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Meiner Meinung nach hatte das weniger mit Glück zu tun, als mit Geschwindigkeit (im weitesten Sinne, also von der Befehlsgebung bis hin zur Ausführung). Man traf auf eine Schwachstelle des Gegners und Kommandeure vor Ort ergriffen mit leichten, hochbeweglichen und eigentlich für eine Offensive wie wir sie uns vorstellen völlig ungeeigneten ukrainischen Kräften sofort die sich gebotene Chance und die Moral der Russen kollabierte. Diese Offensive der Ukrainer war ja wie man es hinterher erfuhr so eigentlich vom ukrainischen Oberkommando gar nicht geplant gewesen, hätte nicht in dieser Form und so weitgreifend stattfinden sollen. Stattdessen hat man hier Manöverkriegsführung in klassischer Weise praktiziert und ich will daher diesen Erfolg gar nicht schlechtreden, er zeigt eigentlich klar auf wie man es richtig macht und was die Ukrainer davon abweichend dann im Süden anders gemacht haben.
Die Offensive im Norden von Charkiw ausgehend und die im Süden unterscheiden sich nämlich wie Tag und Nacht, in absolut jedem Aspekt, einschließlich der Art der eingesetzten Truppen und wie diese vorgingen. Das heißt jetzt umgekehrt nicht, dass man im Süden eine solche Offensive wie im Norden hätte durchführen können, ganz im Gegenteil.
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(12.02.2024, 10:44)Quintus Fabius schrieb: Meiner Meinung nach hatte das weniger mit Glück zu tun, als mit Geschwindigkeit (im weitesten Sinne, also von der Befehlsgebung bis hin zur Ausführung). Man traf auf eine Schwachstelle des Gegners und Kommandeure vor Ort ergriffen mit leichten, hochbeweglichen und eigentlich für eine Offensive wie wir sie uns vorstellen völlig ungeeigneten ukrainischen Kräften sofort die sich gebotene Chance und die Moral der Russen kollabierte. das war das Ergebnis der "Feldkommandeure", die eine Chance erkannt und zugegriffen haben, ohne groß nachzufragen ob denn eine Eigeninitiative vielleicht erlaubt sein könnte - wenn man so ganz grob vergleichen will: so hat Rommel in Afrika seine Erfolge (auch) errungen.
(12.02.2024, 10:44)Quintus Fabius schrieb: Die Offensive im Norden von Charkiw ausgehend und die im Süden unterscheiden sich nämlich wie Tag und Nacht, in absolut jedem Aspekt, einschließlich der Art der eingesetzten Truppen und wie diese vorgingen. Das heißt jetzt umgekehrt nicht, dass man im Süden eine solche Offensive wie im Norden hätte durchführen können, ganz im Gegenteil. das war dagegen die gewachsene Planung und klassisches Vorgehen: erst den Feind platt machen und dann mit eigenen Truppen ohne großes Risiko nachsetzen.
Wenn ich den jetzigen - mehr statischen - Zustand zum Vergleich nehme:
beide Seiten haben sich eingegraben und versuchen, die inzwischen stark befestigten Bunkerstellungen zu halten - zumindest, solange die Bodenverhältnisse aufgrund des Wetters keine großen motorisierten Operationen erlauben.
Beide Seiten arbeiten dann wohl auch an rückwärtigen Auffanglinien für den Fall, dass die bisherigen Stellungen nicht mehr gehalten werden können.
Allerdings ging vor einigen Tagen auch durch die Medien, dass die Ukraine in Problemen steckt, die westlichvon Bachmut gelegene Höhenkette als Auffanglinie zu befestigen.
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@Quintus
Zitat:Also mal ernsthaft: du willst also allen Ernstes behaupten, die russischen Kapazitäten im Weltraum wären selbst dem BND unterlegen ?!
Ich habe nur behauptet, dass der BND der Ukraine auch Aufklärungsdaten liefert, einen Vergleich zu russischen Aufklärungsmöglichkeiten habe ich aber nicht gezogen.
Zitat:Die Russen haben ganz genau so SIGINT, und noch darüber hinaus ist ein Problem in Bezug auf die Russen in diesem Kontext, dass sie teilweise verblüffend altertümliche Kommunikationsmethoden verwenden, und westliches SIGINT diesen gegenüber versagt.
Natürlich haben die Russen auch SIGINT, aber es ist bekannt, dass z. B. gerade deren satellitengestützte Aufklärung deutliche Schwächen hat. Und die Ausrichtungen sind auch andere (z. B. auf maritime Bereiche), so dass der direkte Nutzen im Erdkampf im Ukrainekrieg eher begrenzt ist. Genau das hat dazu geführt, dass man diese Gedankenspiele um die M-55 geführt hat.
Zitat:Du kannst keine russische Kommunikation abhören wenn diese per selbstverlegten Kabel verläuft.
Dazu müsste man nun wissen, wie hoch der Anteil der Kabelkommunikation ist. Im Feld, heruntergebrochen auf Bataillone und im kleinräumigen Bereich, mag es durchaus recht häufig vorkommen, vielleicht sogar der Schwerpunkt sein. Das vermute ich zumindest. Übergeordnet jedoch wird das nicht funktionieren, zumindest nicht im großen Stil.
Zitat:Ich finde es faszinierend, wie sehr man im Westen von Hybris befallen meint, jedwede Leistung der Ukrainer käme primär von uns.
Primär natürlich nicht, schließlich sterben die Ukrainer in diesem Krieg und keine westlichen Soldaten, aber dennoch ist die Unterstützung der Westmächte wichtig, ja entscheidend. Ohne sie wäre die Ukraine kaum mehr in der Lage, diesen Konflikt zu führen. (Und sie würde auch nicht so vehement nach weiterer Unterstützung fragen.) Das beziehe ich nun rein auf die Lieferungen und Unterstützungen und nicht auf die taktischen Kenntnisse und Erfahrungen der Feldkommandeure vor Ort - hier haben die Ukrainer (gezwungenermaßen und logischerweise) einen Wissensvorsprung. Grundlegende Aspekte der Kriegführung gelten jedoch immer, auch in der Ukraine, aber hier - hinsichtlich der "Einzigartigkeit" eines jeden Kriegsschauplatzes - müsste es die Verzahnung der allgemein gültigen Leitsätze und der Erfahrungen von vor Ort geben.
Zitat:Aber noch darüber hinaus schreibst du hier an mir vorbei: ich schrieb nicht, dass man nicht wüsste wo welche Einheiten sind, sondern dass das Übermaß an Information ein Kaleidoskop erzeugt
Ah, stimmt. Das muss irgendwie unter gegangen sein. Dann verstehe ich es besser: Es ist also nicht der Informationsfluss als solcher, sondern die Verarbeitung von diesem bzw. das direkte Umlegen der gewonnenen Erkenntnisse ins Feld.
Zitat:Die Russen haben dort hektisch neue Verbände auf geeignete Auffanglinien verlegt. Und es waren primär diese neuen russischen Einheiten welche die Ukrainer dort dann stoppten, nicht ein Nachschubmangel bei den Ukrainern. Die vordringenden ukrainischen Einheiten waren zudem querschnittlich sehr leicht. Zu leicht für einen Durchbruch...
Womit wir wieder beim Thema der Notwendigkeit von schwerem Gerät wären...
Zitat:Dir sollte aber aufgefallen sein, dass aufgrund der Gesamtumstände in der Ukraine die Defensive ein erhebliches Primat besitzt ?! Und was für eine Initiative auf strategischer Ebene soll das sein von der du hier schreibst?
Im übrigen kann man auch in der Verteidigung die Initiative haben. Initiative bedeutet eben nicht Angriff - sie kann eben nicht nur in der Offensive erreicht werden, ganz im Gegenteil. Die Initiative beschränkt auf den Angriff und die Offensive zu betrachten ist einer der meiner Meinung nach wesentlichsten Fehler der aktuellen westlichen Streitkräfte.
Die Zielsetzung der Ukraine hätte daher sein müssen, auf der strategischen Ebene die Initiative in der Defensive zu erlangen.
Dass die Defensive mittlerweile der Primat dieses Krieges ist, ist sicher richtig. Das ist aber einfach der Situation geschuldet, dass beide Seite gar nicht mehr wirklich anders können. Was ich allerdings anders sehe, ist, dass man die Initiative auch in der Defensive leben könnte. Nur mit einer defensive Strategie wirst du keinen Krieg gewinnen und auch keine Entscheidung herbeiführen können. D. h. nun nicht, dass es nicht auch defensive Phasen geben muss, aber die Defensive selbst ist immer nur ein temporärer Zustand und eben keine strategische Initiative, die ich benötige, um eine Entscheidung herbeizuführen. Oder anders ausgedrückt: Mit dieser Defensivinitiative kann man diesen leidigen Krieg noch zehn Jahre lang führen und es wird sich nichts ändern.
Zitat:Und zwar um das Abnutzungsverhältnis so weitgehend wie möglich zu den eigenen Gunsten zu drehen.
Ich bin nicht überzeugt, dass eine Abnützungsstrategie zielführend ist, zumal dann nicht, wenn ich der kleinere "Spieler" bin und das Gegenüber eine drei- oder viermal so große Bevölkerung besitzt (und auch, wie ich schon mal schrieb, durchaus ernstzunehmende Produktionskapazitäten nutzen kann, selbst wenn seine Gerätschaften nicht unbedingt die besten sind).
Zitat:Annahme: die Ukrainer nehmen zeitnah sowohl die Krim als auch die anderen besetzten Gebiete ein und halten an der Grenze zu Russland an. Es gibt hier nun genau drei Möglichkeiten: 1. die aktuelle Regierung Russlands kann sich halten, dann geht der Krieg weiter. Die Russen werden eben nicht aufhören, nur weil die Ukrainer jetzt an der Grenze stehen und ihre Truppen nicht mehr in der Ukraine selbst. 2. eine andere Regierung kommt an die Macht. Und hier kommt nun der Gedankenfehler im Westen, dass diese andere Regierung dann den Krieg in jedem Fall beenden würde. Das ist aber gar nicht so wahrscheinlich und es ist wahrscheinlicher, dass radikalere Elemente an die Macht kommen, welche den Krieg eskalieren. 3. eine neue Regierung ist erstmal mit internen Problemen beschäftigt und der Krieg muss daraufhin eingestellt werden - 3.1. in der Fortführung klärt die neue Regierung die internen Probleme und führt dann den Krieg weiter 3.2. der Krieg endet dauerhaft.
Wie man sieht enden 3 von 4 Varianten mit einer Fortführung des Krieges. Demzufolge liegt deine Chance auf Frieden gerade mal bei 25% - und dass ist aber in der praktischen Realität meiner Einschätzung nach nicht einmal der Fall. Die Chance auf Frieden ist bei einem solchen Vorgehen sogar noch geringer, weil das russische Volk die Erniedrigung / nationale Demütigung eines Sieges der Ukrainer nicht erträgt. Ein Folgekrieg wäre zwingend die Folge.
Die Wahrscheinlichkeit, dass es nach einer Rückeroberung der genannten Gebiete einen Folgekrieg geben kann, ist so oder so vorhanden. Was ich aber für wahrscheinlich halte, ist, dass nach einem solchen Debakel die internen Spannungen in Russland sich Bahn brechen. Ob dann Putin stürzt oder es eine Militärrevolte oder gar einen Bürgerkrieg gibt etc. pp., das muss Theorie bleiben (wir haben dazu ja auch schon einige Gedankenspiele abgehalten), aber Fakt dürfte sein, dass die Russen erst einmal sehr stark mit sich selbst beschäftigt wären und ein möglicher Folgekrieg erst einmal in die Ferne rückt. Und damit hätten die Ukrainer schon wertvolle Zeit gewonnen.
Zitat:Was soll das den sein, die "Siegerstraße" ?! Das ist zunächst mal einfach nur ein Wort welches hier sinnfrei im Raum steht, für sich allein. [...] In deinen Ausführungen hier zeigt sich stattdessen meiner Meinung nach klar und eindeutig die aktuelle westliche Auffassung von Sieg als einer Offensive, eines Angriffs, welcher die Besetzung von Terrain zur Folge hat.
Korrekt, das ist meine Meinung, aber...
Zitat:Du schreibst von Zurückpfeifen - und das zeigt klar das Bild einer vordringenden Armee welche dann anhalten muss. Und genau dass ist der Gedankenfehler in Bezug auf die Ukrainer. Im übrigen gibt es auch genügend Beispiele in der Geschichte wo sich Armeen im Angriff auf der "Siegerstraße" fühlten und dann primär dadurch schwerwiegende Folgen entstanden. Denn keineswegs bedeutet eine scheinbar erfolgreiche Offensive zwingend den Sieg.
...um dies vielleicht etwas zu differenzieren: Es kann natürlich immer sein, dass man Abwägungen vornehmen muss. Bekanntermaßen kann man sich auch "totsiegen" und letztlich gar nichts erreichen bzw. sogar dem Gegner in die Hände spielen.
Ein solches Bsp. wäre der deutsche Vorstoß auf Moskau 1941, als mit ausgelaugten und völlig erschöpften Kräften immer noch die Offensive vorangetrieben wurde in der Annahme, dass das "letzte Bataillon" dann doch noch zum Roten Platz vordringt. Wir wissen wie es ausging. Hier wäre in jedem Fall der Übergang zur Defensive und das Konsolidieren der völlig überstrapazierten Nachschubwege richtig gewesen, aber man unterschätzte eben nicht nur das Land, das Wetter und den Gegner, sondern wollte es sich einfach nicht eingestehen.
Umgekehrt waren die deutschen Panzerspitzen 1940 vor Dünkirchen durchaus auf der "Siegerstraße", aber dann wurden sie - aus Gründen, über die von Historikern bis heute noch gestritten wird - "zurückgepfiffen" bzw. angehalten. Im Ergebnis war dies eine größten strategischen Pannen der Deutschen beim Westfeldzug 1940 und es ermöglichte Großbritannien, den Kern seiner Armee über den Kanal zu retten.
Es kommt also auf die Umstände an.
Schneemann
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Schneemann:
Zitat:Womit wir wieder beim Thema der Notwendigkeit von schwerem Gerät wären...
Und vor allem jeder Menge schwerem Pioniergerät und einer engen Verzahnung gerade eben von Kampfpanzern, FlaK-Panzern und Panzerpionieren - kommt mir irgendwie bekannt vor
Man braucht also einen Verbund bestimmter Systeme um den Durchbruch zu erzielen, aber dann benötigt man im weiteren meiner Meinung nach eben einen anderen Verbund um diesen zu explorieren. Der Verbund welcher sich auf den Durchbruch spezialisiert ist meiner Ansicht nach nicht zugleich optimal dafür diesen auch auszunützen. Noch darüber hinaus nutzt er sich beim Durchbruch ab und mindert seine Verbrauchs- und Wirkmittel. Nach westlicher Doktrin aber soll beides gleichermaßen primär durch den MBT als Konzept erfolgen. Das erwies sich nun in der Ukraine bei Durchbruchsoperationen als falsch.
Und darüber hinaus kommt es natürlich stark darauf an, wo man den Durchbruch ansetzt. Auch mit schwerem Gerät in großer Quantität kommt man nicht überall durch geschweige denn schnell genug durch. Man bleibt dann in den feindlichen Linien hängen, was dann oft auch vor allem Versorgungsgründe hat weil die Kämpfe vor und in der Linie länger dauern.
Entsprechend ist die Frage wo man ansetzt von allergrößter Wichtigkeit. Und die Russen haben wiederum eben nicht die Quantität die gesamte Front so abzudecken wie sie es bei Tokmak getan haben. Entsprechend hätte man an anderer Stelle russische Einheiten mit einem oder mehreren Durchbrüchen einschließend und nachhaltig ausschalten können - wohlgemerkt immer mit den feindlichen Soldaten als primärem Ziel und nicht der Rückeroberung von Gelände als Ziel.
Zitat:Dass die Defensive mittlerweile der Primat dieses Krieges ist, ist sicher richtig. Das ist aber einfach der Situation geschuldet, dass beide Seite gar nicht mehr wirklich anders können.
Bedingt ja, aber auch zu Beginn eines Krieges können die Gesamtumstände dazu führen, dass die Defensive wesentlich besser ist. Spezifisch in der Ukraine war dies beispielsweise so und war die Defensive ganz von Anfang an weit überlegen. Das ergibt sich aus der Gesamtheit aller Faktoren dort und hängt dort also nicht allein an der Erschöpfung beider Seiten, sondern hat vor allem Technologische, Strukturelle und Systemische Gründe. Das ist im weiteren ein wiederkehrendes Muster in der Kriegsführung: mal hat die Defensive das Primat, mal die Offensive usw. Es schwankt hin und her je nachdem wie Technologie und System es bedingen. Beispielsweise hatte im Ersten Weltkrieg aus genau dem gleichen Grundprinzip die Defensive den Vorrang und hatte im Zweiten Weltkrieg die Offensive den Vorrang usw.
Das ist also unabhängig von der Frage der Erschöpfung. Die tritt dann nur als weiterer verstärkender Faktor noch dazu. Sie verstärkt aber nur was ohnehin schon von Anfang an gegeben war.
Zitat:Nur mit einer defensive Strategie wirst du keinen Krieg gewinnen und auch keine Entscheidung herbeiführen können.
Doch natürlich. Selbstverständlich geht das und es gibt sehr viele Kriege die exakt so gelaufen sind und in der Defensive gewonnen wurden im Sinne der Zielsetzung des Gewinners. Und damit sind wir beim wesentlichsten: dem Kriegsziel. Der Sieg ist ja keine Entinität die unabhängig von allem anderen für sich selbst existiert. Man siegt, wenn man seine Kriegsziele erreicht. Und man kann auch seine Ziele ändern, dass Erreichen von Teilzielen akzeptieren usw.
Es ist eine spezifische Wahnidee zu vieler westlicher Militärs, dass man den Feind vollständig schlagen muss indem man im Prinzip einen "totalen Sieg" erreicht. Genau durch diese Wahnidee hatten und haben westliche Armeen erhebliche Probleme in Bezug auf ihre Kriegsführung gehabt. Man verfolgt totale, und damit extrem ehrgeizige oder sogar ganz klar erkennbar unmögliche Ziele, welche dann auch entsprechend schwer oder gar nicht zu erreichen sind.
Wenn aber schon das Ziel selbst falsch ist, weil unrealistisch, dann wird man weder mit einer defensiven noch mit einer offensiven Strategie eine Entscheidung herbei führen. Man wird überhaupt nicht siegen, weil der Sieg nicht möglich ist.
Zitat:Was ich allerdings anders sehe, ist, dass man die Initiative auch in der Defensive leben könnte.
Das liegt nur daran, weil du Initiative lediglich als eine Offensive Handlung verstehst. Initiative ist Angriff, ist aktives Handeln, ist Pro-Aktiv usw. und genau darin liegt meiner Meinung nach der Denkfehler. Man kann auch in der Verteidigung aktiv handeln, pro-aktiv sein, ohne anzugreifen.
Tatsächlich ist die Initiative ein Wert der völlig unabhängig ist von der Frage ob ich in der Offensive bin oder in der Defensive. Sie ist ein Wert der stattdessen aus der Frage der Gesamtgeschwindigkeit meines Systems herrührt in Relation zum feindlichen System. Gröbst vereinfacht: Wenn ich in Relation zum Feind schneller bin als dieser (insgesamt), dann habe ich die Initiative, völlig egal ob in der Defensive oder in der Offensive.
Und entsprechend kann man auch umgekehrt in der Offensive nicht die Initiative haben usw.
Zitat:Oder anders ausgedrückt: Mit dieser Defensivinitiative kann man diesen leidigen Krieg noch zehn Jahre lang führen und es wird sich nichts ändern.
Doch natürlich ändert sich dadurch etwas. Der Krieg produziert fortwährend Effekte und diese haben Auswirkungen. Im übrigen dauert der Krieg damit keineswegs unbeschränkt, sondern wie lange er dauert häng davon ab, was man damit erreicht. Wenn ich beispielsweise in der Defensive extremste Abtauschverhältnisse erziele und dies immer wieder, wird der Feind dadurch ganz genau so kollabieren wie wenn ich die kühnste Offensive erfolgreich über weite Räume führe. Und im weiteren ist alles weitere eine Frage der Zielsetzung, also der politisch-strategischen Ziele:
Zitat:D. h. nun nicht, dass es nicht auch defensive Phasen geben muss, aber die Defensive selbst ist immer nur ein temporärer Zustand und eben keine strategische Initiative, die ich benötige, um eine Entscheidung herbeizuführen.
Und um das nochmal zu wiederholen: Es ist meiner Meinung nach ein gerade für deutsche Militärs extrem typischer Fehler (der seine Wurzeln meiner Ansicht nach in Clausewitz und der Vorstellung des deutschen Militärs von Cannae als dem Muster idealer Kriegsführung hat), Initiative immer nur offensiv zu denken und eine Entscheidung herbeiführen zu wollen in dem Sinne, dass Entscheidung bedeutet dass die feindliche Streitmacht im Angriff vollständig geschlagen wird indem man die Initiative ergreift, den Feind einkesselt und seine Verbände offensiv zerschlägt. Das zieht sich als Muster durch die gesamte deutsche militärische Denkweise.
Das ist aber nur eine Möglichkeit und oft nicht einmal die beste. Da mein militärisches Denken mehr von Jomini herrührt, bin ich da vermutlich einfach anders sozialisiert, aber dessen ungeachtet ist der wesentlichste Punkt, dass >die Entscheidung< eben keine unabhängig Sache ist, sondern bedeutet, dass man seine politisch-strategischen Ziele erreicht hat.
Und diese müssen realistisch sein und sie müssen möglich sein, sonst ist es vollkommen egal ob man defensiv oder offensiv agiert, man wird ansonsten mit beidem verlieren. >Die Entscheidung< wird daher nicht erreicht werden, auf gar keine Weise, wenn die Ziele nicht erreichbar sind.
Zitat:Ich bin nicht überzeugt, dass eine Abnützungsstrategie zielführend ist, zumal dann nicht, wenn ich der kleinere "Spieler" bin und das Gegenüber eine drei- oder viermal so große Bevölkerung besitzt (und auch, wie ich schon mal schrieb, durchaus ernstzunehmende Produktionskapazitäten nutzen kann, selbst wenn seine Gerätschaften nicht unbedingt die besten sind).
Natürlich ist Gott auf der Seite der größeren Bataillone, aber dessen ungeachtet ist er auch zugleich auf der Seite der besseren Bataillone. Es ist möglich quantitativ wesentlich stärkere Gegner zu schlagen. Je stärker aber der Gegner rein quantitativ ist, desto wesentlicher wird die Defensive ! Gerade eben weil Russland quantiativ so überlegen war, gerade eben deswegen hätte man noch mehr in der Defensive bleiben müssen. Denn was sollte die Alternative sein? Wie das Kriegsziel der Ukraine überhaupt erreicht werden?!
Nehmen wir einmal rein theoretisch an, man hätte sofort schon 2022 die Russen vollständig aus der Ukraine vertrieben (rein theoretisches Gedankenexperiment) - und hätte überall die Grenzen erreicht. Was dann? Wäre dann dadurch Frieden? Auf magische Weise der Kampf zu Ende? Gebiet zurückerobert, Kriegsziel erreicht, Sieg ?? !! Das wäre eben nicht der Fall. Weder wäre der Krieg zuende, noch das Kriegsziel eines zumindest ausreichend langen Friedens erreicht noch überhaupt irgend etwas.
Wenn ich also die bloße Zurückeroberung der besetzten Gebiete als Kriegsziel erkläre, als mein politisch-strategisches Ziel, bleiben zwei wesentliche Fragen offen: 1. Was soll das erreichen ? 2. Wie exakt führt dass einen Frieden herbei ? Denn das eigene Staatsgebiet wieder zu besetzen heißt nicht automatisch dass es zum Frieden kommt. Und falls der Krieg dann weiter geht, was nützt dann in diesem Kontext das zurück eroberte Gebiet ?!
Deshalb ist es bereits fragwürdig, wenn man davon spricht, der Krieg sei siegreich für die Ukrainer beendet, wenn sie ihr Territorium zurückerobert haben. Dem ist nicht so und wird nicht so sein.
Stattdessen muss Russland in einen Zustand versetzt werden, indem es den Krieg nicht mehr weiter führen will und nicht mehr weiter führen kann ohne nicht mehr vertretbare Nachteile und Probleme an anderer Stelle zu haben. Ein gutes Beispiel für eine siegreiche erfolgreiche Strategie in ähnlichem Kontext wäre der Finnisch-Sowjetische Winterkrieg.
Ich fand es übrigens auch recht erstaunlich, dass du den deutschen Angriff auf Moskau als historisches Beispiel benannt hast, und Dünkirchen, aber den doch viel eher passenden Winterkrieg mit Finnland nicht.
In diesem Kontext könnte ich dich übrigens mal fragen, was für finnische Offensiven den Finnen hier den de facto Sieg ermöglicht haben und mit welchen strategischen Offensiven Finnland hier die Initiative an sich gerissen hat ?!
Was ich aber für wahrscheinlich halte, ist, dass nach einem solchen Debakel die internen Spannungen in Russland sich Bahn brechen. Ob dann Putin stürzt oder es eine Militärrevolte oder gar einen Bürgerkrieg gibt etc. pp., das muss Theorie bleiben (wir haben dazu ja auch schon einige Gedankenspiele abgehalten), aber Fakt dürfte sein, dass die Russen erst einmal sehr stark mit sich selbst beschäftigt wären und ein möglicher Folgekrieg erst einmal in die Ferne rückt. Und damit hätten die Ukrainer schon wertvolle Zeit gewonnen.
Wenn du vor der Zurückeroberung des ukrainischen Staatsgebietes die russischen Streitkräfte nicht ausreichend dezimiert hast, dann wird der Krieg mit Erreichen der russischen Grenze zur höheren Wahrscheinlichkeit nicht enden. Wir sprechen hier dann nicht von einem Folgekrieg, sondern von einer Fortführung des bestehenden Krieges, nur dass die Front dann halt an der russischen Grenze verläuft. Und was dann? Offensive, die Initiative an sich reißen und ein Angriff in russisches Gebiet hinein ?!
Deine These dass das Erreichen der Grenze automatisch interne Spannungen entlädt teile ich nur bedingt. Solche werden nur dann auftreten, wenn die russische Armee im Prinzip in einen Zustand versetzt wurde der sie moralisch, psychologisch wie vom Material her schlussendlich weitgehend kriegsunfähig macht. Nur dann kommt es intern zum Umsturz, zumal Russland kein Militärstaat ist, sondern ein Polizei- und Geheimdienststaat und das Militär in diesem daher keine Machtposition hat und keine Rolle spielt. Die Russen werden nur dann mit sich selbst beschäftigt sein, die Ukrainer dadurch Zeit gewinnen, wenn die russischen Streitkräfte vorher geschlagen sind.
Man muss zuerst die feindliche Streitkraft schlagen. Erst dann - erst danach also - kann man daran gehen Gebiete zu besetzen. Die russische Streitkraft kann aber mit einem sinnvollen Abnutzungsverhältnis in der Offensive eben nicht geschlagen werden. Also muss sie in der Defensive geschlagen werden.
Bevor man aber die Russen nicht ausgeblutet hat, und damit meine ich vor allem Materiell - wird es keinen internen Umsturz geben. Es spielt dafür keine Rolle wieviel Kriegsmaterial Russland selbst produziert oder produzieren kann. Wenn die Abnutzung größer ist als die Produktionskapazität, und dass ist praktisch real erreichbar, dann sinkt die russische Militärstärke fortwährend ab. Es spielt dann keine Rolle ob noch theoretisch ein paar Millionen Mann rekrutierbar wären, dass wären keine Gegner mehr und die würden nichts ausrichten.
Und die Lager und Arsenale sind bald leer, dass ganze Material welches man noch einsetzen konnte aus seinen Lagern verbraucht. Dann bleibt nur noch das was man selbst produzieren kann und trotz aller Anstrengungen ist das nicht so viel, dass es nicht abarbeitbar wäre.
Und dann, dann würde es zum internen Umsturz in Russland kommen. Dieser erfolgt nicht durch den Verlust der eroberten Gebiete, sondern durch den materiellen Zusammenbruch der eigenen Streitkräfte. Alles andere ist eine Illusion.
Zitat:Es kommt also auf die Umstände an.
Es kommt darauf an, die feindliche Streitmacht zu vernichten und ausreichend kampfunfähig zu machen.
Die Ukraine aber will Terrain zurück erobern und betrachtet das vernichten der Feinde lediglich als notwendiges Mittel um dieses ganz andere Ziel zu erreichen.
Die feindliche Streitmacht selbst muss aber das einzige, primäre und absolute Ziel sein.
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@Quintus
Zitat:Bedingt ja, aber auch zu Beginn eines Krieges können die Gesamtumstände dazu führen, dass die Defensive wesentlich besser ist. Spezifisch in der Ukraine war dies beispielsweise so und war die Defensive ganz von Anfang an weit überlegen. Das ergibt sich aus der Gesamtheit aller Faktoren dort und hängt dort also nicht allein an der Erschöpfung beider Seiten, sondern hat vor allem Technologische, Strukturelle und Systemische Gründe.
In der Ukraine stand zu Beginn erst einmal ein russischer Angriff, der sich dann aber infolge unzulänglichen Ansatzes, falscher Erwartungen, unzureichender Ausstattung, Unterversorgung, unzureichender Luftunterstützung, einer gewissen Arroganz, mangelnder Zusammenarbeit zwischen den Truppenteilen und nicht zuletzt dank heftiger und geschickter Gegenwehr der Ukrainer (wobei diesen gerade z. B. leichte Panzerabwehrwaffen aus dem Westen sicher sehr hilfreich entgegenkamen) festrannte. Hinzu kamen dann noch eine erodierende Moral und eine Führung aus Betonköpfen, die dem obersten Chef die eigentliche Lage noch schönfärbten. Und es war zu erheblichen Teilen diese Unfähigkeit auf russischer Seite, diese maßlose Selbstüberschätzung, die den Ukrainern zu einem erheblichen Teil den defensiven Erfolg zu Beginn des Krieges ermöglichte. D. h. wäre die russische Armee nur halb so gut gewesen, wie vermutet/befürchtet und wäre sie besser ausgestattet und geführt worden, gezielt angesetzt worden mit entsprechendem CAS, dann wären zwar auch Verluste aufgetreten, aber die Ukrainer hätten die Lage sehr wahrscheinlich nicht auffangen können.
Zitat:Das ist im weiteren ein wiederkehrendes Muster in der Kriegsführung: mal hat die Defensive das Primat, mal die Offensive usw. Es schwankt hin und her je nachdem wie Technologie und System es bedingen. Beispielsweise hatte im Ersten Weltkrieg aus genau dem gleichen Grundprinzip die Defensive den Vorrang und hatte im Zweiten Weltkrieg die Offensive den Vorrang usw.
Das ist also unabhängig von der Frage der Erschöpfung. Die tritt dann nur als weiterer verstärkender Faktor noch dazu. Sie verstärkt aber nur was ohnehin schon von Anfang an gegeben war.
Ich denke, dass die Frage der Erschöpfung entscheidend ist. Den Ersten Weltkrieg hat man anfangs als Bewegungskrieg geführt, selbst an der Westfront des Jahres 1914 plante man mit einer Bewegungskriegführung. Das Problem war nur, dass die Art der Bewegung und des Vorgehens an der neuen Waffentechnik schlicht unter horrenden Verluste scheiterte. (Obgleich die Waffenwirkung eigentlich bekannt war, sie war nur schlichtweg ignoriert worden von einer Führung, die im 19. Jahrhundert gedanklich verwurzelt war.) D. h. die Defensive wurde erst dann an der Westfront zum strategischen Primat - allerdings dann recht schnell -, als es nicht mehr anders ging und die Stäbe vor katastrophalen Ausfällen standen. Und die Verluste der fünf Monate des Jahres 1914 (August bis Dezember) überwogen z. B. auf französischer Seite jene des Jahres 1916 - also jenes Jahr, wo u. a. die Schlacht bei Verdun stattfand.
Ergo: Die Technik zwang der Strategie nach kurzer Zeit die Ausrichtung auf, die spätere defensive Strategie erfüllte aber ihr Ziel (folgt man der Logik Falkenhayns) des "Ausblutens" nicht bzw. nicht wie im angedachten Umfang. Vielmehr waren die eigenen Verluste ebenso überaus bzw. inakzeptabel hoch. Und um diese Misere aufzulösen kam wieder der Wandel hin zum Bewegungskrieg - und zwar durch die Technik. Nämlich durch die Einführung des Tanks, der dann, wenn auch anfangs etwas holprig, die Idee der Durchbruchsschlacht und der Offensive bzw. der "strategischen Offensive" zurückbrachte. Und diese hätte auch zum Ziel geführt, wenn nicht vorher die OHL beim Kaiser das Handtuch geworfen hätte.
Zitat:Selbstverständlich geht das und es gibt sehr viele Kriege die exakt so gelaufen sind und in der Defensive gewonnen wurden im Sinne der Zielsetzung des Gewinners. Und damit sind wir beim wesentlichsten: dem Kriegsziel.
Also allzu viele Konflikte wurden defensiv sicher nicht gewonnen. Aber wenn es nur darum geht, dass sich ein schwächerer Gegner einen Angreifer vom Leibe halten will (und er keine Ambitionen hinsichtlich des Gebietes des Angreifers hat), dann ist die Defensive sicher wichtig. Das Problem ist aber, dass eine Abwehr des Gegners alleine keine dauerhafte Lösung sein muss. Selbst wenn die Ukrainer 2022 alle russischen Attacken abgewehrt hätten, also auch im Süden, bin ich mir nicht sicher, ob die Russen danach aufgehört hätten.
Zitat:Es ist eine spezifische Wahnidee zu vieler westlicher Militärs, dass man den Feind vollständig schlagen muss indem man im Prinzip einen "totalen Sieg" erreicht. Genau durch diese Wahnidee hatten und haben westliche Armeen erhebliche Probleme in Bezug auf ihre Kriegsführung gehabt. Man verfolgt totale, und damit extrem ehrgeizige oder sogar ganz klar erkennbar unmögliche Ziele, welche dann auch entsprechend schwer oder gar nicht zu erreichen sind.
Da möchte ich widersprechen. Man verfolgt im Westen meistens keine "totalen" Ziele. Eher sind es (fast) immer nur begrenzte Ziele, die man eben erreichen will und die ein Einlenken des Gegners bewirken sollen, aber "totale" oder "unmögliche" Lösungen findet man seit Ende des Zweiten Weltkrieges quasi keine mehr, zumal das innenpolitisch auch nicht zu verkaufen wäre. Das mag einerseits politisch gut sein, ob das dann andererseits allerdings immer zielführend war oder ist oder gar den westlichen Staaten eher mehr Probleme bereitet hat, kann durchaus hinterfragt werden.
Zitat:Doch natürlich ändert sich dadurch etwas. Der Krieg produziert fortwährend Effekte und diese haben Auswirkungen. Im übrigen dauert der Krieg damit keineswegs unbeschränkt, sondern wie lange er dauert häng davon ab, was man damit erreicht. Wenn ich beispielsweise in der Defensive extremste Abtauschverhältnisse erziele und dies immer wieder, wird der Feind dadurch ganz genau so kollabieren wie wenn ich die kühnste Offensive erfolgreich über weite Räume führe.
Ich mag diese Rechnung hinsichtlich eines "Abtauschverhältnisses" schlicht nicht, vielleicht störe ich mich deswegen daran. Es ist schlicht zu riskant, zu schwer abwägbar. Ich denke einfach, dass ich kein solches Verhältnis in einem modernen Krieg erzielen kann, wo meine eigenen Verluste noch in einem Rahmen wären, wo es sich ggf. "rechnet". Und auch wenn die Ukrainer mehr Russen umbringen als umgekehrt, so geht die Rechnung langfristig gesehen für sie nicht auf, deswegen ist es ein hochriskantes Unterfangen, nur den Russen die Offensive zu überlassen - zumal die auch langsam dazulernen.
Zitat:Je stärker aber der Gegner rein quantitativ ist, desto wesentlicher wird die Defensive ! Gerade eben weil Russland quantiativ so überlegen war, gerade eben deswegen hätte man noch mehr in der Defensive bleiben müssen.
Da sind wir uns sicher einig.
Zitat:Wenn ich also die bloße Zurückeroberung der besetzten Gebiete als Kriegsziel erkläre, als mein politisch-strategisches Ziel, bleiben zwei wesentliche Fragen offen: 1. Was soll das erreichen ? 2. Wie exakt führt dass einen Frieden herbei ? Denn das eigene Staatsgebiet wieder zu besetzen heißt nicht automatisch dass es zum Frieden kommt. Und falls der Krieg dann weiter geht, was nützt dann in diesem Kontext das zurück eroberte Gebiet ?!
Damit muss man immer rechnen. Aber die Wiederherstellung des eigenen Staatsgebietes ist eben erst einmal oberste Prämisse. Zudem ist ja auch nicht damit zu rechnen, dass der Krieg endet, wenn ich diese Gebiete nicht befreie, das sieht man ja aktuell.
Zitat:Ich fand es übrigens auch recht erstaunlich, dass du den deutschen Angriff auf Moskau als historisches Beispiel benannt hast, und Dünkirchen, aber den doch viel eher passenden Winterkrieg mit Finnland nicht.
In diesem Kontext könnte ich dich übrigens mal fragen, was für finnische Offensiven den Finnen hier den de facto Sieg ermöglicht haben und mit welchen strategischen Offensiven Finnland hier die Initiative an sich gerissen hat ?!
Naja, die Finnen hatten ja wohl kaum eine andere Chance, als sich einzuigeln, oder? Es ist macht in diesem Fall wenig Sinn zu fragen, wieso die Finnen nicht in die Offensive gegangen sind, wenn der Gegner ca. das 100-fache an Panzern und 30-mal mehr Flugzeuge aufbieten konnte. Das ist noch nicht mal in einem Rahmen, wo man selbst unter allergünstigsten und überbordend optimistischen Umständen mit einem gewissen Erfolg rechnen könnte.
Zitat:Es kommt darauf an, die feindliche Streitmacht zu vernichten und ausreichend kampfunfähig zu machen.
Die Ukraine aber will Terrain zurück erobern und betrachtet das vernichten der Feinde lediglich als notwendiges Mittel um dieses ganz andere Ziel zu erreichen.
Die feindliche Streitmacht selbst muss aber das einzige, primäre und absolute Ziel sein.
Ich weiß schon, worauf du hinaus möchtest, aber für mich stellt sich die Frage, ob die Ukrainer das durchhalten können? Denn auch sie werden bei dieser Vorgehensweise Verluste haben, und vermutlich nicht wenige. Insofern bleibt im Raum der Gedanke stehen, ob ein rascher Vorstoß, der zur Rückeroberung der betreffenden Gebiete führt, nicht zielführender wäre als dieser mörderische Abnutzungskrieg, dessen Zahlen man allenfalls vage abschätzen kann.
Schneemann
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Die Ukraine scheint ein weiteres russisches Landungsschiff (mit ordentlich Munition an Bord) versenkt zu haben. Es handelt sich um die "Caesar Kunikow".
www.n-tv.de/politik/Ukraine-will-russisches-Landungsboot-versenkt-haben-article24734208.html
www.bbc.com/news/world-europe-68292602
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(13.02.2024, 11:22)Schneemann schrieb: @Quintus
....
Ich weiß schon, worauf du hinaus möchtest, aber für mich stellt sich die Frage, ob die Ukrainer das durchhalten können? Denn auch sie werden bei dieser Vorgehensweise Verluste haben, und vermutlich nicht wenige. Insofern bleibt im Raum der Gedanke stehen, ob ein rascher Vorstoß, der zur Rückeroberung der betreffenden Gebiete führt, nicht zielführender wäre als dieser mörderische Abnutzungskrieg, dessen Zahlen man allenfalls vage abschätzen kann.
Schneemann jetzt mal Butter bei die Fische:
1. es gibt zwei Arten von Kriegen
- die "Blitzkriege" etwa der 7-Tage Krieg von Israel oder die letzte Auseinandersetzung zwischen Armenien und Aserbaidschan, bei denen schon nach wenigen Tagen fest steht, wer der Stärkere ist
- oder die sich bis zur völligen Erschöpfung einer Seite über Jahre hinziehenden Kriege;
2. Putin wollte wohl einen "Blitzkrieg" gegen die Ukraine, und jetzt stecken beide Seiten seit Monaten in einem Erschöpfungskrieg fest.
3. In einem Erschöpfungskrieg gewinnt die Seite mit den umfangreicheren Ressourcen. - Bei einem reinen Vergleich zwischen Russland und der Ukraine hat Russland den längeren Hebel, zumal es den Russen gelungen ist, wichtige Ressourcen aus Drittländern (Drohnen aus dem Iran, Munition aus NK) zu mobilisieren.
Wenn man die Verbündeten mit in die Rechnung einbezieht, wäre dagegen "der vereinigte Westen" wirtschaftlich und damit auch von den Ressourcen überlegen.
Solange es die westliche Rüstungsindustrie aber nicht schafft, den Arsch in Bewegung zu bekommen und ausreichende Munition zu beschaffen - ja, sogar nötige Hilfen durch einen willfährigen Kongress blockiert werden - solange bleibt Russland im Erschöpfungskrieg überlegen.
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Kongo Erich:
Zitat:3. In einem Erschöpfungskrieg gewinnt die Seite mit den umfangreicheren Ressourcen.
In einem Erschöpfungskrieg gewinnt die Seite, deren Ressourcen sich zuerst erschöpfen. Das bedeutet natürlich, dass die Wahrscheinlichkeit dass die Seite mit den umfangreicheren Ressourcen gewinnt größer ist, diese hat es also leichter einen solchen Abnutzungskrieg zu gewinnen aber: auch die kleinere Seite kann einen Abnutzungskrieg gewinnen, wenn das Abtauschverhältnis dergestalt ist, dass der größeren Seite zuerst die Ressoucen ausgehen.
Extrem vereinfacht und überspitzt: wenn eine Seite 8 Mal so groß ist wie die andere, das Abtauschverhältnis aber 1 zu 10 beträgt, dann gewinnt die kleinere Seite.
Noch darüber hinaus kann die kleinere Seite auch sonst siegen, wenn der größeren Seite aus anderen Gründen vorher die Luft ausgeht, ohne dass sie ihre Ressourcen verbraucht hat. Durch innenpolitische Gründe, durch sonstige andere Bedrohungen oder Veränderungen oder weil eine Fortführung zwar den Sieg, aber ansonsten derart große Nachteile mit sich bringen würde, dass der Sieg demgegenüber wertlos ist.
Schneemann:
Zitat:Ergo: Die Technik zwang der Strategie nach kurzer Zeit die Ausrichtung auf, die spätere defensive Strategie erfüllte aber ihr Ziel (folgt man der Logik Falkenhayns) des "Ausblutens" nicht bzw. nicht wie im angedachten Umfang. Vielmehr waren die eigenen Verluste ebenso überaus bzw. inakzeptabel hoch. Und um diese Misere aufzulösen kam wieder der Wandel hin zum Bewegungskrieg - und zwar durch die Technik. Nämlich durch die Einführung des Tanks, der dann, wenn auch anfangs etwas holprig, die Idee der Durchbruchsschlacht und der Offensive bzw. der "strategischen Offensive" zurückbrachte. Und diese hätte auch zum Ziel geführt, wenn nicht vorher die OHL beim Kaiser das Handtuch geworfen hätte.
Hast du überhaupt gelesen was genau ich geschrieben habe ? Zitat:
Zitat:Das ist im weiteren ein wiederkehrendes Muster in der Kriegsführung: mal hat die Defensive das Primat, mal die Offensive usw. Es schwankt hin und her je nachdem wie Technologie und System es bedingen.
Im übrigen betrachtest du das zu sehr aus deutscher Sicht. Denn wo es einen Verlierer gibt, gibt es auf der Gegenseite auch einen Sieger. Wenn man also eine Strategie aus der Sicht des Verlierers für falsch erklärt, dann war sie umgekehrt auf Seiten des Siegers (vorausgesetzt beide wenden die gleiche Strategie an) richtig.
Zitat:wenn es nur darum geht, dass sich ein schwächerer Gegner einen Angreifer vom Leibe halten will (und er keine Ambitionen hinsichtlich des Gebietes des Angreifers hat), dann ist die Defensive sicher wichtig.
Was ja in der Ukraine exakt der Fall ist! Die Ukraine kann das Gebiet der RF nicht invasieren, da diese sonst Nuklearwaffen einsetzen würde. Also ist ihr einziger Weg sich die Russen defensiv vom Leib zu halten. Es erstaunt mich immer mehr, wie sehr dieser einfache Umstand bei den Apologeten von Offensiven bzw. offensiver Kriegsführung anscheinend nicht verstanden wird.
Zitat:Das Problem ist aber, dass eine Abwehr des Gegners alleine keine dauerhafte Lösung sein muss. Selbst wenn die Ukrainer 2022 alle russischen Attacken abgewehrt hätten, also auch im Süden, bin ich mir nicht sicher, ob die Russen danach aufgehört hätten.
Was ja exakt das ist was ich geschrieben habe. Und selbst wenn die Ukrainer im Jahr 2023 die russischen Grenzen erreicht hätten, oder wenn sie diese jetzt erreichen würden, hören die Russen deswegen nicht auf magische Weise auf. Ob die Ukrainer also an der Grenze stehen oder weiter im Landesinneren ist für die Frage ob die Russen aufhören irrelevant.
Der Besitz von Gebiet ist aber kein Selbstzweck. Er hat keine magische Wirkung auf den Gegner und macht nur dann Sinn, wenn er militärisch sinnvoll ist, oder wenn das Gebiet selbst sehr wertvoll wäre. Und der Osten der Ukraine ist so weitgehend verheert, dass es für die Ukrainer wie den Westen besser wäre, wenn die Russen ihn behalten (Rohstoffe hin oder her). Das ist ein zerstörtes Land. Mit einer Bevölkerung welche durchaus mehrheitlich gegen die Ukraine ist. Man sollte nun nicht in Kohlhaasscher Manier die Kriegsführung daraufhin ausrichten, dass man unbedingt sein Recht erhält und das eigene Land zurück erobert. Eine solche Kohlhaassche Zielsetzung führt nur in die Niederlage.
Zitat:Man verfolgt im Westen meistens keine "totalen" Ziele. Eher sind es (fast) immer nur begrenzte Ziele, die man eben erreichen will und die ein Einlenken des Gegners bewirken sollen, aber "totale" oder "unmögliche" Lösungen findet man seit Ende des Zweiten Weltkrieges quasi keine mehr, zumal das innenpolitisch auch nicht zu verkaufen wäre.
Sowohl der Krieg im Irak als auch der Krieg in Afghanistan usw. waren Kriege mit totalen Zielen. Und sie sind deswegen gescheitert. Und ebenso verfolgt man hier und heute sowohl im Westen als auch in der Führung der Ukraine ein totales Ziel, nämlich die Widereroberung des gesamten Staatsgebietes. Als ob das etwas bringen würde und als ob dies sinnvoll wäre. Landbesitz also um des Landbesitzes willens. Es ist ja sogar genau umgekehrt: bevor man die Russen nicht militärisch geschlagen hat, ist jede Zurückeroberung des eigenen Staatsgebietes nur kontraproduktiv:
Zitat:die Wiederherstellung des eigenen Staatsgebietes ist eben erst einmal oberste Prämisse
Nein ist sie eben nicht. Genau das ist der entscheidende Denkfehler. Die einzige oberste Prämisse ist es, die Russen militärisch zu besiegen und dies geschieht eben nicht durch die Widerherstellung des eigenen Staatsgebietes, sondern umgekehrt: die Widerherstellung des eigenen Staatsgebietes kann allenfalls eine Folge des Sieges sein, nachdem der Gegner militärisch geschlagen wurde. Wenn überhaupt, da die Zurückeroberung aller Gebiete schlicht und einfach ein totales Kriegsziel ist.
Zitat:Ich mag diese Rechnung hinsichtlich eines "Abtauschverhältnisses" schlicht nicht, vielleicht störe ich mich deswegen daran. Es ist schlicht zu riskant, zu schwer abwägbar. Ich denke einfach, dass ich kein solches Verhältnis in einem modernen Krieg erzielen kann, wo meine eigenen Verluste noch in einem Rahmen wären, wo es sich ggf. "rechnet". Und auch wenn die Ukrainer mehr Russen umbringen als umgekehrt, so geht die Rechnung langfristig gesehen für sie nicht auf, deswegen ist es ein hochriskantes Unterfangen, nur den Russen die Offensive zu überlassen - zumal die auch langsam dazulernen.
Nein ganz im Gegenteil. Zum einen ist so das Risiko für die Ukrainer viel geringer und für die Russen viel höher. Und die Russen haben ganz genau so nicht "dazu gelernt" - sonst würde ihre Führung nicht schon wieder in Offensiven die russischen Streitkräfte verschleißen. Aus ganz vielen Gründen wäre eine reine Defensive für die Russen wesentlich vorteilhafter einschließlich politischer Gründe. Mit einer reinen Defensive könnten sie es sogar schaffen die eroberten Gebiete dauerhaft zu halten.
