sind, dass es eigentlich jeder Führungsoffizier eines Geheimdienstes ablehnen würde, eine solche Operation anzusetzen.
Zitat:Noch besser wäre es aber eine iranische ATGM zu verwenden, auch wenn es wahrscheinlich noch schwieriger ist so eine zu kriegen.
Falls es wirklich ein ATGM-Anschlag war - und so langsam, auch wenn ich noch bei manchen Punkten (Entdeckung, Abschuss, Verbleib der Abschussvorrichtung, Fluchtwege, Reifenspuren) vorsichtig bin, neige ich auch zu dieser Idee -, dann sollten wir dies doch bald wissen. Denn eine Rakete löst sich beim Einschlag nicht auf. Es bleiben zumindest Trümmerstücke übrig, die eine Identifizierung des Flugkörpers möglich machen.

Vielleicht war es ja tatsächlich eine Mischung (rein spekulativ meinerseits): Eine iranische oder russische ATGM (sollte man über Zentralasien recht leicht bekommen), eine inneriranische Widerstandsgruppe wie die MEK und irgendwo ein Mossad-Verbindungsmann, der die Koordination übernahm...

Schneemann
Zitieren


Gehe zu: