Russland
(23.03.2024, 09:08)Quintus Fabius schrieb: Sieht ganz danach aus. Angesichts der Rolle welche Russland in Syrien in Bezug auf die Bekämpfung des IS gespielt hat, der großen Zahl von IS Kämpfern aus dem Kaukasus und der IS Aktivitäten im Kaukasus ist das auch recht natürlich und logisch.

Derweilen auf RT:


Mal sehen ob die Russen dieses Narrativ so aufrecht erhalten wollen, jetzt wo schlussendlich alle anderen sich recht einig sind, dass es der IS war.

Laut russ. Quellen haben die bisher Festgenommenen tadschikische Pässe. Das macht einen IS-Anschlag sehr wahrscheinlich.
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Es gab offenbar Verhaftungen:
Zitat:Moskau meldet Festnahme von elf Verdächtigen nach Anschlag auf Konzerthalle

Nach dem Anschlag auf eine Konzerthalle bei Moskau mit mindestens 90 Toten sind laut russischen Behörden elf Verdächtige festgenommen worden, darunter angeblich vier direkt Beteiligte. Offenbar ging eine Verfolgungsjagd voraus. [...]

Entsprechend informierte der Inlandsgeheimdienst FSB den Kremlchef Wladimir Putin, berichten russische Medien. Unter den elf Inhaftierten seien alle vier Terroristen, die an dem Terroranschlag auf die Crocus City Hall beteiligt waren, heißt es. [...]

Zuvor hatte der Duma-Abgeordnete Alexander Chinschteijn auf Telegram mitgeteilt, dass zwei Verdächtige verhaftet worden seien. Demnach hätten russische Behörden in der Region Brjansk nach einer Verfolgungsjagd ein Auto mit vier Insassen gestoppt. Russische Medien berichten von einem Schusswechsel und dass sich das Auto überschlagen habe, bevor es zum Stillstand gekommen sei. [...] Zunächst hätten Polizisten einen der Menschen aus dem Fahrzeug festnehmen können, die anderen hätten in einen Wald flüchten können, schreibt Chinschteijn, der auch Vorsitzender des Ausschusses für Informationspolitik der Duma ist. Wenig später sei ein zweiter Verdächtiger festgenommen worden. Im gestoppten Renault seien eine Handfeuerwaffe, ein Magazin für ein AKM-Sturmgewehr sowie Pässe von Bürgern Tadschikistans gefunden worden.
https://www.spiegel.de/ausland/terror-an...66d3c07da2

Was mir etwas komisch vorkommt, ist, dass anscheinend die Attentäter nach dem Anschlag zeitweise entkommen konnten - bei bisherigen IS-Anschlägen haben die Terroristen meistens solange weitere gemordet, bis sie von Sicherheitskräften getötet wurden (oder sie haben sich selbst in die Luft gesprengt). Gefangen genommen wurden nur wenige. Zudem: Und hier (besser: gerade) in Moskau - wo die Sicherheitskräfte doch massiv an allen Ecken herumlungern müssten - können grob ein halbes Dutzend Attentäter (zumindest waren lt. der Filmaufnahmen wohl min. vier im Gebäude) 20 Minuten lang mit Kalaschnikows in der Gegend herumballern, 90 Menschen erschießen, einen Konzertsaal anzünden und dann erstmal wieder abtauchen?

Schneemann
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Der betroffene Crocus-komplex gehört einem Konzern der einem russ. Oligarchen aserbaidschanischer Abstammung gehört, der mit der Tochter des amtierenden Präsidenten Aserbaidschans verheiratet ist.
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Naja, ob das eine Rolle spielte, lasse ich mal dahingestellt. Ich vermute eher, dass man schlicht - angesichts des Ukrainekrieges und dem innenpolitischen Zinnober (von Prigoschin bis zur jetzigen Wahl) - die Gefahr durch den Islamismus unterschätzt hat.

Dabei hätte man sich bewusst sein müssen, dass der "grüne Unterleib Russlands" nicht so ruhig ist wie angenommen. Die Mobilisierungen, gerade in den zentralasiatisch-muslimischen Republiken, hatten da schon erheblichen Ärger und starke Unruhe verursacht (was auch teils massiv niedergeschlagen wurde). Und in Dagestan hatte der FSB erst vor ein paar Wochen sich ein Feuergefecht mit Islamisten geliefert und ein halbes Dutzend davon getötet. Da passt die IS-K-Connection schon recht gut ins Bild.

Dass Putin nun davon nichts wissen will, ist aus seiner Sicht logisch. Es wäre auch zu peinlich und würde ihn nach der "glorreich gewonnenen" Wahl beschädigt aussehen lassen, wenn er indirekt einräumen müsste, dass man im Rahmen der paranoiden Fixierung auf den Westen und die Ukraine (und auch der teils rassistisch gefärbten Nichtbeachtung der Probleme im Kaukasus und in Zentralasien) ein anderes Problem übersehen oder gar nicht ernst genommen hatte.

Schneemann
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Zitat:können grob ein halbes Dutzend Attentäter (zumindest waren lt. der Filmaufnahmen wohl min. vier im Gebäude) 20 Minuten lang mit Kalaschnikows in der Gegend herumballern, 90 Menschen erschießen, einen Konzertsaal anzünden und dann erstmal wieder abtauchen?

Zumindest dazu kann ich was qualifizierteres abgeben: das ist problemlos möglich. In dem bei so einer Aktion entstehenden Chaos und auch die Sicherheitskräfte agieren da immer zunächst höchst chaotisch und unkoordiniert, kann man recht problemlos untertauchen. Man wirft dazu einfach die übergehängte Tarnjacke weg, lässt die Waffe irgendwo zurück und flieht dann zusammen mit den panisch herumrennenden Zivilisten. Es ist da durch die Sicherheitskräfte kaum möglich schnell genug eine wirklich dichte äußere Absperrung einzurichten, Kontrollstellen zu errichten, den Ereignisort weiterräumig abzuriegeln und die Zivilisten kontrolliert abfliessen zu lassen. Und insbesondere innerhalb von nur 20 Minuten ist dies völlig unmöglich, in seiner so kurzen Zeitspanne sind die Sicherheitskräfte noch nicht ansatzweise koordiniert vor Ort.

Nehmen wir ein Beispiel aus Deutschland, den Amoklauf in München im Jahr 2016. Der Täter entkam trotz einer bizarren Menge an Polizeibeamten welche die gesamte Gegend um den Ereignisort vollstellten und konnte problemlos zwischen mehreren Polizeieinheiten hindurch diffundieren. Er versteckte sich dann stundenlang in einem Haus unmittelbar außerhalb der Polizeiabsperrung und wurde dann später rein zufällig beim Verlassen einer Tiefgarage von einer Streife angetroffen.

Das ist also ganz normal.
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Falls noch Zweifel an der Täterschaft des IS am Moskauer Attentat bestehen, sollte diese Meldung bei X Klarheit schaffen:

Al-Amaq, ein mit ISIS verbundenes Medienunternehmen, hat mehrere Minuten Filmmaterial veröffentlicht, das von den vier tadschikischen Terroristen während des gestrigen Terroranschlags auf die Krokus-Konzerthalle in der russischen Hauptstadt Moskau gedreht wurde; Aufgrund der grafischen Natur des Filmmaterials werde ich nicht in der Lage sein, einen Großteil davon auf X zu posten, aber in dem Video kann man sehen, wie mehrere Personen von den Terroristen aus nächster Nähe erschossen werden und wie mindestens einem der Opfer die Kehle durchgeschnitten wird, während sie weiterhin "Allahu Akbar" und extremistische islamische Zitate in Bezug auf Christen schreien.

Übersetzt mit DeepL.com (kostenlose Version)

Link

Es gibt ja immer noch nicht wenige Beiträge in den Sozialen Medien, die den Russen diesen Anschlag unterschieben wollen. Angesichts der Todfeindschaft der Russen und des IS halte ich es für sehr unwahrscheinlich, dass es den Russen gelingen könnte einen ganzen Ableger des IS "zu kaufen" oder sonstwie zu beeinflussen um dieses Attentat für sie zu begehen.
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Ja, wobei wir da ein wenig vorsichtig sein sollten - es gibt manche Postings, die die Russen verdächtigen, eine false flag-Operation durchgeführt zu haben, während wieder andere (meist von Russen) eine Verbindung in die Ukraine konstruieren wollen und wieder andere, die Bilder von Personen zeigen, die schon länger tot oder zur Fahndung ausgeschrieben sind/waren. Da entstehen gerade Stilblüten en masse.

Gemäß der Logik, dass die einfachste Möglichkeit auch oftmals zutrifft, denke ich aber auch, dass es der IS war. Nur versucht man eben in Moskau, dass irgendwie umzudeuten und auf die Ukraine abzulenken. Alles andere wäre schlichtweg zu peinlich für den "starken Mann" im Kreml (und wohl auch für die Sicherheitsorgane).

Schneemann
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Der aktuelle Terrorakt hat in Russland eine Diskussion um die Todesstrafe bedingt (sie war seit 1996 im Rahmen eines Moratoriums ausgesetzt bzw. ist ausgesetzt und es gab seitdem auch keine Hinrichtungen mehr - bzw. zumindest keine "offiziellen"):
Zitat:NACH ANSCHLAG AUF KONZERTSAAL

Putin-Vertraute für Wiedereinführung der Todesstrafe [...]

Nach dem Anschlag auf einen Konzertsaal bei Moskau mit 137 Toten haben sich innenpolitische Verbündete von Kreml-Chef Wladimir Putin für die Wiedereinführung der Todesstrafe ausgesprochen. „Jetzt werden viele Fragen zur Todesstrafe gestellt. (...) Es wird eine Entscheidung getroffen werden, die der Stimmung und den Erwartungen unserer Gesellschaft entspricht“, sagte am Wochenende der Fraktionschef der Regierungspartei Geeintes Russland, Wladimir Wassiljew, in einem Video. [...]

Die Rufe nach Wiedereinführung der Todesstrafe lösen in Russland aber auch Besorgnis aus: „(... ) Ist euch klar, wie viele Menschen das System umbringen könnte?“, fragte die Frauenrechtlerin Aljona Popowa im Onlinedienst Telegram zu den möglichen Konsequenzen. Sie bezog sich damit auf die breite Anwendung von Gesetzen gegen „Terrorismus“ oder „Extremismus“ durch die russischen Behörden.
https://www.welt.de/politik/ausland/arti...7.6.C_test

Wenn man bedenkt, dass selbst in Demokratien mit einer Rechtsstaatsstruktur, wo die Todesstrafe angewendet wird, es genügend Probleme und Irrungen dahingehend gibt, müssen hier die Alarmglocken klingeln. Denn in einem autokratischen Regime mit einem polithörigen und hochkorrupten Polizei- und Justizapparat kann dann schnell eine entsprechende Willkür um sich greifen - und Willkür gibt es in Russland wahrlich schon genug.

Darüber hinaus ist man mit den verhafteten IS-Terroristen wohl sehr brutal umgegangen:
Zitat:Ohr nach Festnahme abgeschnitten

Russische Sicherheitskräfte foltern IS-Terroristen [...]

Ein Foltervideo der russischen Sicherheitskräfte nährt den IS-Verdacht: Das Opfer ist auch in einem Propagandavideo zu sehen.

"Mach den verdammten Mund auf", raunt eine Stimme aus dem Hintergrund einen jungen Mann an. Dieser blickt mit blutverschmiertem Gesicht und T-Shirt, aufgeplatzter wie geschwollener Nase sowie einem dicken Verband um den Kopf herum in die Kamera. "Du hast nur noch ein Ohr", droht die Stimme wütend. Ein weiteres Video aus einem Waldstück klärt auf: Darin wird der am Boden liegende und gefesselte Mann von den Sicherheitskräften gezwungen, sein Ohr zu essen, nachdem es offenbar kurz zuvor abgeschnitten wurde.
https://www.n-tv.de/politik/Russische-Si...27595.html

Abgesehen davon, dass es mich wundert, dass man diese Verbrecher verhaftet und nicht gleich niedergeschossen bzw. im Rahmen von kolportierten "Fluchtversuchen" liquidiert hat - so hätte ich es eigentlich von der ALFA oder der Omon erwartet (auch tschetschenische Terroristen in den vergangenen Jahrzehnten wurden schlichtweg kurzerhand getötet, egal ob sie sich ergaben oder nicht), so ist es sicher teils nachvollziehbar, wenn man mit ihnen extrem ruppig umgeht und es bei der Festnahme auch Tritte und Kolben- und Fausthiebe gibt. (Ohne das gutheißen zu wollen.)

Aber ein abgeschnittenes Ohr zum selber essen geben? Man scheint wohl selbst jenseits von Wagner endgültig bei der Vorschlaghammer-Methode angekommen zu sein... Confused

Schneemann
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(24.03.2024, 19:45)Schneemann schrieb: Abgesehen davon, dass es mich wundert, dass man diese Verbrecher verhaftet und nicht gleich niedergeschossen bzw. im Rahmen von kolportierten "Fluchtversuchen" liquidiert hat - so hätte ich es eigentlich von der ALFA oder der Omon erwartet (auch tschetschenische Terroristen in den vergangenen Jahrzehnten wurden schlichtweg kurzerhand getötet, egal ob sie sich ergaben oder nicht), so ist es sicher teils nachvollziehbar, wenn man mit ihnen extrem ruppig umgeht und es bei der Festnahme auch Tritte und Kolben- und Fausthiebe gibt. (Ohne das gutheißen zu wollen.)

Schneemann

Also ich kann das nicht nachvollziehen, denn es ist doch quasi ein Sechser im Lotto so einen Terroristen lebend gefangen zu nehmen, um dann an weitere wichtige Informationen, Hintermänner usw. zu kommen.
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Logisch rationales Denken und das heutige Russland .....

Aber mal ernsthaft: unabhängig von der Frage, wer den Anschlag durchgeführt hat, wird aktuell von russischen Medien wie Politikern, einschließlich Putins selbst wiederholt behauptet, die Ukraine stecke hinter dem Anschlag und habe den IS dafür eingesetzt. Ernsthaft.

Beispielsweise hat Putin selbst behauptet, die Terroristen hätten in Richtung ukrainische Grenze fliehen wollen, wo ukrainische Truppen ihnen einen Fluchtkorridor offen gelassen hätten. Der Anschlag sei nun der Beweis dafür, dass sich die Ukraine und der IS verbündet hätten.

In russischen Medien, auch im Staatsfernsehen wurde konträr dazu das Bekennerschreiben des IS als Fake westlicher Dienste bezeichnet, die wahren Hintermänner säßen woanders usw.

Noch eine Theorie von mir: die russischen Sicherheitsbehörden wussten vielleicht von dem Anschlag, haben ihn aber absichtlich geschehen lassen um ihn in dieser Richtung zu verwerten.

Frisch von RT:

Zitat:Moscow concert hall terror attack suspects brought before court (VIDEOS)

A Moscow court convened late on Sunday to hear prosecutors' demands on pre-trial detention for a group of men detained in the aftermath of Friday’s Crocus City Hall attack, which claimed lives of over 130 people.

The suspects, all of whom are nationals of Tajikistan, appeared individually. Thus far, terrorism charges have been levelled against 32-year-old Dalerdzhon Mirzoyev, who faces a life sentence if found guilty. Prosecutors told Judge Timur Vakhrameev that the suspect had admitted his guilt.
Four Tajik men apprehended after Friday’s massacre have been led in to face a judge amid tight security

The second man, Saidakrami Rachabalizod, has also reportedly pleaded guilty. The father of one appeared with his right ear bandaged, having sustained an injury during his arrest.

The court has also received petitions for the arrest of two more defendants – Muhammadsobir Fayzov and Shamsidin Fariduni.

Und angeblich Wink Big Grin hat man sie in der Nähe der ukrainischen Grenze gefasst Zitat:

https://www.rt.com/russia/594829-death-t...ttack-137/

Zitat:Four men believed to be directly involved in the terrorist attack were detained on Saturday in Bryansk Region, not far from the border with Ukraine.

Zitat:On Saturday, the FSB released a statement. “The criminals intended to cross the Russia-Ukraine border and had relevant contacts on the Ukrainian side,” it added, referring to the four primary suspects. The other seven detentions took place in Moscow and the Moscow region, according to Russian media.

Zitat:The Russian investigative authorities did not name any suspected organizers behind the attack. Neither have they signaled any links between the primary suspects and any extremist groups or outside forces, except for some Ukrainian “contacts” that were supposedly ready to aid them with crossing into Ukraine, according to the FSB.

Some Western media, including Reuters and CNN, reported that Islamic State (IS, formerly ISIS/ISIL) claimed responsibility for the attack.

Schon witzig wie das in Russlands Reich der Phantasie bearbeitet wird, wo der IS doch sogar Bilder der Attentäter vor eine IS Flagge veröffentlicht hat.
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Blick von Osten:

https://www.rt.com/russia/594893-putin-t...k-meeting/

Zitat:Russia knows who carried out the Crocus City Hall attack but is now investigating who gave the order, President Vladimir Putin said on Monday, pointing to Ukraine as being a possible culprit.

“This attack was carried out by radical Islamists,” Putin said in the opening remarks of a video call with law enforcement officials.

The US and its allies are now trying to cover for their proxies in Kiev, insisting that Ukraine had nothing to do with the terrorist attack and that the party responsible was Islamic State (IS, formerly ISIS), the Russian president noted.

“But we know who carried out the attack. We want to know who ordered it.”

Russian security services detained seven alleged perpetrators, who were driving towards Ukraine, as well as four of their suspected accomplices. The men were identified as ethnic Tajiks.

Putin noted that the fact the terrorists were headed for Ukraine posed questions that needed answering.

“Who was waiting for them there? It is clear that those who support the Kiev regime do not want to be accomplices and sponsors of terrorism. But a lot of questions remain,” he said.

Die ISIS-K Aktivitäten haben in Tadschikistan seit der Machtübernahme der Taliban fortwährend zugenommen. Die Taliban haben ISIS-K in Afghanistan recht gut bekämpft, entsprechend ist man nach Norden ausgewichen. Das wird Russland in den folgenden Jahren noch ordentlich und wachsende Probleme machen.
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Zitat:Das wird Russland in den folgenden Jahren noch ordentlich und wachsende Probleme machen.
Das wird auch für uns ein Problem werden. Durch die zunehmende Erosion des russischen Sicherheitsapparates, durch das Entblößen des zentralasiatischen Raumes von Truppen bedingt durch das ukrainische Abenteuer des Kreml und durch die nach Westen ausgerichtete Paranoia und Propaganda, wird das Einsickern und Ausweichen der dortigen IS-Ableger nach Russland beschleunigt. Hinzu kommt (wenngleich auch von geringerem Gewicht), dass die Rekrutierungen Moskaus dort erheblichen Unmut bewirkt haben, was die verstärkte Entstehung eines Nährbodens für ggf. islamistische Tendenzen und einer Anti-Reaktion gegenüber dem moskowitischen Machtanspruch mitbedingte.

In der Folge sehen schon jetzt manche Extremismusforscher das große Risiko, dass Russland infolge seines Unwillens, seiner strategischen Fehlplanungen und seiner inneren Irrungen und Wirrungen eine Art Sprungbrett des IS und seiner Ableger gen Europa werden könnte. Es ist wie bei einer "Seuche" - sie wandert in eine bestimmte Richtung und breitet sich langsam aus, wenn man keine oder nur unzulängliche Eindämmungsmaßnahmen vornimmt. Und der "grüne Unterleib" Russlands steht derzeit offen wie ein Scheunentor. Zudem sind die diktatorisch regierten zentralasiatischen Länder der ehem. Sowjetunion nicht gerade die stabilsten, um sich alleine dieser Herausforderung stellen zu können.

Was vor Jahren noch ein zentralasiatisches und kaukasisches Problem war, ist nun auf grausame Weise wieder in Moskau aufgepoppt, nachdem es dort seit grob rund 20 Jahren - nach dem Ende des tschetschenischen Dramas - keine solchen Anschläge mehr gab. D. h. die Gefahr wandert wieder, und zwar bewegt sie sich nach Westen. Da ich nicht unbedingt optimistisch bin, dass sich die Lage in Russland innenpolitisch und im strategischen Denken verbessern wird, müssen wir von ausgehen, dass diese "Westwanderung" der "Seuche" Islamismus weiter anhalten wird. Dass Frankreich die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen hat, ist nur folgerichtig. Und auch bei uns wird (korrekterweise) schon davor gewarnt, dass der IS bald in Europa auftauchen könnte, zudem müssen wir im Sommer bei der Fussball-EM in Deutschland äußerst wachsam sein.