Das untragbare Risiko dass sich eben nicht rechnet ist in Wahrheit bei einer ukrainischen Offensive gegeben. Sinnlos zerstörtes Land wieder zu besetzen und dann die Bevölkerung dort auch noch versorgen zu müssen ist militärisch nur nachteilig und erhöht das Risiko immens und führt dazu, dass das notwendige Abtauschverhältnis eben nicht erzielt werden kann.
Also würde die Ukraine verlieren. Je mehr Offensiven die Ukraine durchführt, desto wahrscheinlicher wird sie verlieren, gerade eben weil sie in diesen ihre Ressourcen in einem ungünstigeren Verhältnis verliert und weil die Russen nicht aufhören werden selbst wenn eine ukrainische Offensive erfolgreich wäre. Und umgekehrt sollte man die Russen dazu provozieren anzugreifen und so ihr stückchenweise eintreffendes Kriegsmaterial jeweils schnellstmöglich zu verbrauchen, statt es anzusammeln.
Aber wir stoßen hier glaube ich langsam zum Kern des ganzen vor: du hast eventuell einfach emotionale Vorbehalte gegen die von mir beschriebene Strategie, und willst irgendwie eine Art Befreiungsschlag, ein Ausbrechen aus dieser einfachen simplen Arithmetik.
Aber gerade eben deshalb, weil es einfache Mathematik ist, risikolos, berechenbar, eindeutig, gerade eben deshalb ist es aufgrund der Simplizität die einzige Strategie welche für die Ukraine aufgehen könnte wenn: der Westen ihnen das dafür notwendige Material stellt. Der Umstand dass die Russen aus dem Iran und selbst aus NK Material beziehen müssen zeigt allein schon auf, dass ein Sieg der Ukraine möglich wäre, und dass Russland zunehmend seine Ressourcen erschöpft hat und die Nachproduktion unzureichend ist. Wenn die Ukraine diesen Krieg verliert dann nur weil: 1. sie totale Kriegsziele verfolgt und sich nicht darauf konzentriert den Feind zu besiegen, sondern darauf ihr Staatsgebiet zurück zu erobern - 2. der Westen sie im Stich lässt - was aktuell der Fall ist und 3. weil sie Offensiv agiert.
Zitat:die Finnen hatten ja wohl kaum eine andere Chance, als sich einzuigeln, oder?
Natürlich ! Ich habe das Beispiel schon intentional gewählt, weil es hier sofort offensichtlich ist. Aber es sollte auch bei der Ukraine sofort offensichtlich sein! Den was für eine andere Chance hat die Ukraine angesichts der Kräfteverhältnisse ?!
Ich finde immer diesen Widerspruch bei den Apologeten der Offensive faszinierend: zum einen erklärt man, Russland sei viel zu groß, habe viel zu viele Soldaten und daher könne man keine Defensive Strategie fahren weil sonst Russland gewinnt. Und andererseits erklärt man, dass die Russen irgendwie auf magische Weise das Kämpfen einstellen werden, wenn man erst das Staatsgebiet zurück erobert hat. Und dem folgend erklärt man, man könne den viel stärkeren Gegner der sehr viel mehr Reserven hat nur in der Offensive schlagen.
Das widerspricht jedwedem militärischen Handwerk. Der Angreifer benötigt größere Kräfte. Der Angreifer benötigt mehr Geschick. Der Angreifer benötigt mehr Reserven. Er hat ein größeres Risiko und er erleidet querschnittlich höhere Verluste während des Angriffes selbst und kann das Abnutzungsverhältnis nur dann umdrehen, wenn der Angriff hoch erfolgreich ist und zur Einkesselung und Ausschaltung großer gegnerischer Verbände führt. Nichts davon ist in der Ukraine in Bezug auf deren Streitkräfte gegeben.
Russische Soldaten berichteten, dass sie im OHK ein Verhältnis von bis zu 20 : 1 benötigten um die Ukrainer irgendwo rauszuwerfen. Und umgekehrt gilt dies ebenso. Auch bei Kämpfen um mit Minen gesicherte Stellungssysteme berichten beide Seiten von einem notwendigen Verhältnis von teilweise bis zu 10 : 1 für den Angreifer damit man erfolgreich wird. Übereinstimmend erleidet immer der Angreifer in der Ukraine querschnittlich deutlich höhere Verluste als der Angreifer. Teilweise wurde von einem Verlustverhältnis von bis zu 5 : 1 berichtet was die Verluste angeht. Allein dies sollte sofort aufzeigen wie man das Abnutzungsverhältnis so zu Gunsten der Ukraine gestalten kann, dass Russland seine Kriegsziele nicht erreichen kann und damit per definitionem verliert. Man muss die Russen dazu bringen mehr anzugreifen und sie dann in der Defensive schlagen, indem man in dieser die Initiative erlangt.
Zitat:Ich weiß schon, worauf du hinaus möchtest, aber für mich stellt sich die Frage, ob die Ukrainer das durchhalten können? Denn auch sie werden bei dieser Vorgehensweise Verluste haben, und vermutlich nicht wenige. Insofern bleibt im Raum der Gedanke stehen, ob ein rascher Vorstoß, der zur Rückeroberung der betreffenden Gebiete führt, nicht zielführender wäre als dieser mörderische Abnutzungskrieg, dessen Zahlen man allenfalls vage abschätzen kann.
1. Auch ein rascher Vorstoß erzeugt Verluste. Genau genommen dürfte eine Rückeroberung der betreffenden Gebiete querschnittlich in jedem Fall höhere Verluste erzeugen.
2. Auch ein rascher Vorstoß und eine Rückeroberung sind trotzdem Abnutzungskrieg. Es ändert sich ja nichts daran. Die Russen werden dann weiter machen und die Abnutzung verläuft dann lediglich zu ihren Gunsten.
3. Es ist also für die Frage ob es ein Abnutzungskrieg ist egal ob man in der Offensive oder Defensive agiert. Die Frage ob es ein Abnutzungskrieg ist wird nicht dadurch beantwortet, ein solcher nicht dadurch definiert ob man Offensiv oder Defensiv agiert. Auch wenn die Ukrainer in die Offensive gehen, so wäre es dort immer noch ein Abnutzungskrieg. Selbst wenn die Offensive dann immens erfolgreich wäre, so wäre es immer noch ein Abnutzungskrieg.
4. Manöverkriegsführung hingegen setzt nicht auf die physische Abnutzung der feindlichen Streitmacht, sondern will den Willen des Feindes ohne eine physische Abnutzung gleichermaßen negativ beeinflussen. Dies ist ebenfalls völlig unabhängig von der Frage ob man Offensiv oder Defensiv agiert, man kann also auch in der Defensive Manöverkriegsführung betreiben.
5. Eine Manöverkriegsführung in welcher durch Bewegung (im weitesten Sinne, also auch zeitlich usw.) hohe Verluste beim Feind erzeugt werden ohne in die wechselseitige Abnutzung zu fallen ist in der Ukraine praktisch gesehen aber nicht möglich. Zudem haben die Ukrainer meiner Einschätzung nach nicht die Fähigkeit dafür.
6. Bedingt wäre eine Manöverkriegsführung für die Ukrainer in der Defensive möglich - durch eine flexible und tiefe Verteidigung und durch ein Schlagen aus der Nachhand usw. Aber selbst bei eindeutigen Fällen wie Bakhmut haben sie gezeigt, dass sie dazu entweder nicht in der Lage sind oder dies politisch nicht wollen.
7. Ob die Ukrainer das durchhalten können liegt allein bei uns. Aktuell verrät der Westen die Ukraine, und dies nicht einmal bewusst mit Absicht, sondern nur aufgrund seiner Unfähigkeit und Ignoranz. Das werden wir in einigen Jahren noch bitter bereuen.
Beispielsweise würde ich als Bundeskanzler anordnen und mit allen Mitteln durchsetzen, dass sofort alle Leopard 2 Kampfpanzer der Bundeswehr in die Ukraine geschickt werden und alle PzH2000. Alle. Und noch einiges mehr. Es wären jetzt radikale Schritte notwendig, aber diese verzagte Kleingartenvereinsgesellschaft "Schland e.V." ist dazu halt nicht in der Lage. Weil schon die Größe des Geschehens dort nicht ansatzweise wirklich verstanden wird.