Insofern trägt Russlands inkompetente und paranoid-verantwortungslose Führung mit dazu bei, dass der Islamismus sich wieder ausbreiten kann. Und das ist nicht für Russland ein Problem, sondern eben auch für Europa an sich.

Schneemann
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Die Frage ist, inwieweit diese Tadschiken überhaupt aus Tadschikistan selbst sind und inwieweit der Grüne Unterleib hier das Problem darstellt, und inwieweit diese Probleme in Russland selbst vor sich hin wuchern. Denn es leben sehr viele Tadschiken in der russischen Föderation, und werden dort für die untersten, schlechtest bezahlten Arbeiten verwendet und schon vor den Anschlägen massiv diskriminiert, regelmässig aus rassistischen Gründen angegriffen und sie waren schon vor den Anschlägen für Polizei und russische Gewalttäter teilweise Freiwild.

In russischen Telegramkanälen wird aktuell nach den Anschlägen nun auch ziemlich offen zu Gewalt gegen Tadschiken und andere Zentralasiaten aufgerufen. Russland sei überfremdet mit Zentralasiaten, die würden Parallelgesellschaften in Russland bilden, nun müsse man diese zerschlagen etc.

Ein witziger Vorschlag eines russischen Moderators in diesem Kontext war, alle Tadschiken und vergleichbare Gruppen aus Russland zu vertreiben und sie als Flüchtlinge nach Europa zu treiben. Wenn der russische Staat die massiv verfolgen würde, dann müsste Europa sie ja aufnehmen, weil sie in Russland ja tatsächlich verfolgt werden. Dafür müsse die Verfolgung aber eine staatliche sein, weshalb der russische Staat jetzt ganz offiziell gegen die vorgehen müsste etc

Beschließend: meiner rein persönlichen Meinung nach sind solche Anschläge für die Russen selbst viel weniger problematisch als für uns. Die stecken das locker weg, wir würden Anschläge in dieser Größenordnung nicht so wegstecken. Desweiteren ist der russische Sicherheitsapparat was die innere Sicherheit angeht meiner Ansicht nach nicht erodiert. Russland ist ein Polizei- und Geheimdienststaat und darin sind die tatsächlich sehr gut.

Das die Anschläge so überhaupt stattfinden konnten liegt eher an Ignoranz und auch an Überheblichkeit was die eigenen Fähigkeiten im Inneren angeht. Das heißt aber nicht, dass man nicht in der Lage wäre solcher Umtriebe im Inneren viel eher Herr zu werden als wir es wären. Die haben dort ja ganz andere Methoden und Mittel dafür, von daher halte ich den IS in Russland selbst für keine wesentliche Gefahr für die russische Föderation.

Aber er stellt eine erhebliche Gefahr für uns dar, und wird sich auch meiner Meinung nach zunehmend in Europa ausbreiten, und dann bei uns zunehmend zum Problem werden.
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Zitat:Die Frage ist, inwieweit diese Tadschiken überhaupt aus Tadschikistan selbst sind...
Sie scheinen zumindest nicht direkt aus Tadschikistan nach Russland gekommen zu sein.
Zitat:Zwei Moskauer Terrorverdächtige konnten offenbar ungehindert nach Russland einreisen

Zwei der wegen des Anschlags bei Moskau Beschuldigte haben sich nach türkischen Angaben zuvor in der Türkei aufgehalten und konnten ungehindert nach Russland reisen. Die beiden Tadschiken seien mit demselben Flug am 2. März von Istanbul nach Moskau gereist, es habe kein Haftbefehl gegen sie vorgelegen, heißt es in türkischen Sicherheitskreisen. Die beiden Männer hätten sich in Istanbul in einem Hotel aufgehalten. Einer der beiden habe im Februar mehrfach Fotos aus Istanbul in Onlinediensten gepostet. Nach Informationen aus türkischen Sicherheitskreisen sagt er aus, dass er in die Türkei gereist sei, weil sein Visum für Russland abgelaufen sei. "Wir gehen davon aus, dass die beiden sich in Russland radikalisiert haben, da sie sich nur kurze Zeit in der Türkei aufhielten", sagt ein türkischer Beamter, der anonym bleiben wollte.
https://www.n-tv.de/politik/12-16-Zwei-M...43824.html
Zitat:...und inwieweit der Grüne Unterleib hier das Problem darstellt, und inwieweit diese Probleme in Russland selbst vor sich hin wuchern.
Der "grüne Unterleib" ist das Einfallstor. Und die dortigen Länder, besser: Regime, die hier irgendwie reagieren können sollten, frönen mittlerweile selbst einem islamisch verbrämten Nationalismus - wobei ich mir nicht sicher bin, ob dieser staatliche Versuch einer nationalistischen Umdeutung des Islam als Grundlage eines Landes bzw. seiner Identität nun die Islamisten eher einfängt oder doch nur begünstigt - oder sind sehr labile Länder, gerade auch Tadschikistan. Also ja, der Unterleib wird das Problem sein und auch erst einmal bleiben.
Zitat:Beschließend: meiner rein persönlichen Meinung nach sind solche Anschläge für die Russen selbst viel weniger problematisch als für uns. Die stecken das locker weg, wir würden Anschläge in dieser Größenordnung nicht so wegstecken.
Beziehst du das nun auf die Gesellschaften oder auf die Politik?