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Mal weniger abstrakt, direkt über das Leben in den Wintergräben:
https://www.youtube.com/watch?v=S-l7vdoEk8o
Zitat:Richard Pendlebury and Jamie Wiseman report from the Arctic war in eastern Ukraine, where the daily artillery barrages are accompanied by sub-zero temperatures, frostbite and pneumonia. They visit Thunder company, of which only 26 original soldiers remain out of the 126 who were deployed to the front. It is a deadly game of forest hide and seek.
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Selbst ein einfacher Fahrer eines gepanzerten Fahrzeuges versteht das wesentliche:
https://www.youtube.com/watch?v=SS2tcxqEleA
Zitat:Wer unsere Gegenoffensive kritisiert kann gerne zu uns kommen und uns zeigen wie es besser geht. Die Geschwindigkeit unserer Offensive hat einen Preis. Je schneller es gehen soll, desto schneller verlieren unsere Jungs auch ihr Leben.
Und damit verändert sich dann zugleich das Abtauschverhältnis derart zu-ungunsten der Ukraine, dass diese den Abnutzungskrieg verliert, selbst wenn die Offensive erfolgreich wäre.
Mehrere ukrainische Offensiven würden daher selbst wenn sie erfolgreich sind nur zur Niederlage der Ukraine insgesamt führen. Die einzige Ausnahme hiervon wäre, wenn es den Ukrainern mit der Offensive gelingen würde große russische Verbände auf einen Schlag vollständig auszuschalten. Das ist aber praktisch real dort ausgeschlossen und hat nicht einmal bei dem sehr erfolgreichen Vorstoß bei Charkiw ausreichend funktioniert. Die Ukrainer haben nicht die Befähigung solche Offensiven zu führen, welche dann aufgrund der Einkesselung und der Zerschlagung der russischen Einheiten diesen höhere Verluste zufügen würden als sie selbst dabei erleiden.
Wobei selbst eine Einkesselung russischer Verbände keineswegs automatisch zu deren schneller Ausschaltung führt. Es ist aktuelle russische Militärdoktrin in solchen Kesseln sich einzuigeln und einfach weiter zu kämpfen. Und wer glaubt die seien nicht dazu fähig oder ihre Moral würde erneut kollabieren: die russische Moral war zu Beginn katastrophal (weil man den Krieg in Wahrheit sinnfrei fand und dann auch noch gleich zu Beginn derart spektakulär versagte), sie wächst aber seitdem.
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Zitat:Die ukrainische Armee zieht sich im Krieg gegen die russischen Invasoren aus der seit Monaten umkämpften ukrainischen Stadt Awdijiwka zurück. "Angesichts der operativen Lage um Awdijiwka habe ich beschlossen, unsere Einheiten aus der Stadt abzuziehen und auf günstigeren Linien in die Verteidigung zu gehen, um eine Einkreisung zu vermeiden und das Leben und die Gesundheit der Soldaten zu schützen", schrieb der neue ukrainische Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj auf den Plattformen X und Facebook - auf Ukrainisch wie auf Englisch.
https://www.n-tv.de/politik/Ukrainische-...42993.html
Das hat sich ja nun schon seit einer Weile angekündigt.
Bleibt zu hoffen, dass hier kein Schwung reinkommt und die Auffangstellungen halten.
Leider lässt die Gefangennahme ukrainischer Soldaten auch darauf schließen, dass dieser Schritt schon etwas früher hätte durchgeführt werden sollen.
Dazu einige Fragen ans Kollektiv:
Ergeben sich für Russland durch die Einnahme der Stadt irgendwelche neuen Möglichkeiten? Es muss ja irgendeinen Grund haben, so verbittert darum zu kämpfen.
Hat jemand Infos ob man die Auffangsstellungen direkt hinter der Stadt oder weiter westlich errichtet hat? Lässt sich von dieser eventuell tatsächlich besser wirken?
Oder ist die Einnahme im Endeffekt mehr oder weniger bedeutungslos (mal von propangadistischen Zwecken abgesehen) für beide Seiten? Der Trümmerhaufen, der einmal eine Stadt war, dürfte den Russen als solcher ja kaum von Nutzen sein.
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Angeblich haben die Ukrainer beim Rückzug auch nicht unerhebliche Verluste erlitten, da die Rückzugslinien bereits allesamt unter russischem Feuer lagen. Das war auch schon bei dem ersten kleinen Kessel unmittelbar südlich der Stadt vor wenigen Tagen so, auch da hat man zu lange gezögert, musste dann Verwunderte zurück lassen welche gefangen genommen wurden und erlitt beim Rückzug aus dem sich schließenden Kessel Verlute die unnötig waren, da man schon früher hätte abziehen können.
Die Stadt ist vor allem für die Russen von Bedeutung im Kontext von Donezk. Indem sie die Ukrainer von dort vertrieben haben, hat die russische Armee Donezk abgesichert, den Ukrainern Möglichkeiten genommen gegen Donzek zu wirken und selbst eine wesentliche Bastion gewonnen, von der aus man Donezk dann selbst sehr gut verteidigen kann. Desweiteren haben die Ukrainer damit eine feste Stellung verloren, die ihre Kampfkraft deutlich erhöht hat. Die Auffangstellungen welche nicht direkt hinter der Stadt verlaufen sondern weiter westlich bieten nicht die gleichen defensiven Möglichkeiten wie sie die schwer befestigte Stadt geboten hat.
Ob die Stadt nun ein Trümmerhaufen ist, ist irrelevant. Sie dient nun den Russen als vorgeschobene starke Bastion zur Verteidigung von Donzek und als ziemlich sichere Stellung von der aus sie weitere Vorstöße machen können mit der Sicherheit dieser Stellung im Rücken.
Umgekehrt sollte man die Bedeutung der Einnahme auch nicht überschätzen, so wesentlich ist die natürlich nicht und sie wird natürlich von den Russen propagandistisch massiv überhöht. Aber es ist schon auf der taktischen Ebene wie auch bedingt auf der operativen Ebene ein Erfolg, welcher die Russen vor Donezk in eine bessere Situation versetzt als zuvor.
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Das wichtigste für die Russen ist allerdings das der neue ukrainische Oberbefehlshaber eine Niederlage erleiden musste . Das ist mehr wert als die Einnahme der stadt
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(17.02.2024, 19:23)alphall31 schrieb: Das wichtigste für die Russen ist allerdings das der neue ukrainische Oberbefehlshaber eine Niederlage erleiden musste . Das ist mehr wert als die Einnahme der stadt Die Russen mögen das natürlich für sich so verdrehen, aber mit der Realität hat das natürlich gar nichts zu tun. Im Gegenteil würde ich sogar behaupten, dass dieser Rückzug nur wenige Tage nach seiner Ernennung, den neuen Oberbefehlshaber eher aus der Kritik nimmt, weil er hier nicht noch lange auf verlorenem Posten hat weiterkämpfen lassen. Denn das ist es ja gerade, was Kritiker ihm bzw. Selenskyj vorhalten.
Maximal könnte man ihm also konkrete Fehler bei der Durchführung des Rückzugs vorwerfen.
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Registriert seit: Feb 2024
(17.02.2024, 05:00)Schlingel schrieb: ....
Dazu einige Fragen ans Kollektiv:
Ergeben sich für Russland durch die Einnahme der Stadt irgendwelche neuen Möglichkeiten? Es muss ja irgendeinen Grund haben, so verbittert darum zu kämpfen.
Hat jemand Infos ob man die Auffangsstellungen direkt hinter der Stadt oder weiter westlich errichtet hat? Lässt sich von dieser eventuell tatsächlich besser wirken?
... einen Gedanken hätte ich - aber keine konkreten Infos:
Der Gedanke setzt da an, dass bisher primär die Ortschaften befestigt und umkämpft wurden. Der "Häuserkampf" bietet anscheinend Vorteile für die Verteidiger, vor allem, wenn sich ein Angreifer über die freie Prärie und ein offenes Schussfeld nähern muss.
Wenn man jetzt die Karte anschaut, dann sieht man, dass eine "Frontbegradigung" von Berychi über Semenvika und Orlivka bis Tonerke und Sieverne eine regelrechte "Auffanglinie" in Form einer "Frontbegradigung" bilden könnte.
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