Ich denke, dass die dortige Gesellschaft i. d. T. weniger anfällig sein dürfte für Schockwirkungen oder traumatische Erschütterungen nach einem solchen Anschlag im Vgl. zu westlichen Gesellschaften, da gibt es ja schon genügend schlimme Erfahrungen, aber politisch ist das hochbrisant und sogar problematischer als im Westen.

Also damit meine ich: Die Gesellschaft, die einzelnen Menschen, in westlich geprägten Ländern werden sicher weniger stoisch und schulterzuckend auf so etwas reagieren, ja es wird noch jahrelange traumatische Aufarbeitungen geben (müssen), aber die Politik könnte es leichter abfedern, da Rücktritte wegen eines wie auch immer gearteten Versagens eines Politikers oder Untersuchungsausschüsse eigentlich Normalität sind. In Russland würden zwar keine Rücktritte und allenfalls Fake-Untersuchungen erfolgen, aber der Schwund an Vertrauen in den Führung wäre umso massiver, tiefgreifender, da diese Führung ja quasi sich als "allwissend" und "unfehlbar" ansieht bzw. das auch oft so verkauft.

Solche Anschläge erschüttern also die einzelnen Menschen in autokratischen Regimen weniger, da der Alltag eben von Willkür oder auch teils Grausamkeit bzw. der Legalisierung der Gewalt an sich geprägt ist. Für die Politik in solchen Staaten ist das aber hochgefährlich, da deren Nimbus der Allmacht erschüttert wird. Dass die verhafteten Terroristen derart malträtiert wurden, ist auch hiermit zu erklären. Dadurch, dass man sie derart verbeult und zugerichtet (auch wenn manches im Affekt durch die Spezialeinheiten geschehen sein könnte) vor der Kamera vorführt, will ein Regime ja krampfhaft noch zeigen, dass es irgendwie noch die Kontrolle hat (die es aber eigentlich - zumindest temporär - bereits verloren hatte).

Schneemann
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Zitat:der Schwund an Vertrauen in den Führung wäre umso massiver, tiefgreifender,

Nur als Ergänzung und weil dies kontraintuitiv ist: die meisten Russen vertrauen der Führung / dem Staat keineswegs, und dies selbst dann nicht, wenn sie sich öffentlich als Putin-Anhänger geben. Ganz allgemein herrscht in Russland sehr viel Misstrauen vor, sowohl gegen den Staat als auch gegen die Mitmenschen. Man geht da viel eher von Schlechtem aus und dass der andere einem Übel will.

Dessen ungeachtet stimme ich dir zu, dass diese Anschläge für die Führung ein Problem darstellen, weil Russen vor allem anderen Stärke und Macht bewundern und dieser folgen um davon zu profitieren als auch weil es der Kultur dort entspricht. Wenn die Führung nun dadurch schwach erscheint, ist das in Russland ein größeres Problem (für die Führung selbst) als hierzulande, da hast du schon recht. Gerade eben weil man dem Staat nicht deshalb folgt weil man ihm vertraut oder ihn gut findet, sondern aus anderen Gründen, gerade eben deshalb ist so ein Anschlag ein immenses Problem. Denn es gibt keine Gnade für die Schwachen und deshalb darf die Führung niemals Schwach sein, es würde sie das Leben kosten (wortwörtlich).
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